Umweltgeschichte
Auch wenn der Mensch schon immer von Natur umgeben war, auch wenn der Mensch durch seine Aktivitäten seine Umwelt schon immer stark veränderte, begann man erst in den 1960er Jahren wahrzunehmen, dass mit dem menschlichen Einfluss auf die Umwelt größere Probleme verbunden sein könnten, denen man mittels einer Umweltpolitik begegnen müsse.
Die Umweltgeschichte in Österreich prägten Ereignisse wie der Ölpreisschock von 1973/74 und 1979, die Volksabstimmung über das AKW Zwentendorf 1978 und das Konrad-Lorenz-Volksbegehren in Zusammenhang mit der Besetzung der Hainburger Au 1984/85. Ökologische Themen wurden zu ernstzunehmenden Diskussionspunkten. Diese Veränderung der Wahrnehmung spiegelte sich nicht nur in der politischen Landschaft Österreichs durch den Einzug der „Grünen Alternative“ 1986 in den Nationalrat wider, sondern ebenso in der europäischen und internationalen Politik. Heute zählen ökologische Fragen zu den wichtigsten global diskutierten Themen. Die Umwelt geht uns alle an, sowohl als Einzelperson als auch als Teil der Weltbevölkerung.
1985 (wiederverlautbart 1994) wird Umwelterziehung mittels Grundsatzerlasses als fächerübergreifendes Unterrichtsprinzip festgelegt. Auch in den Lehrplänen für Geschichte und Politische Bildung sind ökologische Fragestellungen fest verankert. So soll dieses Themenpaket eine Möglichkeit bieten, die Ursprünge der österreichischen Umweltpolitik im Unterricht aufzuarbeiten und gleichzeitig bei den Schülerinnen und Schülern ein ökologisches Bewusstsein zu schaffen. Diverse Materialien bieten die Möglichkeit, je nach gewünschtem Ausmaß eine Unterrichtsstunde, mehrere Einheiten oder einen Schwerpunkt zum Thema zu gestalten.
Diese Einheit soll die Schüler/innen für das Thema Umwelt sensibilisieren. Sie eignet sich als Einstiegssequenz für verschiedenste umweltgeschichtliche und umweltpolitische Themen, die im Anschluss daran folgen können. Die Schüler/innen setzen sich verstärkt damit auseinander, wie sie ihre eigene Umwelt wahrnehmen, reflektieren über die Zusammenhänge von Umwelt und Geschichte bzw. Politik und beschäftigen sich mit ökologischen Fragestellungen ihres Lebensbereichs. Den Abschluss bildet ein Beitrag von Friedensreich Hundertwasser aus dem Jahr 1984 zu den Themen Umweltschutz und Umweltbewusstsein.
1.1) Persönliches Brainstorming
Jede Schülerin und jeder Schüler erhält ein leeres Blatt im Format A3. Dieses wird in vier Felder unterteilt:
Die Schüler/innen füllen die vier Felder mit ihren persönlichen Assoziationen, wobei jeder Teil in einer anderen Form gestaltet wird. Welcher Zugang für welches Feld gewählt wird, können sich die Schüler/innen aussuchen.
1.2) Ausstellung
Die Blätter werden an der Pinnwand befestigt. Die Schüler/innen sehen sich die Werke ihrer Klassenkolleginnen und ‑kollegen an.
1.3) Lehrer/innen-Schüler/innen-Gespräch / Fachgespräch
Die Ausstellung wird evaluiert, besonders gelungene Beiträge werden hervorgehoben. Die genannten Fakten und Ideen leiten ein Fachgespräch zwischen Schülern, Schülerinnen und dem Lehrer bzw. der Lehrerin ein. (siehe „Leitfaden Fachgespräch Umweltgeschichte“)
1.4) Abschluss: Hörübung und Argumentationstraining
Die Schüler/innen hören den Ausschnitt aus dem Mittagsjournal vom 19. Juli 1984, in dem Friedensreich Hundertwasser über seinen Beitrag zum Umweltschutz spricht.
