Als Teil einer mobilen Gesellschaft gehört es für uns selbstverständlich zum Alltag, unterwegs zu sein. Nicht nur Urlaube und Reisen, sondern auch der Beruf bringt Menschen oft zu neuen Orten und in neue Länder. Durch die Globalisierung ist es vielen von uns möglich geworden, zu reisen, wohin wir wollen. Mobil ist die Menschheit aber nicht nur hinsichtlich ihrer Urlaubsreisen, viele Personen sehen auch die Möglichkeit, auszuwandern und in eine Region zu ziehen, in der es Arbeit und bessere Lebenschancen gibt. Aufgrund von Krieg, Verfolgung, Diskriminierung, Armut und Umweltkatastrophen sind viele Menschen aber auch unfreiwillig zum Verlassen ihres Lebensmittelpunktes gezwungen.
Die Gründe, warum Menschen ihre Heimat verlassen, sind vielfältig, aber eines haben sie alle gemeinsam: Es sind schwerwiegende Ursachen, die Personen dazu bewegen, ihr Heimatland auf Dauer zu verlassen, denn die meisten Menschen hängen an ihrer Heimat.
Die Lebensgeschichten und Erzählungen von Menschen, die ihre Heimat verlassen mussten oder wollten, stehen im Zentrum dieses Unterrichtspakets. Anhand dieser Geschichten analysieren die SchülerInnen, warum Menschen ihr Herkunftsland verlassen und lernen unterschiedliche Migrations- und Fluchtgründe kennen. Die SchülerInnen erforschen die Migrationsgeschichte ihrer eigenen Familie und reflektieren, was es bedeutet, den Heimatort zu verlassen. Grundlegende Begriffe rund um das Thema Migration und Flucht werden geklärt sowie die staatliche Kontrolle von Mobilität thematisiert.
Mit der zunehmenden Globalisierung verändern immer mehr Menschen weltweit ihren Wohnsitz und migrieren. Die Gründe dafür sind unterschiedlich und meist verlassen Menschen ihre Heimat nicht freiwillig. Krieg und bewaffnete Konflikte sind weltweit die häufigste Fluchtursache. Oft erfolgt diese Flucht plötzlich und überstürzt, da das Leben unmittelbar in Gefahr ist.
Viele Menschen müssen ihre Heimat auch verlassen, weil sie aufgrund ihrer politischen Meinung, Herkunft, Religion, sexuellen Identität oder ihres Aussehens diskriminiert und verfolgt werden. Diskriminierung, Verfolgung und körperliche Gewalt kann nicht nur durch Staaten verursacht werden, sondern auch durch Organisationen wie beispielsweise der sogenannte „Islamische Staat“ in Syrien und Irak, „Boko Haram“ in Nigeria oder die „Taliban“ in Afghanistan und Pakistan, die systematisch Menschen verfolgen, die nicht nach ihrer Ideologie leben wollen. All diese Menschen werden zu Flüchtlingen, da ihre Freiheit, ihre Gesundheit, ja ihr Leben in unmittelbarer Gefahr ist.
Recherchieren Sie, was unter folgenden Begriffen gemeint ist und notieren Sie sich jeweils einen möglichen Grund für das Verlassen der Heimat!
Herunterladen (PDF)Es gibt aber auch andere Gründe, wieso Menschen ihre Heimat verlassen: Weil sie auf der Suche nach Arbeit sind, im Ausland studieren möchten oder dort Familienangehörige oder Freunde leben. In diesen Fällen sprechen wir von Migration. Migrantinnen und Migranten werden in ihrer Heimat nicht verfolgt und könnten wieder in ihre Heimat zurückkehren. Die Geschichte zeigt, dass es weltweite Wanderungen in großem Ausmaß immer schon gegeben hat. Wann immer sich die Lebensbedingungen der Menschen so sehr verändert hatten, dass eine Sicherstellung der elementaren Bedürfnisse auf Dauer nicht mehr gegeben war, machten sie sich in großer Zahl auf den Weg – auf der Suche nach Orten, die bessere Lebensbedingungen aufwiesen oder versprachen.
Im Alltag werden Begriffe wie Flüchtling, MigrantIn oder AsylwerberIn oft vermischt und mehrdeutige Bezeichnungen wie „Wirtschaftsflüchtling“ politisch instrumentalisiert. In vielen Fällen verschwimmen die Grenzen, doch gemeinsam ist den betroffenen Menschen, dass sie die Hoffnung haben, anderswo ein besseres und lebenswertes Leben zu finden.
Allgemein ist unter Migration eine längerfristige Verlagerung des Lebensmittelpunktes von Individuen oder Gruppen zu verstehen, unabhängig davon, ob dieser Wechsel freiwillig oder erzwungen erfolgte. Prinzipiell ist zwischen Binnenmigration – dem Wohnortwechsel innerhalb eines Nationalstaates – und internationaler, d. h. grenzüberschreitender Migration zu unterscheiden. Doch auch innerhalb einer Stadt kann es passieren, dass Menschen flüchten, wenn zum Beispiel eine Frau vor Gewalt in einem Frauenhaus Zuflucht sucht.
Bei der Frage nach den Migrationsmotiven wird allgemein nach Push- und Pull-Faktoren unterschieden. Also nach Gründen, die Menschen aus der Heimat drängen und Gründen, die ein Zielland anziehend erscheinen lassen. Als Push-Faktoren werden Umstände bezeichnet, die im Herkunftsland ihre Ursachen haben und Migrationsdruck entstehen lassen, wie z. B. instabile politische Verhältnisse, Krieg und Verfolgung, schlechte Arbeitsmarktchancen, widrige Lebensbedingungen oder Umweltzerstörung. Pull-Faktoren hingegen haben eine Sogwirkung und stehen für die Attraktivität des Aufnahmelandes, beispielsweise durch gute Arbeitsmarkt- oder Ausbildungschancen, ein hohes Lohnniveau, Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung, stabile politische Verhältnisse oder Religionsfreiheit.
In der Regel entstehen Migrationsprozesse nicht nur durch einzelne Faktoren, sondern durch eine Kombination verschiedener Push- und Pull-Faktoren. Migration wurde lange Zeit als eine Einbahnstraße angesehen, die vom Herkunftsland in das Aufnahmeland führt und nicht mehr zurück. Doch heutzutage erleichtern die modernen Kommunikationsmedien und die gesunkenen Reisekosten die Pflege der Beziehungen zum Herkunftsland und ermöglichen es den Migrantinnen und Migranten, sich zwischen zwei Kulturen zu bewegen, ohne sich für eine entscheiden zu müssen.
Ordnen Sie die aufgelisteten Gründe den beiden Seiten des Modells (Push- und Pull-Faktoren) zu und ergänzen Sie eigene weitere mögliche Migrationsgründe (z. B. Liebe)!
Herunterladen (PDF)Beantworten Sie unter anderem folgende Fragen: Was wäre für Sie persönlich ein Grund, aus Ihrer Heimat zu fliehen? Wohin würden Sie gehen? Was würden Sie mitnehmen? Was würden Sie am meisten vermissen?
Herunterladen (PDF)Zu allen historischen Zeiten und fast überall hat es Wanderbewegungen von Menschen über Grenzen gegeben. Eine staatliche Migrationskontrolle ist jedoch aus historisch vergleichender Sicht ein relativ junges Phänomen. Bis zur allgemeinen Einführung von Reisepässen im Gefolge des Ersten Weltkriegs hatten europäische Staaten wenig administrative Kapazitäten und technische Mittel zur Erfassung und Regulierung von Personenbewegungen über ihre Grenzen. Das Menschenrecht auf freie Binnenmigration und Auswanderung (nach Artikel 13 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte) und das Recht von Staaten auf Kontrolle der Einwanderung ausländischer Staatsangehöriger hat sich erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts als allgemeine Normen des Völkerrechts durchgesetzt.
Konstitutiv für Migration sind politische Grenzen, weil sie diese von Mobilität unterscheidet: Mobilität verwandelt sich in Migration, wenn sie durch eine politische Grenze strukturiert wird.
Intensive Kontrollen an Grenzübergängen sowie neu errichtete Grenzzäune und -wälle prägen inzwischen sogar die nationalen Grenzen zwischen einzelnen Schengen-Staaten. Strenge Kontrollen, Grenzzäune, -mauern, Kameras, und weitere Restriktionen, die den Zu- und Ausgang zum und vom Territorium regulieren und vor allem kontrollieren sollen, beschränkt sich aber nicht nur auf Europa. Der Ausbau der „Mauer“ an der Grenze zu Mexiko war ein Wahlversprechen von US-Präsident Donald Trump, die Türkei errichtete einen Zaun an der syrischen Grenze und baut eine Mauer zum Iran, und Ägypten sichert inzwischen seine Südgrenze zum Sudan ab, um nur einige der vielen globalen Beispiele zu nennen.
Diese Entwicklungen stehen im Gegensatz zu der Idee einer weitgehend grenzenlosen Welt, von der seit dem Fall der Berliner Mauer und des Eisernen Vorhangs in Europa lange geträumt wurde. Während das Niederreißen der Grenzzäune, der Abzug von Grenzbeamten und der grenzenlose Personenverkehr bis vor kurzem als bedeutende Schritte galten, erzeugen diese Ideen und Maßnahmen seit dem Sommer 2015 bei vielen Angst und Verunsicherung. Auch aus globaler Perspektive gesehen vollzieht sich eine Abwertung des Internationalismus und ein schrittweiser Rückzug zur nationalstaatlichen Kontrolle.
Im Gespräch mit Ihren Eltern, Großeltern und Verwandten sollen Sie folgenden Fragen beantworten: An welchen Orten sind Ihre Eltern, Großeltern und, wenn Sie es herausfinden können, Ihre Urgroßeltern geboren? Sind Personen aus Ihrem Familien- und Verwandtenkreis wo anders hingezogen? Welche Ursachen gab es für den Wechsel des Lebensmittelpunktes?
Herunterladen (PDF)1972: Zwischenfall an der tschechisch-österreichischen Grenze bei Drasenhofen: ein blutiger Mann wird über die österreichische Grenze in die ČSSR geschleppt.
Erinnerungen: 1989 – Das Ende des Eisernen Vorhangs
Nach Angaben des UNHCR, dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, waren 2016 weltweit 65,6 Millionen Menschen auf der Flucht, so viele wie seit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr.
In den letzten Jahren hat sich nicht nur die Charakteristik von Migration, sondern vor allem ihre Wahrnehmung in der Öffentlichkeit und der politische Diskurs darüber stark verändert, und das obwohl Österreich in den letzten Jahrzehnten mehrere Migrationsbewegungen erlebt hatte: die Ungarn-Krise 1956, die Gastarbeiteranwerbung in den 1960er und 1970er Jahren, die Transitmigration von politischen Flüchtlingen im Kalten Krieg, der Fall des Eisernen Vorhangs und die gewaltsame Auflösung Jugoslawiens in den 1990ern oder die Personenfreizügigkeit innerhalb der EU vor allem seit der Osterweiterung 2004. Aus dieser historischen Perspektive überrascht nicht mehr das Eintreten größerer Migrationsereignisse selbst, sondern nur mehr die Überraschung und die Empörung darüber.
„Flüchtling“, „Migrant“ oder „Ausländer“ sind keine menschenleeren Begriffshülsen, sondern es stecken Geschichten und persönliche Erfahrungen dahinter. In der politischen Debatte wird über diese oft hinweggesehen, obwohl es gerade diese lebensgeschichtlichen Erzählungen sind, welche die Debatte und Auseinandersetzung über Flucht, Migration und Mobilität bestimmen sollten.
Durch das Nachtarbeitverbot für Frauen gibt es in Betrieben Nachfrage nach Arbeitern.
Erinnerungen an die Flucht als Kind aus Österreich
1974: Jugoslawische Gastarbeiter in der Wiener Stadthalle - und in der Energiekrise 1974
1972 – Als Gastarbeiter in Wien
Suchen Sie sich eines der folgenden Oral-History-Interviews aus und notieren Sie alle Aspekte, die auf die Themen Mobilität, Migration und Flucht verweisen! Folgende Impulsfragen können Ihnen beim Sammeln der Informationen helfen: Woher stammt die Person aus dem Interview? Warum hat sie ihre Heimat verlassen? Wie waren die Reise- oder Flucht-Umstände? Wie sind die Lebensumstände in der neuen Heimat? Gab es besondere Schwierigkeiten? Fühlt er/sie sich fremd?
Herunterladen (PDF)Oral-History-Interview mit Maria Pedru
Oral-History-Interview mit Essad Alexander Karoshi
Oral-History-Interview mit Carlos Hoffer
Oral-History-Interview mit Anna Bodlak
Oral-History-Interview mit Peter Cejnar
Oral-History-Interview mit Bernd Höfer
Oral-History-Interview mit Roman Thum
Oral-History-Interview mit Martin Seidl
Oral-History-Interview mit Heidemarie Salmhofer
Oral-History-Interview mit Izeta Fatic
Oral-History-Interview mit Elizabeth Kerkmann
Oral-History-Interview mit Iulian Stanciulescu
Oral-History-Interview mit Doris Mitterbacher
Altenburg, Friedrich/Faustmann, Anna/Pfeffer, Thomas/Skrivanek, Isabella (Hg.): Migration und Globalisierung in Zeiten des Umbruchs. Festschrift für Gudrun Biffl. Krems (Edition Donau-Universität Krems) 2017.
Mecheril, Paul (Hg.): Handbuch Migrationspädagogik. Weinheim 2016.
Dvořák, Johann/Mückler, Hermann (Hg.): Staat – Globalisierung – Migration. Wien 2011.
(Text und Inhalt: Lukas Brandl, 2019)