Karl Kraus spricht: Bunte Begebenheiten

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Titel Karl Kraus spricht: Bunte Begebenheiten
Titelzusatz aus: "Worte in Versen VII" von Karl Kraus
Spieldauer 00:04:26
Urheber/innen Kraus, Karl [Text] [GND]
Mitwirkende Kraus, Karl [Rezitator/in] [GND]
Beierle, Alfred [Einleitung] [GND]
Die Neue Truppe [Label]
Datum 1930 [Aufnahmedatum]
Schlagworte Literatur ; Humor ; Politik Österreich ; Kabarett ; römisch - katholische Kirche ; Publizierte und vervielfältigte Aufnahme
Örtliche Einordnung Italien
Bundesland / Salzburg
20. Jahrhundert - 20er Jahre
20. Jahrhundert - 30er Jahre
Typ audio
Format SCS3078 [Schallplatte, Schellack - 30 cm, 78/min]
Nummern 159 [Katalognummer]
DNT 7468 [Matrizennummer]
Sprache Deutsch
Signatur Österreichische Mediathek, 2-08518_b_k02
Medienart Mp3-Audiodatei

Information

Inhalt

Transkript:
Karl Kraus spricht das satirische Gedicht "Bunte Begebenheiten" aus "Worte in Versen" geschrieben unter dem Eindruck von zwei Nachrichten: Die Erste, dass der Erzbischof von Salzburg dem Reinhardt'schen Theaterunternehmen Kulissen und Segen gespendet hatte, die Zweite, dass in Italien der Muttergottes die Tapferkeitsmedaille verliehen wurde.

Seit jener göttliche Regisseur
dort erschaffen sein Welttheater,
geht in die eigene Kirche nicht mehr
der gute Himmelvater.

Wo er hinblickt, steht ein Dramaturg
und gibt den sakralen Stempel.
Doch was tut Gott? Nicht um die Burg
betritt er mehr diesen Tempel.

Die Plätze gleich vorn beim Hochaltar
sind reserviert für die Fremden,
dort kann man am besten auch sehn, wie der Bahr
wechselt die Büßerhemden.

Und täglich betet ihm nach jeder Schmock,
wenn von Kultur sie schmocken:
Herr, gib uns unser täglich Barock!
Und da läuten die Kirchenglocken.

Mit dem Zirkus ist das Geschäft vorbei,
jedoch mit der Kirche gelungen,
drum gloria in excelsis sei
von der Presse dem Reinhardt gesungen.

Zu dieser Hofmannsthal-Premier'
wallen Büßer von allen Enden,
die Kirche leiht die Kulissen her,
die Presse tut Weihrauch spenden.

Es empfangen die heilige Sensation
aus Wien die Premierenbekannten,
die Pfarrer tun es um Gottes Lohn
und lehren die Komödianten.

Nein, was sich im Sommer in Salzburg tut,
da erblick' ich eine Soutane,
die Sonne brennt und bei dieser Glut
steckt drin, par Dieu, der Kahane.

Mit Zungen reden die Frommen heut
über Gottes und Reinhardts Walten.
Am stärksten wird dieser gebenedeit
von dem ganz inspirierten Salten.

Die Wohlgemuth ward auferweckt,
ein Wunder ohnegleichen;
andere beteten wieder direkt
zur Moissi der Schmerzensreichen.

Die Seele lechzt nach dem Gnadentrunk,
Miserere wird das Geseres,
die Valuta aus tiefster Erniedrigung
ringt nach Hebung des Fremdenverkehres.

Von Calderon ein mystischer Hauch:
man verspricht sich von diesem Genre,
speziell jedoch von Hofmannsthal auch
eine Zugkraft für Amerikaner.

Sich läutern lassen ist ihnen noch neu,
aber gut für die spätere Reise.
Man steht ihnen bei, damit Ehre sei
Gott in der Höhe der Preise.

Und unter heiligem Schutze gedeiht
der Hotel- und Theaterhandel,
man bemerkte u.a. die Persönlichkeit
der Berta Zuckerkandl.

Sie fühlt sich entrückt und von Olbrich erbaut
und da kann man wieder nur sagen,
die Kirche, die selbst das verdaut,
hat einen guten Magen.

Ganz eingeweiht die Monstranz übernahm
Hochwürden die Preßkanaille.
Die Muttergottes dafür bekam
die Tapferkeitsmedaille.

Doch da noch verzückt an der Kirchentür
sie zu Prominenten beten,
entschloß sich der liebe Gott,
eben hier auf der Stelle auszutreten!

Sammlungsgeschichte

Schellacksammlung Teuchtler

Technische Anmerkungen

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