Das Exil riss eine Lücke in das geistige und kulturelle Leben Österreichs, die nach 1945 nie mehr geschlossen werden konnte. Im Bereich der Musik verlor Wien durch den Exodus vor allem jüdischer Musiker/innen, seine Rolle als richtungsweisendes Zentrum neuer Strömungen wie der "Zweiten Wiener Schule" um Arnold Schönberg, Alban Berg und Anton Webern, die maßgeblich auf nachfolgende Musikergenerationen wirkten.
Die Erfahrung des Exils bedeutete für die Betroffenen fast immer einen schmerzhaften Bruch in ihrer Lebenslinie und bei vielen auch in ihrem Karriereverlauf. Stellvertretend seien hier drei exemplarische Karrieren und Schicksale angerissen:
Die Komponistin und Musikpädagogin Vally Weigl emigrierte gemeinsam mit ihrem Mann, dem Komponisten und Musikwissenschaftler Karl Weigl, in die USA. Beim Ehepaar Weigl zeigten sich unterschiedliche Reaktionen auf die Erfahrung des Exils. Während der 1949 verstorbene Karl Weigl nicht mehr an seine Erfolge als Komponist in der Vorkriegszeit anschließen konnte und in Vergessenheit zu geraten begann, widmete sich Vally Weigl ersten Kompositionen. Daneben erschloss sich ihr ab den 1950er-Jahren in der Musiktherapie ein weiteres Betätigungsfeld, dem sie in Form von Projekten und wissenschaftlichen Publikationen ebensoviel Engagement widmete, wie ihrer Tätigkeit als Komponistin. An eine Rückkehr in die alte Heimat dachte Vally Weigl nicht.
Vally Weigl
Arnold Schönberg, Schöpfer der Zwölftontechnik, verließ Österreich schon in den 1920er-Jahren, um in Berlin eine Meisterklasse für Komposition an der Preußischen Akademie der Künste in Berlin zu leiten. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland im Jahr 1933 emigrierte Schönberg in die USA, wo er seine Lehrtätigkeit fortsetzte. Schönberg gelang es auch im Exil, seine Stellung als Avantgardist zu behaupten. In den Jahren der Emigration begann er sich vermehrt mit seinen jüdischen Wurzeln auseinander zu setzen (Rekonversion zum jüdischen Glauben) und verarbeitete Krieg und Holocaust in seinen Werken ("Ein Überlebender aus Warschau", 1947). Die Rückkehr nach Deutschland oder Österreich wurde nicht in Erwägung gezogen. Schönberg verstarb 1951 in den USA.
Arnold Schönberg
Erich Wolfgang Korngold galt als musikalisches Wunderkind. Seine Opernwerke, vor allem "Die Tote Stadt" (1920), zählten zu den meistgespielten zeitgenössischen Opern der damaligen Zeit in Österreich und Deutschland. Schon vor seiner Emigration arbeitete Korngold in den USA, auch weil er ab 1933 in Deutschland nicht mehr aufgeführt wurde. 1934 folgte er einer Einladung Max Reinhardts nach Hollywood, um Mendelssohns Schauspielmusik zu Shakespeares "A Midsummer Night’s Dream" für den Film zu arrangieren. Durch den Aufstieg der Nationalsozialisten zunehmend seiner Arbeitsmöglichkeiten in Deutschland beraubt, verlegte Korngold sein Betätigungsfeld mehr und mehr in die USA, bevor er sich dort nach dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland 1938 endgültig niederließ. In Hollywood wurde Korngold zu einem der erfolgreichsten Filmkomponisten seiner Zeit. Für die Musik zu den Filmen "Anthony Adverse" (1936) und "The Adventures of Robin Hood" (1938) wurde er mit dem Oskar prämiert. Nach 1945 war er einer der wenigen, die eine Rückkehr anstrebten, doch Versuche, in Österreich und Deutschland wieder an seine einstigen Erfolge anzuschließen, scheiterten. Zu stark wirkte offenbar auch noch nach 1945 die Stigmatisierung des Komponisten in der NS-Zeit weiter. Korngold starb 1957 in den USA.
Erich Wolfgang Korngold
Hermann Leopoldi
Ernst Toch
Alexander Zemlinsky
Erich Zeisl