Beethovens Orte: Die Innere Stadt: Theater und Aufführungsorte

In Wien existierten zu Beginn des 19. Jahrhunderts neben den Konzert- und Ball­sälen in den Adels­palais zahl­reiche öffentlich zugängliche Theater und Säle, die auch für Musik­dar­bietungen ge­nutzt wurden. Musik- und Theater­aufführungen erfreuten sich beim Publikum großer Beliebt­heit, was auch die Zensur auf den Plan rief, war man sich doch der möglichen revolutio­nären Spreng­kraft öffent­licher Darbietungen bewusst.

Die Zensurbehörde achtete genau darauf, welche Inhalte bei Auf­führungen dar­geboten wurden, wobei das Sprech­theater im Fokus stand: „Den Musikern kann doch die Censur nichts anhaben – wenn man wüsste, was Sie bei Ihrer Musik denken!“ (Eintrag Franz Grill­parzers in einem Konversationsheft Beethovens), aber auch Komposi­tionen und musi­ka­lische Darbietungen waren nicht unpolitisch und Beethoven nahm mit einigen Kompositionen Bezug zu aktuellen politischen Ereignissen: So spiegelte etwa „Wellingtons Sieg oder die Schlacht bei Vittoria" op. 91 (1813) den patriotischen Zeitgeist wider und wurde in einer Rezension über die Aufführung am 8. Dezember 1813 ausführlich gewürdigt: „Man hörte die franzosischen und englischen Heere anrücken …“.

Theater und Musik sollten nach dem Willen der Obrigkeit das Publikum aber in erster Linie amüsieren und Auf­führungen waren gesellschaftliche Ereignisse, die in den Zeitungen eifrig rezensiert wurden.

Viele Theater und Aufführungsorte waren in privater Hand, vor allem in den Vor­städten. In der Inneren Stadt dominierten die vom Hof ver­walteten Theater: das (alte) Burg­theater am Michaelerplatz und das Kärntnertor­theater. 1806 gründete Beethovens Förderer Joseph Franz Maximilian Fürst Lobkowitz gemeinsam mit Nikolaus Fürst Esterházy, Ferdinand Graf Pálffy, Joseph Fürst Schwarzen­berg und anderen die „Hoftheater-Unternehmens­gesell­schaft“, die das Burgtheater, das Kärntner­tor­theater und das Theater an der Wien ab 1807 in Pacht betrieb. Fürst Lobkowitz war der Hauptaktionär dieses Unter­nehmens, das jedoch schon 1810 scheiterte, worauf das Burgtheater und das Kärntnertortheater wieder direkt vom Hof über­nommen wurden.

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Altes Burgtheater

Beethoven war immer wieder bemüht, längerfristige Ver­träge abzuschließen, die ihm ein über mehrere Jahre fixes Einkommen einbringen sollten. So wandte er sich 1807 an die Direktion der Hoftheater – wohl auch auf die Förde­rung seines Gönners Fürst Lobkowitz hoffend – mit dem Vorschlag, jährlich eine große Oper gegen Bezahlung sowie zusätzlich eine kleine Operette oder andere Ge­legen­heits­stücke nach Verlangen unentgeltlich zu komponieren. Dem Antrag wurde nicht stattgegeben: „Beethoven wird nicht engagirt, hat sich aber zu erklären, was er für eine Oper u.s.w. verlange“

„(...) Macht sich derselbe anheischig und verbindlich jährlich wenigstens eine große Oper, die gemeinschaftlich durch die löbliche Direction durch den Unterzeichneten gewählt würde, zu komponiren, dagegen verlangt er eine fixe Besoldung von jährlichen 2.400 fr nebst der freyen Einnahme zu seinem Vortheile bey der dritten Vorstellung jeder solchen Oper. (...) wenn man ferner bedenkt, wie wenig Vortheil der nachtheilige Geld- Curs , und die hohen Preise aller Bedürfnisse dem hiesigen Künstler, dem übrigens auch das Ausland offen steht, gewährt: so kann man obige Bedingungen gewiß nicht übertrieben oder unmässig finden.“

Schreiben Beethovens an die Hoftheaterdirektion, 1807

„Oeffentliche Vergnügungsörter sind in Wien folgende: Das Schauspiel­haus in der Burg, welches auch das Nationaltheater genannt wird, und das Theater beym Koernerthore; beyde sind Hoftheater. Das Personale dieser Theater beträgt gegen 150 Köpfe, ohne die Musiker und Aufwärter, welche zu den beyden Orchestern gehören. Das ganze Jahr hindurch wird täglich, theils in beyden zugleich, theils abwechselnd in dem einen oder dem anderen, Schauspiel gegeben; nur in der Charwoche, einige Tage vor Weihnachten, an den hohen Kirchenfeyertagen, an den Sterbetagen Kaiser Joseph II., Leopold II., und der Kaiserinn Ludovika ist kein Schau­spiel oder öffentliches Spectakel.“

Neueste Beschreibung der Kais. Kön. Haupt- und Residenz­stadt Wien, und der in der Gegend derselben befindlichen kaiserl. königl. Lustschlösser, Gärten, anderer vorzüglicher Gebäude, Kunst- und Naturmerk­würdig­keiten (1807).

