Anhand von Aufnahmen österreichischer Generäle sowie von Mitgliedern des Kaiserhauses, darunter auch von Kaiser Franz Joseph I. selbst, soll der Beitrag audiovisueller Medien zur Kriegspropaganda im Ersten Weltkrieg in Österreich aufgezeigt werden. Im Weiteren wird der Bogen über die Zwischenkriegszeit gespannt, um mit der propagandistischer Agitation im Dritten Reich und dem Zweiten Weltkrieg zu enden.
In fünf chronologisch unterteilten Arbeitsblättern werden Arbeitsanregungen zu einzelnen Tönen als auch zu Fragen der Propaganda gegeben.
Anhand von Aufnahmen österreichischer Generäle sowie von Mitgliedern des Kaiserhauses, darunter auch von Kaiser Franz Joseph I. selbst, soll der Beitrag audiovisueller Medien zur Kriegspropaganda im Ersten Weltkrieg in Österreich aufgezeigt werden. Im Weiteren wird der Bogen über die Zwischenkriegszeit gespannt, um mit der propagandistischer Agitation im Dritten Reich und dem Zweiten Weltkrieg zu enden.
In fünf chronologisch unterteilten Arbeitsblättern werden Arbeitsanregungen zu einzelnen Tönen als auch zu Fragen der Propaganda gegeben.
Das lateinische Verb „propagare“ bedeutet „verbreiten, ausdehnen, fortpflanzen“. Papst Gregor XV. schuf im Jahr 1622 die Kongregation (= päpstliches Ministerium) „de propaganda fide“ („um den Glauben zu verbreiten“), um organisiert dem Protestantismus entgegenzutreten. Der Name dieses päpstlichen Instituts wurde später in viele Sprachen übernommen, um durch das Wort Propaganda den Versuch zu bezeichnen, erwünschte Sichtweisen zu erzeugen und Reaktionen zu steuern. Im weitesten Sinne kann daher ebenso wie die Werbung in der Wirtschaft auch religiös motivierte Missionierung als Propaganda bezeichnet werden.
Propaganda vermag manipulativ zu wirken, indem sie Wahrheiten verdreht und auf diese Weise die Öffentlichkeit beeinflusst, um bestimmte Reaktionen zu provozieren. Diese Eigenschaft der Propaganda machten sich vor allem totalitäre Systeme wie der Nationalsozialismus und der Stalinismus zu eigen. Im nationalsozialistischen Deutschen Reich wurde dafür sogar ein eigenes Ministerium geschaffen, das Ministerium für Propaganda und Volksaufklärung, an dessen Spitze der promovierte Germanist Joseph Goebbels stand und das heute als Paradebeispiel für Propaganda im negativen Sinne gilt.
Die ältesten historischen Tondokumente im Bestand der Österreichischen Mediathek spannen einen weiten Bogen über die gesellschaftliche und kulturelle Szene im letzten Jahrzehnt der Monarchie. Im Folgenden sollen die k. u. k. Armee und der Erste Weltkrieg behandelt werden.
Unter der großen Zahl der österreichischen Tonaufnahmen der k. u. k. Armee stechen die Einspielungen zugunsten des österreichischen "Militär-Witwen- und Waisenfonds" hervor, die in den Jahren 1915 und 1916 produziert wurden und österreichische Militärs, darunter auch Mitglieder des Kaiserhauses und Franz Joseph selbst, zu Wort kommen lassen.
Da es zu dieser Zeit noch keine Radioausstrahlungen gab, war der Kreis, der mit Propaganda auf Schallplatten erreicht werden konnte, ein wesentlich geringerer als nach dem Ersten Weltkrieg. Trotzdem zeigte sich bereits die Tendenz der Verächtlichmachung der gegnerischen Kriegsparteien, wenn auch in wesentlich geringerem Ausmaße als auf den überall angebrachten Plakaten.
