Mittagsjournal 1971.03.19

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    mit Aktionar.
    Guten Tag meine sehr verehrten Damen und Herren, es war soeben 12 Uhr am Mikrofon Helmut Bock.
    Das heutige Mittagsjournal befasst sich hauptsächlich mit der Demonstration des österreichischen Bauernbundes in der Bundeshauptstadt Wien.
    Wir werden dieses Thema mit Reportagen, Interviews und mit der Inlandspresseschau beleuchten.
    Die Lage zur Stunde, die Abfahrt der etwa 6.000 bis 7.000 Traktoren aus Wien hat bereits begonnen.
    Ein weiteres wirtschaftliches Thema im Mittagsjournal, Handelsminister Staribacher zu Fragen der österreichischen Wirtschaftspolitik.
    Aus dem Ausland wollen wir mit zwei Beiträgen in den folgenden 60 Minuten Mittagsinformationen vertreten sein.
    Bericht über die Wirtschaftslage in Frankreich und Brüsseler Reaktion auf die schwedische Erklärung, der Wirtschaftsgemeinschaft nicht als Vollmitglied angehören zu wollen.
    Die Kulturredaktion wird ebenfalls mit zwei Beiträgen und zwar über das Thema Krise an den Wiener Kunsthochschulen vertreten sein.
    Nun aber zuerst die Weltnachrichten und der ausführliche Wetterbericht, gelesen von Wolfgang Riemerschmid.
    Österreich.
    Die große Bauerndemonstration heute Vormittag in Wien nahm einen ruhigen Verlauf.
    Vertreter des niederösterreichischen Bauernbundes, des Veranstalters der Kundgebung, überreichten Resolutionen an den Bundeskanzler, den Landwirtschaftsminister und an den Finanzminister.
    Ausführliche Reportagen und Interviews dazu hören Sie nach den Nachrichten.
    Die Verkehrsunfälle haben sich in den ersten Monaten dieses Jahres derart erhöht, dass dies zu ernsten Besorgnissen Anlass gibt.
    Dies stellt das Kuratorium für Verkehrssicherheit in einer Bilanz fest.
    Im Vergleich zum entsprechenden Zeitraum des Vorjahres sind die Unfälle mit Personenschaden um 12%, jene mit Unfalltoten um 16% und jene mit Unfallverletzten um 14% gestiegen.
    Erschreckend ist, dass sich die Fälle von Trunkenheit um 42 Prozent und die Fahrerfluchtfälle um 30 Prozent erhöht haben.
    Dies lasse auf eine sinkende Verkehrsmoral schließen, deren Bekämpfung wirksame Maßnahmen erfordere, stellt das Kuratorium für Verkehrssicherheit fest.
    Zu einem in der Wiener Tageszeitung Express erschienenen Artikel, wonach die Austria-Presseagentur durch einen gegen diese Publikation gerichteten Nachrichten-Boykott einen Eingriff in die Pressefreiheit plane, gab die Agentur folgende Stellungnahme ab.
    Die Austria-Presseagentur wird als genossenschaftliche Einrichtung aller österreichischen Tageszeitungen und des Rundfunks nicht subventioniert, wie dies der Express in seiner heutigen Ausgabe behauptet.
    Auch wird der Express aus folgenden Gründen von der Nachrichtenvermittlung ausgeschlossen.
    Nach den Statuten der Austria Presse Agentur kann ein Herausgeber, der an mehreren Publikationen beteiligt ist, nicht nur für ein Organ den Austria Presse Agenturdienst abonnieren.
    Die Zeitung Express ist seit ihrem Bestehen Mitglied der Austria Presse Agentur.
    Die Kronenzeitung bezieht als einzige österreichische Tageszeitung den Nachrichtendienst jedoch nicht.
    Da nun aber die Eigentümer der Kronenzeitung auch den Express erworben haben, kann diesem Blatt aufgrund des Solidaritätsprinzips den Austria-Presseagenturdienst nicht weiter beziehen, wenn nicht auch die Kronenzeitung den Austria-Presseagenturdienst abonniert.
    Die Sald-Delegationen der Sowjetunion und der Vereinigten Staaten sind heute in Wien zu einem weiteren Gespräch zusammengekommen.
    Die Sitzung begann um 11 Uhr in der amerikanischen Botschaft.
    Österreich, Italien.
    Der größte Zigarettenschmuggel in den letzten zehn Jahren wurde von der steirischen Zollfahndung am Grenzübergang Spielfeld aufgedeckt.
    Ein Schweizer Staatsbürger versuchte mit einem als Farbentransport deklarierten Lastwagen rund sieben Millionen amerikanische Zigaretten illegal nach Österreich einzuführen.
    Die Behörden versuchen zurzeit, die Hintermänner des Schmuggelunternehmens auszuforschen.
    Der Fahrer des Lastwagens wurde verhaftet.
    Fast gleichzeitig gelang es der italienischen Polizei in der Nähe von Mailand, einen Lastwagen mit fünf Tonnen geschmuggelten Zigaretten zu beschlagnahmen.
    Der Wagen trug ein österreichisches Kennzeichen.
    Die beiden Fahrer, ein Deutscher und ein Schweizer Staatsbürger, gaben bei einer Kontrolle durch die Polizei an, Fotopapier aus der CSSR nach Mailand zu transportieren.
    Derzeit ist noch nicht bekannt, ob ein Zusammenhang zwischen den beiden Schmuggelaffären besteht.
    Türkei.
    Staatspräsident Sunay hat einen der Führer der Republikanischen Volkspartei, Nihat Erim, mit der Bildung einer neuen Koalitionsregierung beauftragt.
    Es wird erwartet, dass Erim seine Parteimitgliedschaft niederlegt, da der Präsident einen parteiungebundenen Regierungschef wünscht.
    Der 59-jährige Nihat Erim stammt aus Westanatolien und ist Professor für Staats- und Verfassungsrecht.
    Er hat seit 1948 mehrmals Ministerposten bekleidet und war zuletzt stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Republikanischen Volkspartei.
    Präsident Jajar Khan und der ostpakistanische Führer Shaikh Rahman trafen heute zu ihrem dritten Gespräch innerhalb von vier Tagen zusammen.
    Die beiden Politiker versuchen noch immer eine Lösung der Staatskrise herbeizuführen, nachdem die beiden ersten Gespräche ergebnislos verlaufen sind.
    Shaikh Rahman hat nun drei Vertreter zur Überprüfung der blutigen Zwischenfälle von Anfang März ernannt, nachdem er sich geweigert hat, mit der von Präsident Yahya Khan ernannten Untersuchungskommission zusammenzuarbeiten.
    China.
    In einem Artikel zum 100.
    Jahrestag der Pariser Kommune richtet die Pekinger Volkszeitung in einem Leitartikel scharfe Angriffe gegen die sowjetische Führung.
    Brezhnev und seine Bande hätten die Pariser Kommunarden verraten und die UdSSR ist ein Paradies für eine Handvoll kapitalistischer Bürokraten und ein Gefängnis für Millionen Arbeiter verwandelt.
    Heißt es in dem Artikel.
    China hingegen halte treu am Prinzip der proletarischen Diktatur fest und schreite siegreich auf dem sozialistischen Weg vorwärts.
    In einer Kritik an der Staatsstruktur der UdSSR wird festgestellt, die sowjetischen Organe hätten sich geändert und führten heute nur noch den Namen dessen, was sie zu einer Zeit waren, als sie noch die proletarische Macht repräsentierten.
    Indokina.
    Die südvietnamesischen Interventionstruppen in Laos haben heute den sogenannten Stützpunkt Brown aufgegeben.
    Etwa 1000 Soldaten wurden mit Hubschraubern in die Nähe der südvietnamesischen Grenze transportiert.
    Südvietnamesen, die in Laos gekämpft haben und gestern in ihre Heimat zurücktransportiert wurden, gaben an, ihre Verbände hätten schwere Verluste erlitten.
    In Saigon hat sich Vizepräsident Cao Khi für einen vollständigen Abzug der südvietnamesischen Streitkräfte aus Laos ausgesprochen.
    Er erklärte, es sei nun Zeit, die Aktionen im Nachbarland einzustellen, um den Truppen eine Ruhepause zu gönnen.
    Berlin.
    Zwischen dem Berliner regierenden Bürgermeister Schütz und dem Landesvorsitzenden der Freien Demokraten, Oxford, werden heute Gespräche begonnen, bei denen die Grundlage für die Weiterführung einer gemeinsamen Regierung gefunden werden soll.
    Politische Beobachter sind der Meinung, es gebe wenig Chance für die Fortsetzung der Koalition, da die Berliner Freien Demokraten hohe Forderungen gestellt haben.
    Die Liberalen beanspruchen nicht nur drei Senatoren, fünf Senatsdirektoren und einen gleichrangigen Senatssprecher für sich, sondern verlangen auch die Bildung eines Koalitionsausschusses.
