Radio im Nationalsozialismus: Propaganda und leichte Unterhaltung

Der Jubel angesichts der Machtübernahme der Nationalsozialisten wird auch im Radio übertragen und die RAVAG (Radio Verkehrs AG) umgehend in den NS-Propagandaapparat integriert.

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Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh'n

Machtübernahme

Das Radio spielt in den ersten Wochen der Machtübernahme eine wichtige Rolle: Es bringt in zahlreichen Reportagen die Ereignisse des Ein­marsches, die mit der Rede Adolf Hitlers am Heldenplatz ihren inszenierten Höhepunkt erreichen, in die Wohnungen – und wird andererseits auch zum Propagandainstrument der für April angesetzten Volksabstimmung, mit der man die Ereignisse nachträglich zu legitimieren gedenkt. In Gaststätten und auf öffentlichen Plätzen werden für jene, die kein Empfangsgerät besitzen, Radiosendungen übertragen und die „Reichs-Propaganda-Leitung – Rundfunk“ produziert Schellackplatten, mit Hilfe derer sich die Reden hoher NS-Funktionäre jederzeit abspielen und wiederholen lassen.

Spezifisch österreichische Themen werden im Radio zurückgedrängt, nur zu bestimmten Zeiten werden im Radio lokale Programme gesendet, der größere Teil der Sendezeit besteht aus einem Einheitsprogramm für das gesamte Deutsche Reich. Auch die ehemalige Zeitschrift der RAVAG „Radio Wien“ wird eingestellt und zur Rundfunkwoche, bevor auch diese 1942 wegen Papiermangels nicht mehr erscheinen kann.
Die Radiosendungen aus der Zeit des Nationalsozialismus, die auf uns heute verstörend wirken, sind für die Menschen dieser Zeit medialer Alltag.

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Radioreportage zu Hitlers Empfang im Rathaus der Stadt Linz

12. März 1938

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Radioreportage von der Einfahrt Hitlers auf den Heldenplatz

bis zum Erscheinen auf der Loggia der Neuen Hofburg

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US-Radioreportage vom Eintreffen Hitlers auf dem Heldenplatz

15. März 1938

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Österreichische Rundfunksender 1938 ©
Österreichische Rundfunksender 1938
Deutsche Rundfunksender 1938 - in Österreich empfangbar ©
Deutsche Rundfunksender 1938 - in Österreich empfangbar
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Radioreportage und Direktübertragung zur Volksabstimmung

am 10. April 1938

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Radioprogramm, 1. Jänner 1939 ©
Radioprogramm, 1. Jänner 1939
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Reportage über die Zerstörung des Tempels in Wien-Leopoldstadt

im Zuge der Novemberpogrome 1938

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Radio Hören im Nationalsozialismus

Die Ereignisse in Österreich 1938 werden auch von ausländischen Korrespondent_innen mit großem Interesse verfolgt, wobei Nachrichten-Konferenzschaltungen zu dieser Zeit eine tech­nische Herausforderung sind: Notwendig ist ein Rundfunkstudio (genutzt werden in der Regel die Studios der nationalen Radiogesellschaften) mit Mikrofon und einer Telefon­leitung zu einem Kurzwellensender – wobei erschwerend hinzukommt, dass innerhalb des Deutschen Reiches die Zensur tätig ist – um die Sendung in das Radionetz der jeweiligen ausländischen Sendeanstalten einzuspeisen. Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs vermehren ausländische Sender, vor allem die britische BBC, aber auch Radio Moskau ihre Anstrengungen auch mit deutschsprachigen Programmen der NS-Propaganda entgegen­zu­wirken. Radio ist theoretisch noch immer ein Medium, das an Grenzen nicht Halt macht. In der Praxis ist das Hören der sogenannten „Feindsender“ jedoch teilweise schwierig – da das Regime gezielt mit Stör­sendern dagegen arbeitet – und ein riskantes Unterfangen, das mit Gefängnis und im schlimmsten Fall auch mit dem Tod bestraft wird.

Um das Radiohören im Sinne der Nationalsozialistischen Politik voranzutreiben, wird ein speziell dafür entwickelter Radioapparat, der so­ge­nannte „Volksempfänger“ sowie der noch kostengünstigere „Deutsche Kleinempfänger“, propagiert, mit dem Ziel, dass möglichst viele Haus­halte an die nationalsozialistische Propaganda anges­chlossen sind. Radio ist das wichtigste Propagandainstrument und wer sich trotz aller Angebote keinen eigenen Apparat leisten kann, soll durch „Arbeitsfront­empfänger“ erreicht werden, die an den Arbeitsstätten die Übertragung des Programms ermöglichen.