Die Präsenz des Heeres im öffentlichen Leben hat sich im Gegensatz zum ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts stark geändert. Um 1900 war der Anblick Uniformierter auf den Straßen und Gassen, in den Theatern, den Opernhäusern und Salons der Monarchie etwas Alltägliches. Großer Wert wurde auch auf die Anwesenheit der Armee bei kirchlichen Feiern gelegt. Bei der jährlichen großen Fronleichnamsprozession durch die Wiener Innenstadt war selbstverständlich auch das k. u. k. Heer vertreten. Die Armee und ihre Spektakel erschien vielen Menschen als Garant für den Bestand des Reiches. Die Realität eines Krieges lag jenseits der Erinnerung und der Vorstellungskraft der meisten. Die jährliche Militärparade auf der Schmelz, von wo die Truppen anschließend ins Manöver zogen, wiegte die Bevölkerung in jener – auch später vielbeschworenen – Welt der Sicherheit, in der sie lebte oder zu leben glaubte.
Das zur Verfügung stehende akustische Material – fast ausschließlich auf Schellacks – reicht von der bunt gekleideten Friedensarmee aus der Zeit vor 1914 mit ihren gefeierten Regimentsmusiken und beliebten Wachablösen bis zu den Materialschlachten des Ersten Weltkrieges, in denen die nun feldgrauen Soldaten buchstäblich zermalmt wurden. Aus der Zeit vor dem Kriegsausbruch sind vor allem Regimentsmärsche erhalten, die damals ein sehr beliebtes Genre der Unterhaltungsmusik darstellten. Im Besonderen zog die Wachablöse in der Hofburg täglich zahlreiche Zuschauer/innen in den Inneren Burghof. Auf der ältesten Aufnahme dieses Spektakels aus dem Jahr 1906, die sich im Besitz der Österreichischen Mediathek befindet, ist das k. u. k. Infanterieregiment Hoch- und Deutschmeister Nr. 4 zu hören.
Auch die 1910 entstandene Aufnahme des Aufziehens und der Ablöse der Burgwache mit dem Musikzug des k. u. k. Infanterieregiments Nr. 51 „Freiherr von Probszt“ gibt einen lebendigen Eindruck dieses Ereignisses:
Zu den erklärten Lieblingen der Wiener/innen zählten nicht nur die beiden schon genannten Militärkapellen, sondern auch das k. u. k. Infanterieregiment Nr. 99 mit seinen Kapellmeistern Anton Kucera und Richard Hunyacek, unter denen ein Großteil der eingespielten Aufnahmen entstand.
Die Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand am 28. Juni 1914 in Sarajevo wird zum Auslöser des Ersten Weltkriegs. In den entscheidenden Wochen nach dem Attentat ergeben sich viele Möglichkeiten, den Frieden zu wahren, und doch treibt Europa auf die Katastrophe zu. Die europäische Sicherheitsordnung – ein Netzwerk aus Beistandspakten – erweist sich nicht als Friedens-, sondern als Kriegsordnung. Grundpfeiler dieses Sicherheitssystems sind der Dreibund (Deutschland, Österreich-Ungarn, Italien) und die Entente Cordiale (Frankreich, Großbritannien, Russland). Italien versichert noch 1913 der misstrauischen Regierung in Wien, dass der Dreibund im Kriegsfall wie ein einziger Staat handeln müsse.
Am 28. Juni 1984 wurde im Mittagsjournal über den 70. Jahrestag der Schüsse von Sarajevo berichtet:
Am 28. Juli 1984 brachte das Mittagsjournal einen Bericht zum 70. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs:
Mit Begeisterung ziehen die Rekruten in den Krieg gegen Serbien. Ein kurzer Feldzug gegen einen unterlegenen Feind auf dem Balkan soll es werden. Wie überall in Europa glaubt man auch in Österreich an einen schnellen Sieg. Kriegsbegeisterung ist in allen gesellschaftlichen Lagern zu finden. Eine Entscheidung wird herbeigesehnt. Der Krieg soll den Stillstand überwinden. Die jungen Burschen sind zwar gut ausgebildet – in der Monarchie war 1912 die Dienstzeit auf drei Jahre ausgedehnt worden –, ihre Ausrüstung aber ist unzulänglich. Die k. u. k. Armee ist nicht vorbereitet, obwohl Teile des hohen Offizierskorps schon seit Jahren einen Krieg erwarten. So ist man z. B. mit Maschinengewehren schlecht versorgt. Die Bedeutung dieser Waffe ist von den Militärs nicht richtig erkannt worden.