Im Anschluss an die Sendung werden den Schülerinnen und Schülern fünf Aussagen präsentiert (auf Folie, Kärtchen, der Tafel, mittels Beamers …). Jede Schülerin und jeder Schüler sucht sich eine Aussage aus und untermauert diese mit zwei bis drei Argumenten.
aus dem Mittagsjournal vom 19. Juli 1994
Vorschläge für mögliche Aussagen:
1.5) Zusatzaktivitäten
Variante a: Besuchen Sie mit Ihren Schülerinnen und Schülern die Homepage des Hundertwasserhauses: http://www.das-hundertwasser-haus.at
Variante b: Die Schüler/innen berechnen ihren ökologischen Fußabdruck. Anleitung, Infos und Rechner finden sich unter: http://www.mein-fussabdruck.at
Diese Einheit eignet sich als Einstiegssequenz für einen größer angelegten Themenblock rund um die beginnende Umweltpolitik der 1970er Jahre, ausgelöst durch den sogenannten „Ölpreisschock“ 1973. Ebenso kann sie für das Thema Mobilität herangezogen werden. Ausgehend von einem Beitrag der Austria Wochenschau vom 25. Jänner 1974 befassen sich die Schüler/innen mit dem sogenannten „autofreien Tag“ auf sachlicher und auf methodischer Ebene (Filmanalyse). Der Bogen wird bis in die Gegenwart gespannt, wobei die Schüler/innen die multiperspektivischen Hintergründe und Zielsetzungen dieser Aktionen verstehen sollen. Eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Mobilitätsverhalten wäre wünschenswert.
2.1) Filmvorführung
Die Schüler/innen sehen die erste Minute des Videos ohne Ton, möglichst als Vollbild, damit Titel und Katalogzettel nicht zu sehen sind.
Anschließend werden folgende Fragen an die Schüler/innen gerichtet:
2.2) Filmanalyse
Nun sehen die Schüler/innen den gesamten Film mit Ton, dazu erhalten sie das Arbeitsblatt „Autofreier Tag in Österreich“ dessen Fragen sie in Einzel- oder Partner/innenarbeit beantworten. Danach werden Kleingruppen gebildet. Die Schüler/innen vergleichen ihre Lösungen; falls es Differenzen gibt, kann das Lösungsblatt herangezogen werden.
2.3) Lehrer/innen-Input – Lehrer/innen-Schüler/innen-Gespräch
In Anschluss an die Filmanalyse bietet sich die Gelegenheit, näher auf die Fakten zum Ölpreisschock einzugehen und die beginnende Energiekrise zu thematisieren. Es sollte erwähnt werden, dass eine weitere Auswirkung neben dem autofreien Tag und der Geschwindigkeitsbegrenzung die Einführung der „Energieferien“ (heute „Semesterferien“) war.
2.4) Zusatzaktivität
In Kleingruppen von drei bis vier Schülerinnen bzw. Schülern wird jeweils ein Werbeplakat für eine Aktion, die das Mobilitätsbewusstsein an der Schule steigern soll, gestaltet.
Die Plakate werden präsentiert und nach zuvor festgelegten Kriterien (z. B. optische Gestaltung und Kreativität, Realisierbarkeit, Transport der eigentlichen „Message“) evaluiert. Eventuell wird eine Gewinnergruppe ermittelt. Im Idealfall könnte eines der Projekte umgesetzt werden.
aus der Austria Wochenschau vom 25. Jänner 1974. [Ausschnitt]
Diese Einheit eignet sich sowohl als Beitrag zum Thema Energiepolitik als auch als Vorbereitung für eine Diskussion rund um das Thema Atomkraft. Außerdem ist es als Fallbeispiel für die „Ära Kreisky“ zu verwenden oder aber es kann der Schwerpunkt auf die direkte Demokratie und ihre Auswirkungen gelegt werden (siehe auch „Volksabstimmung“ im Rahmen des Themenpakets Demokratie).
Die Schüler/innen begeben sich auf einen virtuellen Rundgang durch das Atomkraftwerk Zwentendorf und lernen die Fakten und Hintergründe rund um das AKW kennen. Im Anschluss daran recherchieren sie in ausgewählten Mittagsjournalbeiträgen zwischen Juli und November 1978 zur Vorgeschichte und Durchführung der Volksabstimmung; gleichzeitig bereiten sie auf inhaltlicher Ebene die anschließend stattfindende Gruppendiskussion vor. Den Abschluss bilden zwei satirische Beiträge zum Thema Zwentendorf.
3.1) Steckbrief zum AKW Zwentendorf
Die Schüler/innen erhalten das Arbeitsblatt „Zwentendorf“. In Einzelarbeit verschaffen sie sich einen ersten Überblick über das AKW und gestalten einen Steckbrief zum Kraftwerk. Die Steckbriefe werden an der Pinnwand arrangiert. Nach dem Ende dieser Themeneinheit können die Steckbriefe zu den Arbeitsunterlagen der Schüler/innen gegeben werden (Ertragssicherung).
