Die Nationalratswahlkämpfe der Jahre 1990, 1994 und 1995 als Spiegelbild des Wandels in Politik und medialer Berichterstattung

Eine Bestandsaufnahme

von Stephan Grundei

46. Strategie für die letzte Wahlkampfwoche

Die Berichterstattung am 11. Dezember wurde von einem neuerlichen Briefbombenattentat vor dem Postamt in Graz-Gösting überschattet.

Eine Kurzreportage zeigte die Vorhaben der wahlwerbenden Parteien für die letzte Woche vor der Wahl. Eine große Anzahl an Unentschlossenen und Meinungsumfragen, die drei Parteien die Chance auf den Wahlsieg einräumten, erzeugten weiterhin ein hohes öffentliches Interesse für die Wahlen. Die SPÖ erwartete für die letzten Tage keine großen Bewegungen in der Wahlstimmung. Besondere Schwerpunktaktionen waren demnach nicht geplant. Zentraler Slogan sollte eine Warnung vor Schwarz-Blau sein. Bei einer Pensionisten-Demonstration sollte am kommenden Tag noch für soziale Gerechtigkeit demonstriert werden. Die ÖVP hatte noch drei größere Veranstaltungen in Wien geplant. Laut eigenen Angaben hat die ÖVP das Wahlbudget von 40 Millionen Schilling nicht ausgenutzt. Die FPÖ und deren Obmann Jörg Haider hatte für die letzte Woche ein ausführliches Programm geplant. Pressekonferenzen und Kundgebungen sollten Haider möglichst medienwirksam in Szene setzen. Die Grünen änderten für die letzte Woche die Wahlkampfstrategie. Speziell Franz Vranitzky und die SPÖ sollten härter angegriffen werden. Man befürchtete durch die behauptete Richtungsentscheidung zwischen SPÖ und Schwarz-Blau bei der Wahl viele Stimmen zu verlieren. Das Liberale Forum setzte in den letzten sieben Tagen auf direkten Wählerkontakt. LiF-Obfrau Heide Schmidt sollte in Linz, Innsbruck, Salzburg und Wien werben. (Audioquelle 137, Mittagsjournal vom 11. Dezember 1995)

Wirtschaftsminister Johannes Ditz fällte kurz vor der Wahl eine Personalentscheidung und bestellte Michael Höferer zum neuen Chef der Österreich-Werbung. ÖVP-Minister Ditz sprach von der Bedeutung eines positiven Images für Österreich im Ausland und betonte die Wichtigkeit einer politischen Unabhängigkeit in dieser Branche.

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Audioquelle 137

aus dem Mittagsjournal vom 11. Dezember 1995
Die letzte Wahlkampfwoche

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Im Rahmen des Wahlkampfs versuchten die Parteien auch am Folgetag nochmals via Pressekonferenzen und Veranstaltungen, politische Botschaften zu vermitteln. In diesem Zusammenhang klärte Innenminister Einem über die neuesten Erkenntnisse bei den Ermittlungen der Polizei zum jüngsten Briefbombenattentat auf.

Großes Medieninteresse verursachte eine internationale Pressekonferenz von FPÖ-Obmann Haider. An die 120 Journalisten aus ganz Europa verfolgten Haiders Aussagen. Er sprach sich schon zu Anfang für eine restriktivere Ausländerpolitik in Österreich aus. Dazu gehörte auch die Abschiebung geflüchteter Bosnier. Haider widersprach einem Vergleich mit dem französische Rechtspopulisten Jean-Marie Le Pen und nannte die FPÖ eine österreichische Spezialanfertigung. Die FPÖ war laut Haider weder in die politischen Spektren links, noch rechts einordenbar (Audioquelle 138, Mittagsjournal vom 12. Dezember 1995, JM‑951212_b01).

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Audioquelle 138

aus dem Mittagsjournal vom 12. Dezember 1995
F-Chef Haider gibt internationale Pressekonferenz

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Bei den Grünen herrschte derweilen Skepsis betreffend eines Wahlerfolgs der Partei. Die Umweltsprecherin Monika Langthaler sprach davon, dass die Grünen zwischen die Mühlsteine in der polarisierten innenpolitischen Situation gekommen seien. Laut den jüngsten Meinungsumfragen war mit einem Stagnieren der Grünen zu rechnen (Audioquelle 139, Mittagsjournal vom 12. Dezember 1995, JM‑951212_b02). Der liberale Wirtschaftssprecher Helmut Peter forderte von einer künftigen Regierung massive Investitionen in Bahn, Straße und Infrastruktur. Durch Privatisierungen sah er ein monetäres Potential von 50 Milliarden Schilling.