Die Ernüchterung kommt rasch. Österreich gelingen keine raschen Erfolge gegen Serbien. Schon die ersten Schlachten sind auf österreichischer Seite äußerst verlustreich. An der russischen Front sterben Hunderttausende in einem blutigen Gemetzel, die Husaren reiten völlig irrwitzige Attacken gegen Maschinengewehrstellungen und verbluten in der letzten Reiterschlacht der Geschichte. Immer neue Rekrutenjahrgänge werden in die Schlacht geführt.
Die Szenen der Kriegsbegeisterung im Sommer 1914 in Wien, wie sie Karl Kraus in seinem Werk „Die letzten Tage der Menschheit“ so eindrucksvoll karikiert, werden von einer realistischeren Stimmung abgelöst und schließlich von einer sich immer mehr steigernden Kriegsmüdigkeit.
Statt eines „Operettenfeldzuges“ war ein Weltbrand entstanden, der Not, Leid und Tod über ganz Europa brachte und die gesamte politische Landschaft und das Lebensgefühl radikal veränderte.
Dass die Niederlage, die Auflösung des seit Jahrhunderten bestehenden Reiches so nahe, dass diese überhaupt denkbar war, daran verschwendete 1915 fast niemand auch nur einen Gedanken. Humoristinnen und Humoristen stellten ihre Fähigkeiten in den Dienst der Propaganda: Der damals sehr bekannte Gesangskomiker und Schauspieler Richard Waldemar (1869–1946) betätigte sich in einem Couplet als Kriegspropagandist. Die gegnerische Kriegspartei wird hier in krasser Weise verunglimpft und mit dem eigenen strahlenden Sieg kontrastiert. Dabei wird auf den Durchbruch der österreichisch-ungarischen und deutschen Armeen bei Tarnow-Gorlice vom Mai 1915 Bezug genommen, durch den große Teile des 1914 vom russischen Kaiserreich eroberten Galiziens wieder besetzt wurden. Der in dem Couplet erwähnte Erzherzog Friedrich war von 1914 bis 1917 Oberbefehlshaber der k. u. k. Armee:
Am 23. Mai 1915 erklärte Italien der Monarchie den Krieg. Für Österreichs politische und militärische Führung war dieser Schritt nicht überraschend gekommen. Dennoch war die Empörung über Italien groß und es kam zu nationalistischen Hassausbrüchen. Auf den Schlachtfeldern des Südens zeigte sich bald, dass die Armeen beider Staaten zu schwach waren, die jeweils andere zu besiegen. Vorerst verkeilten sich in den Bergregionen des damals noch zu Österreich-Ungarn gehörenden Gebiets Trentino Kaiserjäger und Bersaglieri (Infanterietruppen des italienischen Heeres) ineinander. Die erbitterten Kämpfe unter widrigsten Witterungsbedingungen nahmen fast groteske Ausmaße an. Um Berggipfel, Hochebenen und die österreichischen Sperrforts wurde heftig gekämpft. Pausenlos schoss die Artillerie auf die in Fels und Eis gehauenen Schützengräben und Unterstände. Heute noch sind die Millionen Einschläge in der Landschaft des Trentino zu sehen. Die mächtigen Forts, die oft nur von wenigen 100 Mann besetzt waren, überstanden tausende Granattreffer. Nur noch drei Wochen wollte der alte Kaiser dem Elend des Krieges zusehen, dann wollte er damit Schluss machen. Doch dazu reichte die Zeit nicht mehr. Der Kaiser stirbt am 21. November 1916, aber der Krieg geht weiter.
War in Friedenszeiten das Begräbnis eines Soldaten einem militärischen Festakt gleichgekommen, wurden die Massen der für „Gott, Kaiser und Vaterland“ Gefallenen bald so unüberschaubar, dass oft sogar die religiösen Zeremonien unterbleiben mussten, wenn die sterblichen Überreste überhaupt noch der Erde übergeben werden konnten. Der Staat, für den so viele Soldaten kämpften und starben, war am Ende des Krieges nur mehr Vergangenheit.