    Luxemburg.
    Vier Tage vor Beginn der entscheidenden EWG-Agrarpreis-Debatte im Brüsseler Agrarministerrat ist das Europäische Parlament in Luxemburg zu einer Aussprache über dasselbe Thema zusammengetreten.
    Zur Debatte stehen die Preisvorschläge der EWG-Kommission, in denen Preiserhöhungen von 5% für Milch, Rindfleisch und Gerste angeregt werden.
    Unter dem Druck der bäuerlichen Proteste gegen die unzureichenden Einkommensverhältnisse hat sich der Landwirtschaftsausschuss des Europäischen Parlaments bereits für Preiserhöhungen eingesetzt, die über das Maß der Kommissionsvorschläge hinausgehen.
    Großbritannien
    In London hat die Kirchenverwaltung der St.
    Pauls Kathedrale die Zustimmung zurückgezogen, in diesem Monat einen Gottesdienst aus Anlass des 150.
    Jahrestages der Unabhängigkeit Griechenlands abzuhalten.
    Es heißt, die Erlaubnis sei ursprünglich in dem Glauben gegeben worden, es handele sich um ein rein religiöses Ereignis.
    Erst nachträglich habe sich herausgestellt, dass die Messe als Propaganda für das gegenwärtige Regime in Griechenland hätte missbraucht werden sollen.
    Das waren die Meldungen.
    Das Wetter.
    Die Wetterlage.
    Das nordwesteuropäische Tiefdrucksystem bleibt weiterhin nahezu ortsfest.
    Der Randwerbel über dem nördlichen Mittelmeerraum ist hauptsächlich nur im Südalpenraum wetterwirksam.
    Die Aussichten bis morgen früh.
    Im Westen, Norden und Osten wolkig, meist in höheren Schichten.
    In Südösterreich hingegen überwiegend starke Bewölkung und gebietsweise leichter Regen.
    Auf den Bergen weiterhin sehr lebhafte Winde aus Süd- bis Südwest.
    Nachmittagstemperaturen 10 bis 17 Grad, Frühwerte 3 bis 10 Grad.
    Die Prognose für morgen?
    In Südstau lagen weiterhin stärkere Bewölkung und etwas Niederschlag.
    Sonst wechselnd aufgelockerte Bewölkung.
    Auf den Bergen lebhafter Süd- bis Südwestwind.
    Tageshöchsttemperaturen 12 bis 17 Grad.
    Die Messwerte von 12 Uhr Mittag.
    Wien stark bewölkt, 17 Grad, Südwind 30 Kilometer in der Stunde.
    Eisenstadt stark bewölkt, 15 Grad, 25 Kilometer.
    Linz stark bewölkt, 13 Grad, Ost 20.
    Salzburg stark bewölkt, 15 Grad, Südost 20.
    Innsbruck bedeckt, 8 Grad, Südost 25.
    Bregenz stark bewölkt, 9 Grad, Südwest 3.
    Graz stark bewölkt, 12 Grad, Süd 30.
    Und Klagenfurt stark bewölkt, 7 Grad, Nordostwind 3 km in der Stunde.
    Eine Zeitansage, es ist 12 Uhr, 10 Minuten und 40 Sekunden.
    Unser erstes Themenmittagsjournal, Traktordemonstration in der Bundeshauptstadt.
    Nun, am 5.
    März 1971, also einen Tag nachdem der Parlamentarische Finanzausschuss mit den Stimmen der Sozialisten und der Freiheitlichen Partei den ÖVP-Antrag auf Verwendung verbilligten Heizöls als Treibstoff für die Landwirtschaft neuerlich zur weiteren Prüfung vertagt hatte,
    hatte beschlossen, die Niederösterreichische Bauernbund die ständige Verzögerung der Erledigung ihrer Forderungen durch die Bundesregierung, wie es wörtlich heißt, mit einer Demonstration zu beantworten.
    Das Aktionskomitee des Niederösterreichischen Bauernbundes hat dann noch in den Vormittagstunden des 5.
    März den Beschluss gefasst, am Josefitag, das ist also heute, der 19.
    März,
    gegen die bauernfeindliche Agrarpolitik der SPÖ-Regierung, so der wörtliche Ausdruck, mit einer Traktordemonstration die Öffentlichkeit zu alarmieren und an das Verständnis der städtischen Bevölkerung zu appellieren.
    In einer Demonstrationssternfahrt haben nun heute die Traktoren aus allen Richtungen zur Wiener Innenstadt sich begeben und haben dann dort zwischen 8 und 9 Uhr vormittag Aufstellung genommen.
    Vom Verlauf dieser Demonstration berichten nun Roland Machatschke, Hans Baustrobel und Helmut Pitzner.
    4.000 bis 6.000 Traktoren wollte der niederösterreichische Bauernbund aufbieten für seine groß angelegte Demonstration heute in der Bundeshauptstadt Wien.
    Nach Angaben des Bauernbundes sind 7.000 Traktoren gekommen und noch viele tausend Bauern, die in Autobussen oder mit dem Zug hereingekommen sind,
    und die hier auf dem Ballhausplatz vor dem Bundeskanzleramt, dann vor dem Finanzministerium, vor dem Landwirtschaftsministerium und vor dem Handelsministerium gegen die, wie Sie sagen, agrarfeindliche Politik der Regierung, der SPÖ-Regierung und der Bundeskanzler Dr. Kreisky protestieren.
    Eine Delegation des Bauernbundes unter der Führung des Obmanns des Niederösterreichischen Bauernbundes, des Landeshauptmanns von Niederösterreich, Maurer, der jetzt auch vor den Demonstranten spricht über Lautsprecherwagen, ist um Punkt 9 Uhr in das Bundeskanzleramt hineingegangen und hat Bundeskanzler Kreisky eine Resolution überreicht.
    Es ist 9 Uhr Vormittag.
    Bundeskanzler Dr. Greisky empfängt soeben im kleinen Ministerratssaal des Bundeskanzleramtes eine fünfköpfige Delegation.
    Sie wird geführt vom Obmann des Niederösterreichischen Bauernbundes, dem niederösterreichischen Landeshauptmann Maurer.
    Vor dem Bundeskanzleramt sind bereits die Traktoren der Demonstranten aufgefahren und die Polizei, aber auch ein Heer von Kriminalbeamten
    regelt die Eingänge hermetisch ab.
    Im Hause selbst befinden sich derzeit lediglich der Bundeskanzler, während seine Regierungskollegen, der Landwirtschafts- und der Finanzminister, mit denen die Demonstranten ebenfalls reden wollen, die Bauernbund-Abordnungen in ihren Büros am Ring und in der Himmelpfortgasse empfangen.
    Landeshauptmann Maurer eröffnet die Aussprache mit Dr. Kreisky.
    Er macht ihm schwere Vorwürfe wegen der mangelnden Konzessionsbereitschaft gegenüber den Bauern.
    Anschließend verließ er nun eine schriftlich vorbereitete Resolution.
    Der Direktor des niederösterreichischen Bauernbundes, Robel, überreicht sie nun dem Bundeskanzler.
    Er gibt sie ihm in die Hand.
    Diese Resolution enthält nochmals den gesamten Forderungskatalog der Agraria, wie er zur Begründung der Demonstration bereits mehrfach veröffentlicht worden war.
    Nach dieser Aussprache zwischen dem Bundeskanzler und dem Landeshauptmann Maurer, die etwa eine Stunde nun in Anspruch nimmt, werden wir die beiden vor das Mikrofon bitten.
    Herr Landeshauptmann, Sie sind als Obmann des Niederösterreichischen Bauernbundes hier im Bundeskanzleramt, um dem Regierungschef eine Resolution zu überreichen.
    Wie ist das Ergebnis der Vorsprache?
    Das Ergebnis der Vorsprache war so, dass der Herr Bundeskanzler erklärt hat, dass er anbetracht einer Demonstration nicht bereit ist, Zusagen zu machen.
    Ich möchte noch hinzufügen, dass alle Vorsprachen, die auf anderer Basis hier erfolgt sind,
    nach stundenlangen Beratungen ebenfalls kein anderes Ergebnis gezeitigt haben, als nur die Aussage zu prüfen, zu beraten, Kommissionen einzusetzen und Daten bisher nicht gesetzt wurden.
    Sie haben gedroht, dass Sie allenfalls auch mit der fünffachen Menge der jetzt aufgefahrenen Traktoren hier in Wien auftauchen könnten.
    Ist das eine Verschärfung des Klimas, die Sie damit beabsichtigen?
    Das war keine Drohung, das war eine Feststellung, weil wir in den letzten Tagen einwirken mussten, dass nicht so viele Traktoren und Demonstranten
    nach Wien kommen, das war auch überhaupt nicht in unserer Absicht, sondern wir wollen mit dieser Demonstration bekunden, dass wir mit der Regierungsarbeit hinsichtlich der Agrarpolitik nicht einverstanden sind und dass wir die gesamte österreichische Bevölkerung in der Form auf den Notstand der Bauernschaft aufmerksam machen wollen.
