Die Nationalratswahlkämpfe der Jahre 1990, 1994 und 1995 als Spiegelbild des Wandels in Politik und medialer Berichterstattung

 

Eine Bestandsaufnahme

von Stephan Grundei

1. Die Fragestellung

Als Grundlage dient die ausführliche Berichterstattung über die Nationalratswahlkämpfe anlässlich der Wahlen zum Nationalrat in den Jahren 1990, 1994 und 1995, wobei konkret die Ö1-Mittagsjournale herangezogen wurden. Bei den Ö1-Mittagsjournalen handelt es sich um eine einstündige Nachrichtensendung, die täglich von Montag bis Samstag (mit Ausnahme der Feiertage) ausgestrahlt wird. Die Mittagsjournale bemühen sich – im öffentlich-rechtlichen Sinne – um die objektive Darstellung der täglichen Nachrichten im Bereich Innenpolitik, Außenpolitik, Wissenschaft, Medizin und Kultur.

Die Erkenntnisse in diesem Text basieren auf den geleisteten Vorarbeiten des Projektes „Journale – The Radio News of ORF 1990–1999“ (gefördert vom FWF, Projektnummer P 22018‑G18) durchgeführt in der Österreichische Mediathek. Ziel ist, Grundlagen zur Erforschung und zur wissenschaftlichen Analyse folgender Fragestellungen zu erarbeiten:

  • Welche Themenschwerpunkte dominierten den politische Diskurs der jeweiligen Wahlkämpfe
  • Durch welche politische Kraft wurden diese Themenschwerpunkte gesetzt
  • Welche Wechselwirkung bestand zwischen Medien und Parteien bzw. wie gestaltete sich die Themenführerschaft
  • Wie entwickelte sich die Wahlkampfberichterstattung im Laufe der Zeit bzw. inwiefern ist eine lineare Entwicklung bzw. ein Trend ablesbar
  • Welche Besonderheiten zeichnteten den jeweiligen Wahlkampf aus
Parlamentsgebäude, Wien, Österreich
Pallas Athene

2. Die Nationalratswahl 1990 – Die Ausgangssituation

Das Kabinett Vranitzky II wurde am 21. Jänner 1987 angelobt. Es handelte sich dabei um eine sogenannte große Koalition zwischen der Sozialistischen Partei Österreich (SPÖ) und der Österreichischen Volkspartei (ÖVP). Die Regierung wurde angeführt von Bundeskanzler Franz Vranitzky (SPÖ) und Vizekanzler Alois Mock (ÖVP). Mock wurde in der Position des Vizekanzlers am 24. April 1989 durch Josef Riegler (ÖVP) ersetzt.

Am 7. Oktober 1990 fanden die turnusmäßigen Wahlen zum Nationalrat statt. Am 9. Oktober kam es zur Demissionierung der Regierung Vranitzky II durch Bundespräsident Kurt Waldheim. Die Regierung, die bis zur Angelobung der neuen Regierung am 17. Dezember 1990 weiter mit den Geschäften betraut war, bestand aus 13 Ministern und zwei Ministerinnen sowie drei Staatssekretären. Im Laufe der Amtsperiode wurde die Regierung zehn Mal umgebildet.

3. Die Frühzeit der Wahlkampfberichterstattung 1990

Der zu untersuchende Zeitraum setzt mit dem 20. August 1990 ein. Zu diesem Zeitpunkt beschäftigte sich die politische Berichterstattung hauptsächlich mit der angespannten Lage am Golf. Innenpolitisch versuchte die ÖVP durch eine Klausur und eine gemeinsame Erklärung der Spitzenrepräsentanten aus dem Bund und aus den Ländern bzw. der anschließenden Präsentation einer neuen ÖVP-Wahlplattform (Audioquelle 1, Mittagsjournal vom 20. August 1990, Beitrag 8) Einigkeit zu demonstrieren. Damit wollte man aktiv eine politische Nachricht an den Wähler senden.