3.2) Virtueller Rundgang durch das Kraftwerk
Im nächsten Arbeitsschritt recherchieren die Schüler/innen Detailinformationen, indem sie sich auf einen virtuellen Rundgang durch das Kraftwerk begeben: http://www.zwentendorf.com (Tipp: Den virtuellen Rundgang könnten sich die Schüler/innen als Vorbereitung auf die nächste Unterrichtseinheit auch zu Hause ansehen.) Zur Sicherung des Lernertrags filtern die Schüler/innen einerseits auf Sachebene Informationen aus dem Rundgang, andererseits sollen sie über das Gesehene nachdenken und Fragen entwickeln, die sich daraus ergeben. Die Informationen und Fragen werden einzeln auf Clusterkarten geschrieben und an der Pinnwand befestigt.
3.3) Lehrer/innen-Schüler/innen-Gespräch zum AKW Zwentendorf
Die Schüler/innen versammeln sich vor der Pinnwand. In einem Lehrer/innen-Schüler/innen-Gespräch werden
3.4) Recherche zur Volksabstimmung
Die Schüler/innen bearbeiten in Partner/innenarbeit Punkt 3 des Arbeitsblattes (Volksabstimmung zu „Zwentendorf“). Sie erleben dabei Journalsendungen als Informationsquelle. Je nach Fragestellung bzw. Schwerpunktsetzung können sich in den Tönen unterschiedliche Antworten finden.
3.5) Gruppendiskussion
Die Klasse wird in drei Gruppen eingeteilt. Jede Gruppe bestimmt eine Diskussionsleiterin bzw. einen Diskussionsleiter. Diese bzw. dieser ist verantwortlich, dass jede und jeder zu Wort kommt und die Diskussion in geordneten Bahnen verläuft. Außerdem protokolliert sie bzw. er die wichtigsten Aussagen der Diskussion. Nach dem Ende der Diskussionszeit erstellt die Gruppe auf Basis der Notizen der Diskussionsleiterin bzw. des Diskussionsleiters ein Plakat. Das Plakat wird den Mitschülerinnen und Mitschülern präsentiert und danach gut sichtbar im Klassenraum befestigt. Eventuell könnte auch ein Fotoprotokoll zu den Arbeitsunterlagen der Schüler/innen beigefügt werden (Ertragssicherung).
Mögliche Diskussionsthemen:
3.6) Abschluss der Einheit
Folgende zwei künstlerischen Beiträge eignen sich, um das Thema Zwentendorf abzuschließen:
Georg Danzer: Zwententod auf Youtube
aus einem Kabarett-Abend von Lukas Resetarits vom 26. Februar 1979 [Ausschnitt]
In Form einer Nachbesprechung der Beiträge können nochmals die Fakten sowie die unterschiedlichen Perspektiven wiederholt werden. Dabei kann auch das Thema Kunst und Politik angesprochen werden: Bedeutung, Sinnhaftigkeit und die Ziele solcher Beiträge.
Diese Einheit eignet sich einerseits als Beispiel für gelebte Umweltpolitik in Österreich, andererseits kann sie auch als Teilaspekt zu einer Einführung in die politischen Parteien Österreichs verwendet werden. Ebenso ist sie als Ergänzung zum Zwentendorf-Beitrag dieses Themenpaketes gedacht.
Anhand ausgewählter Töne und Internetseiten informieren sich die Schüler/innen über das Konrad-Lorenz-Volksbegehren und die Besetzung der Hainburger Au 1984. Vor diesem Hintergrund setzen sie sich mit der historischen Entwicklung der Partei „Die Grünen – Die Grüne Alternative“ und deren Parteiprogramm auseinander.
4.1) Einstieg / Diagnostische Übung
Die Schüler/innen sehen einen „Zeit im Bild“-Beitrag vom 19. Dezember 1984:
Beitrag aus der „Zeit im Bild“ vom 19. Dezember 1984 [Ausschnitt]
In einem Lehrer/innen-Schüler/innen-Gespräch werden Informationen herausgearbeitet und Vermutungen angestellt, was der Anlass für diese Demonstration gewesen und was passiert sein könnte. Bei dieser Übung kann auch kritisch Stellung bezogen und überraschende Punkte können angesprochen werden. Die Ergebnisse werden an der Tafel festgehalten. Durch diese diagnostische Übung wird klar, welches Vorwissen bei den Schülerinnen und Schülern bereits vorhanden ist.
