Karl Kraus spricht: Jugend

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    Katalogzettel

    Titel Karl Kraus spricht: Jugend
    Titelzusatz aus: Worte in Versen III von Karl Kraus
    Spieldauer 00:04:53
    Urheber/innen Kraus, Karl [Text] [GND]
    Mitwirkende Kraus, Karl [Rezitator/in] [GND]
    Beierle, Alfred [Einleitung] [GND]
    Die Neue Truppe [Label]
    Datum 1930 [Aufnahmedatum]
    Ort Wien
    Schlagworte Literatur ; Lyrik ; Kinder und Jugend ; Publizierte und vervielfältigte Aufnahme
    Örtliche Einordnung Bundesland / Wien
    20. Jahrhundert - 30er Jahre
    Typ audio
    Format SCS3078 [Schallplatte, Schellack - 30 cm, 78/min]
    Nummern 160 [Katalognummer]
    DNT 7466 [Matrizennummer]
    Sprache Deutsch
    Signatur Österreichische Mediathek, 2-08519_b_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei

    Information

    Inhalt

    Transkript:
    Karl Kraus spricht das Gedicht "Jugend" aus seinen "Worten in Versen"


    Da schon die Blätter falb,
    will ich nicht säumen,
    innen und außerhalb
    Frühling zu träumen.


    Eh mich umfaßt die Qual
    dunkler Gewalten –
    o holdes Dazumal,
    lasse dich halten!


    Wie es von mildem Weh
    weht durch die Zeiten!
    Will, wenn ich schulwärts geh',
    gern mich begleiten.


    Hab' vor dem Ziele bang,
    nie mich erdreistet.
    Wenn es mir auch gelang,
    war's doch geleistet.


    Länger davor verweilt,
    wird es mir lieber –
    ach, wie die Zeit enteilt,
    ich habe Fieber.


    Wie es mich trieb mit Hast
    zu Hindernissen,
    drückte wie Zentnerlast
    gutes Gewissen.


    Nicht ohne Lust ich litt
    vieles Versäumnis,
    nie ohne Furcht ich schritt
    in das Geheimnis.


    Glück war es und Beruf,
    Glück zu entbehren;
    was mir Verehrung schuf,
    scheu zu verehren.


    Mut aber und Gewalt
    vor der Gemeinde,
    Sturm ohne Aufenthalt
    faßte die Feinde.


    Herz, wie du wieder bangst
    im weitern Raume,
    weckte dich Kinderangst
    aus deinem Traume.


    Pocht es von altersher,
    öffn' ich die Sinne,
    daß es wie damals wär',
    wo ich beginne.


    In trüber Lebensluft
    voller Gefahren
    ahn' ich den Gartenduft
    aus frühen Jahren.


    Ruf ich's, so ist es da,
    daß ich es hege.
    Grün, wie ich's nie mehr sah,
    wuchs mir am Wege.


    Liegt mir die Zeit im Ohr,
    um mich zu täuschen,
    dringt doch ein Kinderchor
    aus den Geräuschen.


    Heuer geht's früh aufs Land,
    auf blasser Wange
    fühle ich deine Hand.
    Fort bist du lange.


    Fern als ein Leierklang
    klingt's in das Leben,
    will's einem Leid entlang
    spielen und schweben.


    Ja dort in Weidlingau,
    in jenem Alter,
    war mir der Himmel blau,
    rot war der Falter.


    Bin schon im Herrenbad,
    Schwimmeisterstimme,
    welch eine Wundertat,
    daß ich schon schwimme!


    Dann in der Bildung Frohn,
    bessrer Berater,
    spielt mir der Lebenston
    Sommertheater.


    Da ward mir frei und froh
    vor bunter Szene.
    Liebte Madame Angot,
    schöne Helene.


    Blaubarts Boulotte und,
    nicht zu vergessen,
    Gerolstein, Trapezunt,
    alle Prinzessen.


    Und bis zum letzten Lohn
    schwebender Wonne
    tanzte und schlug den Ton
    Gilette von Narbonne.


    Leben kein Sündenplatz,
    Kunst keine Sühne.
    Schwerlosen Wissens Schatz
    bot mir die Bühne.


    Gern den gebührlichen
    Dank will bewahren
    jenen figürlichen
    Achtziger Jahren!


    Was ich vereine,
    dort schien's gefunden,
    und ihrem Scheine
    Wesen entbunden.


    Wer bliebe ungerührt
    von ihren Künsten?
    Doch keine Brücke führt
    zu euren Dünsten!


    Kunst war nicht Nebenbei,
    konnte noch gelten,
    rief als ein Wolterschrei
    tieferen Welten.


    Was nun in Dunkelheit
    leide und sehne,
    weiht jenem bessern Leid
    Sonnenthals Träne.


    Jünger bin ich als jung,
    leb' ich im Alten.
    Welche Erneuerung!
    Welches Erhalten!


    Zieht in der Zeiten Kluft –
    ich wohne besser,
    bau' ich mir in die Luft
    brüchige Schlösser!


    Blick' ich nur aus von dort
    in eure Fenster,
    ruft euch mein Zauberwort:
    seid ihr Gespenster!


    Neuer ist meine Art,
    freier ich wohne.
    Es brach die Gegenwart
    ein Epigone!


    Rückwärts mein Zeitvertreib!
    Jugend erst werde!
    Länger als ihr verbleib'
    ich auf der Erde!


    Und weil die Blätter falb,
    soll es mich laben,
    innen und außerhalb
    Frühling zu haben!

    Sammlungsgeschichte

    Schellacksammlung Teuchtler

    Technische Anmerkungen

    Schellackdigitalisierung - automatisierte Signalverbesserung

    Elektrische Aufnahmetechnik

    Verortung in der digitalen Sammlung

    Schlagworte

    Literatur , Lyrik , Kinder und Jugend , Publizierte und vervielfältigte Aufnahme

    Teil der Sammlung

    Schellacksammlung Teuchtler