    Der Herr Bundeskanzler hat Sie aufgefordert, im Parlament einen Misstrauensantrag gegen die jetzige Regierung zu stellen, wenn Sie mit Ihrer Politik nicht einverstanden sind.
    Glauben Sie, dass die österreichische Volkspartei diesen Misstrauensantrag einbringen wird oder werden Sie sich dafür verwenden?
    Das ist nicht Sache des niederösterreichischen Bauernbundes, das ist eine Sache der gesamten österreichischen Volkspartei und zum gegebenen Zeitpunkt wird sie sicherlich beraten, um in dieser Richtung vielleicht Maßnahmen zu setzen.
    Werden Sie sie dazu drängen?
    Das werden die Beratungen ergeben.
    Sie werden jedenfalls darüber beraten?
    Sicherlich werden wir darüber Beratungen abführen.
    Werden Sie parlamentarische Initiativen ergreifen?
    Die parlamentarischen Initiativen sind ja bisher ergriffen worden und ich habe in meiner Aussage zur Kenntnis gebracht, dass der Dieselölantrag, der Färbung des Dieselöls im Parlament ein Begräbnis erster Klasse beschieden wurde.
    Und damit scheinen die demokratischen Möglichkeiten auf parlamentarischer Ebene irgendwie momentan ausgeschöpft zu sein.
    Werden Sie keine Initiative für neue Gespräche mit der Bundesregierung ergreifen?
    Diese Initiativen werden wir immer wieder vom Österreichischen Bauernbund her und von der Berufsorganisation ergreifen.
    Herr Landeshauptmann, danke für das Gespräch.
    Herr Bundeskanzler, Sie haben gerade die Delegation des Niederösterreichischen Bauernbundes verabschiedet.
    Diese Delegation hat Ihre Aussage in den Vordergrund gerückt, dass Sie in dieser Bauerndemonstration die schwerste Störung des öffentlichen Lebens seit dem Jahr 1945 erblicken und dass Sie eine Parallele gezogen haben mit dem kommunistischen Putschversuch im Jahre 1950.
    Was ist Ihre Stellungnahme zu diesen Zeitungsberichten?
    ich habe dazu das zu sagen, was im communiqué gesagt wurde, dass diese heutige Demonstration das Leben in der Stadt Wien in einem Maße gefährdet und stört, wie es seit 1950 nicht der Fall gewesen ist.
    Ich habe damit die Bauern keineswegs mit Kommunisten verglichen, sondern festgestellt, so eine Störung hat es das letzte Mal 1950 gegeben.
    Auf der anderen Seite habe ich gesagt, dass niemand
    dem Bauernverwehr zu demonstrieren, aber es ist eine große Frage, ob man mit tausenden Traktoren das Leben einer Stadt für Stunden zu lähmen in der Lage ist, ob das wirklich der Sinn des Demonstrationsrechtes ist und was man sagen würde, wenn andere Bevölkerungsgruppen etwa mit ihren Arbeitswerkzeugen in die innere Stadt zogen und dort
    das Leben der Stadt stören würden und hemmen würden.
    Es muss hier auch den Bauern gegenüber klar und deutlich das gesagt werden, was die Regierung hier zu sagen hat.
    Und im Übrigen
    habe ich den Herren der Bauernschaft auch gesagt, dass sie am folgenden Mittwoch, also vor zwei Tagen, Gelegenheit gehabt hätten, mit der Regierung im Parlament zu reden.
    Kein Wort ist gefallen.
    Herr Bundeskanzler, haben Sie konkrete Befürchtungen bezüglich allfälliger Beispielsfolgen oder meinen nur theoretisch?
    Ja, ich habe, wenn man diese Methode sich durchsetzen lässt, wenn das hilft,
    Dann habe ich konkrete Befürchtungen.
    Wir wollen nicht, dass sich die Ereignisse der 30er Jahre wiederholen, die in Wirklichkeit zu einer Störung des inneren Friedens geführt haben und der Anfang von einer sehr unerfreulichen Entwicklung waren.
    Herr Bundeskanzler, beabsichtigen Sie mit dieser harten Stellungnahme gegenüber den Demonstranten allenfalls der ÖVP zu attestieren, dass sie als Störerin des öffentlichen Friedens und des sozialen Friedens nicht koalitionsfähig sei, oder ist das nicht Ihre Absicht, eine ähnliche politische Schlussfolgerung aus Ihrer Haltung abzuleiten?
    Ich bin der Meinung, dass die Initiatoren dieser Grundgebung, es sind das hohe Funktionäre der ÖVP,
    zur Kenntnis nehmen müssen, dass unter dem Druck einer Straßendemonstration die Regierungspartei auf gar keinen Fall bereit ist, Koalitionsgespräche zu führen.
    dass also derartige Überlegungen überhaupt nicht aktuell sind.
    Heute weniger denn je.
    In einer Formulierung ist durchgeklungen, dass Sie allenfalls ohne Druck durch die Straße zu Konzessionen bereit sein könnten.
    Meinen Sie das so?
    Diese Regierung ist immer jeder Gruppe gegenüber zu Gesprächen und zu Verhandlungen bereit.
    Natürlich auch den Vertretern der Bauernschaft gegenüber.
    Und es wird ja gegenwärtig
    über den Milchpreis verhandelt und es wird über verschiedene andere Fragen auch verhandelt, aber wenn wir nachgeben und aufgrund von Demonstrationen
    hier Konzessionen machen, so geht das schnurgerade in den Abgrund.
    Und das werden wir nicht tolerieren, diese Entwicklung.
    Bezieht sich Ihre Aussage, keinen Groschen für die Bauern, also nicht auf die ganze Legislaturperiode, beziehungsweise auf das ganze Budgetjahr, sondern ausschließlich auf die momentane Phase, sodass es durchaus vorstellbar wäre, dass die Milchpreisverhandlungen zu einem für die Bauern positiven Ende führen?
    Ich habe ausdrücklich erklärt, keinen Groschen
    im Zusammenhang mit dieser Demonstration.
    Auf diese Demonstration kann die Regierung nur mit einem eindeutigen Nein antworten.
    Verhandlungsbereit unter normalen Bedingungen ist die Regierung immer gewesen.
    Herr Bundeskanzler, ich danke für das Gespräch.
    Eine Vorhut der Demonstranten hat bereits zwischen 7 und 8 Uhr hier in der Himmelfortgasse vor dem Finanzministerium Aufstellung genommen, so wie übrigens andere Gruppen vor dem Landwirtschaftsministerium auf dem Stubenring und auf dem Ballhausplatz vor dem Bundeskanzleramt.
    Damit ist in der Wiener Innenstadt an diesen Punkten bereits seit den frühen Morgenstunden der Verkehr blockiert.
    Hier in der Himmelfortgasse hat das Finanzministerium zwar seinen großen Hof geräumt und Demonstranten eingeladen, darin Aufstellung zu nehmen, um den Verkehr nicht zu behindern.
    Die Demonstranten machen allerdings von dieser Einladung keinen Gebrauch.
    Sie haben es abgelehnt, in den Hof des Finanzministeriums hineinzufahren.
    Sie wollen lieber auf der Straße stehen.
    Warum?
    Weil ich glaube, dass eine Demonstration auf der Straße zu stehen hat.
    Und hier geht es um eine Demonstration.
    Sie behindern damit aber den Verkehr.
    Ist das also Ihre Absicht?
    Nicht meine Absicht, den Verkehr zu behindern.
    Es ist auch nicht meine Aufgabe, den Verkehr zu regeln.
    Sondern ich habe mich an meinen Auftrag zu halten, genau das gleiche, was die Polizei tut.
    Von wem haben Sie diesen Auftrag?
    Vom Bauernbund.
    Das heißt, Sie wollen unbedingt auf der Straße bleiben.
    Glauben Sie, es würde nicht genügen, wenn Sie mit Ihren Transparenten die Passanten auf Ihre Anliegen aufmerksam machen?
    Na ja gut, also aus der Begründung heraus könnte man überhaupt sagen, warum sind die Bauern nicht zu Hause geblieben.
    Dann brauchen sie nicht die Straße zu benutzen.
    Diese Demonstration ist durch den gestrigen Beschluss des Ministerrates zweifellos vor einem etwas brisanten politischen Hintergrund gestellt worden.
    Bundeskanzler Dr. Kreisky stellte Verbindung mit dem Oktoberputsch der Kommunisten im Jahr 1950 her und sprach von einer Gefährdung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit.
    Nun, vor dem Finanzministerium in der Himmelportgasse war jedenfalls von einer solchen Gefährdung nichts zu merken.
