Die Idee der Raumfahrt war ursprünglich ein Traum von friedlichen Reisen zu den Sternen. Doch sollte Heraklit abermals recht behalten. Es war ein Krieg und Forschung für zukünftige Kriege, die die Grundlagen für die bemannte Raumfahrt schufen.
Vielleicht hat die Raumfahrt ihren Ursprung in der Phantasie des Menschen. Erstes und wichtigstes Ziel solcher Phantastereien war der Mond. Dieser Trabant, wörtlich der Begleiter der Erde, und der Gedanke einer Reise zu ihm erregte schon früh die Vorstellungskraft des Menschen. Der antike Satiriker Lukian von Samostata schrieb 160 n. Chr seine Geschichte einer wortwörtlichen Schifffahrt zum Mond. 1609 schrieb Johannes Kepler seinen Traum vom Mond und 1638 erschien postum der Roman des englischen Gelehrten Francis Godwin „The Man in the Moone, or a Discourse of a Voyage thither, by Domingo Gonsales, the Speedy Messenger“. Cyrano der Bergerac schrieb 1657 seine Reise zum Mond mit Hilfe von Tau in Flaschen. Tau steigt ja bekanntlich am Morgen auf. Hieronymus Carl Friedrich von Münchhausen, besser als Baron Münchhausen bekannt, berichtete im 18. Jahrhundert von seiner Mondreise, in einer seiner „wahren“ Geschichten. Bei Jules Verne, dem französischen Pionier der Phantastischen und Science-Fiction-Literatur, wurde die konkrete Reise zum Mond schon wissenschaftlich beschrieben und betrieben. Seine beiden Romane aus dem Jahr 1873 „Von der Erde zum Mond“ und „Reise um den Mond“ waren zweifellos Inspiration für einen der ersten Spielfilme überhaupt. Georges Méliès schuf mit „Le Voyage dans la Lune“ – „Die Reise zum Mond“ – 1902 den wahrscheinlich allerersten wirklichen Science-Fiction-Film. Noch wurden die Reisenden in einer Granate, ganz à la Jules Verne, mittels einer riesigen Kanone zum Mond geschossen.
Es sollte zwar kein riesiges Geschütz sein, doch wieder einmal scheint sich der Ausspruch von Heraklit zu bewahrheiten, dass „der Krieg aller Dinge Vater, König aller Dinge ist“. Es war der Zweite Weltkrieg, von dem die Raketentechnologie den entscheidenden Impuls bekam, durch den vor allem die notwendigen Ressourcen flossen. Doch der Beginn der Raumfahrt, zumindest der geistige Beginn, war friedlich. Hermann Ganswindt aus Ostpreußen erkannte das Rückstoßprinzip als eine Möglichkeit des Antriebes im Weltall. Der Russe Kostantin Eduardowitsch Ziolkowski formulierte die mathematischen Grundlagen für den Raketenantrieb. Da waren die Ideen und Visionen des Amerikaners Robert Goddard, ein Raketenpionier der ersten Stunde und Entwickler der ersten Raketen mit Flüssigtreibstoff. Und da waren einige Männer aus Deutschland wie Walter Dornberger, Wernher von Braun, Arthur Rudolph, Walter Häussermann, Kurt Heinrich Debus, Werner Dahm, Konrad Dannenberg, Eberhard Friedrich, Michael Rees, Ernst Stuhlinger, Robert Lusser, Theodor Buchhold, Herman Kurzweg, Krafft Arnold Ehricke, Siegfried Gerathewohl, Hans Haber oder Hubertus Strughold, aber auch aus Österreich-Ungarn wie Herman Potočnik, Hermann Oberth, Theodor von Kármán und Eugen Sänger. Allesamt Pioniere auf dem Gebiet der Raketentechnologie mit Ausnahme von Strughold, der dafür Begründer der Luft- und der Raumfahrtmedizin wurde, Hans Haber, der mit Sturghold zusammenarbeitete und dem Psychologen Siegfried Gerathewohl, der sich mit der Raumfahrtpsychologie befasste. Ihre Beschäftigung mit dem Thema hatte oftmals schon in den 1910er und frühen 1920er Jahren begonnen.