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Audioquelle 139

aus dem Mittagsjournal vom 12. Dezember 1995
Pressekonferenz der Grünen zur Wahl

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Vier Tage vor der Nationalratswahl 1995 beschäftigte sich lediglich ein Beitrag mit der Wahlkampfberichterstattung. Darin klärte SPÖ-Klubobmann Peter Kostelka über mögliche Koalitionskonstellationen nach der Wahl auf. Die Warnung von Schwarz-Blau war weiterhin zentrales Thema des SPÖ-Wahlkampfes. Für Kostelka wäre eine allfällige Minderheitsregierung nicht mehr als eine Krücke gewesen. Das Ziel war dementsprechend eine möglichst breite Mehrheit in der Regierung. (Audioquelle 140, Mittagsjournal vom 13. Dezember 1995)

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Audioquelle 140

aus dem Mittagsjournal vom 13. Dezember 1995
Kostelka zu Minderheitsregierung

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47. Wahlkampffinale 1995

Am 14. Dezember war die Unterzeichnung der Friedensverträge im Bosnienkrieg die oberste Schlagzeile. Dennoch nahmen die bevorstehende Wahl und die damit einhergehenden Berichte von den Wahlkampfschlussveranstaltungen einen Großteil der Berichterstattung ein. Die Obfrau des Liberalen Forums, Heide Schmidt, zog in einer Pressekonferenz ein Resümee über den Wahlkampf. Sie bilanzierte positiv und appellierte daran, Inhalte einer Partei zu wählen und nicht taktisch motiviert zu wählen, um eine bestimmte Koalition zu verhindern. Die Frühpensionierung ihres Wehrsprechers Hans-Helmut Moser als Bundesheeroberst, auf Grund seiner Zeit als Nationalrat, sah Schmidt als moralisch falsch an. Auf Grund der rechtlichen Legitimität würde der Schritt allerdings ohne Konsequenzen bleiben.
Die grüne Spitzenkandidatin, Madeleine Petrovic, sprach wenige Tage vor der Wahl offen von einem Umfragetief. Grund dafür war die allgemeine Angst vor einer schwarz-blauen Koalition. Dieses emotionelle Element überschattete das gute Wahlprogramm der Grünen. Nicht zuletzt deswegen prognostizierte Petrovic der SPÖ den Wahlsieg. Das Wahlziel wurde revidiert. Als neues Ziel wurde das Halten des Ergebnisses von 1994 von 7,3 Prozent ausgegeben.
Die ÖVP hielt ihre Wahlkampfschlussveranstaltung in der Wiener Hofburg ab. ÖVP-Obmann Schüssel zog bei dem Festakt eine positive Bilanz und rechtfertige erneut die Neuwahl auf Grund der unterschiedlichen Vorstellungen der Koalitionsparteien zu der Budgetkonsolidierung. Bei seiner Rede attackierte Schüssel hauptsächlich die SPÖ, Bundeskanzler Vranitzky und den Sozialismus.
In seiner abschließenden Pressekonferenz erläuterte der SPÖ-Vorsitzende Vranitzky seine unmittelbaren Pläne nach der Wahl, die darauf abzielten, eine rasche Regierungsbildung zu Stande zu bekommen. Zunächst galt es laut Vranitzky abzuklären, ob die ÖVP überhaupt an einer Regierungsbeteiligung interessiert sei oder ob diese die FPÖ als einzigen Koalitionspartner sieht. Bei einer etwaigen Fortsetzung der Koalition mit der ÖVP mahnte Vranitzky Veränderungen ein. (Audioquelle 141, Mittagsjournal vom 14. Dezember 1995)

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Audioquelle 141

aus dem Mittagsjournal vom 14. Dezember 1995
Schlussrunde im Wahlkampf: LiF, Grüne, ÖVP und SPÖ

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Zwei Tage vor den Wahlen hielten die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP Pressekonferenzen ab. Der stellvertretende SPÖ-Vorsitzende Fischer warf der Volkspartei vor, im Wahlkampf keine Vorschläge zur Budgetkonsolidierung eingebracht zu haben. Fischer kündigte an, dann von einem Wahlerfolg zu sprechen, wenn die SPÖ nach der Wahl deutlich vor der ÖVP liege. Bei der Pressekonferenz der ÖVP-Generalsekretäre Karas und Rauch-Kallat standen Angriffe gegen die SPÖ im Mittelpunkt. Rauch-Kallat sah in jedem Zugewinn einen Erfolg der Volkspartei. Karas kündigte als Wahlziel erneut an, die mandats- und stimmenstärkste Partei nach der Wahl zu sein. FPÖ-Obmann Haider hielt ebenfalls seine Wahlkampfendpressekonferenz ab. Haider sah eine Koalition mit der ÖVP nur unter bestimmten Bedingungen als möglich an, außerdem wertete er jeden Stimmengewinn als Wahlerfolg. Abschließend prognostizierte er erneut eine große Koalition mit einer Haltbarkeit von maximal zwei Jahren (Audioquelle 142, Mittagsjournal vom 15. Dezember 1995).

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Audioquelle 142

aus dem Mittagsjournal vom 15. Dezember 1995
Wahlkampfabschluss der FPÖ

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Am Tag vor der Nationalratswahl zog das Mittagsjournal eine Bilanz über den bisherigen Verlauf des Wahlkampfes der letzten neun Wochen seit dem Bruch der SPÖ-ÖVP-Koalition am 12. Oktober. Die Meinungsforscher sahen zu diesem Zeitpunkt den Ausgang der Wahlen als völlig offen an. Alle Parteien fühlten sich selbst im Aufwind. Lediglich die Grünen gaben sich bewusst zurückhaltend. Das Interesse an Themen und Personen war in diesem Wahlkampf beachtlich hoch. Dies könnte sich auf eine steigende Wahlbeteiligung auswirken. In weiteren Beiträgen wurden das neue Wahlrecht und das gültige Wählen thematisiert (Audioquelle 143, Mittagsjournal vom 16. Dezember 1995). Das neue Wahlrecht war bei der Nationalratswahl 1995 zum zweiten Mal in Gebrauch. Durch das neue Wahlrecht wollte man einen verstärkten Bezug zwischen den Wählern und den Gewählten herstellen.