Durch die immer angespanntere Lage im Krisengebiet am Golf verschwand der Wahlkampf in den nächsten Tagen aus der Berichterstattung. Politische Kommentare der außenpolitischen Sprecher und die Sorge um den steigenden Ölpreis waren die Regel. Ein innenpolitischer Aspekt fand allerdings den Weg in die massenmediale Berichterstattung. Dieser sollte die Wahlentscheidung 1990 maßgeblich mitprägen: der Bezügeskandal rund um den steirischen Arbeiterkammerfunktionär Alois Rechberger.

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Audioquelle 1

aus dem Mittagsjournal vom 20. August 1990
ÖVP-Klausur und Präsentation der Wahlplattform

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4. Der Fall Rechberger als Wahlkampfthema 1990

Der Bezügeskandal rund um den steirischen AK-Präsidenten und ehemaligen SPÖ-Nationalratsabgeordneten Alois Rechberger war zum behandelten Zeitpunkt bereits im medialen Diskurs. Gerüchte um Geheimfonds der steirischen Arbeiterkammer wurden erstmals durch den damaligen FPÖ-Spitzenkandidaten Norbert Gugerbauer am 16. August im Mittagsjournal formuliert und bestimmten in den Folgetagen die innenpolitische Wahlauseinandersetzung (Audioquelle 2, Mittagsjournal vom 16. August 1990, Beitrag 9). Die zuvor angesprochene Situation am Golf überlagerte zwar immer wieder die Berichterstattung, dennoch schaffte es die SPÖ nicht, mit Ankündigungen zu einer möglichen Kammerreform die Medienberichte verstummen zu lassen.

Gebäude der Arbeiterkammer in Wien
Die AK als Wahlkampfthema

Die SPÖ geriet immer mehr in die mediale Defensive und wurde in der Berichterstattung nur mehr in Bezug auf die Arbeiterkammer bzw. den Fall Rechberger wahrgenommen. Die ÖVP fuhr hingegen eine Doppelstrategie, indem sie durch hochrangige Parteimitglieder weiterhin Reformvorschläge für die Arbeiterkammer vorbrachte, wohingegen auf ministerieller Ebene versucht wurde, durch Bilanzen und Zukunftspläne Regierungskompetenz zu beweisen. Die FPÖ blieb ihrer Linie treu und setzte die Attacken gegen die SPÖ konsequent fort (Audioquelle 4, Mittagsjournal vom 23. August 1990, Beitrag 10).

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Audioquelle 2

aus dem Mittagsjournal vom 16. August 1990
FPÖ zur AK

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Audioquelle 3

aus dem Mittagsjournal vom 22. August 1990
AK-Skandal: ÖAAB

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Speziell die FPÖ mit Spitzenkandidat Gugerbauer und dem Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider, wie auch die ÖVP mit Vizekanzler Riegler, zeigten sich dabei angriffslustig. Am 22. August wurde die Affäre um einen weiteren Aspekt reicher, indem erstmals Verstrickungen zu anderen Parteien bzw. ähnliche Vorgehensweisen in anderen Bünden (ÖAAB) diskutiert wurden (Audioquelle 3, Mittagsjournal vom 22. August 1990, Beitrag 12). Dabei schafften es auch die Grünen, sich in Form einer Pressekonferenz des Abgeordneten Peter Pilz in den medialen, politischen Diskurs einzubringen (Mittagsjournal vom 22. August 1990, Beitrag 10).

