Zwischen dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft, dem Ende des Zweiten Weltkriegs im Mai 1945 und der Unterzeichnung des österreichischen Staatsvertrags im Mai 1955 lagen zehn Jahre, die von der Nachkriegsnot, dem politischen, sozialen und kulturellen Neuanfang und der Besatzungszeit durch die Alliierten gleichermaßen geprägt ist. Es war die Zeit des Marshallplanes, der Finanzspritze der US-Regierung, die Österreich wesentlich dabei unterstützte, den Übergang zum stabilen und souveränen Staat zu bewältigen. In den Erinnerungen der Interviewpartner/innen nimmt das Leben in der amerikanischen, französischen, britischen oder sowjetischen Besatzungszone, der unterschiedliche Umgang mit der fremden Macht und der jeweils andere Zugang zu Lebensmitteln einen großen Stellenwert ein. Durchwegs ambivalent sind die Geschichten und die Bewertungen der Befreier, die zwischen Freude über ihre Großzügigkeit, der Bewunderung über Neues und Unbekanntes und einer klaren Ablehnung auf der anderen Seite wechseln. Aber auch Erinnerungen an ganz Alltägliches wie Liebe, Aufklärung und Schwangerschaft werden im Kontext der späten 1940er und 1950er anders erzählt, als das heute der Fall wäre.
Ingeborg Walla-Grom war Telefonistin im Zentralbüro der USIA am Schwarzenbergplatz. Sie bediente über 150 Telefonanschlüsse, verdiente sehr gut und hatte Zugang zu Kulturveranstaltungen und Sportanlagen der USIA. Als sie 1949 wegen Äußerungen ihres Mannes fristlos entlassen wurde, verließ sie die USIA schweren Herzens. Zahlreiche in Österreich angesiedelte Betriebe wurden nach Ende des Zweites Weltkrieges aus dem aufgelösten NS-Eigentum von der USIA übernommen. USIA stand für Uprawlenje Sowjetskim Imuschestwom w Awstrij: Verwaltung des sowjetischen Vermögens in Österreich.
Entsprechend des Umfangs und der Vielfalt der USIA-geführten Betriebe arbeiteten auch viele Österreicher/innen für kürzere oder längere Zeit für die USIA. Oftmals erging es ihnen gut, gemessen an den schwierigen Nachkriegsverhältnissen. Ebenso häufig gab es aber trotz der guten Bezahlung und Behandlung ein gespaltenes Verhältnis zum russischen Arbeitgeber.
Im Rückblick wundert sich Margareta Ellmauer selbst über ihr Unwissen als 16-Jährige bezüglich Sex und die Gefahren, schwanger zu werden. Bis in die 1950er Jahre war Sexualität und Aufklärung in Österreich gesellschaftliches Tabuthema. Das erste Heft der BRAVO erschien beispielsweise 1956.
Mit der Antibabypille, der 68er-Generation und der zweiten Frauenbewegung veränderte sich der Diskurs um den Sex in den 1960er und 1970er Jahren radikal.
Ernst Janda erinnert sich, dass man in der Nachkriegszeit das Kino stets mit einem Floh am Kopf verließ. Ausgehend von seiner Erzählung über die Ungeziefer- und Läusebekämpfung fällt ihm schließlich die vermeintliche Errungenschaft in der Landwirtschaft, das Schädlingsbekämpfungsmittel DDT ein. Dichlor-Diphenyl-Trichlorethan wurde seit den 1950er Jahren in großen Mengen in der österreichischen Landwirtschaft als Insektizid eingesetzt. Nach Bekanntwerden seiner gesundheitsgefährdenden Nebenwirkungen wurde es in vielen Ländern seit den 1970er Jahren verboten. Österreich verbot den Einsatz von DDT 1992.
Im Haus der Großeltern in der Nähe von Graz wohnte auch die Familie Bowen, die die Interviewte mit Eis, Kaugummi und einer Jeans, die sie noch viele Jahre trug, versorgte. Daher war Ice Cream eines ihrer ersten englischen Wörter.
Dass sich Gundi an die amerikanische Besatzung erinnert, obwohl die Steiermark britische Zone war, ist möglicherweise auf eine Wahrnehmung der Besatzungszeit in Österreich zurückzuführen, die im Rückblick häufig nur die zwei im beginnenden Kalten Krieg gegenüberstehenden Mächte, die USA und die Sowjetunion, in den Fokus nahm.
Gerhard Grom erinnert sich an die dürftige Ernährung während der Besatzungszeit in Wien. Wurmige Erbsen und Dosenfutter, das eigentlich für Hunde gedacht war, ließen ihn von einem Schlaraffenland aus Knackwürsten träumen.
Erna Tichy erzählt, wie sie als junge Schauspielerin aufgrund ihrer Schwangerschaft ihre Karriere aufgeben musste, während ihr Mann Curth Tichy, der später als Schrammel im „Kottan“ bei einem breiten Publikum bekannt und beliebt war, seine Karriere zielstrebig weiterverfolgte.
Hans Fritz erinnert sich, dass der Filmstart von „Sissi“ mit Romy Schneider und Karlheinz Böhm - die Uraufführung war am 21. Dezember 1955 in Wien gewesen - ein neues und mit einem Filmprojektor nicht sehr bewandertes Publikum in die Kinosäle lockte. Der große Erfolg von „Sissi“ wird im Zusammenhang mit dem gerade abgeschlossenen Staatsvertrag erklärbar. Denn so wie auf der staatlichen Ebene die österreichische Nation geschaffen wurde, half auch die kitschige Verklärung und das nostalgische Bild Österreichs in der Sissi-Verfilmung mit, eine neue, vom Nationalsozialismus und der Besatzungszeit auferstandene österreichische Identität zu konstruieren.
Ernö Deak flüchtete nach dem Ungarischen Volksaufstand 1956 als Jugendlicher mit einem Freund und ohne Geld in der Tasche nach Österreich. Die beiden trafen in St. Martin im Burgenland auf Herrn Sperling, der sie zum Essen einlud und nach Wien ins Rothschild-Spital führte, ein Spital der Israelitischen Kultusgemeinde, das als Lager für die Flüchtenden aus Ungarn diente. Die Revolution der ungarischen Bürger/innen gegen die repressive Politik der kommunistischen Partei und die Okkupation durch die Sowjetarmee im Oktober 1956 war von den Sowjets blutig niedergeschlagen worden. 2.500 Aufständische und 700 Sowjetsoldaten kamen bei den Kämpfen, die bis zum 11. November andauerten, ums Leben. Österreich reagierte angesichts der Fliehenden vorbildlich: Rund 152.000 ungarische Flüchtlinge wurden aufgenommen und mit einer Klarheit willkommen geheißen, wie sie das Land gegenüber späteren Nachbarn in Not kaum mehr aufzubringen vermochte.
Alexander Pekarek erinnert sich an die Ausfahrten seines Vaters mit dem motorisierten Fahrrad, dessen Bremsen für den starken Fuchsmotor viel zu schwach waren.
Anton Fuchs entwickelte in den Halleiner Motorenwerken bereites Ende der 1940er Jahre verschiedene Motor-Prototypen für Fahrräder, die unter dem Motto „Mühselig treten war’s zuvor, jetzt fährt sich’s leicht mit Fuchsmotor“ seit den 1950er Jahren in Serienproduktion gingen.
Dieser Frühform des Mofas folgte aus derselben Werkstatt 1952 die „Foxinette“, Österreichs erstes Mofa. Es wurde innerhalb kürzester Zeit zum Verkaufsschlager.