Als eigentliche und einzige Sieger/innen des Krieges blieben nur „die Raben“, wie dies Karl Kraus in seinem Gedicht in dem Drama „Die letzten Tage der Menschheit“ beschreibt:
Krieg bedeutete Opfer, und so versuchte der 1914 vom ehemaligen k. u. k. Kriegsminister Franz Xaver von Schönaich ins Leben gerufene „k. k. Österreichische Militär-Witwen- und Waisenfonds“ mit Spendenaufrufen und Sammlungen zugunsten der Kriegshinterbliebenen die ärgste Not in der Heimat zu lindern. Dabei bediente man sich bereits der modernen Medien und brachte eine Serie von acht 30-cm-Schellack-Schallplatten zu 78 U/min heraus, auf denen eine Reihe verantwortlicher Generäle und Mitglieder des Kaiserhauses kurze aufmunternde Stellungnahmen abgaben.
Die von der Firma Lindström in Berlin produzierten Platten weisen für diese Zeit eine besondere Tonqualität auf und wurden in repräsentativer Form herausgegeben. Der Kaiser, der Thronfolger und eine Reihe prominenter Heerführer, allen voran Generalstabschef Franz Conrad von Hötzendorf, sprechen über die Situation des Reiches und der Armee. Diese Aufnahmen ermöglichen natürlich keinen direkten Zugang zum Kriegsgeschehen und ‑erleben an der Front, liefern aber einen guten Einblick in die Gedankenwelt und den Stil verantwortlicher Führer.
Zu den Aufnahmen gehörten auch im Jugendstil produzierte Plattenhüllen. Solche Covers für Schellackplatten waren zu dieser Zeit nicht üblich. Die Tonträger wurden meist nur in Papierhüllen verkauft, die außer Werbung für Neuerscheinungen und/oder die Plattenfirma keine weiteren Informationen über den Inhalt der durch sie geschützten Schellacks enthielten.
Zur Einschätzung der Bedeutung dieser Einspielungen muss auch der nicht zu unterschätzende Umstand beachtet werden, dass die Stimme des Kaisers größeren Kreisen der Bevölkerung der Monarchie zum ersten Mal zugänglich war. Auf dem Cover der Schellack mit der Aufnahme des Kaisers ist zu lesen: „Vorliegende Platte ist das einzige Stimmporträt Seiner kaiserlichen und königlichen apost. (= apostolischen) Majestät, welches der Öffentlichkeit übergeben wurde“. Zu den Aufnahmen sind außer den Platten und ihren Covers selbst keine weiteren Unterlagen erhalten. Daher kann bei der Datierung nur auf diese zurückgegriffen werden. Ein Hinweis, dass die Aufnahmen vor einem bestimmten Zeitpunkt entstanden sein müssen, liegt aber doch vor: Wie aus den Rückseiten der Covers hervorgeht, wurden die Stimmporträts Kaiser Franz Joseph am 24. April 1916 im Schloss Schönbrunn vorgeführt. Danach gab es also keine Einspielungen mehr.
Die Aufnahmen für den k. k. Österreichische Militär-Witwen- und Waisenfonds sind Kriegspropaganda, wenn auch verglichen mit der Kriegspropaganda des Dritten Reiches die Dosis an Beschönigung und Verunglimpfung der gegnerischen Parteien vergleichsweise gering und auch von Redner zu Redner sehr unterschiedlich war. Für die Kriegspropaganda zuständig war das am 28. Juli 1914 gegründete k. u. k. Kriegspressequartier (KPQ), dessen Kommandant zuerst Generalmajor Maximilian von Hoen und ab März 1917 der Oberst des Generalstabes Wilhelm Eisner-Bubna war. Die Aufgabe des KPQ war die Koordination aller Presseinformationen und Propagandatätigkeiten Österreich-Ungarns unter Einbeziehung sämtlicher damals verfügbarer Massenmedien. Insgesamt waren im Verlauf des Ersten Weltkrieges 550 Künstler/innen und Journalisten als Mitglieder des KPQ tätig. Entgegen den militärischen Gepflogenheiten jener Zeit wurden auch Frauen aufgenommen, darunter die erste offiziell zugelassene Kriegsberichterstatterin der Geschichte Alice Schalek.