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Audioquelle 4

aus dem Mittagsjournal vom 23. August 1990
Haider zum AK-Skandal

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5. Vor dem Zweiten Golfkrieg – Bundespräsident Waldheim im Irak

Der Wahlkampf änderte sich am 24. August nachhaltig. Die Außenpolitik rückte ins Zentrum der Berichterstattung. Bundespräsident Kurt Waldheim brach zu einer diplomatischen Mission in den Nahen Osten auf (Audioquelle 5, Mittagsjournal vom 24. August 1990, Beitrag 5). Sein Ziel war es, vom irakischen Diktator Saddam Hussein eine Ausreiseerlaubnis für die festgehaltenen Europäer zu erwirken. Unter den Geiseln befanden sich auch zahlreiche österreichische Staatsbürger. Waldheim war zu diesem Zeitpunkt speziell in der westlichen Welt und in Israel auf Grund einer jahrelang anhaltenden Diskussion über seine persönliche Vergangenheit während der NS-Zeit diplomatisch isoliert. Auf Grund seiner Zeit als UN-Generalsekretär verfügte er allerdings über äußerst gute Kontakte in die arabische Welt des Nahen Ostens.

Die österreichischen Regierungsparteien nutzten diese innenpolitische Atempause, indem sie wirtschaftspolitische (ÖVP) bzw. sicherheitspolitische (SPÖ) Vorstellungen lancierten. Sowohl Bundeskanzler Vranitzky als auch Bundespräsident Waldheim gaben jeweils ein staatsmännisches Statement zur diplomatischen Mission Waldheims ab. Das folgende Wochenende stand im Zeichen des Staatsbesuches im Irak, wobei die innenpolitisch relevante Frage lautete, ob der irakische Diktator Hussein durch die Waldheimreise international an Renommee dazugewonnen habe und durch die Mission die internationale, diplomatische Isolation durchbrochen worden sei. Ein Indiz dafür war die intensive Berichterstattung bezüglich der Ankunft Waldheims im Irak und der anschließenden gemeinsamen Pressekonferenz Waldheims mit dem irakischen Diktator.

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Audioquelle 5

aus dem Mittagsjournal vom 24. August 1990
Waldheims diplomatische Bemühungen im Nahen Osten

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Die Krise im Nahen Osten und die Waldheim-Mission im Irak hatten auch am Beginn der Folgewoche oberste innenpolitische Priorität. Sowohl SPÖ als auch FPÖ beschäftigten sich im Rahmen von Pressekonferenzen der Klubobleute Gugerbauer und Fischer mit der Waldheim-Mission. Die SPÖ forderte dabei eine gemeinsame außenpolitische Linie der Regierung ein, wohingegen die FPÖ die Gelegenheit nutzte, um Kanzler Vranitzky und Vizekanzler Mock zu kritisieren (Audioquelle 6, Mittagsjournal vom 27. August 1990, Beitrag 9).

Die ÖVP versuchte sicherheitspolitisch zu punkten, indem Verteidigungsminister Lichal am 27. August ein Konzept für eine Bundesheerreform vorstellte (Audioquelle 7, Mittagsjournal vom 27. August 1990, Beitrag 12).

Außerdem griff die ÖVP am Folgetag das Thema Kammerreform auf und brachte so indirekt die Affäre Rechberger zurück in das politische Blickfeld (Audioquelle 8, Mittagsjournal vom 28. August 1990, Beitrag 9).
Die Grünen thematisierten wiederum die Ausländerpolitik der Regierung (Mittagsjournal vom 28. August 1990, Beitrag 8).

Waldheims Mission war unterdessen von Erfolg gekrönt und er konnte sein Ziel, eine Freilassung der 97 festgesetzten Österreicher und Schweizer zu erwirken, am 25. August erreichen. Die nationale und internationale Kritik an seiner heiklen Mission hielt allerdings unvermindert an und wurde durch den grünen Bundesgeschäftsführer Johannes Voggenhuber artikuliert (Audioquelle 9, Mittagsjournal vom 29. August 1990, Beitrag 4). Waldheim selbst rechtfertigte seine Mission am 30. August bei der Eröffnungsrede zur Tullner Messe (Audioquelle 10, Mittagsjournal vom 30. August 1990, Beitrag 4), während Bundeskanzler Vranitzky sich neuerdings staatstragend zeigte, indem er die volle österreichische Unterstützung für die Bemühungen von UN-Generalsekretär Pérez de Cuéllar und des Weltsicherheitsrates zur Beilegung der Golfkrise zusicherte (Audioquelle 11, Mittagsjournal vom 30. August 1990, Beitrag 5).