1922 lehnte die Universität Heidelberg noch Hermann Oberths Dissertation mit dem Titel „Die Rakete zu den Planetenräumen“ als phantastische Literatur ab. Oberths Thesen und Berechnungen zu Höhen-Erkundungs-Raketen, Satelliten und schließlich zur bemannten Raumfahrt wurden als Hirngespinste eines Träumers abgetan. Der Träumer veröffentlichte 1926 auf eigene Kosten seine Dissertation in Buchform. Ein anderer Träumer, Wernher Magnus Maximilian Freiherr von Braun, las sie.
1927 wurde in Breslau der Verein für Raumschifffahrt gegründet und 1929 fanden Oberths Pläne im Fritz Lang Film „Die Frau im Mond“ eine cineastisch-künstlerische Umsetzung. 1932 wurden dem Raumschifffahrt-Verein vom damaligen Reichswehroffizier Walter Dornberger Fördermitteln in Aussicht gestellt, wenn er seinen Forschungsschwerpunkt in Richtung einer militärischen Nutzung der Raketentechnik änderte. Der Verein lehnte ab, aber der damals gerade 20 Jahre alte Wernher von Braun kam so noch vor Machtergreifung von Adolf Hitler zum Heereswaffenamt.
Ab 1933 wurden die Aggregat 1-Rakete, die A2, die A3 und die A5 getestet. Zuerst noch auf dem Testgelände der Heeresversuchsanstalt Kummersdorf, ab 1936 in der Heeresversuchsanstalt Peenemünde. Die A5-Rakete war dabei eine aus Kostengründen verkleinerte Ausgabe der bereits geplanten A4. Die A5 absolvierte ab 1938 eine Reihe von erfolgreichen, gelenkten Testflügen. Sie erreichte dabei eine Höhe von 12 Kilometer und ein Fallschirm sorgte für eine sanfte Landung, denn die A5 war wiederverwendbar. Der Beginn des Zweiten Weltkrieges am 1. September 1939 beseitigte praktisch alle finanziellen Schranken und die Entwicklung der ersten erfolgreichen Weltraumrakete begann noch im September 1939. Hitler war zunächst nicht sonderlich beeindruckt, sah er doch in einer Rakete ein Artilleriegeschoss mit größerer Reichweite, das dafür aber erheblich mehr Ressourcen verschlang. Die Entwicklung ging trotzdem weiter. Am 3. Oktober 1942 erreichte eine Aggregat 4-Rakete, vom Heeresversuchsgelände Peenemünde abgeschossen, mit einer Flughöhe von 84,5 km den Weltraum. Nach Definition der US Air Force beginnt der Weltraum ab der Mesopause in ca. 80 km Höhe. Die erste echte ballistische Rakete mit autonomer Zielsteuerung durch ein Trägheitsnavigationssystem mittels zweier Gyroskopen war einsatzbereit. Die Vorführung des Filmes über den Test in Farbe beeindruckte nun auch Hitler, denn das Kriegsglück begann sich gegen das nationalsozialistische Deutsche Reich zu wenden. Als Antwort auf die immer massiveren alliierten Luftangriffe wurden die Vergeltungswaffen, die sogenannten V-Waffen, in Hitlers Kriegsplanung immer wichtiger. Zu diesen zählte nun auch das Aggregat 4 als "Vergeltungswaffe 2", kurz V2 genannt.
Der deutsche Reichsrundfunk verschwieg den Selbstmord von Hitler und von Eva Braun. Im Kampf bis zuletzt soll Hitler gefallen sein, die letzte Propaganda-Lüge im Untergang.
In der Nacht vom 17. auf den 18. August 1943 flog das Bomber Command der Royal Air Force einen schweren Luftangriff gegen die Heeresversuchsanstalt Peenemünde. Die Wirkung war bei weitem nicht so groß, wie es die britischen Planer des Angriffs erhofft hatten. Der Betrieb wurde für 4 Wochen unterbrochen. Doch als Folge des Angriffes wurde die Erprobung auf verschiedene Stellen aufgeteillt und die Fertigstellung der unterirdischen Produktionsstätte im Konzentrationslager Dora-Mittelbau beschleunigt. Der Angriff kostete das Bomber Command 42 Maschinen und beinahe 300 Besatzungsmitglieder. Auf deutscher Seite gab es ungefähr 900 Todesopfer, davon ca. 700 Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge.