Audiovisuelle Medien waren in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg noch etwas fast Exotisches. Jetzt wurde vor allem das Medium Film in Österreich-Ungarn durch Kriegswochenschauen und Propagandafilme genutzt. In diesen Filmen wurden die gegnerischen Kriegsparteien lächerlich gemacht, während die eigene Stärke und die Kampf- und Siegesmoral beschworen wurde. Dazu wurde auf die Notwendigkeit hingewiesen, sein Land zu unterstützen, etwa durch die Meldung zum Kriegsdienst oder auch durch das Zeichnen von Kriegsanleihen.
Plakate und Flugblätter verbreiteten verherrlichende Grafiken von Soldaten oder denunzierten die gegnerischen Kriegsparteien mit Propagandasprüchen wie „Jeder Schuss ein Russ, jeder Stoß ein Franzos, jeder Tritt ein Britt, jeder Klaps ein Japs“ und „Serbien muss sterbien“. Andere populäre Propagandamittel waren Karikaturen und Trickfilme.
Wie schon in der Einleitung erwähnt, will alle Werbung – und Propaganda ist nichts anderes als eine besondere Form von Werbung – das Verhalten der Menschen beeinflussen, an die sie sich wendet. Geschäftliche Werbung will uns überreden, eine bestimmte Zahnpasta, eine bestimmte Seife, eine gewisse Zeitung zu kaufen – und eben keine andere. Politische Propaganda zielt darauf, uns für eine bestimmte politische Haltung, Lehre oder Partei einzunehmen und zwar so, dass wir alle anderen Möglichkeiten ablehnen.
Seit dem Ersten Weltkrieg spielte politische Propaganda in Europa eine größere Rolle als je zuvor. Die alte Ordnung war weitgehend zusammengebrochen. Drei Kaiserreiche waren gefallen, in Russland war der Bolschewismus an die Macht gekommen, der auch in vielen anderen Ländern zum politischen Faktor wurde. In Deutschland und Österreich hatte das plötzliche Verschwinden der Kaiserhäuser eine Lücke hinterlassen. Inflation und Arbeitslosigkeit erschütterten die Selbstsicherheit von Millionen. Zwar versuchten bürgerliche Parteien sowie die sozialdemokratische Partei sich der veränderten Situation anzupassen, aber die neuen, extremen Gruppierungen vermochten die vorher eher unpolitischen Massen der Industriegesellschaft erfolgreicher anzusprechen. Vor allem für die kommunistische und die nationalsozialistische Partei wurde die Propaganda ein wichtiger Teil ihrer Tätigkeit: Massenaufmärsche, Lieder, aufwühlende Schlagzeilen in den Parteiblättern – all das riss die Menschen aus ihrer Lethargie und gab ihnen ein Gefühl der Gemeinschaft.
Dazu kam die schnell wachsende Bedeutung der Massenmedien. Zwar hatten schon während der Französischen Revolution Zeitungen, Zeitschriften und Flugblätter eine Rolle gespielt, nun aber hatte die Technik neue Möglichkeiten geschaffen: Film, Rundfunk und die Schallplatte. Und auch das Flugzeug bot neue Möglichkeiten: Unter dem nationalsozialistischen Regime wurde das Flugzeug zu Propagandazwecken mit dem Slogan „Hitler über Deutschland“ zuerst genutzt. Der „Führer“ flog über weite Strecken von Stadt zu Stadt und konnte am gleichen Tag bei verschiedenen Massenveranstaltungen reden, die er ohne Flugzeug niemals am gleichen Tag erreicht hätte.
Ebenso neu schienen auch die verwendeten Techniken der Rhetorik zu sein: die Massenbeeinflussung durch Vereinfachung und Verblüffung, die Betonung von scharfen und aggressiven Gegensätzen, die absichtlichen Wiederholungen bestimmter Schlagzeilen und die Bevorzugung des gesprochenen vor dem geschriebenen Wort.
Hitler war – wie er in „Mein Kampf“ darlegte – davon überzeugt, dass die Masse langsam und bequem sei und ein schwaches Gedächtnis habe. Sie reagiere nur auf die tausendfache Wiederholung einfachster Begriffe. Das Denken und Fühlen werde weniger von nüchterner Überlegung als vielmehr von gefühlsmäßiger Empfindung bestimmt. Daher dürfe Propaganda nur schwarz oder weiß, ein Positiv und ein Negativ sein und müsse stets an Liebe und Hass appellieren.