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Audioquelle 143

aus dem Mittagsjournal vom 16. Dezember 1995
Wahlkampfbilanz

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Parallel zu der Nationalratswahl fand in der Steiermark am 17. Dezember 1995 auch die Landtagswahl statt. Bis zu diesem Zeitpunkt waren drei Parteien im steirischen Landtag vertreten. In einer Zusammenfassung des Wahlkampfes analysierte das Mittagsjournal die Ausgangsposition in der Steiermark. Allgemein dominierten Bundesthemen auch den steirischen Wahlkampf.

48. Die Folgen des 17. Dezember 1995

Die SPÖ rund um Spitzenkandidat und Bundeskanzler Franz Vranitzky konnte bei der Nationalratswahl vom 17. Dezember 1995 38 Prozent erringen und einen Zuwachs von 3,1 Prozent verzeichnen. Die ÖVP vereinigte 28,3 Prozent der Stimmen auf sich und vermeldete damit einen leichten Zuwachs von 0,6 Prozent. Die FPÖ musste mit 21,9 Prozent der Stimmen einen leichten Verlust von 0,6 Prozent hinnehmen. Das Liberale Forum erreichte 5,5 Prozent, was einem Stimmenrückgang von 0,5 Prozent entsprach. Die Grünen verloren 2,5 Prozent der Stimmen und konnten schlussendlich 4,8 Prozent erreichen.

Wahlergebnis vom 17. Dezember 1995
Wahlergebnis vom 17. Dezember 1995

Am 18. Dezember standen das Wahlergebnis und die Reaktionen der Parteien im Zentrum der innenpolitischen, medialen Aufmerksamkeit. Eine Analyse der Einzeldaten des vorläufigen Endergebnisses zeigte eine große SPÖ-Mehrheit in den traditionellen Arbeiterbezirken. Die ÖVP musste in den Hochburgen Vorarlberg und Tirol Stimmenverluste hinnehmen. Die Freiheitlichen mussten ebenfalls mehrere Rückschläge hinnehmen. Neben Kärnten gab es Verluste in der Steiermark, in Oberösterreich, Niederösterreich und Wien. Das Liberale Forum konnte im Burgenland, in Tirol und in Vorarlberg leicht zulegen. Die Grünen waren die Verlierer der Wahl und mussten in allen neun Bundesländern schlechtere Ergebnisse hinnehmen.

Bei der traditionellen Analyse der Wahl durch die Politologen Peter Ulram, Fritz Plasser, Franz Sommer und den ORF-Hochrechner Erich Neuwirth wurden die Wählerbewegungen veranschaulicht. Demnach haben die SPÖ und ÖVP in den städtischen Ballungszentren die stärksten Zugewinne erzielt. Damit wurde der Trend der vergangenen Wahlen umgedreht. Die dominierenden Wahlmotive bei der Nationalratswahl waren die Themen Budgetsanierung, Wirtschafts- und Steuerpolitik, gerechtes Sparen und Arbeitsplatzsicherung. Im Gegensatz zur Nationalratswahl 1994 waren die Themen politische Skandale und Ausländerpolitik von untergeordneter Bedeutung. Die TV-Konfrontationen haben einen starken Einfluss auf die Meinungsbildung der Wähler gehabt. (Audioquelle 144, Mittagsjournal vom 18. Dezember 1995, JM‑951218_b01)

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Audioquelle 144

aus dem Mittagsjournal vom 18. Dezember 1995
Nationalratswahl-Wählerstromanalyse

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Die SPÖ und die ÖVP hätten nun im Falle einer großen Koalition eine Zweidrittelmehrheit und damit die Möglichkeit, Gesetze in den Verfassungsrang zu heben. Die Parteien berieten in den Parteizentralen das Ergebnis der Wahl. Der ÖVP-Vorstand tagte, um Weichen für die Zukunft zu stellen. Umweltminister Martin Bartenstein und der Wiener VP-Landesparteiobmann Bernhard Görg sprachen sich dezidiert für eine Fortsetzung der Linie des Parteivorsitzenden Schüssel aus. Der Wahlsieger Bundeskanzler Vranitzky trat vor die Öffentlichkeit und sah in dem Wahlergebnis einen klaren Wählerauftrag zur Fortsetzung der großen Koalition zwischen SPÖ und ÖVP. Bei einer Neuauflage der Koalition sah Vranitzky den Bedarf, Veränderungen beim Arbeitstempo und an der Vorgabe von Zielen vorzunehmen.

Bei den Grünen hatte die Bundessprecherin Petrovic bereits direkt nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses ihren Rücktritt angeboten. Die grüne Umweltsprecherin Langthaler wollte die Wahlniederlage nicht ausschließlich der Spitzenkandidatin zuschreiben, vielmehr lagen ihrer Meinung nach die Hauptgründe in einer zu schwache Betonung der Umweltpolitik im Wahlkampf, unprofessioneller Wahlkampfwerbung und organisatorische Schwächen. Der grüne Stadtrat Christoph Chorherr sprach sich für ein bedachtes Vorgehen aus. Er argumentierte dafür, die zukünftige Politik nicht auf eine Person, sondern auf Inhalte zu konzentrieren. Beide sprachen sich für den Wiedereinzug des grünen Wirtschaftssprecher Alexander van der Bellen in den Nationalrat aus. Auf Grund des Wahlergebnisses hätte dieser den Einzug nicht automatisch durch seinen Listenplatz erreicht. (Audioquelle 145, Mittagsjournal vom 18. Dezember 1995, JM‑951218_b02)

Die Zeitungen in Österreich kommentierten die Wahlen und sahen auf Grund der Stärke der SPÖ eine klare Absage an eine schwarz-blaue Koalition. Die Wiener Börse reagierte auf den Wahlausgang. Die Finanzpolitik und wirtschaftliche Themen hatten den Wahlkampf dominiert. Das Wahlergebnis hat die Unsicherheit an der Börse nicht beendet. Aktienverluste von ca. 1,5 Prozent waren die Folge.