Die Serienproduktion der V2/A4 begann 1943, ab 1944 fanden Montage und zunehmend auch die Produktion zu einem großen Teil im Konzentrationslager Dora-Mittelbau, einem gigantischen unterirdischen Stollen-Komplex unter dem Kohnstein in Thüringen, hauptsächlich durch KZ-Häftlinge, statt. Bei Dora-Mittelbau handelte es sich um ein Außenlager des Konzentrationslagers Buchenwald. Dadurch war die V2, welche ab September 1944 gegen Ziele in England, vor allem London, aber auch gegen Ziele im bereits befreiten Westeuropa, zum Einsatz kam, eine doppelt mörderischen Waffe. 9.000 Menschen wurden durch ihren Einsatz getötet, aber 16.000 bis 20.000 verloren bei der Entwicklung und Fertigung, hauptsächlich durch die mörderischen Bedingungen im KZ-Dora Mittelbau, ihr Leben.
Anfangs war geplant die V2 von einer fixen Startbasis im Pas-de-Calais, in Nordfrankreich abzufeuern, wo auch die Endfertigung und die Betankung mit flüssigem Sauerstoff stattfinden hätte sollen. Britische Luftangriffe mit fünf Tonnen schweren Tallboy-Bomben vereitelten dieses Vorhaben. Daraufhin erfolgte der Abschuss von mobilen Startvorrichtungen, die praktisch nicht zu orten waren. Gegen diese Waffe gab es, einmal erfolgreich gestartet, keine Abwehrmöglichkeit. Selbst bei Kenntnis der exakten Flugbahn hätte es, nach einer britischen Berechnung zu Jahresende 1944, 320.000 Flak-Geschosse gebraucht um eine V2 abzuschießen. Dafür hätte es etwa 20.000 MK III Fliegerabwehrkanonen mit einer Feuerrate von 16 Schuss pro Minute bedurft. Diese hätten zusätzlich alle im unmittelbaren Gebiet des Einschlages stationiert sein müssen. Allerdings wären ungefähr 2 Prozent der Flak-Geschosse als Blindgänger auf den Boden zurückgestürzt und diese 6.400 Granaten mit ca. 90 Tonnen Gewicht hätten erheblich mehr Schaden angerichtet, als die V2 selbst. Im März 1945 gab es einen weiteren Plan für ein Abwehrmodell, nachdem der Großraum London als alleiniges Einsatzgebiet dafür ausgewählt worden war. Dabei hätten 2.000 abgeschossene Flak-Granaten eine Trefferchance von 1:60 erzielt. Aber der Vormarsch der alliierten Armeen im Frühjahr 1945 beendete mit dem Krieg auch den Beschuss Londons durch die V2.
Vom militärischen Standpunkt aus betrachtet war die V2 keine effektive Waffe. Dem verursachten Schaden stand ein gewaltiger Aufwand gegenüber. Nach Berechnungen des amerikanischen Raumfahrtexperten Frederick I. Ordway sollen die Gesamtkosten von Hitlers V-Waffen-Programm jene des „Manhattan-Projects“, also der Entwicklung der Atombombe, überstiegen haben. Das erscheint auf den ersten Blick wenig glaubwürdig, aber die Entwicklung des amerikanischen B-29 Bombers, jener Flugzeug-Typ, der unter anderem die Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki abwarfen, war ebenfalls teurer als die Entwicklung der Atombombe.
Am Ausgang des Krieges konnte die V2, als „Wunderwaffe“ von der deutschen Propaganda gefeiert, nichts ändern. Das britische Bomber Command war 1944 in der Lage, innerhalb von 24 Stunden 10.000 Tonnen Bomben, also dreimal die Gesamtlast aller im Krieg eingesetzten V2-Sprengköpfe, über einem Ziel in Deutschland oder dem besetzten Westeuropa abzuwerfen. Doch die verwendete Technologie der V2 war einzigartig. Weltweit existierte keine auch nur annähernd so fortgeschrittene Rakete. Es gab bereits einen Entwurf für eine mehrstufige Rakete, die die USA hätte erreichen können. Mit über 3.000 eingesetzten V2, von denen die meisten ihr Ziel erreichten, war die Technologie auch überprüft und ausgereift.