Ende 1926 wird der promovierte Germanist Joseph Goebbels Gauleiter in Berlin und beginnt, systematisch die Propaganda der Partei zu organisieren. Im März 1933 wird Goebbels zum Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda ernannt.
Goebbels brachte die schon von Hitler angesprochene Schwarz-Weiß-Malerei der Propaganda zur Perfektion und behielt dies auch bis zum Untergang des Dritten Reiches bei. Das Ansehen seiner Gegner/innen wurde durch boshafte und heimtückische Kontraste – in Wort und Bild – untergraben. Werbeplakate, Postkarten und Reden der Partei waren immer Aufrufe zur Aktivität, zum unbarmherzigen Zuschlagen und Vorwärtsstürmen. Schlagwörter sollten das Publikum erregen und mitreißen. Markige Formulierungen wie „fanatische und bedingungslose Menschen stehen im Einsatz“ erweckten den Eindruck der Rastlosigkeit der Partei; die Machtergreifung schien das Ziel einer ständigen, aber planvollen Bewegung. Auf Wahrheit kam es dabei nicht an: Es war zweckmäßig, die Gegner/innen als die Bösen den Heldinnen und Helden des Nationalsozialismus gegenüberzustellen.
Ein besonders gutes Beispiel für Goebbels Agieren findet sich im Wahlkampf im April 1932. Der (vom 30. März 1930 bis 30. Mai 1932) amtierende deutsche Reichskanzler Heinrich Brüning hatte sich geweigert, gegen Goebbels in einer öffentlichen Debatte aufzutreten. Goebbels rächte sich, indem er die letzte Kanzlerrede auf Schallplatten aufnehmen ließ und sie bei einer riesigen Parteiversammlung vorspielte. Von Zeit zu Zeit unterbrach er die Vorführung und „antwortete“ dem unsichtbaren Gegner. Das Publikum raste vor Begeisterung darüber, wie und auf welche Weise Goebbels Brüning ins Lächerliche zog.
Verglichen mit dem brutalen Agieren vor allem der SA in Deutschland nimmt sich die Propaganda der beiden in Österreich verfeindeten Blöcke der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei und der Christlichsozialen Partei zu Beginn fast harmlos aus. In den politischen Reden werden „die Anderen“ zwar verunglimpft, aber ein Aufruf zur Ausrottung erfolgt keinesfalls.
Die uniformierten und teilweise bewaffneten Verbände der beiden Parteien – Heimwehr und Republikanischer Schutzbund – waren aus dem Straßenbild bald nicht mehr wegzudenken.
über die Heimwehren (Ausschnitt)
Aus dem Wiener Wahlkampf 1932 sind ebenfalls Ausschnitte von Wahlreden erhalten.
(Ausschnitt)
Die christlichsoziale Stadträtin Alma Motzko rief in einer Rede die Wiener Frauen zur Wahl auf.
Anfang der 1930er Jahre nahm der Nationalsozialismus auch in Österreich einen raschen Aufstieg und übte durch Massenversammlungen – und durch den Wahlerfolg bei der Wiener Landtagswahl vom April 1932 (Sozialdemokratische Arbeiterpartei 66, Christlichsoziale Partei 19, NSDAP 5) – zunehmend Druck aus.
Reden und Musik vor begeisterten Massen charakterisieren viele politische Veranstaltungen der zwanziger und dreißiger Jahre. Besonders aber die Nationalsozialisten verbrämten ihre Hetzparolen mit einer speziellen Inszenierung. Dazu nimmt mit der Machtergreifung der NSDAP in Deutschland am 30. Jänner 1933 auch in Österreich der Druck der nationalsozialistischen Propaganda von außen stark zu.
Ein Ausschnitt aus der Ansprache eines deutschen Gastredners auf einer Kundgebung in Wien am 15. März 1933 macht dies beispielsweise deutlich.
In der Engelmann-Arena im März 1933
Der Kampf der reichsdeutschen Presse gegen Österreich wird in der „Politischen Korrespondenz“ der RAVAG am 25. Juni 1933 thematisiert.