Ein weiterer innenpolitischer Schwerpunkt in der Sendung war der Ausgang der Landtagswahlen in der Steiermark. Der Wahlverlierer ÖVP beriet über die zukünftige Ausrichtung. Der bisherige Landeshauptmann Krainer verkündete seinen Rücktritt.

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Audioquelle 145

aus dem Mittagsjournal vom 18. Dezember 1995
Reaktionen auf die NR-Wahl: ÖVP-Vorstand / SPÖ-Präsidium / Grüne

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Madelene Petrovic
Madelene Petrovic

Zwei Tage nach der Wahl bezeichnete der FPÖ-Obmann Haider trotz bundesweiter Stimmenverluste das Ergebnis als Sensation. Die FPÖ habe bei den Arbeitern und in Westösterreich dazugewonnen. Die Stimmenverluste führte Haider einzig und allein auf die Angst- und Lügenpropaganda der anderen Parteien zurück. Er selbst verglich sich erneut mit der Figur des Robin Hood, der hin und wieder Rückschläge hinnehmen musste, schlussendlich aber die Mächtigen in die Schranken wies. Haider sah im Wahlergebnis einen Wählerauftrag zur Bildung einer neuen großen Koalition zwischen SPÖ und ÖVP (Audioquelle 146, Mittagsjournal vom 19. Dezember 1995).

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Audioquelle 146

aus dem Mittagsjournal vom 19. Dezember 1995
Nachwahlanalyse der Freiheitlichen

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Die Bundessprecherin des Liberalen Forums bezog zu den anhaltenden Koalitionsspekulationen rund um das LiF Stellung. Schmidt sah das LiF als möglichen Katalysator in einer großen Koalition von SPÖ und ÖVP. Eine Regierungsbeteiligung des LiF müsste allerdings an inhaltliche Forderungen gebunden sein. Durch das eindeutige Endergebnis der Wahlen wurde die Wahrscheinlichkeit einer liberalen Regierungsbeteiligung geschmälert.

Der erweiterte Bundesvorstand der Grünen beriet über das weitere Vorgehen nach der Wahlniederlage. Die grüne Spitzenkandidatin Petrovic sollte entweder als Bundessprecherin oder als Klubobfrau zurücktreten. Der ÖVP-Politiker Ditz erklärte, seine Tätigkeit als Wirtschaftsminister provisorisch weiterzuführen. Das Wahlergebnis war allerdings als eine Absage des viel propagierten Schüssel-Ditz-Kurses zu verstehen. Im Wahlkampf hatte Ditz eine persönliche Regierungsbeteiligung an den ersten Platz der ÖVP bei der Wahl gekoppelt.

Die bisherige Regierung kam ein letztes Mal zu einem Ministerrat zusammen. Bundeskanzler Vranitzky gab im Anschluss an den Ministerrat Auskunft über die weitere Vorgehensweise. Er sprach davon, zunächst die Budgetzahlen und den Budgetvollzug für 1995 zusammenzufassen. Eine erste Verhandlungsrunde zur Regierungsbildung konnte sich der Bundeskanzler aus sozialdemokratischer Sicht im Jänner vorstellen. In den Feiertagen nach Weihnachten sollten die SPÖ-Positionen für die Koalitionsverhandlungen vorbereitet werden. Vizekanzler Schüssel sah den Ball in der weiteren Vorgehensweise zur Findung einer Regierung bei der SPÖ. Die ÖVP wartete demnach auf Vorschläge der SPÖ. Zunächst musste allerdings die Demissionierung der Regierung erfolgen und der Auftrag zur Regierungsbildung von Bundespräsident Klestil erteilt werden.

Wenige Tage nach der Nationalratswahl ließen die Aussagen von FPÖ-Obmann Haider vom 30. September 1995 im Kreis ehemaliger SS-Angehöriger beim Ulrichsbergtreffen in Kärnten die Wellen hochgehen. Er sprach dabei von anständigen Menschen mit Charakter. Im Rahmen der Zeit im Bild 2 setzte Haider nun die Argumentation fort, indem er Angehörige der Waffen‑SS als Teile der Wehrmacht bezeichnete. Dem zur Folge hätten sich Mitglieder der Waffen‑SS nichts vorzuwerfen und es kämen ihnen alle Anerkennung und Ehre des öffentlichen Lebens zu. Bundeskanzler Vranitzky zeigte sich von den Aussagen wenig überrascht und sah darin eine Bestätigung der Grundeinstellung Haiders. Auf das Verhältnis der Sozialdemokratie zur NS-Vergangenheit sprach Vranitzky von einem internen Prozess innerhalb der SPÖ (Audioquelle 147, Mittagsjournal vom 20. Dezember 1995). Das Journal-Panorama des Tages beschäftigte sich mit dem Thema Political Correctness. Der ehemalige ÖVP-Abgeordnete Michael Graff und FPÖ-Obmann Haider kamen dabei zu diesem Thema zu Wort. Haider sah in Political Correctness eine Form der Gedankenpolizei.