    Im Gegenteil, dort versuchte man der Veranstaltung eine heitere Note abzugewinnen.
    Man hat Hostessen engagiert, die die Demonstranten mit heißer und kalter Milch- und Käsebrötchen bewirteten.
    Auch eine Aussprache einer Delegation mit dem Finanzminister verlief zwar in harter, aber doch sachlicher Atmosphäre.
    Anders hier an der Wiener Opernkreuzung, wo es einige sehr heftige Diskussionen zwischen Passanten und den Bauern gab.
    Ja, weil wir, meine Herren, ein Leben müssen wir führen können.
    Ja, bitte.
    Wer isst denn im Kaffeehaus am Wochentag?
    Wer tut denn kehlen?
    Die Bauern!
    Der Arbeiter geht am Freitag, wenn er seinen Schillen kriegt.
    Ja, arm in der Woche.
    Und die Bauern sind alle da.
    Ich weiß, ich bin selber oft draußen am Land.
    Kehlen schämt einen.
    Wo wart ihr denn früher, im 34er?
    Habt ihr auch nicht geschaut beim Kosthaus?
    Wenn Sie fertig sind, lassen Sie mir was erzählen.
    Heute ist das 34er-Jahr für uns!
    So ist das heute.
    Ich darf Ihnen was sagen, wenn Sie mit der Mercedes kommen und mit der Eichelauta, was daheim steht, ich hab's nicht mitgetragen.
    Ja, und die Arbeiter fahren nicht?
    Fahren auch.
    Na bitte!
    Die protestieren ja nicht, das wollen sie ja alle.
    Und warum rennen Sie so viel weg von der Landwirtschaft, mein Herr?
    Warum rennen Sie so viel weg?
    Sie sind selbst ein Bauer.
    Sie sprechen von der Existenzbedrohung der Landwirtschaft.
    Wie spüren Sie diese Existenzgefährdung?
    Schauen Sie, ich habe jetzt vier Kinder.
    Da war die Frau jetzt krank.
    Ich habe wenig Möglichkeiten, dass ich das irgendwie ausgleichen kann.
    Ich muss das doppelt davon erarbeiten.
    Das Soziale, die Bauernkrankheit, ist auch gerade nur so, dass man da hin,
    vegetiert.
    Wenn wir 100 Prozent einschicken, kriegen wir 20 Prozent zurück.
    80 müssen wir selber tragen.
    In jedem anderen Wirtschaftsbereich spricht man von Rationalisierungsmöglichkeiten, durch die die erhöhten Kosten aufgefangen werden können.
    Ist das in Ihrem Betrieb in der Landwirtschaft nicht möglich?
    Wir haben den Betrieb so weitaus möglich mechanisiert, aber es fehlt an Kosten.
    Schauen Sie, kann man heute nicht einen vornatomatischen Betrieb jetzt einstellen?
    Mir gibt ja niemand irgendwas dafür, dass ich das eben machen kann.
    Sie sprechen von den Kostenerhöhungen in der Landwirtschaft und dieser Demonstration richtet sich unter anderem gegen die Verteuerung des Dieselöltreibstoffes.
    Wie viel kostet Sie nun die Teilnahme an dieser Demonstration?
    Die Teilnahme, an und für sich wenig und doch viel im Gesamt gesehen.
    Ich muss mit dem Traktor selbst reinfahren.
    Ich bin heute schon um halb vier aufgestanden, habe die Tiere gefüttert, eben weil meine Frau hat einen Herzinfarkt gehabt.
    Das muss ich eben inzwischen auch noch machen, weil sonst hätte ich überhaupt nicht teilnehmen können.
    Und diese Kosten können Sie noch in Ihrer Kalkulation unterbringen?
    Ja, sicher.
    Ich mein, unterbringen kann man viel, bevor man ganz Schluss macht.
    Mein Cousin macht vielleicht Schluss, aber mit einem Betrieb, was man viel vielleicht noch sagen kann, das ist ein reicher Bau.
    Die Bundesregierung hat gestern diese Demonstration mit dem Oktoberputsch 1950 verglichen.
    Sind Sie auch der Meinung, dass hier eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit vorliegt?
    Nein.
    Glauben Sie, dass diese Demonstration die Sicherheit gefährdet?
    Absolut nicht.
    Das biblische Sprichwort sagt, wer den Wind sät, wird Sturm ernten.
    Und eine Demonstration in dem Ausmaß war noch nicht da in Österreich.
    Und da ist es ein Problem.
    Aber auch so ruhige Demonstrationen?
    Ja, sicherlich.
    Das wird man auch sagen.
    Das wird man auch sehen, wenn ein Nachmittag kommt.
    Das ist Freitag.
    Aber kein grundsätzlicher Einwand gegen eine Demonstration?
    Nein, kein Grund.
    Das ist ja ein demokratisches Recht.
    Natürlich.
    Sind Sie der Meinung, dass die Demonstration die öffentliche Sicherheit gefährdet?
    Dass man sie mit einem Putschversuch vergleichen könnte?
    Nein, auf keinen Fall.
    Auf keinen Fall.
    Um 10 Uhr begann dann die große Demonstration auf dem Ballhausplatz, zu der einige tausend Bauern erschienen sind mit Transparenten, mit Tafeln und vor allem mit Traktoren, die die umliegenden Straßen absperren, die auf der Ringstraße aufgefahren sind.
    und die den Verkehr in Wien vollkommen zum Erliegen gebracht haben.
    Die Straßenbahnen können nur bis zum Gürtel geführt werden und auch der Autoverkehr ist in der Innenstadt und in der näheren Umgebung der Innenstadt vollkommen erloschen.
    Bis jetzt ist diese Bau- und Demonstration vollkommen diszipliniert verlaufen.
    Es wurde eine große Menge von Ordnern aufgeboten.
    Vor wenigen Minuten hatte sich auch Bundeskanzler Kreisky an einem der Fenster des Bundeskanzleramtes gezeigt und das führte wiederum zu Pfiffen und zu wütendem Geschrei der Demonstranten.
    Und mit einem Appell an die Demonstranten, in derselben Ruhe und Ordnung die Bundeshauptstadt wieder zu verlassen, wie sie in die Bundeshauptstadt gekommen waren, schloss die Protestversammlung auf dem Ballhausplatz vor dem Bundeskanzleramt um knapp nach halb elf Uhr vormittags.
    Aber erst nach einem zweiten Appell von Landeshauptmann Maurer setzte sich die mehrtausendköpfige Menschenmenge in Bewegung.
    Die Leute forderten minutenlang in Sprechchören das Erscheinen des Bundeskanzlers, der ihnen diesen Gefallen aber nicht tat.
    Es versuchten einige Angehörige der NDP durch Flugzettelstreuen etwas
    Verwirrung in die Demonstration zu bringen und es wurden einige Böller geworfen.
    Das waren aber die einzigen Vorkommnisse, die etwas aus dem Rahmen dieser Demonstration herausfielen.
    Die Traktoren, die rund um den Ballhaus Batz geparkt waren, versuchen jetzt, sich einen Weg durch die Menschenmenge zu bahnen und gleichzeitig die Menschen
    dazu zu bewegen, die Demonstration zu verlassen.
    Der weite Platz vor dem Bundeskanzleramt, zwischen dem Kanzleramt und der Hofburg und dem Volksgarten bis hinauf zur Ringstraße ist gefüllt mit Menschen.
    Sogar auf den Bäumen im Volksgarten haben einige
    Demonstranten Platz genommen, natürlich vor allem junge Burschen.
    Aber allmählich beginnt von außen her, man kann es von weiter oben von einem der Demonstrationswagen aus gut erkennen, beginnt am Rande das Abbröckeln der Demonstrantenmenge und es kann nun wirklich nicht mehr lange dauern bis nicht nur die Traktoren sich ihren Weg durch die Menschen gebahnt haben und die Heimfahrt angetreten haben,
    sondern bis auch die Demonstranten selbst hier auf dem Ballhausplatz sich zurückbegeben zu ihren Autobussen oder zu den Bahnhöfen, um die Heimreise anzutreten.
    Die Demonstration des Niederösterreichischen Bauernbundes in der Bundeshauptstadt Wien ist zumindest hier auf dem Ballhausplatz von dem Bundeskanzleramt
    in vollkommener Ordnung verlaufen und geht nun in vollkommener Ordnung ihrem Ende entgegen.
    Von der Demonstration des Niederösterreichischen Bauernbundes in der Bundeshauptstadt berichteten Helmut Pfitzner, Roland Machatschke und Hans-Paul Strobl.
    Vor etwa eineinhalb Stunden war also diese Demonstration beendet.
    Die Abfahrt der Traktoren hat begonnen.
    Wie sieht nun die Verkehrslage in der Bundeshauptstadt selbst aus?
    Diese Frage an den ÖAMTC, Herr Bruskewitz.