Auch der christlichsoziale „Österreichische Heimatschutz“ versucht mit seiner Plattenreihe „Vaterländische Schallplatten“ das Bewusstsein für ein eigenständiges und unabhängiges Österreich zu fördern, indem er wichtige Persönlichkeiten darüber sprechen lässt. So waren 1933 u. a. Ernst Rüdiger Starhemberg zum „neuen Österreich“ als auch der damalige Vizekanzler Emil Fey zum Kameradschaftsbegriff zu hören.
1934 sprachen auch (der von Mai 1932 bis zum 25. Juli 1934, ab 4. März 1933 diktatorisch regierende) Kanzler Engelbert Dollfuß und der damalige Justizminister Kurt Schuschnigg, der Dollfuß als Kanzler nachfolgte, über Patriotismus und den Glauben an Österreich.
Kanzler Engelbert Dollfuß nutzte eine Geschäftsordnungslücke des Parlaments, um dieses auszuschalten. Die kommunistische und die nationalsozialistische Partei wurden wie auch der Republikanische Schutzbund verboten und Dollfuß setzte zusammen mit der von ihm neugegründeten Vaterländischen Front alles daran, die noch übriggebliebenen gegnerischen politischen Strukturen zu zerschlagen. Vom 12. Februar bis zum 15. Februar kam es zum sogenannten Österreichischen Bürgerkrieg (auch Februarkämpfe 1934 genannt), bei denen mehrere Hundert Menschen starben und in Folge dessen die Sozialdemokratische Arbeiterpartei verboten wurde.
Kanzler Engelbert Dollfuß appelliert am 12. Februar 1934 im Radio an die sozialdemokratischen Kämpfenden, die Waffen zu strecken, und verhängt das Standrecht, das auch angewendet wurde.
Bundeskanzler Dollfuß' Rede im Rundfunk am 12. Februar 1934 (Ausschnitt)
Das folgende Filmdokument gibt die Ereignisse des Bürgerkriegs im Februar 1934 ausschließlich aus Sicht der Regierung wieder. Die Kampfhandlungen werden als Putschversuch bezeichnet; nicht erwähnt werden die Auslöser des Bürgerkriegs, die hohen Opferzahlen auf Seite der Sozialdemokratie und die standrechtlichen Hinrichtungen führender sozialdemokratischer Funktionäre.
Nach massiven Interventionen des nationalsozialistischen Deutschlands, die eine erzwungene Regierungsumbildung zur Folge haben, tritt in den Abendstunden des 11. März 1938 Schuschnigg zurück und Arthur Seyß-Inquart wird zum Bundeskanzler ernannt.
Schuschnigg erklärt im Radio seinen Rücktritt und endet mit den Worten „Gott schütze Österreich“.
Am 24. Februar 1938 erklärt Bundeskanzler Kurt Schuschnigg im Bundestag den Willen der Regierung zur Verteidigung der österreichischen Unabhängigkeit.
(Ausschnitt)
(Ausschnitt)
Den deutschen und österreichischen Kinobesucherinnen und ‑besuchern wurden Bilderfluten einer dem Einmarsch begeistert zujubelnden Bevölkerung geboten, wie z. B. anlässlich der Fahrt Hitlers von Linz nach Wien am 14. März 1938. Gesteuert durch eine geschickte Propaganda kam hier eine emotional aufgeheizte Stimmung zu Tage, die vor allem weit nach dem Ende der NS-Zeit zum Gegenstand der Diskussion wurde, inwieweit Österreich – wie immer wieder behauptet – ein Opfer des NS-Regimes oder ein williger Partner und Erfüllungsgehilfe gewesen war.
Arbeitsblatt 1 – Propaganda im Ersten Weltkrieg allgemein
Herunterladen (PDF)Arbeitsblatt 2 – Der k. k. Militär-Witwen- und Waisenfonds
Herunterladen (PDF)Arbeitsblatt 3 – Propaganda in der Ersten Republik
Herunterladen (PDF)Arbeitsblatt 4 – Nationalsozialistische Propaganda
Herunterladen (PDF)Arbeitsblatt 5 – Propaganda heute
Herunterladen (PDF)(Text und Inhalt: Walter Perné, 2014)