Mediennutzung im Wandel der Zeit

Mediendemokratie, Mediengesellschaft, Informationstechnologien, Medienberufe, News und Fake News – unser Alltag ist bestimmt von Medien. Medien im Jahr 2018 bedeuten etwas völlig anderes als Medien im Jahr 1918. Wie hat sich unser Medienbewusstsein im Laufe der vergangenen hundert Jahre verändert? Welche Funktion haben Medien heute im Gegensatz zu damals? Dieses Themenpaket setzt sich mit der Mediennutzung im Wandel der Zeit, mit dem Einfluss der Medien auf die Gesellschaft und auf den Einzelnen, mit Medienkritik sowie mit dem Format „Hörfunk“ auseinander. 

Darum geht's

Im Zentrum des Unterrichtspakets stehen Radiosendungen, die unterschiedliche Perspektiven des Medien­wandels beleuchten. Angeboten werden Unterrichts­vor­schläge, die das eigene Medien­verhalten reflektieren und die Medien­viel­falt, die sich im Laufe der Zeit entwickelt hat, ins Bewusst­sein rufen. Außerdem werden Schülerinnen/Schüler angeleitet, Journal­sendungen zu analysieren und kritisch zu hinter­fragen. Thematische Schwer­punkte sind neben der Medien­geschichte, den Medien zur Zeit des National­sozialismus, die Medien während der Besatzungs­zeit und die Massen­medien in der Gesellschaft.

Lehrplanverortung: 7. Klasse OST (NOST: Kompetenz­modul 5) und /oder 8. Klasse OST (NOST: Kompetenz­modul 7)

historische Kompetenzen: historische Fragekompetenz, historische Methodenkompetenz, historische Orientierungs­kompetenz, politische Urteils­kompetenz, politik­bezogene Methoden­kompetenz, politische Handlungs­kompetenz

Konzepte: Belegbarkeit, Auswahl, Zeit, Konstruktivität, Struktur, Kommunikation

Unterrichtsprinzipien: Subjektorientierung, Lebensweltbezug, exemplarisches Lernen, Prozess­orientierung, Multi­perspektivitäts- und Kontroversitäts­prinzip

1. Einstieg ins Thema „Mediennutzung” (Arbeitsanregungen für 1 Unterrichtsstunde)

Der Einstieg ins Thema „Mediennutzung” erfolgt über den Lebensweltbezug und die Subjektorientierung. Die Schülerinnen/Schüler sollen ihre eigene Mediennutzung beobachten, darüber reflektieren und in Bezug zum historischen Beginn von Radioaufnahmen in den 1920er Jahren setzen.

1. Die Schülerinnen und Schüler beobachten einen Tag lang ihre Mediennutzung: Welche Medien benutzen sie? Wie lange? Zu welchem Zweck? Was hören/sehen sie sich an?
2. Reflexion zur Selbstbeobachtung in zwei Varianten:

  • Variante 1 „Fragebogen": Die Schüler/innen erhalten das Arbeitsblatt 1 „Selbstbeobachtung zur Mediennutzung”. Sie beantworten die Fragen zuerst in Einzelarbeit und werten anschließend die Klassenergebnisse statistisch aus. Es folgt eine Interpretation der erstellten Grafik(en) und ein darauf aufbauendes Klassengespräch.
  • Variante 2 „Viereckenspiel": Die vier Ecken des Klassenraums entsprechen den vier Antwortmöglichkeiten des Arbeitsblattes 1 „Selbstbeobachtung zur Mediennutzung”. Die Lehrperson liest die Fragen vor, die Schülerinnen/Schüler positionieren sich ihrer Selbsteinschätzung entsprechend im Klassenraum. Die offenen Zusatzfragen am Arbeitsblatt können für Reflexionsgespräche herangezogen werden.

3. Den Schülerinnen/Schülern werden die ersten 22 Sekunden der Radiosendung „60 Jahre Radio – 1. Teil“ vorgespielt. Die Sendung wird gestoppt, die Frage an die Klasse weitergegeben: „Was wäre, wenn es einen Tag kein Radio gäbe? Würde es fehlen? Warum? Warum nicht?“ Anschließend wird die Sendung weiter vorgespielt bis Minute 4:53. Es folgt ein Gespräch in der Klasse zu den gehörten Inhalten:

  • Nennen Sie die wichtigsten Kernaussagen dieses Sendungsausschnitts.
  • Vergleichen Sie Radio früher und heute (z.B. Tonqualität, Sendernamen, Ausstrahlungsweite, Programm, Bedeutung für die Menschen)
  • Entwickeln Sie ein Konzept für einen Radiosender, der heute Jugendliche begeistern könnte. Wie wäre dabei das Verhältnis von Information und Unterhaltung? Welche Themen sollten vorkommen? Wie wären die Themen über die Sendezeit verteilt?