    Die Frage ist dahingehend zu beantworten, meine Damen und Herren, dass auf allen Ausfallstraßen Wiens derzeit lebhafter Verkehr herrscht und dass es Kolonnen von Traktoren mit zum Teil erheblichen Verkehrsbehinderungen gibt.
    Allgemein ist zu sagen, dass der Ring derzeit bereits frei ist und dass auch die Maria-Hilfer-Straße, die eine Zeit lang blockiert war, jetzt wieder langsam zu befahren ist.
    In der Prinz-Eugen-Straße aber kommt der Verkehr nach wie vor zum Stillstand und auch auf anderen Straßen gibt es Kolonnen, wie zum Beispiel im Bereich der Augartenbrücke oder Praterstern-Kagran, weiters in der Landstraße-Hauptstraße oder in der Nussdorfer Straße.
    Im Westen Wiens steigt der Verkehr jetzt langsam an.
    Es ist in Kürze dort ebenfalls mit Kolonnenbildung zu rechnen.
    Die Traktoren sind streckenweise zweispurig, also nebeneinander unterwegs und in solchen Situationen kann es zu gefährlichen, riskanten Überholmanövern in dritter Spur kommen, wenn Autofahrer hier die Nerven verlieren.
    Daher unser Appell, bitte noch etwas Geduld.
    In etwa einer Stunde dürfte sich die Situation hier in Wien und im Weichbild der Stadt wieder normalisiert haben.
    Der Schwerpunkt wird sich dann auf die Bundesstraßen außerhalb Wiens verlagern.
    Dort wäre dann im Laufe der nächsten Stunden besondere Vorsicht beim Überholen am Platz.
    Zusammenfassend möchte ich sagen, dass der Verkehr heute Vormittag in Wien, der Privatverkehr, sehr schwach gewesen ist.
    Die Autofahrer haben sich diszipliniert an den Appell gehalten, jede nicht unbedingt notwendige Fahrt zu vermeiden.
    Und das hat uns davor bewahrt, dass der Verkehr in der Bundeshauptstadt vollkommen zusammengebrochen ist, weil wirklich nur die unterwegs waren, die wirklich unterwegs sein mussten.
    Das befürchtete Chaos ist nicht eingetreten.
    Das Chaos ist in den Bereichen außerhalb der Ringstraße nicht eingetreten, innerhalb der Ringstraße und auf dem Ring selbst, aber ist es natürlich zeitweise zu einem vollkommenen Stillstand des Verkehrs gekommen.
    Herr Brüskewitz, herzlichen Dank für diese Information.
    Es ist 12 Uhr und 33 Minuten, wir kommen zur Inlandspresseschau.
    Die Berichte und Kommentare über die Großdemonstration des Niederösterreichischen Bauernbundes in Wien beherrschen natürlich heute die österreichischen Tageszeitungen.
    Schlagzeilen wie »Wien ist heute eine belagerte Festung« in der Grazer Kleinen Zeitung oder »Verkehrschaos durch Traktoren.
    VP schlägt Wiens Wirtschaft« in der Sozialistischen Arbeiterzeitung versuchen einen Eintrag vom Traktoraufmarsch zu geben.
    Andere Blätter wiederum stellen die gestrige außerordentliche Ministerratssitzung an die Spitze ihres Berichtes.
    So schreibt dazu zum Beispiel die Presse, Regierung heizt Agrarkonflikt an.
    In der Folge bringen wir nun einige Auszüge aus den Kommentaren der Blätter, zusammengestellt von Anton Mayer.
    In der Grazer Kleinen Zeitung schreibt Kurt Vorhofer über die heutigen Bauerndemonstrationen unter dem Titel, es steht viel auf dem Spiel.
    In dem Kommentar heißt es unter anderem, trotz der Kampfsituation sind die Drähte zwischen Agrariern und Regierung keineswegs abgerissen.
    Da das Ergebnis dieser Verhandlungen nur ein Kompromiss sein kann, wird es also im günstigsten Fall bei diesem Kräftemessen keine Sieger geben.
    Und im ungünstigsten Fall?
    Was passiert, wenn die Regierung weiterhin stur bei ihrem Nein bleibt?
    Oder wenn die Bauernvertreter aus Kraftmeierei ein Verhandlungsangebot der Regierungsseite zurückweisen?
    dann könnten sehr ernste Dinge passieren.
    Es könnte etwa zu Kampfmaßnahmen ähnlicher Art kommen, wie sie seinerzeit in Frankreich durchgeführt worden waren.
    Es könnte einen regelrechten Bauernkrieg geben, mit Lahmlegung wichtiger Verkehrslinien und Straßenschlachten.
    Für alle Beteiligten steht also viel auf dem Spiel.
    Wenn es Kreisky nicht gelingt, zu einem Ausgleich mit den Bauern zu kommen, dann verlieren er und seine Regierung weiter an Prestige.
    An anderer Stelle schreibt Vorhofer, nach der Absage des FPÖ-nahen Allgemeinen Bauernverbandes, der sich nicht an der Demonstration beteiligt, könnte es der Propaganda der Sozialisten gelingen, das Ganze doch als eine Verzweiflungsaktion der ÖVP hinzustellen, als den letzten Versuch der sogenannten großen Oppositionspartei Kreisky in die Knie zu zwingen.
    In den oberösterreichischen Nachrichten befasst sich Josef Laschober in einem Kommentar mit der Frage der Notwendigkeit und des Zweckes der Demonstration.
    Er meint, vielleicht wäre ein anderer Zeitpunkt und eine andere Organisationsform tauglicher gewesen.
    Der Charakter einer politischen Aktion liegt nun aber einmal vor.
    Trotzdem ist es bedauerlich, dass es zu einem gegenseitigen Aufwiegeln kam.
    Im Kurier geht Dieter Lenhardt auf die Erklärungen des Bundeskanzlers nach der gestrigen Sondersitzung des Ministerrates ein und schreibt, Dr. Kreisky fand es für angebracht, die Demonstration im Vorhinein als schwerste Störung des inneren Friedens seit dem KP Putsch 1950 zu bezeichnen.
    Anstatt also der ihm als Regierungschef auferlegten Pflicht nachzukommen, ausgleichend und versöhnend zu wirken, fachte Kreisky die Erregung noch weiter an.
    Alles, was er zu sagen für notwendig hielt, hätte der Kanzler sagen können, aber nicht am Vorabend, sondern erst nach der Demonstration.
    Oder fürchtete Kreisky, dass seine Erklärung nach einem etwa in Ruhe und Ordnung verlaufenden Protestzug nicht mehr so gut, vor allem nicht mehr so dramatisch gewirkt hätte?
    Die Ereignisse des Jahres 1950, die Bundeskanzler Dr. Kreisky in seiner gestrigen Erklärung angeschnitten hat, sind auch Bestandteil des Leitartikels in den Salzburger Nachrichten, der von Gerhard Neureiter verfasst wurde.
    Dort heißt es, was geschah 1950 in Wien.
    Man muss sich die Situation vor Augen halten, um den Vergleich objektiv bewerten zu können.
    Die Kommunisten versuchten am 5.
    Oktober 1950 unter dem Schutz der Bayonette der sowjetischen Besatzungsmacht mit einem Generalstreik und einem Marsch auf Wien die Demokratie in Österreich zu beseitigen und eine Volksdemokratie zu errichten.
    Die österreichische Arbeiterschaft hat diesen Putsch im Keime und ohne Waffengewalt erstickt.
    Am 5.
    Oktober 1950 veröffentlichte die österreichische Bundesregierung in einem Aufruf unter anderem auch die Sätze, den Kommunisten ist der wirtschaftliche Aufstieg Österreichs ein Dorn im Auge.
    Sie wollen Unruhe, Zerstörung, Zerrüttung der Wirtschaft.
    Gestern, am 18.
    März 1971, erklärte die Bundesregierung, die Verantwortung dafür, dass in einer Zeit wirtschaftlicher Stabilität und wachsenden Wohlstandes aus parteipolitischen Propaganda-Bedürfnissen diese ruhige Entwicklung gestört wird, fällt ausschließlich auf die Initiatoren der Aktion zurück.
    Die Ähnlichkeit zwischen den Kommunisten 1950 und dem Bauernbund 1971 in der Ansicht der derzeitigen Bundesregierung ist also unverkennbar.
    Das ist die Meinung der Salzburger Nachrichten.
    Das war unsere heutige Inlands-Presse-Schau.
    Gestern, zur Zeit, als der außerordentliche Ministerrat tagte und sich mit den Themen Bauerndemonstration und Keimgroschen für die Bauern befasste, sprach im österreichischen Gewerbeverein Handelsminister Dr. Josef Staribacher zum Thema Wirtschaftspolitik in Österreich.
    Dabei kam er auf die Wirtschaftspolitik der Regierung natürlich zu sprechen und beschäftigte sich vor allem mit dem sogenannten magischen Dreieck, also mit der Abhängigkeit von Wirtschaftswachstum, Vollbeschäftigung und Preisstabilität.