4.2) Gruppenarbeit: Erarbeitungsphase
In Vierergruppen erarbeiten die Schüler/innen in einem dialogischen Lernprozess die Fakten und Hintergründe zur Besetzung der Hainburger Au und dem Konrad-Lorenz-Volksbegehren. Die genauen Arbeitsaufträge finden sich auf dem Arbeitsblatt „Hainburger Au“.
4.3) Lehrer/innen-Schüler/innen-Gespräch
In einem Lehrer/innen-Schüler/innen-Gespräch kann die Lehrerin bzw. der Lehrer überprüfen, ob die wichtigsten Punkte verstanden wurden. Die Schüler/innen haben die Möglichkeit, offene Fragen zu diskutieren und persönliche Kommentare abzugeben.
4.4) Input: Die Entstehung der Partei „Die Grünen – Die Grüne Alternative“
Die Lehrerin bzw. der Lehrer leitet über zur Entstehung der Partei „Die Grünen – Die Grüne Alternative“. Ausgehend von basisdemokratischen Bewegungen rund um Zwentendorf und Hainburg, solidarisieren sich zwei Ökologiebewegungen – die eher konservativen „Vereinten Grünen Österreichs“ (VGÖ) und die eher progressive „Alternative Liste Österreichs“ (ALÖ) – und schließen sich zu einer Partei, der „Grünen Alternative“ (GA) zusammen, die 1986 erstmals in den Nationalrat einzieht. Seit 1993 lautet die offizielle Bezeichnung der Partei „Die Grünen – Die Grüne Alternative“.
4.5) Abschluss: Erstellen eines Parteiprofils
Die Schüler/innen setzen sich mit „Den Grünen“ auseinander und gestalten ein Parteiprofil: wichtige Punkte des Programms, die Positionen bei aktuellen politischen Themen, führende Politiker/innen, letzte Wahlergebnisse, Logo, Symbole usw. Um keine Parteipolitik zu betreiben, ist dabei auf Sachlichkeit und Objektivität zu achten.
4.6) Zusatzaktivität
„Was wäre, wenn …?“ Die Schüler/innen nennen Themen, die ihnen so am Herzen liegen, dass es sich lohnen würde, über eine politische Initiative nachzudenken.
Fachgespräch zur Umweltgeschichte (Gesprächsleitfaden für Lehrer/innen)
Dieser Leitfaden bietet Impulse für ein Lehrer/innen-Schüler/innen-Gespräch sowie einen Informationsinput zum Thema Umweltgeschichte. Ausgehend von Leitfragen, die auf den Erfahrungshorizont der Schüler/innen abzielen, werden einige wesentliche Punkte der Umweltgeschichte und der Umweltpolitik aufgelistet. Zusätzlich werden unter „Fragen, Probleme, Gedanken“ Vorschläge für eine Gesprächsvertiefung angeboten.
Autofreier Tag in Österreich (Arbeitsblatt)
Neben konkreten Fragen zum Inhalt des Filmbeitrags werden Fragen zur Filmanalyse im Sinne der Stärkung der historischen bzw. politikbezogenen Methodenkompetenz angeboten. Abgerundet wird das Arbeitsblatt mit einem ergänzenden Arbeitsauftrag, der einen Gegenwartsbezug herstellt.
Autofreier Tag in Österreich (Arbeitsblatt mit Lösungen)
Das Lösungsblatt dient der Lehrerin bzw. dem Lehrer als Überblick oder/und den Schülerinnen und Schülern als Kontrollblatt.
Zwentendorf (Arbeitsblatt)
Dieses Arbeitsblatt führt die Schüler/innen durch die Unterrichtssequenz „Österreich und die Atomkraft“. Nach einer Anleitung zur Aneignung von Global- und Detailwissen rund um das AKW Zwentendorf werden Radiobeiträge aufgelistet, mithilfe derer die Schüler/innen Argumente pro bzw. contra Atomkraft herausarbeiten sollen. Im Sinne der politischen Urteilskompetenz wird auf diese Weise eine Basis für die Diskussion zum Thema Atomenergie geschaffen.
Hainburger Au (Arbeitsblatt)
In dialogischem Lernen erarbeiten die Schüler/innen die Themenbereiche Konrad-Lorenz-Volksbegehren und die Besetzung der Hainburger Au. Dafür stehen ihnen ausgewählte Töne der Mediathek zur Verfügung. Die gewonnen Informationen dienen als Basis für das weitere Unterrichtsgeschehen (Entstehung der Partei „Die Grünen – Die Grüne Alternative“).
(Text und Inhalt: Bettina Paireder, 2014)