<p>Ankündigung der Uraufführung der Symphonie Nr. 1</p> ©

Ankündigung der Uraufführung der Symphonie Nr. 1

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Symphonie Nr. 1 C-Dur op. 21
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„Das Burgtheater ist bekannt; es geht, wie jedes Hoftheater, nach einem eigenen Plane zu Werke, der sich nicht von dem Geschmacke noch von den Launen des Publikums lenken läßt. Es besitzt schöne und kräftige Mittel, und verwendet sie unbe­streitbar für das Bessere und Gediegenere.“

H. Meynert, Herbstblüthen aus Wien: gesammelt in den Spät­monaten 1830 (1832).

„(...) geschwinder würde ich etwas neues schreiben, als jezt das Neue zum alten (...). Die Partitur von der oper ist so schrecklich geschrieben als ich je eine gesehn habe, ich muß Note für Note durch­sehn, (sie ist wahrschein­lich gestohlen) kurzum ich versichre sie lieber T., die oper erwirbt mir die Märtirerkrone“

Ludwig van Beethoven zur Arbeit an Fidelio, März 1814

„(…) Der Componist war bemüht sie umzuarbeiten, sie mit neuen Musik­stücken aus­zuschmücken, und so gleichsam den letzten Pinselstrich ans Gemälde anzu­legen. Wir erfreuten uns daher eines Genus­ses, der in seiner Art einzig war. Wir bewun­derten Beethoven in seiner ganzen Größe (…) Endlich hat das große Genie einmahl durchgedrungen, und ver­mag es noch bei seinem Leben, sich seiner Werke zu erfreuen. Eine große Selten­heit!“

Kritik zu Fidelio, Wiener Theater-Zeitung, 28. Mai 1814.

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Fidelio
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<p>Kärntnertortheater: Uraufführung der dritten Fassung der Oper Fidelio; Uraufführung der Symphonie Nr.&nbsp;9 d&#8209;Moll op.&nbsp;125</p> ©

Kärntnertortheater: Uraufführung der dritten Fassung der Oper Fidelio; Uraufführung der Symphonie Nr. 9 d‑Moll op. 125

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Symphonie Nr. 9 d-Moll op. 125
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„(...) und was in solchen Fällen nicht immer zu geschehen pflegt, geschah hier: die immer mehr und mehr gesteigerte Erwartung wurde nicht nur auf das Glänzendste befriedigt, sondern übertroffen.“

Kritik zur Uraufführung der 9. Symphonie, Wiener Zeitschrift, 15. Mai 1824.

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Symphonie Nr. 7 A-Dur op. 92
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<p>Alte Universität: Uraufführung der Symphonie Nr.&nbsp;7 A&#8209;Dur op.&nbsp;92</p> ©

Alte Universität: Uraufführung der Symphonie Nr. 7 A‑Dur op. 92

„(...) Zuerst wurde eine große, tiefgedachte, meisterhafte Symphonie von Beethoven aufgeführt (...)“

Kritik zur 7. Symphonie, Österreichischer Beobachter, 11. Dezember 1813.

Konzertaufführungen, so genannte „Akademien“, waren für Beethoven nicht nur Mög­lich­keiten, mit seinen Werken an die Öffentlichkeit zu treten, sie bedeuteten auch Ein­nahmen durch den Verkauf der Billetts (die man teilweise auch direkt beim Komponisten erwerben konnte).

In Wien gab es eine ganze Reihe von Konzertsälen und Konzert­ver­an­staltern und neben dem Adel fand sich zu­nehmend auch ein zum Teil finanzkräftiges bürger­liches Publikum, das sich mangels Möglichkeiten der politischen Teilhabe verstärkt der Kultur (und dem Wirtschafts­leben) zuwandte. Salons wurden begründet und Vereine entstan­den, die das Kulturleben förderten, wie die 1812 gegrün­dete Ge­sell­schaft der Musikfreunde, die bis zur Errichtung des Musikvereinsgebäudes (1869) die Redoutensäle für ihre Konzertreihen nutzte.

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Symphonie Nr. 8 F-Dur op. 93
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<p>Redoutensaal: Uraufführung der Symphonie Nr.&nbsp;8 F&#8209;Dur op.&nbsp;93</p> ©

Redoutensaal: Uraufführung der Symphonie Nr. 8 F‑Dur op. 93