    Im Zusammenhang mit der Preispolitik der Regierung erwähnte Dr. Staribacher auch die anhängigen Preisanträge an die Regierung, vor allem die Milchpreisforderung der heimischen Bauern.
    Ernst Zwietli fasst nun den Vortrag von Handelsminister Starrybacher im folgenden Bericht zusammen.
    In seiner Stellungnahme zur Preispolitik der Regierung Kreisky hatte sich Handelsminister Dr. Starrybacher gestern abends bewusst oder unbewusst im Gegensatz zu seinem Regierungschef.
    Dieser hatte bekanntlich nach dem Sonderministerrat erklärt, die Regierung werde die Milchpreisforderung der Bauern ebenso wenig zur Kenntnis nehmen, wie den Wunsch nach Verbilligung von Dieseltreibstoff.
    Dr. Starrybacher aber meint in seinem Vortrag,
    Wir haben uns sehr eingehend mit allen den Forderungen, die in der letzten Zeit an die Bundesregierung bezüglich der Preispolitik herangetragen wurden, sehr genau und sehr gewissenhaft beschäftigt.
    Und wir wissen und sind uns vollkommen klar darüber, dass wir zum Beispiel das Milchproblem in Angriff nehmen müssen und auch werden.
    und dass es hier zu einer Regelung kommen wird und kommen muss.
    steht das Wirtschaftswachstum unter weitgehender Ausschaltung starker konjunktureller Ausschläge bei Erhaltung eines hohen Beschäftigungsniveaus und Wahrung des inneren und äußeren Geldwertes.
    So etwa umriss Handelsminister Dr. Starrybacher die wirtschaftspolitische Philosophie der Regierung Kreisky.
    Das vordringlichste wirtschaftspolitische Ziel, die Sicherung der Vollbeschäftigung, sei heute unumstritten.
    Daneben erwarte man aber heutzutage auch ein optimales Wirtschaftswachstum, denn die Stellung Österreichs unter den wohlhabenden Industrienationen werde daran gemessen, ob und wie gut es uns gelinge, durch größere Wachstumsraten gegenüber dem wohlhabenderen Ausland aufzuholen.
    Dazu der Handelsminister.
    Die Forderungen nach Vollbeschäftigung und Wirtschaftswachstum sind dank der wirkungsvollen österreichischen Wirtschaftspolitik weitgehend erfüllt.
    Erst damit tritt die Forderung nach Preisstabilität in den Vordergrund der Diskussion.
    Es liegt aber im Wesen des erwähnten magischen Dreiecks, dass diese Forderung nicht im gleichen Ausmaß erfüllt werden kann.
    Eine Regierung müsste in der Tat zaubern können, wollte sie das Verlangen erfüllen, die Preissteigerungen vollkommen zum Verschwinden zu bringen, ohne Vollbeschäftigung und auch Wirtschaftswachstum zu erdrosseln.
    Die Regierung habe jedoch mit Erfolg versucht, die Teuerungsraten unter Kontrolle zu halten.
    Ein Teil der Inflation sei importiert.
    Der Erfolg einer gezielten Preispolitik der Regierung könne sich nur in Zehntelprozenten ausdrücken und es sei als Maximum zu betrachten, dass statt der vorausgesagten Teuerungsrate von 5% für 1970 letztlich nur 4,4% registriert worden seien.
    Handelsminister Dr. Starrybacher beschäftigte sich dann mit dem im internationalen Vergleich hohen Ausmaß des sozialen Friedens in unserem Lande und führte ihn auf die Zusammenarbeit der Sozialpartner in Österreich zurück.
    Es ist selbstverständlich, dass die österreichische Bundesregierung diese Wirtschafts- und Sozialpartnerschaft nicht nur schätzt, sondern bemüht ist, zu ihren reibungslosen Funktionären nach besten Kräften beizutragen.
    Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich feststellen, dass zwar gelegentlich von einer Krise in der paritätischen Kommission oder einer Krise in der Wirtschaft gesprochen wird, aber dass ich weit und breit keine Anzeichen dafür entdecken kann.
    Ernst Zwietli fasste in dem soeben genannten Bericht den gestrigen Vortrag von Handelsminister Dr. Staribacher zusammen mit dem Thema Wirtschaftswachstum, Preise, Löhne.
    12 Uhr und 43 Minuten.
    Sie hören nun nochmals zwei Wirtschaftsbeiträge.
    Bleiben wir zuerst bei Frankreich.
    Frankreich ist zurzeit von einer allgemeinen Inflation erfasst, aber diese bereitet in Paris umso größere Sorgen, als sie nicht von einer entsprechenden Investitionstätigkeit begleitet wird.
    Seit nämlich der französische Franc am 8.
    August 1969 um 12,5% abgewertet worden ist, hat sich die Wirtschaft Frankreichs einigermaßen erholt.
    Ja, sie hat sogar ein gewisses Gleichgewicht erreicht.
    Dieses Gleichgewicht aber würde dann leicht umgestoßen, wenn sich jetzt im Frühjahr die Streikbewegung wieder verstärken sollte, wie dies die Gewerkschaften ja schon angekündigt haben und die Bauern haben ja auch in Frankreich schon demonstriert.
    Wie sieht es nun in Frankreichs Wirtschaft tatsächlich aus und wie groß ist die soziale Unruhe der Franzosen tatsächlich?
    Diese Fragen untersucht unser Mitarbeiter Walter Greiner, der sich zur Zeit in Paris aufhält.
    Die Bevölkerung bemerkt zuallererst, dass die Lebenshaltungskosten ständig steigen.
    Im Jänner verzeichnete man die stärkste Steigerung seit einem Jahr, nämlich 0,7 Prozent und im Februar war es nicht weniger.
    Finanzminister Giscard d'Estaing wird daher nach Ansicht von Experten sein Versprechen kaum einhalten können, dass die Lebenshaltungskosten in diesem Jahr nicht über 4 Prozent steigen würden.
    Dem Hinweis auf die Preiserhöhungen
    hält man von Regierungsseite Berechnungen entgegen, wonach die reelle Kaufkraft im letzten Jahr um 5% gestiegen sei.
    Das Problem der Regierung bestehe darin, so wird erklärt, die Inflation zu bekämpfen, ohne damit auch das Wachstum abzuwürgen.
    Diese Inflation ist aber nicht allein auf Frankreich beschränkt.
    Regierungsbeamte meinen dazu, die französischen Entscheidungen hingen vor allem davon ab, ob sich die westdeutsche Regierung zu einer Bremsung
    oder Anfeuerung der Konjunktur entschließe.
    Jedenfalls seien die inflationären Tendenzen in Frankreich auch auf die starken Lohnerhöhungen zurückzuführen, die 1970 10,5 Prozent ausmachten.
    Für Ministerpräsident Jabar Delmas geht es nun darum, den sozialen Frieden zu sichern und gleichzeitig der Industrie neue Impulse zu geben.
    Schon Anfang 1970 war es mithilfe verschiedener Sanierungsmaßnahmen gelungen, die Staatsfinanzen auszugleichen sowie das Binnen- und Außenwirtschaftliche Gleichgewicht herzustellen.
    Die kurzfristigen Schulden Frankreichs an ausländische Banken sind abgezahlt, die langfristige Schuld ist um zwei Drittel geschrumpft, die Dollarreserven des Landes steigen langsam.
    Die Staatsfinanzen sind also einigermaßen in Ordnung.
    Und die Regierung weist auch auf den OECD-Bericht hin, in dem Frankreichs Wirtschaft wegen des starken Bevölkerungswachstums und der vorhandenen Produktivitätsreserven beste Chancen für die nächsten zehn Jahre eingeräumt werden.
    Im Augenblick aber scheint das beschriebene Gleichgewicht in Gefahr.
    Die Regierung kann die Inflation nur bekämpfen,
    wenn sie die Kredittätigkeit einschränkt.
    Die Industrie muss aber verstärkt investieren, um die durch die Fraunabwertung gewonnenen Exportvorteile weiterhin ausnützen zu können.
    Und gerade in dem Augenblick, in dem sich die Inflationstendenz zu verstärken scheint, werden an allen Ecken neue Lohnforderungen gestellt.
    Streiks, zum Beispiel der öffentlich Bediensteten, sind bereits für die nächsten Wochen angekündigt.
    Der Arbeitsausfall durch Streiks war übrigens im letzten Jahr bemerkenswert gering, aber nun wollen die Gewerkschaften offenbar die sogenannte soziale Agitation wieder aufleben lassen.
    Die Regierung hält die Unternehmer bereits diskret dazu an, überhöhten Forderungen keinesfalls nachzugeben.
