In Gedenken an Gerhard Jagschitz

Anlässlich seines 80. Geburtstags widmeten die Sammlung MenschenLeben und die Österreichische Mediathek dem herausragenden Zeithistoriker, Oral History Pinonier und Wegbegleiter eine kleine Online-Retrospektive aus den hauseigenen Beständen.

Gerhard Jagschitz und die Österreichische Mediathek

Am 27. Oktober 2020 wäre Gerhard Jagschitz 80 Jahre alt geworden. Der Zeithistoriker prägte nicht nur über Jahrzehnte die historische Forschungslandschaft Österreichs, er war auch langjähriger Wegbegleiter der Österreichischen Mediathek. Seine Pionierleistungen in der Oral History im niederösterreichischen Ottenschlag in den 1970er Jahren bereichern ebenso die Sammlung der Mediathek, wie die zahlreichen Rundfunk- und Eigenaufnahmen, in denen der Universitätsprofessor gleichsam analytisch wie anschaulich zu zeithistorischen Fragen zur österreichischen Alltagsgeschichte und Geschichtspolitik spricht. Auf diese Weise kam Gerhard Jagschitz neben seiner Lehre an der Universität Wien, durch die er Generationen von Historiker_innen auf den Weg brachte, auch stets seinem Anliegen nach, aktuelle Forschungsergebnisse einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Dieser Zugang verband ihn mit der Österreichischen Mediathek, die als nationales Archiv für das audiovisuelle Kulturerbe durch ein vielfältiges und stetig wachsendes Angebot an historischen Onlineausstellungen und das zur Verfügungsstellen von audiovisuellen Quellen diesem wichtigen Auftrag folgt.

Rainer Hubert (links) und Gehard Jagschitz (rechts) im Gespräch bei der IASA-Konferenz 1988 in Wien (schwarzweiß) ©

Rainer Hubert und Gerhard Jagschitz beim IASA-Kongress 1988 in Wien

Forschungsschwerpunkte

Gerhard Jagschitz‘ Forschungsschwerpunkte waren u.a. Nationalsozialismus, Terror und Vernichtung während des nationalsozialistischen Regimes, die Zweite Republik, Visual History sowie österreichische Identitätspolitik. Maßgebend waren seine Forschungsarbeiten zum Umgang der österreichischen Politik und Öffentlichkeit mit der NS-Zeit, eines jener Themen, zu denen sich der Zeithistoriker auch tagespolitisch äußerte. Eine wissenschaftliche wie persönliche Leidenschaft von Gerhard Jagschitz war die Methode der Oral History, die er bereits seit den 1970er Jahren anwandte und deren Relevanz für die historische Forschung er nie müde wurde, zu betonen.

Oral History Sammlungsprojekt MenschenLeben

Gemeinsam mit der Österreichischen Mediathek und mit finanzieller und inhaltlicher Unterstützung zweier Freunde und Wegbeleiter entwarf Gehard Jagschitz 2008 das Projekt MenschenLeben– ein thematisch und für alle Generationen offenes Oral History-Projekt, das er selbst bis zu seinem Tod 2018 leitete. Die Sammlung, die daraus erwuchs, umfasst bis dato über 2000 lebensgeschichtliche Audio- und Videointerviews und bildet damit den größten zusammenhängenden Oral History-Bestand im deutschsprachigen Raum.

Gehard Jagschitz spricht in ein Mikrofon, 1993 ©

Gerhard Jagschitz, 1993

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Wissenschafter und Weltbürger

Gerhard Jagschitz im Interview in der Radio Wien-Sendung "Wissenschafter und Weltbürger aus Wien" am 30.10.1986

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Über Schallarchive in Österreich

Interview mit Gerhard Jagschitz in der Ö1 Sendung "Spectrum: über Schallarchive in Österreich" am 20.05.1981

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01:11:12 (00:49:45 bis 00:53:10) audio
Gerhard Jagschitz zur Geschichte der Österreichischen Mediathek

Ausschnitt aus der Festrede Gerhard Jagschitz' anlässlich "50 Jahre Mediathek" im Technischen Museum Wien am 27.10.2010

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Vertiefungen in die Sammlung MenschenLeben

Als thematisch offene Oral History-Sammlung versucht MenschenLeben ein möglichst breites Spektrum an Lebensgeschichten zu dokumentieren. Zusätzlich kommen durch die Zusammenarbeit mit Kooperationspartner_innen, sowie durch Ideen aus dem eigenen Team verschiedenste Interviewschwerpunkte zu Stande. Mit dieser laufend wachsenden Onlineausstellung möchten wir vertiefende Einblicke in die Vielfalt unserer Sammlung bieten.

Text und Auswahl: Tina Plasil-Laschober und Johanna Zechner, 2021