Die Wiener Hofoper war für den am 7. Juli 1860 in Kalischt geborenen Gustav Mahler der sorgfältig geplante und herbeigesehnte Höhepunkt seiner Karriere als Dirigent. 1897 trat er sein Engagement an und wurde zum „Gott der südlichen Zonen“, zuerst als Kapellmeister – am 11. Mai 1897 debütierte er mit Richard Wagners Lohengrin (mit Hermann Winkelmann als Lohengrin und Louise Ehrenstein als Elsa) und ab 8. Oktober als Direktor der k. k. Hofoper.
Mahler verstand es, mit Beharrlichkeit und einem klug gewählten Netzwerk an seiner Laufbahn zu arbeiten. Aus seinen Briefen und den Erinnerungen von Zeitgenoss_innen und Weggefährt_innen kann man ein facettenreiches Bild gewinnen: Neben dem ruhelosen, sensiblen und – im künstlerischen Anspruch kompromisslosen – Komponisten steht der strategisch geschickte Taktierer und Planer, dem das Streben nach äußerlichen Erfolgen nicht fremd ist. Bad Hall, Laibach, Olmütz, Kassel, Prag, Leipzig, Budapest und Hamburg sind die Stationen seiner vorherigen Engagements, Jahre, die Mahler als unruhige und unsichere Wanderjahre empfand – allein das Engagement als Kapellmeister in Hamburg war von längerer Dauer (1891–1897). Dieses Engagement empfand Mahler zunehmend als beengend und unbefriedigend und er begann, seine Fühler nach Wien auszustrecken. 1897 ließ er sich in Hamburg taufen – dieses Zugeständnis des Juden Gustav Mahler war im latent antisemitischen Wien eine Voraussetzung, um die Türen zur ersehnten Position zu öffnen. Geschickte Verhandlungen mit Gönner_innen – darunter der oberste Hoftheater-Direktor, Rudolf Fürst von und zu Liechtenstein, der Generalintendant der k. k. Hofoper, Josef Freiherr von Bezecny, der Kanzleidirektor der Generalintendanz der k. k. Hofoper, Eduard Wlassack oder die ehemalige Sängerin und nunmehrige Gesangspädagogin Rosa Papier (zu ihren Schülerinnen zählte etwa Anna von Mildenburg, die zu dieser Zeit eine Affäre mit Mahler hatte) – wurden aufgenommen und führten zum Erfolg: In großer Eile wurden im April 1897 Verträge unterzeichnet.
Der Barbier von Sevilla
Mahler sollte nach seiner offiziellen Ernennung zum Hofoperndirektor am 8. Oktober 1897 bald mit Reformen in allen Bereichen beginnen, der Aufbau eines Ensembles aus jungen Sängerinnen und Sängern, die seinen Idealen folgten, gehörte dazu. Er konnte aber auch auf die Engagements seines Vorgängers Wilhelm Jahn zurückgreifen: Sänger_innen wie Elise Elizza, Wilhelm Hesch, Fritz Schrödter oder Hermann Winkelmann zählten auch unter der Direktion Mahler zu den Stützen des Ensembles.
Die Jahre als Hofoperndirektor sollten in allen künstlerischen Aspekten Mahlers produktivste werden: Als Direktor und Dirigent konnte er dem Gesamtkunstwerk Oper neue Impulse verleihen und in den Sommermonaten entstanden in dieser Zeitspanne mit den Symphonien 4–8 Hauptwerke seines kompositorischen Schaffens.
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