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Tag der Hausmusik

Baldur von Schirach, 1940

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Radiogerät "Volksempfänger" ©
Volksempfänger
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Weihnachtsansprache des Gauleiters von Oberdonau

August Eigruber, 1940

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Nachrichten von der Front

Sondermeldung aus Russland – Juli 1942

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Das Abhören ausländischer Sender ist verboten, Zeitschrift Radio Wien, 9. September 1939 ©
Das Abhören ausländischer Sender ist verboten
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Britischer Radiokommentar

Über die deutsche Überschätzung des eigenen Heeres, 1942

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Alltag in der Steiermark

Reportage, 1943

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Radioansprache Adolf Hitler

Zum 12. Jahrestag der nationalsozialistischen Machtergreifung – 30. Jänner 1945

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Leichte Unterhaltung

„Das Oberkommando der Deutschen Wehrmacht gibt bekannt …“ Mit Kriegsausbruch hören so die Angehörigen daheim Nach­richten von der Front und bleiben über das Radio emotional mit den eingerückten Familienmitgliedern verbunden. Die tatsächlichen Gescheh­nisse werden jedoch nicht dargestellt, die Nachrichten sind Teil des Propa­ganda­apparates und berichtet wird über Erfolge, nicht über Niederlagen und Verluste. Trotz aller politischen Propaganda: Das Radioprogramm soll in erster Linie populär sein. Flotte Unterhaltungsmusik und nicht politische Nach­richten prägen über weite Strecken den Sendealltag und soll mit dazu beitragen, dass die Stimmung in der Bevölkerung nicht kippt. Besonders beliebt sind die Musiknummern der Kinofilme, die auch in den Radio­programmen stark beworben werden und eine heile Welt abseits des Krieges und der Verbrechen des Regimes heraufbeschwören. Die Stars des Kinos werden auch Stars des Radios und stellen sich in vielen Fällen in Form von Auf­tritten an der Front bzw. für verwundete Soldaten in den Dienst der NS-Propaganda.

Emotional stark aufgeladen ist das im Radio übertragene Wunschkonzert für die Wehr­macht, das die Soldaten an der Front via Radio mit ihren Lieben daheim verbinden soll. Die Musikwünsche werden kombiniert mit Nachrichten an Familienangehörige und diese akustischen Botschaften sind bewegende Momente für die Betroffenen; darüber hinaus will die NS-Propaganda mit diesem Format auch die imaginäre „Volksgemein­schaft“ stärken, indem das ganze Reich daran Anteil nehmen soll.

Zarah Leander, Es war eine rauschende Ballnacht, UFA-Film, 1939. Zeitschrift Rundfunkwoche, Dezember 1939 ©
Zarah Leander
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Nur nicht aus Liebe weinen

Russisches Lied aus dem Ufa-Film: Es war eine rauschende Ballnacht
Zarah Leander

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Ich weiß, es wird einmal ein Wunder geschehn

aus dem Ufa-Tonfilm: Die große Liebe
Zarah Leander

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Für eine Nacht voller Seligkeit

Foxtrot aus dem Ufa-Tonfilm: Kora Terry
Rudi Schuricke

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Rhythmus in Dosen

Charlie and his Orchestra

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Drei rote Rosen

Lale Andersen

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Es geht alles vorüber, es geht alles vorbei

Lale Andersen

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Heinz Rühmann im Film "Paradies der Junggesellen, Zeitschrift Rundfunkwoche, 2. September 1939 ©
Heinz Rühmann (Mitte) im Film „Paradies der Junggesellen“
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Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern ...

aus dem Terra-Tonfilm: Paradies der Junggesellen
Heinz Rühmann

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Musik! Musik! Musik!

Foxtrot aus dem Tonfilm: Hallo Janine
Will Glahé und sein Orchester

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Bomben auf Engelland

Militärmusik

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La Paloma

Hans Albers

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Gute Nacht, Mutter!

Die Goldene Sieben

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Oh! Aha!

Die Goldene Sieben

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Tapfere, kleine Soldatenfrau

Wilhelm Strienz

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Ich hab dich und du hast mich ...

Foxtrot aus dem Ufa-Film: Wir machen Musik
Ilse Werner

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Kriegsende im Radio

Mit der Bombardierung der Städte durch die Alliierten wird ab März 1944 der sogenannte „Kuckuck“ im Radio eingeführt, ein akustisches Signal, das vor Luftangriffen warnt – eine Tonfolge, die im Gedächtnis der Bevölkerung auch noch über das Kriegsende hinaus haften bleibt.
Mit der sich abzeichnenden Niederlage NS-Deutschlands sollte das Funkhaus in Wien eigentlich von deutschen Truppen gesprengt werden, was in den chaotischen letzten Kriegstagen jedoch verhindert werden kann.

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„Kuckuck“ und Sirene 1944/45

Bombardierung von Städten

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Wien vor dem Fall

Nachrichten des alliierten Soldatensenders „Annie“

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Radioaufruf von Wilhelm Böhm im März 1945

„Die Arbeiter sollen eine nationalsozialistische Verteidigung von Wien nicht zulassen!“

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Bekanntgabe der deutschen Kapitulation im Radio

Johann Ludwig Graf Schwerin von Krosigk

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Winston Churchill zur bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht

8. Mai 1945

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