- Beethoven in der Vorstadt – Alsergrund
- Beethoven in der Vorstadt – Landstraße
- Beethoven in der Vorstadt – Josefstadt
- Aufführungen in der Vorstadt
- Sommerfrische und Kuraufenthalt
Als Beethoven nach Wien kam, waren die Vorstädte und Vororte – die heutigen inneren und äußeren Bezirke – noch nicht eingemeindet. Zwischen der Stadtmauer und den Vorstädten lag das weitgehend unbebaute Glacis, das die Bevölkerung als Erholungsgebiet nutzte. Die Vorortgemeinden wiederum lagen außerhalb des Linienwalls, einer halbkreisförmigen (ehemaligen) Befestigungsanlage rund um die Vorstädte.
In den ‚alten‘ Vorstädten, die an den Ausfallsstraßen Wiens lagen, hatten sich um 1800 bürgerlich-gewerbliche Gegenden mit Gast-, Handwerks- und Mietshäusern entwickelt. Darunter war auch das Gebiet um das Allgemeine Krankenhaus in der Alservorstadt, wo Beethoven seine erste Wohnung bezog, als er nach Wien übersiedelte. Die Häuser der Vorstädte waren in der Regel niedriger als in der Stadt und häufig noch mit Schindeln gedeckt, was bei neu erbauten Gebäuden wegen der Brandgefahr nicht mehr der Fall war. Johann Pezzl betonte die schöne Aussicht der Alservorstadt über tieferliegende Gebiete und lobte sie als eine der „gesundesten Vorstädte“, weil hier anders als etwa in der Vorstadt Weißgerber kein Handwerk mit starker Geruchsbelästigung angesiedelt war.
Beethoven lebte in einem Haus seines Förderers Karl Fürst von Lichnowksy, dem er unter anderem die Klaviersonate Nr. 8 und dessen Ehefrau Maria Christiane Fürstin von Lichnowsky er Die Geschöpfe des Prometheus widmete. In unmittelbarer Nachbarschaft dazu unterhielt der Mediziner Johann Peter Frank einen Salon, der als ein Mittelpunkt des musikalischen Lebens in Wien galt.
„Carl, Fürst von Lichnowsky, Graf zu Werdenberg, Dynast zu Granson, war ein gar großer Gönner, ja Freund Beethoven's, den er auch in sein Haus, als Gast, aufgenommen hatte, wo dieser auch, wenigstens einige Jahre, verblieb. (…) Zugleich hatte Beethoven jedoch fast immer eine Wohnung auf dem Lande.“
Franz Wegeler, Ferdinand Ries: Biographische Notizen über Ludwig van Beethoven, 1838, S. 28.
„Die Vorstädte liegen wie in einem Zirkel rings um die Stadt, und sind von außen durch die sogenannte Linie eingeschlossen“.
Johann Pezzl: Beschreibung der Haupt- und Residenz-Stadt Wien, 1806, S. 2.
„Durch diese sogenannte Esplanade [am Glacis] gehen Fahr- und Fußwege nach allen Richtungen gegen die Vorstädte hin. Das Glacis bildet einen schönen grünen Wiesengrund, auf welchem an den über denselben errichteten etwas erhabenen Fußwegen viele Alleen angelegt sind“.
Neueste Beschreibung der Kais. Kön. Haupt- und Residenzstadt Wien, Wien [1807], S. 49.
gewidmet Fürstin Lichnowsky
Beethoven wohnte mehrmals in der Alservorstadt. Als er 1804 wieder einmal auf der Suche nach einer neuen Unterkunft war, schrieb er seinem Freund Stephan von Breuning: „[S]ollte dir vieleich[t] etwas von einer Guten Wohnung für mich bekannt werden, so mache mir's zuwissen“ und schlug vor, „im Fall du eine größere Wohnung nähmst, wollte ich wohl die deinige nehmen“.
Tatsächlich zog Beethoven im selben Jahr ins Rote Haus, wo Breuning lebte, und komponierte dort vermutlich op. 56. Der Gebäudekomplex umfasste auf zwei Stockwerken mehr als 150 Wohnungen, war im Besitz des Fürsten Esterhazy – und Beethoven zog nach kurzer Zeit schon wieder aus; vermutlich auch, weil es zu einem Streit mit Breuning gekommen war. Einem Freund schrieb er: „Es ekelt mich hier, ich bins müde – treiben sie ums himmels willen, daß er“ – Beethovens Bruder – „es gleicht Miethet, weil ich gleich allda in döbling hausen will“. Beethoven und Breuning legten den Streit später bei, wie die Widmung des Violinkonzerts op. 61 verdeutlicht.
entstanden 1804, zu einer Zeit, als Beethoven im „Roten Haus“ lebte
gewidmet Stephan von Breuning
„Als er Leonore componirte, hatte er für ein Jahr freie Wohnung im Wiedner-Theater; da diese aber nach dem Hofe zu lag, so behagte sie ihm nicht. Er miethete sich also zu gleicher Zeit ein Logis im rothen Haus an der Alsterkaserne, wo auch Stephan von Breuning wohnte. Als der Sommer kam, nahm er eine Wohnung in Döbling auf dem Lande; und in Folge eines Streites mit Stephan von Breuning (…) trug er mir auf, ein Logis auf der Bastei zu suchen.“
Franz Wegeler, Ferdinand Ries: Biographische Notizen über Ludwig van Beethoven, 1838, S. 112.
Seine letzten Lebensjahre verbrachte der Komponist ebenfalls im heutigen 9. Bezirk. Die Wohnung in der Schwarzspanierstraße habe, erinnerte sich der Sohn Stephan von Breunings, „weite Aussicht über das Glacis und die gerade gegenüber liegende innere Stadt mit ihren Basteien und Kirchenthürmen“ gewährt. Detailliert beschrieb Breuning die sparsame Einrichtung und den Aufbau der Wohnung, die aus einem Vorraum, einem Dienstbotenzimmer, einer Küche, einem Salon und zwei Zimmern bestand.
„In Mitten des ersten (zweifenstrigen) Zimmers standen in einander, Bauch an Bauch gesetzt, zwei Claviere. (…) Ueber dessen Claviatur und Hammerwerk befand sich ein, gleich einem gebogenen Resonnanzbrette aus weichem dünnen Holze construirter, einem Souffleurkasten ähnlicher Schallfänger aufgestellt, ein Versuch, die Tonwellen des Instrumentes dem Ohre des Spielenden concentrierter zuzuwenden. (…) auf dem Kasten aber lagen mehrere Hörrohre und zwei (…) Geigen; all dies in Unordnung und arg bestäubt.“
Gerhard von Breuning: Aus dem Schwarzspanierhause, 1874, S. 58–59.