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Audioquelle 147

aus dem Mittagsjournal vom 20. Dezember 1995
Vranitzky zu Haiders SS-Äußerungen

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49. Sondierungsgespräche

Am 22. Dezember fanden die ersten Sondierungsgespräche zwischen SPÖ-Vorsitzendem Vranitzky und ÖVP-Obmann Schüssel über die Regierungsbildung statt. Man betonte, daraus keine automatische Fortführung der großen Koalition prognostizieren zu können. Als größtes Hindernis bei der Regierungsfindung wurde eine gemeinsame Lösung zur Budgetsanierung betrachtet. Bei dem Treffen sollte ein Terminplan für weitere Verhandlungen festgelegt werden. Die Sozialpartner hatten bereits angekündigt, selbst Einsparungsmöglichkeiten zu erarbeiten. (Audioquelle 148, Mittagsjournal vom 22. Dezember 1995)

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Audioquelle 148

aus dem Mittagsjournal vom 22. Dezember 1995
Sondierungsgespräche zwischen Vranitzky und Schüssel

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Am Folgetag war Petrovic, die grüne Spitzenkandidatin bei der jüngsten Nationalratswahl, im „Journal zu Gast“. Die Grünen erreichten das schlechteste Ergebnis bei Nationalratswahlen in der Parteigeschichte. Petrovic stellte ihre Position als Bundessprecherin zur Verfügung. Der erweiterte Bundesvorstand forderte sie daraufhin mehrheitlich dazu auf, ihr Amt bis zum außerordentlichen Bundeskongress weiter auszuüben. In einem ausführlichen Interview antwortete sie auf Fragen über die Personalisierung in der Politik, das Arbeitspensum als Spitzenpolitiker, Themen der grünen Politik, das Wir-Gefühl innerhalb der grünen Partei, die Diskrepanz zwischen Realos und Fundis bei den Grünen, Authentizität in der Politik, die Grünen als Frauenpartei und ihre persönliche Entscheidung zwischen der Funktion als Klubobfrau und der Position als Bundessprecherin. (Audioquelle 149, Mittagsjournal vom 23. Dezember 1995)

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Audioquelle 149

aus dem Mittagsjournal vom 23. Dezember 1995
Im Journal zu Gast: Madeleine Petrovic

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Über die Weihnachtsfeiertage wurde das amtliche Endergebnis bekannt gegeben. Die Auszählung der Wahlkarten brachte zwei Veränderungen in der Mandatsverteilung: die SPÖ verlor ein Mandat, die FPÖ musste ebenfalls ein Mandat abgegeben und fiel damit unter eine bedeutende Messlatte bei der Parteien- und Klubförderung. Sowohl die Grünen als auch die Liberalen konnten ein Mandat dazugewinnen. Dadurch konnte der Wirtschaftssprecher der Grünen, Alexander van der Bellen, doch noch den Einzug in den Nationalrat bewerkstelligen. Beim Liberalen Forum erhielt der wegen seiner Frühpensionierung im Wahlkampf kritisierte Abgeordnete Hans Helmut Moser das zusätzliche Mandat. Die Personalfragen bei den Großparteien waren noch nicht geklärt, da dabei sehr viel von einer etwaigen Regierungsbeteiligung abhing. (Audioquelle 150, Mittagsjournal vom 27. Dezember 1995)

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Audioquelle 150

aus dem Mittagsjournal vom 27. Dezember 1995
Änderungen in der Mandatsverteilung nach dem amtlichen Wahlergebnis

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Die Regierungsverhandlungen hatten offiziell noch nicht begonnen, dennoch bereiteten sich Vertreter der SPÖ und ÖVP auf die Verhandlungen vor. Finanzminister Staribacher und Wirtschaftsminister Ditz trafen am Nachmittag des 28. Dezember zu einem Ministertreffen zusammen, um einen Budgetrahmen abzustecken. Laut SPÖ-Finanzminister Staribacher ging es speziell darum, den Konsolidierungsbedarf für 1996 und 1997 festzulegen, das Erreichen des Maastricht-Zieles stand dabei im Vordergrund. ÖVP-Wirtschaftsminister Ditz sah ein Konsolidierungsprogramm für mehrere Jahre als notwendig an. Zusätzlich verlangte er eine Budgetvorschau bis in das Jahr 1998, erst dadurch könnte sich die Auswirkungen der Reformen absehen lassen. Die stellvertretende Bundesobfrau des Liberalen Forums, Brigitte Peschel, gab ihren Austritt aus der Partei bekannt. Als Gründe nannte sie den fehlenden Teamgeist im LiF, keine Transparenz bei Personalentscheidungen und dass Ergebnisse des Bundesforums, die der LiF-Obfrau Schmidt nicht recht waren, innerparteiliche Konsequenzen nach sich gezogen hätten. Die Kritik richtete sich konkret gegen die Parteispitze rund um die LiF-Obfrau. Der stellvertretende Klubobmann Friedhelm Frischenschlager bedauerte das Ausscheiden von Peschel. (Audioquelle 151, Mittagsjournal vom 28. Dezember 1995)

