Frauenarbeit war und ist eingebunden in ein sozioökonomisches Geflecht aus Rollenerwartungen, ökonomischen Notwendigkeiten und gesellschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Die Betrachtung der Arbeitsverhältnisse im 19. Jahrhundert verweist auf die Erfolge der österreichischen Frauenbewegung, lenkt den Blick aber auch auf Parallelen zu heutigen Erwerbskontexten und auf die generelle Frage nach den Möglichkeiten für Frauen, (auch) ökonomische Autonomie zu erreichen.
In den Diskussionen rund um die Legalisierung bzw. Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruches stehen sich der patriarchalisch geprägte Anspruch auf den „Schutz des Lebens“ und die feministische Forderung nach der Selbstbestimmung der Frau – (auch) über den eigenen Körper – gegenüber.
Die Schwerpunktthemen „Frauenarbeit“ und „Fristenlösung“ regen zur Auseinandersetzung mit der Geschichte der österreichischen Frauenbewegung an.
Die Aufgaben sind als Auswahl gedacht und bieten sowohl ausgewählte Tonaufnahmen für kürzere Unterrichtssequenzen als auch Anregungen für vertiefende Arbeitsphasen wie Referate, Portfolios oder auch vorwissenschaftliche Arbeiten. Die Arbeitsaufträge haben in erster Linie den Geschichtsunterricht im Fokus. Sie eignen sich aber auch für ein fächerübergreifendes Vorgehen, etwa für die Fächer Geografie, Deutsch (z. B. Schreibaufträge: Erörterung / Problemarbeit, Redeanalyse, Stellungnahmen, Leser/innenbrief, Kommentar, Zusammenfassung), Ethik, Philosophie und Biologie.
Während in vorindustriellen Zeiten Frauen- wie Männerarbeit im bäuerlichen wie auch im gewerblichen Bereich in erster Linie in den Familienverband eingebunden war, wurde mit der zunehmenden Industrialisierung im Lauf des 19. Jahrhunderts der Begriff „Arbeit“ zunehmend mit „Lohnarbeit“ gleichgesetzt. Häusliche Tätigkeiten verschwanden immer mehr hinter dem Schleier des Privaten und damit in der Unsichtbarkeit. Damit ging, verstärkt durch ein sich hegemonial durchsetzendes bürgerliches Rollenmodell, auch eine verstärkte Teilung der Arbeitswelt in weibliche und männliche Tätigkeiten einher. Dies betraf sowohl die Zweiteilung in „männliche Lohnarbeit“ als auch „weibliche Hausarbeit“ als auch die Lohnarbeit selbst. Qualifizierungsmöglichkeiten standen in erster Linie Männern offen, während die Frauen, die zunehmend auch auf den Arbeitsmarkt drängten, die schlechter bezahlten, prestigelosen Arbeitsplätze einnahmen, für deren Ausübung eine kurze Zeit des Anlernens ausreichend war. In einem Zirkelschluss wurde dabei diese ökonomische Schlechterstellung wiederum mit der geringeren Qualifikation, aber auch „biologisch“, etwa der geringeren Körperkraft, begründet.
Die Vorstellungen des bürgerlichen Rollenmodells – und hier vor allem der Hinweis auf die „natürliche“ Bestimmung der Frau für die häuslichen Tätigkeiten – rückten die für Lohn arbeitende Frau darüber hinaus stets in die Perspektive der „Zuverdienerin“. Diese Zuschreibung rechtfertigte einmal mehr, dass Frauen weniger verdienten als die männlichen „Hauptverdiener“, welche in einem bürgerlichen Familienmodell als stets vorhanden angenommen wurden. Die Realität, vor allem in den proletarischen Familien, sah freilich meist anders aus. Frauen waren nicht selten auf sich allein gestellt. Selbst in Familienkonstellationen, die den bürgerlichen Vorstellungen entsprachen – das Vater-Mutter-Kind-Modell setzte sich als Ideal durchaus auch in proletarischen Kreisen durch – stellte die Lohnarbeit beider Eheleute meist eine unbedingte Notwendigkeit zur Existenzsicherung dar. Nicht selten war es auch die Frau, die als Alleinverdienerin die Familie durchbringen musste.