    In diesem Mehrfrontenkrieg, den die Regierung zu führen hat, wird es vor allem darauf ankommen,
    inwieweit Charbon Delmas und Präsident Pompidou ein Klima des Vertrauens und der Sicherheit schaffen können.
    Jedenfalls setzen Sie auf diese Karte, wenn auch die Franzosen bis jetzt nur halben Herzens mitgespielt haben.
    Über die Wirtschaftslage in Frankreich berichtete Walter Kreinert.
    In Brüssel bei der EWG werden in den Tagen neue Stellungen bezogen.
    Neue Stellungen gegenüber Großbritannien und den Neutralen, Schweden, Schweiz und Österreich.
    Die Schweden haben ja gestern in einer Deklaration klargestellt, dass Stockholm eine EWG-Vollmitgliedschaft
    mit Neutralitätsvorbehalt für ausgeschlossen hält.
    Als Grund für die Absage an die Vollmitgliedschaft nennt die schwedische Regierung die Vereinbarung der EWG-Außenminister zu politischen Konsultationen und den Werner-Plan über eine Wirtschafts- und Währungsunion.
    Beides sei mit Schwedens Neutralität wie gesagt unvereinbar.
    Auf der anderen Seite, die Bemühungen Großbritanniens für eine Vollmitgliedschaft bei der EWG haben heute einen völlig überraschenden Rückschlag erlitten.
    Frankreich, das den Bestrebungen der Briten schon immer sehr skeptisch gegenüber gestanden hat, hat heute in Brüssel neue Vorbehalte gegenüber einer Mitgliedschaft der Briten angemeldet.
    Die Franzosen bezogen sich vor allem auf die augenblicklich äußerst instabile Wirtschafts- und Währungslage in Großbritannien,
    das ja bekanntlich in den vergangenen Wochen immer wieder von Streiks in der Industrie und im öffentlichen Leben erschüttert wurde.
    Darüber und über das überraschende Einschwenken Schwedens auf die Integrationspolitik Österreichs und der Schweiz berichtet nun Klaus Emmerich aus Brüssel.
    Die Einsätze im Spiel um Politik und Geschäft in Europa werden in diesen Stunden sichtlich erhöht.
    Ein öffentlicher und ein nicht öffentlicher Vorgang bestätigen dies.
    der Nicht-Öffentliche zuerst, weil er wesentlich gewichtiger ist.
    In den gestrigen Abendstunden haben die französischen Diplomaten bei der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft klar gemacht, dass sie über den Vollbeitritt Großbritanniens von ihrer Regierung aus nur noch weiter sprechen wollen, wenn bei nächster Gelegenheit die Wirtschafts- und Währungslage Großbritanniens erstmals im EWG-Ministerrat ausführlich beraten wird und zwar möglichst
    auf der Ministerratssitzung vom 30.
    März schon in Brüssel.
    Das hat hier bei der EWG wie eine Bombe eingeschlagen.
    Man erinnert sich daran, dass Frankreich seinen beginnenden Widerstand gegen eine Vollmitgliedschaft Großbritanniens in den 50er und 60er Jahren mit der nämlichen Problematik begonnen hat, nämlich Zweifel in die Vertragsfähigkeit der Engländer und in die Stabilität ihrer Wirtschafts- und Währungsverhältnisse, vor allem was die Leitfunktion des Pfundes Stirling anbelangt.
    Der zweite Vorgang, nämlich die öffentliche Erklärung des schwedischen Ministerpräsidenten Palme, dass Schweden nicht an einen Vollbeitritt in die EWG denke, sondern lediglich an eine Lösung, wie sie die Schweiz und Österreich anstrebe, nämlich eine Freihandelszonenregelung, muss in diesem Lichte relativ erscheinen.
    Für England ist es selbstverständlich wesentlich wichtiger, sich nun einer neuen und akuteren Feindschaft gegenüberzusehen, wie umgekehrt es für die Schweiz und Österreich interessant, aber vorläufig unverbindlich ist, dass Schweden nun auf die Integrationspolitik der Regierungen in Bern und Wien einschwenkt.
    Die drei neutralen EFTA-Straaten sind es ja schließlich, die überhaupt nur dann mit der EWG in Verhandlungen im Sinne einer Regelung eintreten, wenn Großbritannien Vollmitglied der 6.
    Gemeinschaft werden sollte.
    Sollte es dazu nicht kommen, weil vielleicht wiederum sich ein neues französisches Veto dagegen abzeichnet, so wird selbstverständlich sich auch die Handelspolitik dieser drei
    neutralen Staaten ändern.
    In diesen Stunden ist in Brüssel unter allen beteiligten Diplomaten eine erhöhte Nervosität festzustellen, denn sollte es sich herausstellen, dass Frankreich die Wirtschafts- und Währungslage Großbritanniens so skeptisch, schlecht und unzumutbar für die sechs EWG-Staaten ansieht, dass Großbritannien nicht Mitglied der EWG werden kann, dann ändert sich selbstverständlich auch für diese drei neutralen EFTA-Staaten
    Die Geschäftsgrundlage vorläufig wird aber zunächst noch weiter getan, als ob offiziell und nach außen hin nichts geschehen ist.
    Heute Nachmittag schließen die Gespräche der Wiener Beamten und jener der EWG-Kommission über die Fragen eines Globalabkommens wie vorgesehen.
    Aus Brüssel berichtete Klaus Emmerich.
    Es ist jetzt 12 Uhr und 52 Minuten.
    Wie wir gestern ausführlich berichteten, wurden fünf Studenten der Meisterklasse für Architektur an der Akademie für Bildende Kunst, die sich gegen ihren Lehrer Professor Roland Reiner gestellt hatten, aufgrund eines Beschlusses von Wissenschaftsminister Dr. Hernter Firnberg und Professoren der Wiener Kunsthochschule zur Vollendung ihrer Studien in andere Klassen versetzt.
    Diesem Entschluss war der Bericht einer Kommission vorausgegangen, die Dr. Firnberg zur Untersuchung der Unstimmigkeiten in der Meisterklasse Rheiner eingesetzt hatte.
    In einer höheren Versammlung beschloss nun die Studenten der Akademie der Bildenden Künste, ab Montag in Streik zu treten.
    Heidegger und Mann sprach heute Vormittag mit Bundesminister Dr. Hertha Firnberg über die Gründe für die Versetzung der fünf Studenten.
    Frau Minister, das Ergebnis der Untersuchungskommission an der Akademie der Bildenden Künste wurde von verschiedenen Seiten sehr verschieden interpretiert.
    Wie stehen Sie dazu?
    Ja, Frau Kollegin, bei der Untersuchungskommission ergibt sich eigentlich kein anderes Ergebnis als das, das ich ohnehin schon hatte,
    Nachdem ich mit allen beteiligten Gruppen, und ich betone mit allen beteiligten Gruppen, vorher schon Unterredungen hatten.
    Die Schwierigkeit ist, dass die Aussagen eben außerordentlich konträr sind.
    Und genau das ist das Gleiche, das also auch bei der Untersuchungskommission sich ergab.
    Nun haben Sie vorgestern mit Professoren verhandelt und haben mit diesen Professoren zusammen den Beschluss gefasst, dass fünf Studenten, die ganz offensichtlich der Kontra-Rainer-Gruppe angehören, aus der Klasse Rainer genommen werden sollen.
    Die Studenten selbst wurden dabei aber nicht befragt.
    Das ist eine irrtümliche Darstellung.
    Es wurde kein Beschluss gefasst, sondern ich stand vor folgender Situation.
    Eine Meisterschule setzt, wenn sie funktionieren soll, ein sehr intimes Vertrauensverhältnis zwischen dem Meister und seinen Schülern voraus.
    Nun ergab sich bei dieser einen Gruppe
    dass dieses Vertrauen zu dem Meister Rainer, denn er ist in dem Fall ja ihr Meister, nicht mehr besteht.
    Die Studenten haben mehrfach erklärt, dass sie mit ihm nicht einverstanden sind, auch nicht mit seiner Lehrmeinung, nicht mit seiner Methode.
    Es kam hier zu recht unerquicklichen Zwischenfällen.
    Professor Rainer andererseits steht am Standpunkt, Schüler, mit denen kein Vertrauensverhältnis zu erzielen ist, kann er in seiner Klasse nicht behalten, umso weniger als sie, wie er sagte, die Prüfungsarbeiten nicht abgelegt haben.
    Ein Erzwingen des Weiterbestandes des Schülerverhältnisses ist kaum möglich und würde auch zu nichts führen.
    Ich war also vor der Situation, wenn ich den jungen Leuten helfen wollte, und das wollte ich, und das wissen die auch ganz genau, dann musste ich ihnen andere Meister finden, die sie übernehmen, damit sie zeitgerecht und ohne Zeitverlust ihr Studium beenden können.
    Es ist also kein Akt gegen die Studenten, es ist kein Beschluss gegen die Studenten, sondern es ist ein freundliches Anbot, um ihnen die Möglichkeit zu geben, fertig zu studieren.