4.  Die Schülerinnen/Schüler öffnen den Link „Die Medien und wir“. Sie formulieren sieben Fragen zur Infografik. Im Austausch mit der Sitznachbarin/dem Sitznachbarn beantworten sie gegenseitig ihre Fragen. Anschließend geben einander die Schülerinnen/Schüler Rückmeldungen zu den Antworten.

00:49:35 audio
60 Jahre Radio - 1. Teil

Radiosendung aus dem Jahre 1984

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2. Miniprojekt: Mediennutzung im Wandel der Zeit (Arbeitsanregungen für ca. 4 Unterrichtsstunden)

Projektziel ist die Präsentation eines vorwissenschaftlichen Forschungsprojekts zum Thema „Mediennutzung im Wandel der Zeit“. Die Schülerinnen/Schüler trainieren im Hinblick auf die VWA Interviewführung, das Verfassen von Sachtexten und das Präsentieren eines Projekts. Außerdem fördert diese Unterrichtseinheit Kompetenzen in Teamarbeit und Projektorganisation.

1. Vorübung zum Projekt: Die Schülerinnen/Schüler bilden Dreiergruppen. Sie recherchieren in der Suchmaschine der Mediathek, wie viele Töne sie zu den folgenden Jahren finden:

  • Schülerin/Schüler A: 1908, 1938, 1968
  • Schülerin/Schüler B: 1918, 1948, 1978
  • Schülerin/Schüler C: 1928, 1958, 1988

Anschließend wählen sie drei Jahre aus verschiedenen Zeitabschnitten aus und hören dazu Ausschnitte aus Radiosendungen an.
Gemeinsam erstellen sie einen Abschlussbericht, der Folgendes enthält: grafische Darstellung der Rechercheergebnisse, Vergleich von Radiosendungen im Laufe der Zeit, persönliche Stellungnahme zu den Ergebnissen bzw. Interpretation der Ergebnisse.

2. Interviews als zentrale Forschungsmethode des Projekts: Jede Schülerin/Jeder Schüler der Klasse sucht sich drei Interviewpartner/innen aus verschiedenen Generationen: 30–49 Jahre, 50–69 Jahre, ab 70 Jahre. Die Interviewfragen werden gemeinsam in der Klasse entwickelt. Das Arbeitsblatt 2 „Interviewfragen” bietet Anregungen für mögliche Fragen.

3. Datenauswertung: Die Interviews werden gemeinsam in der Klasse ausgewertet.

4. Interpretation der Daten: Die Daten werden mit der Selbsteinschätzung (siehe Arbeitsanregung 1 „Einstieg ins Thema ‚Mediennutzung im Wandel der Zeit‘“) sowie mit den Rechercheberichten aus Punkt 1 „Vorübung zum Projekt“ verglichen. Zusätzlich können Informationen aus Internet, Literatur oder der Mediathek (z.B. „60 Jahre Radio“, „Rundfunkreform 1966“) genutzt werden.

5. Zusammenführung der Forschungsergebnisse: Aus den Forschungen soll einerseits ein vorwissenschaftlicher Fachaufsatz zum Thema verfasst, andererseits eine Präsentation vorbereitet werden.

00:49:35 audio
60 Jahre Radio - 1. Teil

Radiosendung aus dem Jahre 1984

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00:56:23 audio
Die innen- und außenpolitischen Konsequenzen der Rundfunkreform 1966

Vortrag von Karl Pisa (1987)

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3. Medien in der Besatzungszeit (Arbeitsanregungen für 1 Unterrichtsstunde)

Dieses Beispiel eignet sich als Ergänzung/Vertiefung zur Unterrichtseinheit „Mediennutzung im Laufe der Zeit“ oder als Sequenz zur Alltagsgeschichte der Besatzungszeit. Grundkenntnisse zur Besatzungszeit sollten gegeben sein.

1. Die Schülerinnen/Schüler hören den Ausschnitt aus dem Interview mit dem Historiker Gerhard Jagschitz zum Thema „Das Medium Rundfunk während der Besatzungszeit“ an. Während der Hörübung sollen sie Notizen zu folgenden Fragen machen:

  • Welche Medien sind während der Besatzungszeit vorherrschend?
  • Welche Funktionen erfüllen sie während der Besatzungszeit?

2. Anschließend recherchieren die Schülerinnen/Schüler im Internet über die aktuelle österreichische Medienlandschaft: z.B. Anzahl der Tageszeitungen und Hörfunksender sowie Funktionen der Medien. In Kleingruppengesprächen werden die Ergebnisse verglichen und interpretiert.