Die häufigsten Arbeitsfelder für Frauen waren im 19. Jahrhundert der Dienstbotinnenbereich („in den Dienst gehen“), die unqualifizierte Fabriksarbeit und die Heimarbeit. Letztere wurde vor allem von jenen Frauen ausgeübt, die gezwungen waren, neben der existenzsichernden Lohnarbeit auch die unbezahlte, aufgrund der Rollenvorstellungen allein den Frauen zugeschriebene Reproduktionsarbeit zu leisten. In den Fabriken, aber auch später im Angestelltenbereich, der ab dem frühen 20. Jahrhundert zu einem wichtigen Sektor für weibliche Erwerbsarbeit wurde, waren die Frauen zum einen vor allem in den schlecht bezahlten, mit ungünstigen Arbeitsbedingungen und geringen Aufstiegschancen verbundenen Arbeitsbereichen und zum anderen vor allem in absteigenden Branchen vertreten. Gut bezahlte, prestigeträchtige Branchen und Arbeitsfelder sind stets – bis heute – zunächst einmal männlich besetzt. Erst wenn die Männer aus bestimmten Branchen abwandern, kommen die Frauen zum Zug.
Angesichts dieser Arbeitsverhältnisse begannen Frauen, sich zu organisieren. Die Entstehung der Arbeiterinnenbewegung ist dabei zum einen im Kontext der erstarkenden österreichischen Sozialdemokratie zu sehen; die Frauen mussten sich zum anderen aber auch innerhalb der Sozialdemokratie ihren Platz erst erkämpfen. Ein wichtiger Schwerpunkt der Arbeiterinnenbewegung lag neben der Verbesserung der Arbeitsbedingungen auch auf der Verbesserung der Bildung und Ausbildung für Frauen, ein wesentliches Anliegen auch der bürgerlichen Frauenbewegung. Wichtige Schritte in dieser frühen Phase der Arbeiterinnenbewegung waren die Gründung des Arbeiterinnen-Bildungsvereins (der erste 1871, der bleibende 1890) und der Arbeiterinnen-Zeitung (1892), deren erste Chefredakteurin Adelheid Popp war.
Vgl. auch Arbeitsblatt 1 – Arbeiterinnenleben und ‑bewegung im 19. Jahrhundert
Vortrag von Regina Köpl, 1985, Teil 2 (Diskussion), Schwerpunkt: Arbeiterinnenbewegung
(hier vor allem die ersten 30 Minuten)
Abtreibung war in Österreich seit Maria Theresia durch den Paragrafen 144 des Strafgesetzbuches mit Haft bedroht. Nach ersten Ansätzen zur Lockerung dieser Gesetzeslage durch die Sozialdemokratie in der Ersten Republik (Linzer Parteiprogramm) wurde Abtreibung unter dem nationalsozialistischen Regime unter Todesstrafe gestellt. Ab 1945 galt wieder der maria-theresianische Paragraf 144. Nach der Bildung der SPÖ-Alleinregierung 1970 und dem Gewinn der absoluten Mehrheit im Nationalrat 1971 wurde der Schwangerschaftsabbruch unter dem sozialdemokratischen Justizminister Christian Broda im Rahmen der Familien- und Strafrechtsreform von 1973 gegen den Widerstand der ÖVP und mit Unterstützung der FPÖ unter bestimmten Bedingungen straffrei gestellt, und zwar wenn er
Ausschnitt aus der Austria Wochenschau
Das Gesetz trat per 1. Jänner 1975 in Kraft. Es blieb jedoch auch in den folgenden Jahren und bis heute Thema kontroverser Diskussionen. Als wesentliche Argumente für bzw. gegen die „Fristenlösung“ wurden und werden von Befürworterinnen und Befürwortern das Selbstbestimmungsrecht der Frau („Mein Bauch gehört mir!“), von Gegnerinnen und Gegnern der Schutz des ungeborenen Lebens ins Treffen geführt. 1975 initiierte die „Aktion Leben“ das Volksbegehren „Zum Schutz des menschlichen Lebens“, das 900.000 Österreicher/innen unterschrieben.