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Audioquelle 151

aus dem Mittagsjournal vom 28. Dezember 1995
Turbulenzen beim Liberalen Forum

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Bei dem Treffen von Finanzminister Staribacher und Wirtschaftsminister Ditz wurden Einsparungen von 66 Milliarden Schilling angepeilt, um die Maastricht-Kriterien zu erfüllen. Beim zweiten Gespräch zur Regierungsbildung trafen Bundeskanzler Vranitzky und Vizekanzler Schüssel am 29. Dezember aufeinander. Bei diesem einstündigen Gespräch sollte die Budgetsituation als Ausgangsposition genommen werden. Der SPÖ-Bundeskanzler sah ein Konsolidierungsprogramm für 1996 und 1997 als Priorität an. Exportförderung und arbeitsplatzpolitische Maßnahmen sollten nicht betroffen sein, vielmehr wollte man ausgabenseitig einsparen. Der ÖVP-Vizekanzler bezeichnete die vorliegenden Budgetzahlen als eine gute Ausgangsposition. Die budgetäre Situation sei zwar schwierig aber bewältigbar. (Audioquelle 152, Mittagsjournal vom 29. Dezember 1995)

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Audioquelle 152

aus dem Mittagsjournal vom 29. Dezember 1995
Budgetgespräche Vranitzky – Schüssel

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Im letzten Mittagsjournal vor dem Jahreswechsel am 30. Dezember 1995 war die voraussichtlich neue steirische Landeshauptfrau Waltraud Klasnic im „Journal zu Gast“. Klasnic wurde von der ÖVP nach der jüngsten Landtagswahl als Nachfolgerin von Landeshauptmann Krainer nominiert. Bei diesem ausführlichen Interview bezog sie Stellung zur Situation der steirischen ÖVP und zu den Konsequenzen der jüngst verlorenen Landtagswahlen.

50. Wahlberichterstattung im Journal-Panorama 1995

Im Wahlkampf zur Nationalratswahl 1995 ging das „Journal-Panorama“ neue Wege. Jeder der fünf Parlamentsparteien wurde eine exklusive Reportage gewidmet. Dabei wurden die Spitzenkandidaten während ihrer Wahlkampftouren begleitet und anschließend interviewt.

Zum Auftakt der Serie wurde am 21. November 1995 eine Reportage über die grüne Spitzenkandidatin Madeleine Petrovic ausgestrahlt. Sie absolvierte wenige öffentliche Auftritte und setzte vermehrt auf die Wirksamkeit der Medien. Begleitet wurde sie bei einem Besuch der Ausbildungskaserne der österreichischen Polizei. Bei einer Ansprache  erinnerte sie sich an die grünen Anfänge als Protestpartei und sprach zu den grünen Vorstellungen bezüglich des Sicherheitsapparates. Anschließend stellte sie sich einem Gespräch mit Vertretern der Polizei, wobei sie speziell zu den grünen Positionen bei den Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten in den Fällen Zwentendorf, Hainburg und bei Opernballdemonstrationen befragt wurde. Bei einem Werksbesuch in Wiener Neudorf bei Asea Brown Boveri demonstrierte Petrovic Wirtschaftskompetenz und sprach sich intensiv für Investitionen in den öffentlichen Verkehr aus. Im Gespräch mit der Geschäftsleitung interessierte sie sich für die Situation der Gastarbeiter in diesem Betrieb. Im abschließenden Interview äußerte sich Petrovic über den Medienwahlkampf, die Bedeutung der TV-Konfrontationen, den grünen Themenwahlkampf, die Grünen als Motor für Erneuerungen, die Ausländerpolitik, Pluralismus in der Partei, ihre Unterstützung für Ryke Geerd Hamer und ihr persönliches Erscheinungsbild als Spitzenkandidatin. (Audioquelle 153, Abendjournal vom 21. November 1995)

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Audioquelle 153

aus dem Abendjournal vom 21. November 1995
Journal-Panorama: Wahlkampfreportage Grüne

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Als Zweite in der Serie der Portraits der wahlwerbenden Spitzenkandidaten zur Nationalratswahl wurde die Obfrau des Liberalen Forums, Heide Schmidt, einen Tag lang begleitet und interviewt. Sie wurde zunächst bei einer Wahlkampfveranstaltung im Grazer Landhauskeller begleitet. Der steirische Spitzenkandidat Christian Brünner durfte die Begrüßungsworte bei dieser Pressekonferenz sprechen. Schmidt sprach davon, dass das Liberale Forum eine offensive Mitte zwischen den beiden politischen Blöcken Rot-Grün und Schwarz-Blau darstellt. Anschließend wurde Schmidt als Wahlwerberin auf dem Hauptplatz aufgenommen. Ein liberales Hauptproblem ist der geringe Bekanntheitsgrad der Spitzenrepräsentanten neben der Obfrau. Außerdem taten sich die Passanten bei einer Umfrage schwer, die Liberalen politisch einzuordnen. Inhaltliche Diskussionen waren bei diesen Straßenaktionen des Liberalen Forums eine Seltenheit. Bei einem Mittagessen mit Wirtschaftstreibenden im Hotel Wiesler in Graz nutzte Schmidt die Gelegenheit, ihre Wirtschaftsvorstellungen zu transportieren. Den Nachmittag verwendete Schmidt dazu, bei einer Telefonsprechstunde der Kleinen Zeitung den Wählern Rede und Antwort zu stehen. Eine Podiumsdiskussion mit Studierenden in der Universität Graz schloss den Wahlkampftag ab. Das Publikum zeigte sich äußerst aufgeschlossen gegenüber der liberalen Obfrau und Spitzenkandidatin. Im abschließenden Interview zeigte sich Schmidt bezüglich der bevorstehenden Wahlen optimistisch und sprach über die Polarisierung gegen Ende des Wahlkampfes, die relevanten Wahlmotive, den Bekanntheitsgrad von Heide Schmidt, die Abhängigkeit des LiF von der Spitzenkandidatin, das LiF als Elitenpartei, das LiF als Schmelzpunkt für politische Umsteiger und die politische Zukunft von Heide Schmidt. (Audioquelle 154, Abendjournal vom 23. November 1995)