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00:05:34 video
Das Medium Rundfunk während der Besatzungszeit

Prof. Jagschitz erklärt

Weitere Töne

00:45:19 audio
Medien und öffentliches Bewußtsein in den Fünfziger Jahren
Details

4. Journalsendungen (Arbeitsanregungen für ca. 2 Unterrichtsstunden)

Radionachrichten – Journalsendungen – zählen bis heute zu einer viel genutzten Informationsquelle. In dieser Unterrichtseinheit setzen sich die Schülerinnen/Schüler mit Journalsendungen im Laufe der Zeit auseinander.
 

1. Aktivierungsübung zu Stundenbeginn: Schülerinnen/Schüler, die folgende Fragen mit JA beantworten können, stehen auf und setzen sich danach wieder:

  • Wer hat gestern eine Nachrichtensendung im Fernsehen gesehen?
  • Wer hat gestern Nachrichten im Radio gehört?
  • Wer hat heute Morgen Nachrichten im Radio gehört?
  • Wer kennt Journalsendungen des Radiosenders Ö1?

Variante 1: Es folgt ein kurzes Einstiegsgespräch zum Thema Nachrichtensendungen. Mögliche Leitfragen:

  • Wie sind Nachrichtensendungen gegliedert?
  • An welche Kennmelodien/Jingles erinnern Sie sich?
  • Denken Sie an die letzte Nachrichtensendung, die Sie gehört oder gesehen haben: Welche Themen sind Ihnen in Erinnerung geblieben?
  • Welchen Unterschied macht es aus, ob Sie Nachrichten im Fernsehen sehen oder im Radio hören?

Variante 2: Eine aktuelle Radiosendung wird angehört.
2. Gruppenarbeit: Die Schülerinnen/Schüler bilden je nach Klassengröße 3 oder 6 Gruppen und bearbeiten das ihnen zugeteilte Arbeitsblatt:

3. Zusammenführung der Ergebnisse: Die Schülerinnen/Schüler bilden Verschnittgruppen (à drei Personen) und vergleichen ihre Ergebnisse. Gemeinsam formulieren sie vier Thesen oder vier Kurzinformationen, die sie aus ihrem Gruppengespräch entwickeln.

4. Die Thesen bzw. Kurzinformationen der einzelnen werden in der Klasse vorgelesen, verglichen und besprochen.

00:28:44 audio
Erstes Morgenjournal

21. August 1968

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00:59:37 audio
Erstes Mittagsjournal

2. Oktober 1967

Details
00:56:50 audio
Erstes Abendjournal

2. Oktober 1967

Details
00:29:49 audio
Morgenjournal der 1980er

29. Februar 1988

Details
00:59:55 audio
Mittagsjournal der 1980er

29. Februar 1988

Details
00:53:44 audio
Abendjournal der 1980er

29. Februar 1988

Details

5. Fake News: Nationalsozialistische Berichterstattung über das Novemberpogrom 1938

Bei dieser Aufgabenstellung beschäftigen sich die Schülerinnen/Schüler mit der Funktion und dem Einfluss der Medien während des NS-Regimes.
In der Sendung Journal-Panorama „‚Reichskristallnacht‘ – Die Rolle der österreichische Medien beim Novemberpogrom 1938“ geht es um die Berichterstattung vor, während und nach dem Novemberpogrom. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Rolle der Journalisten in der damaligen Zeit sowie ihre rückblickende Einschätzung ihrer Arbeit.

1. Empfehlenswert ist, dass sich jede Schülerin/jeder Schüler die Sendung mit Kopfhörer anhört. So kann jede/jeder in ihrem/seinem individuellen Thema arbeiten und bei Bedarf stoppen, um sich Notizen zu den Aufgabenstellungen zu machen. Die Schülerinnen/Schüler erhalten dazu das Arbeitsblatt 6 „Berichterstattung 1938“.

2. Im Anschluss an die Arbeitsphase werden die Ergebnisse besprochen und die entstandenen Zeitleisten präsentiert.

6. Arbeitsblätter

Arbeitsblatt  1: Selbstbeobachtung zur Mediennutzung

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Arbeitsblatt  2: Interviewfragen

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Arbeitsblatt 3: Morgenjournal

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Arbeitsblatt  4: Mittagsjournal

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Arbeitsblatt  5: Abendjournal

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Arbeitsblatt  6: Berichterstattung 1938

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<p>Radiohörende 1938</p> ©

Radiohörende 1938

7. Literatur

Besand, Anja; Sander, Wolfgang (2010). Handbuch Medien in der politischen Bildung. Schwalbach/Ts: Wochenschau Verlag

Röser, Jutta (2007). MedienAlltag. Domestizierungsprozesse alter und neuer Medien. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.

Weischenberg, Siegfried; Kleinsteuber, Hans; Pörksen, Bernhard (2018): Handbuch Journalismus und Medien. Köln: Herbert von Halem Verlag
 

(Text und Inhalt: Julia Müller, Bettina Paireder, 2018)