Für das Recht auf Abtreibung und gegen deren Kriminalisierung traten europaweit viele prominente Frauen ein. In Frankreich unterzeichneten unter vielen anderen die Schriftstellerin und Philosophin Simone de Beauvoir, die Schriftstellerin Marguerite Duras und die Schauspielerin Jeanne Moreau das „Manifest 343“, in dem sie sich zu einem illegal durchgeführten Schwangerschaftsabbruch bekannten. Ihrem Beispiel folgten auch in Deutschland prominente Frauen wie Romy Schneider, um auf das Phänomen der ungewollten Schwangerschaft als gesamtgesellschaftliche Frage hinzuweisen.
Das im November 1974 gegründete Komitee „Helfen statt Strafen! – Kein Zurück zum Paragraph 144“ schuf unter Koordination der SPÖ-Politikerin und späteren Frauenministerin Johanna Dohnal mittels Öffentlichkeitsarbeit ein publizistisches Gegengewicht zur „Aktion Leben“ und deren Argumenten. Es initiierte die Einrichtung zweier Familienberatungsstellen in Wien, forcierte die Sexualaufklärung von Jugendlichen und die Verfügbarkeit von Informationen über Empfängnisverhütung und stellte die Durchführung der Fristenregelung in einigen Wiener Spitälern sicher. Dohnal wies dabei immer wieder auf die unbefriedigende Situation hin, dass in den westlichen Bundesländern kein öffentliches Krankenhaus einen Schwangerschaftsabbruch vornahm, verlangte Verhütungsmittel auf Krankenschein und forderte die Einrichtung von Ambulatorien, die Schwangerschaftsabbrüche durchführten. Die Widerstände dagegen waren aber zu groß.
Die Diskussionen um den legalen Schwangerschaftsabbruch flammten erneut auf, als ab 1990 mit der RU 486-Pille eine medikamentöse – und damit weniger riskante – Alternative zum operativen Eingriff möglich wurde.
Bis heute – beinahe 40 Jahre nach Inkrafttreten der Fristenregelung – ist die Inanspruchnahme des Rechts auf Schwangerschaftsabbruch nicht überall in Österreich möglich. Dies nicht zuletzt deswegen, weil Ärztinnen und Ärzte die Durchführung einer Abtreibung verweigern können.
Und noch heute demonstrieren radikale Abtreibungsgegner/innen gegen die Möglichkeiten des legalen Schwangerschaftsabbruches. 2005 trat in Österreich ein Gesetz in Kraft, mit dem die Belagerung von Abtreibungskliniken wie etwa die Klinik am Wiener Fleischmarkt durch Abtreibungsgegner/innen verhindert werden soll.
3.1) Bearbeiten Sie das Arbeitsblatt 1 zum Thema „Arbeiterinnenleben und Arbeiterinnenbewegung im 19. Jahrhundert“.
3.2) Im Vortrag von Regina Köpl (vgl. Arbeitsblatt 1) werden auch die Namen von Frauen genannt, die in der Arbeiterinnen- und Frauenbewegung des 19. und frühen 20. Jahrhunderts eine bedeutende Rolle spielten:
Recherchieren Sie zu einer dieser Frauen und gestalten Sie ein Portrait.
Die Aufgabe kann selbstverständlich auch auf weitere Vertreterinnen der Arbeiterinnen- und Frauenbewegung erweitert werden.
3.3) Hören Sie sich die Wahlrede Adelheid Popps an und beantworten Sie die folgenden Fragen bzw. bearbeiten Sie die folgenden Aufträge:
3.4) Hören Sie sich vor allem die Diskussion an, die im Anschluss an den von Regina Köpl 1985 im Institut für Wissenschaft und Kunst gehaltenen Vortrag über das Leben von Arbeiterinnen und die Arbeiterinnenbewegung im 19. Jahrhundert geführt wurde (vgl. Arbeitsblatt 1), und skizzieren Sie die Anfänge der Arbeiterinnen-Zeitung.
Vortrag von Regina Köpl, 1985.
Diskussion ab ca. Minute 30
3.5) Suchen Sie im Digitalen Lesesaal der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) und dort unter ANNO (AustriaN Newspaper Online: historische österreichische Zeitungen und Zeitschriften) die Arbeiterinnen-Zeitung. Schauen Sie sich eine Zeitung genauer an und analysieren Sie die Inhalte (Seitenanzahl, Aufbau, Inhalt, Beispiele, Autorinnen und Autoren, Schwerpunkte, Positionen etc.).
Zusatz:
Vergleichen Sie mit einer Ausgabe der Arbeiter-Zeitung aus demselben Zeitraum.
Zusatz:
Sehen Sie sich auf der Seite von „Die Standard“ um und analysieren Sie Aufbau und Inhalte der Seite. Fassen Sie den Inhalt einzelner Beiträge zusammen und formulieren Sie Ihre eigene Meinung in Form eines Kommentars oder Leser/innenbriefes.
4.1) Recherchieren Sie zur Entwicklung der höheren Bildung von Frauen mit Schwerpunkt auf der österreichischen Situation. Thematisieren Sie auch den jeweiligen gesellschaftspolitischen Kontext, in dem sich die Bildung von Frauen entwickelt, und beantworten Sie die folgenden Fragen:
4.2) Bearbeiten Sie das Arbeitsblatt 2 – Aussagen zur Frauenbildung
5.1) Recherchieren Sie die Antworten auf folgende Fragen:
Methodischer Vorschlag:
Die Aufgabe kann auch als (anspruchsvolle) Einzelarbeit bearbeitet werden und ist insofern eventuell auch eine Anregung für die vorwissenschaftliche Arbeit.
5.2) Fassen Sie in einem kurzen Text (ca. 300 Wörter) Ihre Berufswünsche zusammen. Beziehen Sie darin auch generelle Überlegungen zum eigenen Lebensentwurf ein.
Vergleichen Sie die Ergebnisse in der Klasse. Gibt es geschlechtsbezogene Unterschiede? Wenn ja, welche Gründe könnten es für diese geben?
5.3) Machen Sie eine Umfrage unter Ihren Freundinnen und Freunden:
Analysieren Sie die Antworten Ihrer Umfrage hinsichtlich geschlechtsbezogener Umstände.
5.4) Vergleichen Sie die Ergebnisse aktueller Untersuchungen hinsichtlich geschlechtsbezogener Bildungs- und Berufsentscheidungen (vgl. Aufgabe 5.1) mit den Ausführungen von Regina Köpl über das Leben von Arbeiterinnen im 19. Jahrhundert (vgl. Arbeitsblatt 1).
Fassen Sie die Ergebnisse Ihrer Analyse schriftlich zusammen und formulieren Sie daraus eine persönliche, aber faktenbezogene, Stellungnahme.
Arbeiterinnenleben und Arbeiterinnenbewegung im ausgehenden 19. Jahrhundert
Arbeiterinnenleben und Arbeiterinnenbewegung im ausgehenden 19. Jahrhundert
6.1) Sammeln Sie – beispielsweise aus den oben angegebenen Tönen und Links – Argumente, die für und solche, die gegen die Straffreiheit des Schwangerschaftsabbruchs sprechen. Formulieren Sie auf dieser Grundlage Ihre eigene gut begründete Position in Form einer Rede, mit der Sie Ihre Klassenkolleginnen und ‑kollegen von Ihrem Standpunkt zu überzeugen versuchen.
6.2) Hören Sie sich [von Minute 1:12 bis 3:22] an, was der damalige Justizsprecher der ÖVP Walter Hauser 1972 zu Strafrechtsreform und Fristenlösung sagt:
Analysieren Sie die Aussagen des ÖVP-Politikers Walter Hauser zur Fristenlösung:
Informieren Sie sich über die heutigen Möglichkeiten zu einem legalen Schwangerschaftsabbruch und gestalten Sie ein Informationsplakat oder eine Informationsbroschüre.
Ausschnitt aus dem Mittagsjournal vom 25. April 1972
Arbeitsblatt 1 – Arbeiterinnenleben und ‑bewegung im 19. Jahrhundert
Herunterladen (PDF)Arbeitsblatt 1 (mit Lösungen)
Herunterladen (PDF)Arbeitsblatt 2 – Aussagen zur Frauenbildung
Herunterladen (PDF)(Text und Inhalt: Andrea Brenner, 2014)