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Audioquelle 154

aus dem Abendjournal vom 23. November 1995
Journal-Panorama: Wahlkampfreportage LiF

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Die FPÖ stand am 30. November 1995 im Mittelpunkt des „Journal-Panorama“. Der FPÖ-Obmann Jörg Haider wurde als dritter Spitzenkandidat einen Tag lang bei seinem Wahlkampf begleitet, portraitiert und interviewt. Generell hoffte man bei der FPÖ erneut auf einen ordentlichen Stimmenzuwachs bei der Wahl. Zu Beginn der Reportage wurde Haider bei einer abendlichen Massenveranstaltungen mit mehr als 2.000 Anhängern am Wiener Mexikoplatz gezeigt. Bei einem morgendlichen Rundgang durch einen Markt im 3. Wiener Gemeindebezirk unterhielt sich Haider mit den Marktstandbetreibern und Besuchern über die wirtschaftliche Situation. Im Gespräch waren der Zuzug, die Integration und die soziale Situation von Migranten die bestimmenden Themen. Danach wurde die Stimmung im Vorfeld einer Massenveranstaltung in der Meidlinger Fußgängerzone eingefangen. Dabei waren hitzige Diskussionen von Teilnehmern mit teilweise rassistischen Inhalten zu hören. In den Reden sprach Haider von billigen ausländischen Arbeitskräften, einer Rekordarbeitslosigkeit für Österreicher und einer Schlechterstellung von Österreichern gegenüber Ausländern. Die Ausländerpolitik der Regierung und die Überfremdung waren permanent wiederkehrende Themen in den Reden Haiders und bei den teils hitzigen Diskussionen zwischen Haider-Sympathisanten und Haider-Gegner im Publikum. Bei der eingangs erwähnten Massenkundgebung am Wiener Mexikoplatz ähnelte das Stimmungsbild weitestgehend der Veranstaltung auf der Meidlinger Hauptstraße. Demonstranten warfen während der Rede Haiders einen Gegenstand in Richtung Bühne. Haider griff diese Aktion rhetorisch gekonnt auf und wies auf die Gewaltbereitschaft der Demonstranten hin. Im abschließenden Interview bezog Haider Stellung zu der hohen Anzahl an Massenveranstaltungen im FPÖ-Wahlkampf, der emotional aufgeheizten Stimmung bei FPÖ-Wahlkampfveranstaltungen, der Enttäuschung ehemaliger SPÖ-Wähler, der harten Wahlkampfrhetorik Haiders, dem ambivalenten Verhältnis der FPÖ zu Ausländern, der Äußerung personalisierter Vorwürfe Haiders gegenüber Politikern und Funktionären, den FPÖ-Listen bei der Nationalratswahl, seinen Idealbesetzungen für Innen- bzw. Finanzressort und seinem persönlichen Ausgleich zur Spitzenpolitik Stellung. (Audioquelle 155, Abendjournal vom 30. November 1995)

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Audioquelle 155

aus dem Abendjournal vom 30. November 1995
Journal-Panorama: Wahlkampfreportage FPÖ

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In der Serie von Reportagen über die Wahlkämpfe der Spitzenkandidaten bei der Nationalratswahl wurde am 4. Dezember 1995 der ÖVP-Spitzenkandidat Wolfgang Schüssel begleitet. Den Auftakt machte die Veranstaltung „Small Talk“ in einem Kaffeehaus in Wien Hietzing. Dabei lud die ÖVP im Heimatbezirk von Schüssel zu einer Wahlveranstaltung im kleinen Rahmen. Schüssel hielt eine Ansprache, stellte sich Fragen und nutzte die Gelegenheit zu informellen Gesprächen. Hauptthema dabei war die Wirtschafts-, Finanz- und Budgetpolitik. Generell fokussierte sich Schüssel auf einen Zielgruppenwahlkampf. Die nächste Veranstaltung war ein gemeinsamer Auftritt Schüssels mit Wirtschaftsminister Johannes Ditz im Festsaal der Industriellenvereinigung vor dem Aktienforum. Besorgte Kleinaktionäre nutzten die Podiumsdiskussion, um Fragen zur der finanzpolitischen Entwicklung und den wirtschaftlichen Vorstellungen der ÖVP zu stellen. Am Abend des Wahltages besuchte Schüssel die Gründungsveranstaltung der „Freunde des 21. Jahrhunderts“. Diese Plattform sollte Zukunftsperspektiven erörtern. Bereits zu Beginn nutzte Schüssel die Gelegenheit, um medienwirksam Fragen der Zukunft mit Kindern zu erörtern. Beim Festakt hielt, auf Einladung der ÖVP, die deutsche Kommunikationswissenschaftlerin Gertrud Höhler ein Plädoyer für die Jugend und sprach sich ausdrücklich für Veränderungen in Politik und Gesellschaft aus. Schüssel sprach bei seiner Ansprache von der Existenz einer Neid- und Missgunst-Gesellschaft und prangerte diese an. Bei dem anschließenden Empfang zeigten sich die Festgäste begeistert vom ÖVP-Spitzenkandidat. Im abschließenden Interview äußerte sich Schüssel zu Themen- bzw. Positivwahlkämpfen, der Mobilisierung der Kernklientel, der allgemeinen Stimmung im Wahlkampf, dem Kanzleranspruch von Wolfgang Schüssel, den Umständen des Koalitionsbruchs, einer möglichen Koalition der ÖVP mit der FPÖ, dem ÖVP-12-Punkte-Programm, möglichen persönlichen Szenarien nach der Wahl und seiner Einstellung zu Wahlprognosen. (Audioquelle 156, Abendjournal vom 4. Dezember 1995)