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Audioquelle 9

aus dem Mittagsjournal vom 29. August 1990
Johannes Voggenhuber zur Waldheim-Reise

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Audioquelle 10

aus dem Mittagsjournal vom 30. August 1990
Waldheim-Rede zur Irak-Reise

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Audioquelle 11

aus dem Mittagsjournal vom 30. August 1990
Bundeskankzler Vranitzky zur Golfkrise

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Audioquelle 6

aus dem Mittagsjournal vom 27. August 1990
FPÖ-Klubobmann Gugerbauer zur Waldheim-Reise

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Audioquelle 7

aus dem Mittagsjournal vom 27. August 1990
Verteidigungsminister Lichal zur 5‑Tage‑Woche beim Bundesheer

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Audioquelle 8

aus dem Mittagsjournal vom 28. August 1990
Vizekanzler Riegler zu Kammerreformen

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6. Die Kammerreform und der offizielle Wahlkampfauftakt

Die Regierungsparteien griffen am 31. August erneut das Thema Arbeiterkammer auf, wobei erwartungsgemäß die SPÖ das Thema in einen größeren Kontext stellte, indem sie die Landwirtschaftskammer kritisierte (Audioquelle 12, Mittagsjournal vom 31. August 1990, Beitrag 10), während die ÖVP die Arbeiterkammer ins Zentrum der Argumentation stellte.

Mit Anfang September begann der Intensivwahlkampf der wahlwerbenden Parteien. Parallel zueinander zelebrierten die SPÖ und die ÖVP mit Reden der jeweiligen Spitzenkandidaten Vranitzky und Riegler ihre jeweiligen Wahlkampfauftakte. Die Grünen versuchten mit der geforderten Novellierung des Abfallgesetzes ihre Kernwählerschicht zu mobilisieren (Audioquelle 13, Mittagsjournal vom 1. September 1990, Beitrag 10).

Die Anklageerhebung in der Waldheim-Affäre gegen den ehemaligen Bundeskanzler Sinowatz wurde ebenfalls zum Wahlkampfthema: In der Waldheim-Affäre war die vermutete Beteiligung von Kurt Waldheim an Kriegsverbrechen während des NS-Regimes untersucht worden – und in der Folge auch, wann wer ursprünglich von der Angelegenheit erfahren hatte und wie dieses Thema in die Medien gebracht worden war. In diesem Zusammenhang wurde Fred Sinowatz wegen falscher Zeugenaussage im Ehrenbeleidigungsprozess gegen den Journalisten Alfred Worm angezeigt. Sinowatz hatte „mit Sicherheit ausgeschlossen“, vor dem burgenländischen SP-Vorstand im Oktober 1985 über die „braune Vergangenheit“ des späteren Bundespräsidenten Waldheim gesprochen zu haben. Der Klubobmann der SPÖ, Heinz Fischer, sah die Anklage an sich und den Zeitpunkt der Anklage als politisch motiviert an (Audioquelle 14, Mittagsjournal vom 3. September 1990, Beitrag 10).

Die SPÖ griff unterdessen ihrerseits aktiv durch Innenminister Franz Löschnak die Flüchtlingsproblematik auf, während die ÖVP darauf bedacht war, die Tage zuvor geäußerten SPÖ-Vorwürfe gegen die ÖVP-nahe Landwirtschaftskammer und ihren Präsidenten Rudolf Schwarzböck zu entkräften, um so nicht in das Fahrwasser des Arbeiterkammerskandals rund um den ehemaligen SP-Funktionär Alois Rechberger gezogen zu werden (Audioquelle 15, Mittagsjournal vom 3. September 1990, Beitrag 12).

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Audioquelle 12

aus dem Mittagsjournal vom 31. August 1990
SPÖ-Attacke gegen Landwirtschaftskammern

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Audioquelle 13

aus dem Mittagsjournal vom 1. September 1990
Grüne Wahlkampfaktion: Müllnotstand

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Audioquelle 14

aus dem Mittagsjournal vom 3. September 1990
SPÖ-Klubobmann Fischer zur Anklageerhebung gegen Sinowatz

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Audioquelle 15

aus dem Mittagsjournal vom 3. September 1990
Schwarzböck zu Vorfwürfen von Cap

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7. Visumspflicht für Polen – Fragen der Immigration im Wahlkampf

Das Thema Immigrations- und Flüchtlingspolitik wurde auch am 4. September durch die Einführung einer befristeten Visumspflicht für Polen, nach einem Antrag von Innenminister Löschnak an den Ministerrat, weitergetragen. Medial verknüpft wurde das Thema mit der Frage um einen Bundesheereinsatz zur Verteidigung der grünen Grenze. Stellungnahmen von Vizekanzler Riegler und dem Grünen-Klubobmann Andreas Wabl waren die Folge (Audioquelle 16, Mittagsjournal vom 4. September 1990, Beitrag 6 und 7). Die SPÖ war jedenfalls der restriktiven Immigrationspolitik der FPÖ einen Schritt entgegengegangen.

Die Visumspflicht für Polen blieb auch in den folgenden Tagen ein innenpolitisches Thema. Ergänzt wurde dieses durch angebliche Steuergeldverschwendung in den Flüchtlingslagern Traiskirchen und Drasenhofen. Das Innenministerium geriet dadurch unter Druck. Außenminister Mock verteidigte unterdessen die Visumspflicht für Polen mit einer steigenden Kriminalitätsrate (Audioquelle 17, Mittagsjournal vom 5. September 1990, Bericht 6) und bezog generell Stellung zur Ausländerpolitik der Regierung.

Der SPÖ-Wirtschaftssprecher Ewald Nowotny versuchte proaktiv, durch die Präsentation eines Wirtschaftskonzeptes für eine Steuerreform, politisch zu punkten (Audioquelle 18, Mittagsjournal vom 6. September 1990, Beitrag 10). Sowohl ÖVP als auch FPÖ gaben Statements zu Situation in der Arbeiterkammer ab, um so die SPÖ in der argumentativen Defensive zu halten.

Wirtschaftsbundobmann Johannes Ditz und ÖVP-Spitzenkandidat Riegler verlautbarten ihrerseits ihre Wirtschaftsvorstellung bzw. Privatisierungsvorstellung und widersprachen dabei teilweise den tags zuvor geäußerten SPÖ-Vorstellungen. In diesem Zusammenhang wurden erste ÖVP-Positionen bezüglich möglicher Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ nach den Wahlen formuliert. SPÖ-Zentralsekretär Josef Cap sprach sich postwendend gegen automatische Privatisierungen von Staatsbetrieben aus und erklärte neuerlich die SPÖ-Pläne zu einer umfassenden Kammerreform (Audioquelle 19, Mittagsjournal vom 7. September 1990, Beiträge 8 und 9).

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Audioquelle 16

aus dem Mittagsjournal vom 4. September 1990
ÖVP-Obmann Riegler und Grünen-Klubobmann Wabl zur Visumspflicht für Polen

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Audioquelle 17

aus dem Mittagsjournal vom 5. September 1990
Außenminister Mock zur Ausländerpolitik

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Audioquelle 18

aus dem Mittagsjournal vom 6. September 1990
SP-Vorstellungen für eine Steuerreform

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Audioquelle 19

aus dem Mittagsjournal vom 7. September 1990
Riegler, Ditz und Cap zum Wahlkampf

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Die ÖVP setzte in weiterer Folge noch mehr auf die Person des Spitzenkandidaten Riegler, der bei einem großen Wahlkongress harte Attacken gegen die SPÖ ritt und sowohl die Affäre Rechberger als auch die Prozesse gegen Sinowatz, Leopold Gratz und Karl Blecha im Zuge der „Noricum“-Affäre herausstrich. Des Weiteren brachte das Mittagsjournal am 8. September erstmals ausführliche Stimmungsberichte von Wahlkampfveranstaltungen der wahlwerbenden Parteien. In dieser Reportage präsentierten sich die vier Spitzenkandidaten Vranitzky, Riegler, Gugerbauer und Langthaler von ihrer volksnahen Seite (Audioquelle 20, Mittagsjournal vom 8. September 1990, Beitrag 9).

Vier Wochen vor der Wahl verzichteten zu Wochenbeginn die Regierungsparteien auf gegenseitige Angriffe. Heinz Fischer, der Klubobmann der SPÖ, berichtete von seiner Reise nach Brüssel zur Europäischen Gemeinschaft (Rechtsnachfolger der EG wurde mit 1. Dezember 1999 auf Grund des Vertrages von Lissabon die Europäische Union). Als Beitrittswerber wurde Österreich genau beobachtet. Die eigenwillige, diplomatische Intervention von Präsident Waldheim im Irak wurde besonders kritisch betrachtet.
Die ÖVP-Familienministerin Marilies Flemming hatte sich für eine Fortsetzung der von der jetzigen Regierung begonnenen Tätigkeiten nach den Wahlen und für mehr Frauen in der Regierung ausgesprochen (Audioquelle 21, Mittagsjournal vom 10. September 1990, Beitrag 11 und 12).

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Audioquelle 20

aus dem Mittagsjournal vom 8. September 1990
Stimmen und Stimmungen am Rande von Wahlveranstaltungen

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Audioquelle 21

aus dem Mittagsjournal vom 10. September 1990
Pressekonferenz SPÖ-Klubobmann Fischer zu EG / Flemming zu Frauen in der Politik

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Diese relative Ruhe bezüglich der Wahlkampfberichterstattung blieb nach den teils heftigen Attacken der Vorwoche zwischen den Regierungsparteien weiterhin aufrecht. Eine Relativierung der ÖVP-Wirtschaftspläne durch Finanzminister Ferdinand Lacina, sowie ein Differenzierung der befristeten Visapflicht für Polen bei der Einreise nach Österreich, stellten die Ausnahmen dar. Innenminister Löschnak bezog Stellung zu wahltechnischen Fragen. Unter anderem wurde die Frage bezüglich der Kandidatur einer möglicherweise rechtsextremen Partei N. A. „Nein zur Ausländerflut“ in Wien und die Frage des rechtlich umstrittenen vierten Listenplatzes erörtert. Der Streitpunkt bezüglich des vierten Listenplatzes entstand durch eine Abspaltung innerhalb der Grünbewegung nach den Wahlen 1986 (Audioquelle 22, Mittagsjournal vom 11. September 1990, Beitrag 8).

Das weltpolitisch brisante Thema der deutsch-deutschen Wiedervereinigung hatte die Golfkrise vorübergehend als globales Weltthema abgelöst und stand dementsprechend im Mittelpunkt der Berichterstattung des 12. September 1990. Die Grün-Alternativen beschäftigten sich bei ihrer Klubklausur mit Aktivitäten zur Schließung des Atomkraftwerkes Krško. Das neue Wahlrecht und der damit ermöglichte intensivere Vorzugsstimmenwahlkampf der Parteien beschäftigte das Journal-Panorama ebenfalls.

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Audioquelle 22

aus dem Mittagsjournal vom 11. September 1990
Löschnak zu Liste 4 und Rechtsradikalismus

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