Am Ende des 20. Jahrhunderts feierten nicht nur viele Menschen den Beginn des neuen Jahrtausends – und das streng genommen um ein Jahr zu früh – es gab auch Befürchtungen, dass die Computer die Umstellung nicht bewältigen und weltweit Systeme deswegen abstürzen würden. Dieser digitale Zusammenbruch blieb aus. Doch nur wenig später sollte ein ganz anderes Ereignis die Welt in ihren Grundfesten erschüttern: Der 11. September 2001. Die meisten können sich noch recht genau erinnern, was sie zum Zeitpunkt getan haben, als die beiden Flugzeuge in die Twin Towers des World Trade Centers in New York stürzten. Die Menschen finden häufig keine Worte für das Ereignis, das auf der ganzen Welt einen tiefen Schock ausgelöst hat. In Österreich bedeuteten die 2000er Jahre auch eine politische Wende: Erstmals bildete eine Koalition aus ÖVP und FPÖ unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel die Regierung. Großkundgebungen und wöchentliche Donnerstagsdemonstrationen folgten. Besonders markant für das kollektive Selbstverständnis war in diesem Jahrzehnt außerdem das Ende des Schillings und die Einführung des Euros, die selbst heute noch Umrechnungen aller Art bewirkt.
1998 fand im Schloss Prinzendorf das sogenannte 6-Tages-Spiel unter der künstlerischen Leitung des Wiener Aktionskünstlers Hermann Nitsch statt. Leopold Schuster nahm an dieser Performance teil, die für viel Aufregung, Ekel und Kritik sorgte. Als Aktionsmaterialien für das 6-Tages-Spiel des „Orgien Mysterien Theaters“ fanden nicht nur 1.000 Liter Tierblut und bereits geschlachtete Schweine und Schafe Verwendung, es wurden auch drei Stiere – unter veterinärmedizinischer Aufsicht und von professionellen Metzgern – auf der Bühne geschlachtet. Hermann Nitsch verknüpfte das Tierblut und die Gedärme mit religiösen Themen wie der Kreuzigung Jesu und der unbefleckten Empfängnis und bezweckte damit unter anderem, Rauschzustände und verdrängte Triebbereiche des kollektiven Unbewussten auszuloten.
Doris Reinbacher erzählt, dass am Tag der totalen Sonnenfinsternis ganz Graz auf den Schlossberg pilgerte, um das seltene Naturspektakel vom besten Punkt der Stadt aus zu beobachten. Die Brillen, die man damals überall kaufen konnte, hat ihre Mutter immer noch: Sie dienten der Beobachtung der partiellen Sonnenfinsternis, wie der im Jahr 2011 oder 2015. Vor jener des Jahres 1999 konnte man eine totale Sonnenfinsternis in Österreich zuletzt im Jahr 1961 bewundern. Auch damals wurden Sichtbehelfe aus schwarzem Film für die Betrachtung des Naturschauspiels verwendet.
Nach der schwarz-blauen Regierungsbildung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel im Jahr 2000 gingen hunderttausende Menschen auf die Straße, um unter dem Titel „Widerstand gegen Schwarz-Blau gegen Rassismus und Sozialabbau“ gegen die erwarteten Maßnahmen der Koalition und deren fremdenfeindliche Positionen zu protestieren. Auf die Großkundgebung am 19. Februar mit mehr als 200.000 Teilnehmer/innen folgten wöchentliche Donnerstagsdemonstrationen gegen die Regierung.
Herbert Gnauer spricht vor diesem Hintergrund über die Rolle des damals noch jungen Senders Radio Orange und erinnert sich an die Komik der erzählten Anekdote. Die „friedlichen Zeiten“, die er für den Zeitpunkt seines Interviews konstatiert, haben sich inzwischen allerdings wieder geändert. Seit dem 4. Oktober 2018 treffen sich wieder Menschen, um unter dem Motto „Es ist wieder Donnerstag“ an die Widerständigkeit aus den frühen 2000er Jahren anzuknüpfen und erneut gegen Schwarz- bzw. Türkis-Blau, Rassismus und Sozialabbau zu demonstrieren.
Die Kinobesitzerin Anny Mayer-Schönberger begutachtete immer gemeinsam mit anderen Kinobetreibern die neuesten Filme, um sich für ihr Kino jene auszusuchen, die ein gutes Programm und gute Einnahmen versprachen. Einen Film aus dem Jahre 2001 hatte sie, wie auch ihr Kollege, komplett falsch eingeschätzt: Es war „Der Schuh des Manitu“, eine Parodie auf Karl May von Michael „Bully“ Herbig, der zu einem der erfolgreichsten deutschen Filme nach dem Zweiten Weltkrieg werden sollte.
Herta Pechgraber hatte mit der Einführung des Euro weniger Probleme als zunächst befürchtet. Die Umrechnung vom Schilling in den Euro mit dem nicht so ganz einfachen Faktor 13,7603 hat zu Beginn der Euro-Einführung viel Unsicherheit ausgelöst. In einer Übergangsphase waren deshalb doppelte Preisauszeichnungen verpflichtend, also sowohl in Euro als auch in Schilling. Inwieweit die Währung die kollektive Identität prägt, wird nicht zuletzt daran sichtbar, dass viele Menschen bis heute in Schilling denken, wie die Freundin von Herta Pechgraber. Sie selbst hat sich dagegen sehr schnell an die neue Währung gewöhnt.
Christine Liebhart erzählt von dem Moment, in dem ihr zwei Polizist/innen vom Unfalltod ihres 17-jährigen Sohnes berichteten. Mit viel Reflexion und Feingefühl schildert sie die Einfühlsamkeit der beiden Nachrichtenüberbringer/innen und ihre eigenen Phasen der Aufarbeitung.
Erna Tichy erzählt von ihren ersten Stunden nach dem Tod ihres Ehemannes nach über 50 Jahren Ehe. Es ist eine starke Erinnerung an die Person, die im Moment der Nachricht vom Tod eines geliebten Menschen an ihrer Seite war.
Dietrich Sullmann hatte im Jahr 2005 einen Unfall mit dem Rad, nach dem er für einige Tage große Teile seines Erinnerungsvermögens verloren hatte. Ausgehend von dieser Erfahrung dachte er über das Verhältnis zwischen Erinnerung und dem Selbst nach sowie über die Frage: Wenn ich mich an nichts mehr erinnern kann, bin ich dann noch Ich?
Die Schriftstellerin, Künstlerin und Verlegerin Ilse Kilic und ihr Partner Fritz Widhalm eröffneten im Jahr 2006 ein Glücksschweinmuseum in Wien.
Das Museum der über Jahre gesammelten Glücksschweinchen ist gleichzeitig Kunstgalerie und Ort für Literatur aus kleinen Verlagen, wie der von den beiden gegründete Verlag „Das fröhliche Wohnzimmer“. Auch hier haben sie sich dem Schwein verschrieben: In jeder Veröffentlichung aus ihrem Verlag ist an irgendeiner Stelle ein Schwein verewigt.
Der Schriftsteller und Fotograf Bernd Höfer spricht über das "eine ART Beisl", ein Künstler/innentreff am Yppenplatz in Wien, das er ein halbes Jahr geführt hat. Er bezeichnet diese Zeit als absolutes Erlebnis, das ihn jedoch an seine körperlichen Grenzen gebracht hat. Das Lokal war von Anfang an auch als Ausstellungsraum gedacht, das ausreichend Platz für Skulpturen und Kunstobjekte von befreundeten Künstler/innen bot.