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Audioquelle 156

aus dem Abendjournal vom 4. Dezember 1995
Journal-Panorama: Wahlkampfreportage ÖVP

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Zum Abschluss der Serie von Reportagen zu den Spitzenkandidaten der Parteien wurde Bundeskanzler und SPÖ-Spitzenkandidat Franz Vranitzky einen Tag lang während des Wahlkampfs begleitet. Am 1. Adventsamstag tourte er durch St. Johann im Pongau. Speziell der EU-Beitritt, die Landwirtschaft, die Ausländerpolitik und die staatlichen Sozialleistungen beschäftigten die Besucher vor Beginn der Veranstaltung. Der mit Verspätung eingetroffene Vranitzky thematisierte bei seiner Ansprache umgehend die notwendige soziale Ausgewogenheit bei den zukünftigen Sparmaßnahmen der Bundesregierung. Vranitzky wurde anschließend mit Lebensmittel aus der Region beschenkt. Die Gattin des Kanzlers, Christine Vranitzky, begleitete den Bundeskanzler bei seinen Wahlkampfveranstaltungen. Sie sah ihre Rolle in der Unterstützung ihres Gattens und darin, das Wohlbefinden Vranitzkys sicherzustellen. Am Nachmittag wurde dann am Salzburger Domplatz der traditionelle Christkindlmarkt eröffnet. Die Massenveranstaltung ermöglichte Vranitzky eine kurze Ansprache vor großem Publikum, bevor er zum Salzburger Ausstellungszentrum weiterfuhr. Dort waren mehr als 1.500 Vertreter des Pensionistenverbands, der Gewerkschaft der SPÖ-Frauen, der SPÖ-Jugend und der SPÖ-Bauernorganisation geladen. Beim eigentlichen Festakt wurde Vranitzky durch den Salzburger Landeshauptmann-Stellvertreter Gerhard Buchleitner vorgestellt. Vranitzky sprach davon, dass die SPÖ bei der Nationalratswahl 1994 keinen guten Wahlkampf geführt habe und zeigte sich gleichzeitig äußerst zuversichtlich bezüglich des bevorstehenden Wahlergebnisses. Im abschließenden Interview äußerte sich Vranitzky zu den begangenen Fehlern im Wahlkampf 1994, der Notwendigkeit der Einsparungspolitik, Reformen zur Förderung der sozialen Gerechtigkeit, einer offensiven Beschäftigungspolitik, der Themenführerschaft im Wahlkampf 1995, den SPÖ-Wahlkampfslogans und Wahlplakaten, der umstrittenen Position von SPÖ-Finanzminister Andreas Staribacher, den Sympathiewerten der Spitzenkandidaten, einer möglichen Koalition der SPÖ und ÖVP nach der Wahl, einer neuen Form der politischen Zusammenarbeit und möglichen persönlichen Konsequenzen eines Stimmenverlusts der SPÖ bei der Nationalratswahl. (Audioquelle 157, Abendjournal vom 7. Dezember 1995)

00:26:04 audio
Audioquelle 157

aus dem Abendjournal vom 7. Dezember 1995
Journal-Panorama: Wahlkampfreportage SPÖ

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51. Eine Statistik zum Nationalratswahlkampf 1995

Auswertung der Berichterstattung im Ö1-Mittagsjournal

Häufigkeit der O-Töne von klar zuordenbaren Politikern in der Berichterstattung des Ö1-Mittagsjournals von 30. Oktober bis 30. Dezember 1995.

 

SPÖ

ÖVP

FPÖ

Grüne

LiF

Sonstige

1. Woche
(30.10.–4.11.1995)

4

4

2

3

1

0

2. Woche
(6.11.–11.11.1995)

7

5

2

1

0

0

3. Woche
(13.11.–18.11.1995)

9

10

6

4

3

0

4. Woche
(20.11.–25.11.1995)

10

5

5

2

1

2

5. Woche
(27.11.–2.12.1995)

10

5

1

1

0

0

6. Woche
(4.12.–9.12.1995)

10

6

2

2

2

0

7. Woche
(11.12.–16.12.1995)

4

4

2

2

2

0

8. Woche
(18.12.–23.12.1995)

5

8

3

4

2

0

9. Woche
(25.12.–30.12.1995)

3

4

0

0

2

0