„Nichts stürzt so gründlich um, als das Erneuern durch schlichtes Wachsen. Wohingegen alle Revolutionen immer wieder nur die Reaktion herausfordern und langjähriges Wachstum gefährden können. Ich war nie Revolutionär!“.
Arnold Schönberg: Neue Musik (1923)
Arnold Schönberg wurde am 13. September 1874 als Sohn jüdischer Eltern in Wien geboren. Seine musikalische Ausbildung erfolgte weitgehend autodidaktisch, unterstützt von Jugendfreunden, zu denen sein späterer Schwager Alexander Zemlinsky zählte. 1899 komponierte Schönberg sein erstes größeres Werk, die Tondichtung „Verklärte Nacht“ op. 4 für Streichsextett. Im Jahr 1901 heiratete er Zemlinskys Schwester Mathilde; aus dieser Ehe gingen zwei Kinder hervor: Gertrude (1902–1947) und Georg (1906–1974). Das Ehepaar zog nach Berlin, wo Schönberg von der Orchestrierung von Operetten, Unterrichten und der Leitung eines Kabarett-Orchesters lebte.
1903 kehrte Schönberg nach Wien zurück. Zu den Schülern seiner Jahrzehnte umspannenden Lehrtätigkeit gehörten Anton Webern und Alban Berg, die später auch zu engen Freunden werden sollten. Während sein frühes Schaffen unter dem Eindruck der Komponisten Richard Wagner, Johannes Brahms, aber auch seines Zeitgenossen Richard Strauss stand, drang Schönberg allmählich zu einer von der Dur/Moll-Tonalität abgelösten Tonsprache vor, welche die Werke seiner expressionistischen Phase prägen sollte. Bei den Uraufführungen seiner Streichquartette Nr. 1 op. 7 (1905) und Nr. 2 op. 10 (1908) kam es zu Konflikten mit Teilen des Publikums wie auch einer verständnislosen Kritik. Diese Periode wurde durch Mathildes Affaire mit dem Maler Richard Gerstl getrübt, der die beiden in Malerei unterwies und nach Mathildes Rückkehr zu Schönberg Selbstmord verübte. Schönberg stellte seine bildnerischen Werke ab 1910 auch aus, zunächst in einer Einzelschau, später im Zusammenhang der Neukunst-Gruppe um Egon Schiele, zuletzt mit den Künstlern des Blauen Reiter.
„Ich muss sagen, dass ich als Maler absolut ein Amateur war; ich hatte keine theoretische sowie nur geringe ästhetische Ausbildung […]. [Die Malerei] gab mir die Möglichkeit, mich auszudrücken, meine Emotionen, Ideen und Gefühle mitzuteilen; das ist vielleicht der Schlüssel, diese Bilder zu verstehen […]“.
Arnold Schönberg: Museums-Gespräch über Malerei (1949)
1911, im Jahr der Veröffentlichung seiner „Harmonielehre“, nahm Schönberg eine Vortragstätigkeit in Berlin wahr, wo er 1912 mit „Pierrot lunaire“ op. 21 eines seiner einflussreichsten Werke komponierte. 1915 kehrte er nach Wien zurück. In den Jahren um den Ersten Weltkrieg brachte er kaum Werke zur Publikationsreife. Neben den „Vier Liedern für Gesang und Orchester“ op. 22 arbeitete er an dem Fragment gebliebenen Oratorium „Die Jakobsleiter“. Kompositorisch wie auch in theoretischen Schriften suchte er Wege, den freitonalen Klangraum nach logischen Kriterien zu organisieren. Eine wichtige Rolle spielte die Auseinandersetzung mit kontrapunktischen Kompositionstechniken, insbesondere der Musik Johann Sebastian Bachs, dessen Choral „Komm, Gott, Schöpfer, Heiliger Geist“ BWV 667 er 1922 für großes Orchester instrumentierte. Von 1920 bis 1923 entwickelte Schönberg mit der „Methode der Komposition mit zwölf nur aufeinander bezogenen Tönen“ ein kompositorisches Ordnungssystem, das auch bei kommenden Generationen nachhaltige Wirkung zeigte. Bedeutende Werke auf dem Weg zur Ausarbeitung der Methode sind die „Serenade“ op. 24 sowie das seinem Enkel Arnold gewidmete „Bläserquintett“ op. 26.
„Es scheint mir dringend, meine Freunde vor Orthodoxie zu warnen. Komponieren mit zwölf Tönen ist in Wirklichkeit nur in einem geringen Grade eine „verbietende“, eine ausschließende Methode. Es ist in erster Linie eine Methode, welche logische Ordnung und Organisation sichern soll; und deren Resultat müsste leichtere Verständlichkeit sein.“
Arnold Schönberg: Rückblick (1949)
„Interpretation ist notwendig, um die Gedanken des Autors dem Ohr der Zeit, dem Auffassungsvermögen des jeweiligen Zuhörers nahezubringen. Und der Autor ist als Interpret seiner Werke meist mehr durch die Veränderlichkeit seiner Darstellung maßgebebend, als zum Beispiel durch die Tempi, die er angeblich genommen haben soll.“
Arnold Schönberg: Mechanische Musikinstrumente (1926)
1923 verstarb Schönbergs erste Frau Mathilde, ein Jahr später heiratete er Gertrud Kolisch, die Schwester des Geigers Rudolf Kolisch. Mit einer Professur an der Akademie der Künste in Berlin erlangte Schönberg endlich eine prestigeträchtige Position, finanzielle Sicherheit und ein stabiles Familienleben. 1932, im Geburtsjahr seiner Tochter Nuria, vollendete er den zweiten Akt des szenischen Oratoriums „Moses und Aron“. Mit den „Variationen für Orchester“ op. 31 schuf er ein großes Orchesterwerk, das wie die Oper auf einer einzigen Zwölftonreihe basiert. Durch Vorträge und neue Werke wandte sich Schönberg an breitere Publikumsschichten. 1928/29 entstand die heitere Oper „Von heute auf morgen“ op. 32, die der Komponist selbst in einer Radioaufführung dirigierte, 1933 eine Bearbeitung nach Georg Friedrich Händel, die das Werk des Barockkomponisten mit den ästhetischen Vorstellungen der Moderne verknüpft.
1933, mit Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland, wurde Schönberg aufgrund seiner jüdischen Herkunft seines Amtes enthoben. Mit seiner Familie ließ er sich kurzzeitig in Frankreich nieder, um im Oktober des Jahres in die USA zu emigrieren, wo er zunächst eine Lehrverpflichtung in Boston annahm. Im nächsten Jahr zog er aus Gesundheitsgründen nach Los Angeles, wo seine beiden jüngsten Söhne Ronald (*1937) und Lawrence (*1941) geboren wurden. Nach einem Jahr als Dozent an der University of Southern California (1935) unterrichtete er zwischen 1936 und 1944 an der University of California at Los Angeles; 1941 wurde er amerikanischer Staatsbürger.
Die Erfahrung des Exils sowie der Bedrohung durch den Nationalsozialismus fand in Werken wie dem Klavierkonzert op. 42, der „Ode to Napoleon Buonaparte“ op. 41 oder „A Survivor from Warsaw“ op. 46 ihren Niederschlag. Im Jahr 1946 erkrankte Schönberg schwer und hatte einen Herzstillstand. Diese Erfahrung verarbeitete er in seinem kurz nach der Genesung entstandenen Streichtrio op. 45. Nach der Pensionierung setzte er seine Lehrtätigkeit und das Komponieren fort. Er starb am 13. Juli 1951 in Los Angeles.
(Text: Arnold Schönberg Center)