    Nun haben diese Studenten aber, die betroffenen fünf Studenten oder zumindest ein Vertreter dieser Studenten, festgestellt, dass sie des Öfteren in den Geruch des Terrorismus gekommen sind.
    Es könnte nun so aussehen und so interpretiert werden, Elemente, die Unruhe stiften, einfach versetzt werden, aufgeteilt werden auf verschiedene Akademien, auf verschiedene Klassen, damit sie wirkungslos werden.
    Das kann nicht zutreffen, das habe ich den Studenten auch erklärt.
    Es bleiben erstens einmal alle Schüler dieser Hochschule, es bleiben alle am Schillerplatz, werden auch ein Diplom dieser Schule erhalten.
    Ich würde sie nicht als Terroristen bezeichnen, sondern als Studenten, die eine andere Vorstellung vom Lehr- und Schulbetrieb haben, als er derzeit ist.
    Müsste man aber nicht, wenn man dieses familiäre Verhältnis, dieses nahe Verhältnis zwischen Professor und Studenten so betont, dann auch verlangen, dass die Studenten eben gerade auch im Sinne einer modernen Erziehung eben auch ein Mitbestimmungsrecht haben und ein Mitspracherecht haben und ein Diskussionsrecht haben?
    Das ist eine Forderung, die ganz allgemein ist.
    Die Streitfrage in diesem Fall besteht ja nur darin, dass Professor Rainer und die Schüler, die mit ihm gehen, behaupten, es werde ohnehin gegeben.
    Und der andere Teil der Studenten sagt, es reiche nicht aus.
    Es könnte der Verdacht aufkommen, dass ein sehr bekannter Architekt wie Professor Reiner, der auch sehr im öffentlichen Leben Österreich steht und in der ganzen Welt bekannt ist, dass man eben einen solchen Professor, auch wenn vielleicht manches nicht zum Besten steht, nicht von offizieller Seite irgendwie maßregeln will.
    Ich muss sagen, ich glaube, ich habe das in der kurzen Zeit, in der ich dieses Amt verwalte, bewiesen, dass ich mich weder von der einen noch von der anderen Seite zu einer Stellungnahme pressen lasse, die nicht meiner Überzeugung entspricht.
    Ich rede weder den Professoren zuliebe noch den Studenten zuliebe und die Folge ist, dass ich halt mit beiden Schwierigkeiten habe, aber wenigstens ein gutes Gewissen.
    Mehr kann ich dazu nicht sagen.
    Sie können überzeugt sein,
    Wenn ich der Überzeugung wäre, dass Professor Rainer seiner Pflicht als akademischer Lehrer nicht nachkommt, dann hätte mich keine Persönlichkeit und kein internationaler Ruf abgehäuten davon, hier die entsprechenden und mir möglichen Maßnahmen zu ergreifen.
    Wie stellen Sie sich zum Streikbeschluss der Akademie der Bildenden Künste?
    Na ja, bitte schön, streiken ist halt heute modern.
    Was soll denn erstreikt werden?
    Was denn?
    Dass die Schüler, die mit Professor Rainer nicht arbeiten können, wieder zu Professor Rainer kommen?
    Sie können nicht mehr Offerierende halten, als ich Ihnen offeriert habe.
    Das ist ein Maximum und ein guter Vorschlag, den man ohne jeden Prestigeverlust annehmen kann.
    Sie hörten ein Gespräch mit Minister Dr. Hertha Firnberg zum Thema Unstimmigkeiten an der Akademie der Binnenkünste.
    Eine Stellungnahme von Professor Roland Reiner zu dieser Angelegenheit bringen wir in unserem morgigen Mittagsschonal.
    12 Uhr 58 Minuten und 40 Sekunden, die neuesten Nachrichten.
    Österreich.
    ÖVP-Generalsekretär Dr. Schleinzer bedauerte heute im Pressedienst seiner Partei den Vergleich des Bundeskanzlers Kreisky zwischen der Bauerndemonstration und dem KP-Putsch von 1950 als unqualifizierbaren Angriff auf die österreichische Bauernschaft.
    Auch, so betonte Dr. Schleinzer, sei diese Behauptung eine bedenkliche Verzerrung entscheidender Phasen der österreichischen Geschichte.
    Polen.
    Ministerpräsident Jarosiewicz äußerte heute seine Besorgnis über jene oppositionellen Kräfte in der Bundesrepublik Deutschland,
    welche die von der Regierung Brandt in Angriff genommene Ostpolitik revidieren wollen.
    Nach einer Meldung der Parteizeitung Tribunaludu betonte der Ministerpräsident Ferner, dass sozialistische Lage müsse angesichts der Entwicklung in Indokina und der Lage im Nahen Osten wachsam und kampfbereit bleiben.
    In 30 Sekunden ist unser Mittagsjournal beendet.
    Die nächsten ausführlichen Berichte hören Sie um 18.45 Uhr in unserem Abendjournal.
    Bis dahin, auf Wiederhören.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1971.03.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1971.03.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Traktordemonstration des niederösterreichischen Bauernbundes in Wien (Reportage)
    Interview: Landeshauptmann Maurer und Bundeskanzler Kreisky, Interviews mit Demonstranten und Demonstrationsgegnern
    Mitwirkende: Pfitzner, Helmut [Gestaltung] , Machatschke, Roland [Gestaltung] , Strobl, Hans Paul [Gestaltung] , Maurer, Andreas [Interviewte/r] , Kreisky, Bruno [Interviewte/r]
    Datum: 1971.03.19 [Sendedatum]
    Ort: Wien, Bundeskanzleramt, Ballhausplatz [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Politik ; Gesellschaft ; Medizin ; Wirtschaft ; Technik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: bauernfeindliche Agrarpolitik, 7000 Traktoren, Dieselölpreis, Resolution, Delegation, Milchpreis, Konzessionen, Existenzgefährdung, Rationalisierung , Nachrichten
    Verkehrssituation: Verkehrsbehinderungen nach Beendigung der Traktorendemonstration
    Mitwirkende: Bock, Hellmuth [Moderation] , Prskavec, Walter [Interviewte/r]
    Datum: 1971.03.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Politik Österreich ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Inlandspresseschau: Demonstration des Bauernbundes, Ministerratssitzung
    Mitwirkende: Mayer, Anton [Gestaltung]
    Datum: 1971.03.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Politik ; Gesellschaft ; Medien und Kommunikation ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Rückblick auf den Putsch 1950 , Nachrichten
    Vortrag: "Wirtschaftswachstum, Preie, Löhne" - Stellungnahme des Handelsministers zur Wirtschaftspolitik
    Einblendung: Handelsminister Staribacher
    Mitwirkende: Swietly, Ernst [Gestaltung] , Staribacher, Josef [Interviewte/r]
    Datum: 1971.03.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Politik ; Gesellschaft ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Milchpreis, Beschäftigungsniveau, Geldwert, Vollbeschäftigung, Wachstumsraten, Teuerung, sozialer Frieden , Nachrichten
    Bericht über die Wirtschaftslage in Frankreich
    Mitwirkende: Greinert, Walter [Gestaltung]
    Datum: 1971.03.19 [Sendedatum]
    Ort: Paris
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Investition, soziale Unruhe, Lebenshaltungskosten steigen, Franc, Schulden, Dollarreserven, Bevölkerungswachstums , Nachrichten
    Neue Stellungen in der EWG: zum Beitritt Großbritanniens und der Neutralen Staaten - Frankreichs Vorbehalt zu EWG-Beitritt Großbritanniens
    Mitwirkende: Emmerich, Klaus [Gestaltung]
    Datum: 1971.03.19 [Sendedatum]
    Ort: Brüssel
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Wirtschafts- und Währungsunion, Integrationspolitik, Vollmitgliedschaft, Leitfunktion des Pfund Sterling, Freihandelszonenregelung , Nachrichten
    Krise an den Wiener Kunsthochschulen - Versetzung von fünf Studenten, die Kritik geäußert haben
    Interview: Wissenschaftsministerin Firnberg
    Mitwirkende: Grundmann, Heidi [Gestaltung] , Firnberg, Hertha [Interviewte/r]
    Datum: 1971.03.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Wissenschaft und Forschung ; Wirtschaft ; Bildende Kunst ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Akademie der Bildenden Künste, Meisterklasse, Untersuchungskommission, konträre Aussagen, Vertrauen, Mitbestimmungsrecht , Nachrichten

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    Titel Mittagsjournal 1971.03.19
    Spieldauer 01:00:58
    Mitwirkende Bock, Hellmuth [Moderation]
    Bauer, ... [Regie]
    ORF [Produzent]
    Datum 1971.03.19 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 70er Jahre
    Typ audio
    Format KKA [Kompaktkassette]
    Sprache Deutsch
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-710319_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
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    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt