Mittagsjournal 1986.04.22

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    Rechtliches

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    die erwiesenermaßen falsch seien.
    Kurt Waldheim sei während des angegebenen Zeitraumes als Verbindungsoffizier in Dolmetschfunktion zwischen italienischen und deutschen Truppen der Gebirgsjägerdivision Pusteria 200 Kilometer südlich von Bagna Luca eingesetzt gewesen.
    ÖVP-Generalsekretär Graf hat heute eine Erklärung von neun namhaften Wissenschaftlern über den Lebenslauf von Kurt Waldheim vorgelegt.
    Die Historiker und Politikwissenschaftler betonen darin, die vom jüdischen Weltkongress vorgelegten Dokumente ließen die Interpretation nicht zu, Waldheim sei Kriegsverbrecher und mit Spezialaufgaben betraut gewesen, die Hinrichtungen, Festnahmen und Deportationen umfasst hätten.
    Auch politische Tätigkeiten zugunsten der Nationalsozialisten durch Waldheim lassen sich nach Ansicht der Unterzeichner nicht ableiten.
    Die Erklärung ist unter anderem von den Historikern Erika Weinzierl, Gerald Sturz und Ernst Bruckmüller unterfertigt.
    Das engere Parteipräsidium der SPÖ hat den ÖVP-Abgeordneten Heribert Steinbauer und Teile der Volkspartei beschuldigt, eine schmutzige Verleumdungskampagne gegen den sozialistischen Präsidentschaftskandidaten Kurt Steirer zu führen.
    Das Parteipräsidium erklärt, es sei sicher, dass alle anständigen Österreicherinnen und Österreicher auf diese ÖVP-Taktik die entsprechende Antwort erteilen werden.
    Die Fraktion Christlicher Gewerkschafter hat sich bei Kurt Steirer für ein Flugblatt entschuldigt, in dem dem SPÖ-Kandidaten ein nicht intaktes Familienleben vorgeworfen worden ist.
    In dem Brief an Steirer heißt es, in diesem Wahlkampf seien schon viel zu viele ungerechtfertigte Vorwürfe gegen Kandidaten vorgebracht worden.
    Man wolle für die Fraktion christlicher Gewerkschafter nicht den Anschein der Unfairness bestehen lassen und nehme daher die Vorwürfe mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück.
    Libyen, Europa, USA.
    Die britische Regierung hat heute die Ausweisung von 19 libyschen Studenten aus Großbritannien angeordnet.
    Die Libyer, die angeblich aktiv an sicherheitsgefährdenden Aktivitäten teilgenommen haben, wurden in Abschiebehaft genommen.
    Premierministerin Margaret Thatcher hat ihre Erlaubnis für den Einsatz der in Großbritannien stationierten amerikanischen Flugzeuge gegen Libyen neuerlich verteidigt.
    Ihre Entscheidung sei qualvoll gewesen, meinte Frau Thatcher in einem Fernsehinterview wörtlich.
    Der Einsatz der amerikanischen Bomber sei jedoch vollständig gerechtfertigt gewesen.
    Der libysche Revolutionsführer Gaddafi hat die USA aufgefordert, die Rechte kleiner Staaten zu respektieren.
    In einem Interview der Fernsehstation Sarajevo wies Gaddafi alle Behauptungen zurück, wonach Libyen ein Zentrum des Terrorismus sei und Terroristen beherberge.
    Die amerikanischen Luftangriffe hätten sich in erster Linie gegen ihn und seine Familie gerichtet, behauptete Gaddafi.
    Präsident Reagan hat angedeutet, dass einige europäische Verbündete eine umfassendere Aktion gegen Libyen befürwortet hätten, als sie die USA mit ihren Luftangriffen auf Tripolis und Benghazi unternahmen.
    Anlässlich der Mission von UNO-Botschafter Walters hätten einige Alliierte gemeint, wenn man zum Mittel der Gewaltanwendung greife, sollte dies auf breiterer Basis geschehen, sagte Reagan.
    Am Veto der USA, Großbritanniens und Frankreichs ist im Weltsicherheitsrat eine Resolution gescheitert, in der die amerikanischen Luftangriffe auf Libyen verurteilt werden sollten.
    Spanien Ministerpräsident Felipe González hat die vorgezogenen Parlamentswahlen für den 22.
    Juni angekündigt.
    Ursprünglich hätten die Wahlen im Oktober stattfinden sollen.
    Nach dem Erfolg bei der Volksabstimmung über die Mitgliedschaft Spaniens in der NATO erhofft sich die regierende Sozialistische Partei Spaniens einen Wahlsieg.
    Grossbritannien
    Der weltberühmte Violin-Virtuose Yehudi Menuhin begeht heute seinen 70.
    Geburtstag.
    Als Kind jüdischer Einwanderer in New York geboren, lernte Menuhin bereits mit fünf Jahren Geige.
    Mit zehn Jahren debütierte er in der New Yorker Carnegie Hall.
    Der endgültige Durchbruch gelang dem 13-Jährigen mit einem legendären Auftritt in der Berliner Philharmonie.
    Seit vielen Jahren lebt Menuhin hauptsächlich in London.
    Österreich.
    Der ehemalige Chefredakteur der Wiener Zeitung, Rudolf Antoni, ist heute im Alter von 65 Jahren in Wien gestorben.
    Die Todesursache ist nicht bekannt.
    Antoni war auch Präsidiumsmitglied der österreichischen Journalistengewerkschaft und langjährige Vorstandsmitglied der Vereinigung der Parlamentsredakteure.
    Nun der Wetterbericht.
    An der Südostflanke eines Tiefs über den britischen Inseln gelangen weiterhin milde Luftmassen in den Alpenraum.
    Die Aussichten bis morgen früh.
    Im Westen in Alpenhauptkamn-Nähe sowie im Südwesten teilweise stärker bewölkt, örtlich auch Regen.
    Im übrigen Bundesgebiet durchwegs gering bewölkt, mäßige, zeitweise lebhafte Winde aus südlichen Richtungen.
    Nachmittagstemperaturen 17 bis 23 Grad, Tiefstemperaturen der kommenden Nacht 4 bis 10 Grad.
    Das Wetter morgen, Mittwoch, meist sonnig, nur im Westen entlang des Alpenhauptkammes stärker bewölkt und örtlich Regen, südliche Winde.
    Tageshöchsttemperaturen 18 bis 25 Grad.
    Übermorgen Donnerstag, im Westen und Südwesten teilweise Wolkenfelder und örtlich Regen, sonst weiterhin sonnig und warm.
    Die Messwerte von 12 Uhr.
    Wien, Heiter 18°, Eisenstadt, Heiter 21°, Südwind 35 km in der Stunde.
    Linz, Heiter 18°, Ostwind 15, Salzburg, Heiter 19, Südost 20, Innsbruck, Wolkig 16°, Südost 25, Bregenz, stark bewölkt 9°, Graz, Wolkig 18, Südwest 25 und Klagenfurt, Wolkig 14°, Westwindgeschwindigkeit 15 km in der Stunde.
    Das waren die Nachrichten und das Wetter.
    Es ist 12.09 Uhr und wir kommen jetzt zum Beitragsteil des Mittagsschanals.
    Sowohl das Pressefrühstück von ÖVP-Generalsekretär Graf als auch das Pressefoyer Bundeskanzler Sinowaz nach der Ministerratssitzung standen heute im Zeichen der Erklärung, die Bundespräsident Rudolf Kirchschläger am Abend abgeben wird.
    Michael Graf präsentierte unter anderem eine Erklärung von Historikern, die für Waldheims Argumentation der letzten Wochen spricht.
    Und Bundeskanzler Sinowaz wurde von Journalisten auch auf den Bericht eines Wochenblatts angesprochen, laut dem SPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat Kurt Steirer 1945 wegen des Verdachts einer Abtreibung beteiligt gewesen zu sein, von der damaligen amerikanischen Besatzungsmacht in Verwahrungshaft genommen worden war.
    Für Sinowaz ist diese Angelegenheit, in der weder eine gerichtliche Untersuchung eingeleitet noch Anklage erhoben wurde, ein juristisches Nichts.
    Doch vorerst jetzt Näheres über das Pressefrühstück des ÖVP-Generalsekretärs.
    Es berichtet Ernest Hauer.
    Noch vor der Erklärung des Bundespräsidenten melden sich nun die Geschichtswissenschaftler zur Diskussion um die Vergangenheit Kurt Waldheims zu Wort.
    Gestern hatten sich Historiker und der Innenprofessor Erika Weinzierl gemeinsam mit ehemaligen Widerstandskämpfern in einer Erklärung um das Ansehen Österreichs besorgt gezeigt, das auch auf den Opfern des Widerstands beruhe und vor Antisemitismus gewarnt.
    Heute legt der ÖVP-Generalsekretär Michael Graf eine Erklärung von neun Geschichts- und Politikwissenschaftlern des der ÖVP nahestehenden Vogelsang-Instituts vor.
    Auch unter Ihnen, Frau Professor Weinzierl.
    Kernaussage der Erklärung zu den vom jüdischen Weltkongress vorgelegten Dokumenten, Zitat,
    Die Interpretation, wonach Dr. Kurt Waldheim Kriegsverbrecher und mit Spezialaufgaben betraut gewesen wäre, die Hinrichtungen, Festnahmen und Deportationen beinhaltet hätten, ist aus den vorliegenden Kopien der Dokumente nicht ableitbar.
    Die vorliegenden Kopien der erwähnten Dokumente lassen nicht darauf schließen, dass der als Oberleutnant dem Stab zugeteilte, frontdienstuntaugliche Ordnanzoffizier Kurt Waldheim in kriegsverbrecherische Aktivitäten im Sinne der Hager Landkriegsordnung involviert war.
    Ebenso wenig lässt sich aus ihnen ableiten, dass Kurt Waldheim politische Tätigkeiten zugunsten der Nationalsozialisten ausgeführt hat.
    Ende des Zitats.
    Für ÖVP-Generalsekretär Graf ist diese Erklärung ein neuer Beweis dafür, dass die Anschuldigungen gegen Kurt Waldheim haltlose Unwahrheiten seien und dass seine Verleumdungskampagne zusammengebrochen sei.
    Graf wirft dem Weltkongress Unseriosität und Unehrenhaftigkeit vor.
    Das schwer geprüfte jüdische Volk hat sich solche Repräsentanten nicht verdient.
    Für uns von der ÖVP gilt jetzt erst recht, wir Österreicher wählen, wen wir wollen.
    Und wir Österreicher, das betone ich, das sind alle Österreicher, auch unsere jüdischen Mitbürger.
    Deshalb geht auch diese Parole nicht gegen Sie, sondern gegen auswärtige Einmischung.
    Wir wollen alle, dass dieser schmutzige Wahlkampf bald beendet ist und dass die Entscheidung, die ohnehin nur zwischen Waldheim und Steira fallen kann, schon am 4.
    Mai im ersten Wahlgang getroffen wird.
    Dass das realistisch und möglich ist, daran sind nicht zuletzt die Herren in New York mit ihren unseriösen und unehrenhaften Methoden schuld.
    Auf Journalistenfragen meinte Graf, das Zusammentreffen der Veröffentlichung dieser Wissenschaftlerstellungnahme mit der heutigen Erklärung des Bundespräsidenten sei nicht geplant.
    Es gehe um eine notwendige Entlastungsoffensive für den zu Unrecht infam angegriffenen Kandidaten Kurt Waldheim.
    Graf weiter.
    Das beeinträchtigt in keiner Weise den Respekt und die Aufmerksamkeit, die wir der Erklärung des Herrn Bundespräsidenten heute entgegenbringen.
    sind überzeugt, dass die moralische Autorität des Bundespräsidenten hier ein sehr gewichtiges Wort sprechen wird.
    Aber, meine Damen und Herren, wenn man einen Vergleich zieht, dann kann man vielleicht die Rede des Bundespräsidenten vergleichen mit der Belehrung, die ein Richter
    im geschworenen Prozess erteilt.
    Die Entscheidung müssen dann letztlich die Geschworenen, muss also bei uns das österreichische Volk treffen.
    Soweit ÖVP-Generalsekretär Michael Graf.
    Ich gebe zurück ins Studio des Mittagsschonals.
    Vom Pressefrühstück ÖVP-Generalsekretär Grafs berichtete Ernest Hauer.
    Und aus dem Bundeskanzleramt meldet sich nun Fritz Besatter mit dem angekündigten Beitrag über das Pressefoyer nach dem Ministerrat.
    Auch die hartnäckigsten Journalisten konnten heute Vormittag von Bundeskanzler Fred Sinowatz nicht erfahren, was er mit Bundespräsident Kirchschläger in der Causa Waldheim besprochen hat.
    Auch über den Inhalt der Ansprache des Staatsoberhaupts heute Abend konnte oder wollte Sinowatz nicht sagen.
    Es ist Sache des Bundespräsidenten, sich dazu zu entscheiden und ich nehme das zur Kenntnis und ich werde mich hüten, bevor der Bundespräsident heute Abend seine
    Äußerungen gemacht hat, Zustellung zu nehmen.
    Ich kann das ja gar nicht.
    Der ÖVP-Generalsekretär Graf hat heute Vormittag die Rolle des Bundespräsidenten in dieser Frage mit der eines Richters verglichen, der bei einem Prozess vor der Urteilsverkündigung die Geschworenen belehrt über die rechtlichen Möglichkeiten, dass aber letztlich dann die Geschworenen selbst, im übertragenen Sinne wäre es wohl das Volk, dann das Urteil fällt.
    Würden Sie dieser Auffassung zustimmen?
    Der Dr. Graf weiß offensichtlich immer vorher schon etwas besser.
    Ich für meine Person würdige die Position des Herrn Bundespräsidenten in der Weise, dass ich vor ihm nichts sage.
    Natürlich wird die SPÖ die Aussagen von Bundespräsident Kirchschläger akzeptieren und respektieren.
    Was laut Sinowatz aber nichts daran ändert, dass man weiter Waldheim kritisieren wird.
    Dazu habe ich mich ja auch immer bekannt, dass ich gesagt habe, es ist ein sorgloses Umgehen mit der Wahrheit, wenn man aus dem Leben einen großen Teil entweder absichtlich verschweigt oder irrtümlich wiedergibt.
    Und dass dadurch die Glaubwürdigkeit
    leidet, das ist klar, und insbesondere auch im Ausland leidet man.
    Auch dann, wenn in Österreich vieles verschwiegen wird von dem, was im Ausland gesagt wird, muss doch eines festgestellt werden.
    Einen so umstrittenen Bundespräsidentschaftskandidaten haben wir in Österreich noch nicht gehabt.
    Ein anderes Thema des heutigen Pressefoyers, die Vorwürfe, die die Wochenpresse gegen SPÖ-Präsidentschaftskandidaten Kurt Steirer jüngst erhob.
    dass nämlich Steirer im Jahr 1945 wegen des Verdachts der Teilnahme an einer illegalen Abtreibung in Untersuchungshaft gewesen ist.
    Sinowaz sieht diesen Vorwurf im zeitlichen Zusammenhang mit einem Flugblatt der FCG, der Fraktion Christliche Gewerkschafter, in welchem Steirers Familienleben in wenig vornehmer Weise behandelt wurde.
    Sinowaz dann zur Sache selbst.
    Da wurde 1945 eine Mitschuld sozusagen festgehalten und es ist nie zu einem Verfahren gekommen, weil nichts gewesen ist offensichtlich.
    Also bitte, das ist ja ein juristisches Nichts, worüber da gesprochen wird und hier wird versucht gegen den Präsidentschaftskandidaten Steirer wieder
    zu verleimten.
    Das kann man doch nicht vergleichen mit den anderen Dingen, die etwa in den letzten Wochen im Zusammenhang mit den Äußerungen von Dr. Waldheim.
    Zum Beispiel?
    Zum Beispiel die Frage, dass niemand gewusst hat, dass in dieser Zeit, in den drei Jahren,
    doch eine Reihe von Aktenbeständen da sind, die Walterheim beschuldigen.
    Zum Beispiel, dass also zwei Lebensläufe jetzt da sind von Dr. Walterheim.
    Welche Beschuldigung gibt es konkret gegen Dr. Walterheim?
    Die Beschuldigung, dass er nicht alles gesagt hat und dass ununterbrochen jeden Tag neue Aktenbestände kommen.
    Steirer erhoben, dass er nicht alles gesagt hat, entgegen der Erklärung von Dr. Fischer, dass er genau geprüft wurde, in der Pressestunde hat das Dr. Fischer erklärt, auf alle möglichen dunklen Flecken in seiner Vergangenheit.
    Diese Beschuldigung gibt es auch gegen den Dr. Steirer, keine andere im Moment.
    Die Schuldigung gegen Dr. Steirer reduziert sich ja darauf, dass er als angeblich Mitschuldiger in der amerikanischen Besatzungszone festgehalten wurde.
    Und es hat nie ein Verfahren stattgefunden, weil es nicht notwendig war.
    Herr Bundeskanzler, ist es nicht ganz einfach so, dass man jedem Menschen, auch einem Präsidentschaftskandidaten, ob er nun Waldheim heißt, ob er nun Steirer heißt, einfach zugestehen muss, dass er Sachen aus seiner Vergangenheit, die ihm nicht sehr angenehm sind, noch dazu, wenn sie wirklich, wenn er wirklich schuldlos ist, dass er die halt einfach ungern ausbreitet?
    Das gibt doch viel.
    Das gebe ich gerne zu, dass es ungern ausbreitet.
    Aber wenn einer ununterbrochen gefragt wird, nach dieser Zeit während des Krieges, wie bei Dr. Waldheim, sehe ich nicht ein, warum er sagt, bitte ich war zu dem Zeitpunkt verwundet und dann habe ich bestudiert und aus.
    Der Bundeskanzler bestätigte, dass er von Steirer vor rund einem Jahr über diese Angelegenheit informiert worden ist, dass er jedoch darin kein Hindernis für dessen Kandidatur gesehen hat.
    Soviel vom Pressefoyer nach dem Ministerrat und damit soll um zum Studio des Mittags schnell.
    Die heftigen Auseinandersetzungen rund um die bevorstehende Bundespräsidentenwahl haben in den vergangenen Wochen zahlreiche andere Themen aus den Schlagzeilen verdrängt.
    Etwa auch den Bundesländerversicherungsskandal.
    Anfang März hatte die Meldung noch wie eine Bombe eingeschlagen, dass der im Vorjahr gekündigte Ex-Generaldirektor der ÖVP-nahen Versicherung, Kurt Rusow, ungerechtfertigte Auszahlungen im Ausmaß von rund 140 Millionen Schilling veranlasst haben soll.
    Die Liste der Nehmer umfasst viele Seiten.
    Zum Teil stehen prominente Namen darauf.
    In seiner Anfangsphase hatte der Bundesländer-Skandal auch zu einem Politiker-Rücktritt, zu zwei Selbstmorden und drei Verhaftungen geführt.
    Den aktuellen Stand der Ermittlungen recherchierte Roland Adrowitzer.
    Der Skandal rund um die Manipulationen des Ex-Bundesländer-Generaldirektors Kurt Rusow dürfte die heimischen Gerichte noch einige Zeit lang beschäftigen.
    Der äußerst umfangreiche Akt befindet sich derzeit in den Händen des Wiener Untersuchungsrichters Dr. Luzicki, der vor allem die Frage erklären soll, wohin die 140 Versicherungsmillionen tatsächlich geflossen sind.
    Denn obwohl die Liste der angeblichen oder tatsächlichen Geldempfänger mittlerweile 26 Seiten und 180 Namen umfasst, ist bisher erst das Schicksal von 80 Millionen Schillingen geklärt.
    Wer die restlichen 60 Millionen erhalten hat, darüber rätseln derzeit die Justizbehörden und die Wirtschaftspolizei.
    Die Zentralfigur der Affäre, Kurt Rusow, trägt wenig zur Aufklärung der dubiosen Vorgänge in der ÖVP in der Anversicherung bei.
    Der schwer alkoholkranke Mann befindet sich noch immer im Inquisitenspital des Wiener Landesgerichts.
    Seine wiederholten Ankündigungen, er werde auspacken und dabei prominente Namen nennen, hat er bisher jedenfalls noch nicht wahrgemacht.
    Sein Anwalt Clemens Obendorfer kündigte allerdings in einem Gespräch mit dem Hörfunk an, dass sein Mandant dies noch tun werde.
    Einen Wandel in der Redefreilichkeit Roussos erwartete Anwalt, wenn er endlich ohne störenden Zuhörer mit dem prominenten Untersuchungshäftling sprechen darf.
    Nach der österreichischen Rechtslage kann einem Rechtsanwalt mit Zustimmung des Oberlandesgerichts das freie Gespräch mit einem Untersuchungshäftling bis zu drei Monate lang verwehrt werden.
    Mit dieser Bestimmung will man die Verdunkelung von Verbrechen verhindern.
    Anwalt Obendorfer meinte, diese Bestimmung verhindere seiner Ansicht nach, dass viele Strafsachen schon früher aufgeklärt werden.
    Er rechnet damit, dass Rousseau nach Ablauf dieser Frist sein Schweigen brechen und die ominösen Hintermänner des Skandals nennen werde.
    Derzeit existieren diese Hintermänner allerdings nur gerüchteweise.
    Vorläufig scheinen die Justizbehörden davon auszugehen, dass Rousseau selbst für die fingierten Schadensauszahlungen verantwortlich war.
    Sein mutmaßlicher Komplize bei den Manipulationen der millionenschwere Versicherungskeller Walter Bachmeier sitzt ebenfalls noch in Untersuchungshaft.
    Am kommenden Freitag wird die Ratskammer des Wiener Straflandesgerichts über eine Haftbeschwerde Bachmeiers entscheiden.
    Bachmeier will also aus der U-Haft entlassen werden.
    Und auch Österreichs derzeit wohl bekanntester Gefängnisgeistlicher atmet noch immer gesiebte Luft, allerdings unfreiwillig und nicht aus Seelsorgegründen wie seine honorigen Kollegen.
    Der Ex-Abte Stiftes Rhein bei Graz, Paulus Rappold, will aber nach Ostern nicht auch noch Pfingsten hinter Gittern verbringen müssen.
    Sein Star-Anwalt Michael Stern hat gegen die Ablehnung der Haftbeschwerde von Bruder Paulus Beschwerde an das Oberlandesgericht erhoben.
    In der kommenden Woche wird ein Dreier-Senat des Oberlandesgerichts entscheiden, ob Rappold, der ja mehr als 20 Millionen Schilling aus Bundesländergeldern erhalten haben soll, seine Priviergebete bald nicht mehr im Gefängnishof, sondern wieder auf saftigen steirischen Wiesen verrichten darf.
    Nun aber wieder zu profaneren Dingen.
    Bei der Wiener Wirtschaftspolizei sind fünf Beamte ständig mit der Bundesländeraffäre beschäftigt.
    Die Erhebungen gegen die burgenländische SPÖ-Landtagsabgeordnete Ottilia Martisek sowie gegen den steirischen Ex-ÖVP-Landeshauptmann Friedrich Niederl und dessen beide Söhne sind abgeschlossen.
    Das Ergebnis dieser Ermittlungen ist natürlich vertraulich.
    Martisek soll ja laut Nehmerliste Rusos mehr als drei Millionen Schilling erhalten haben.
    Sie bestreitet allerdings vehement.
    Im Fall Niederl geht es bekanntlich um mehr als 4 Millionen Schilling, die die Bundesländerversicherung den Söhnen des Ex-Landeshauptmanns dafür gezahlt hat, dass sie das Hotel der Brüder nach längeren Verhandlungen doch nicht gekauft hatte.
    Vater Niederl war nicht nur als Kommandettist am Hotel beteiligt, er war zu dieser Zeit auch Mitglied des Bundesländeraufsichtsrats.
    Die Bemühungen, Licht ins Dunkel des Versicherungsskandals zu bringen, werden übrigens durch einen kurios anmutenden Umstand nicht gerade beschleunigt.
    Derzeit prüfen nämlich nicht weniger als vier Institutionen gleichzeitig die Geschäftsgebarrung des Versicherungsriesen, das Finanzamt, der Versicherungsverband, die private Alpentreuhandgesellschaft im Auftrag der Bundesländerversicherung selbst und schließlich die Wirtschaftspolizei.
    Dabei nimmt man einander, wie ein Sprecher der Wirtschaftspolizei sagte, gegenseitig quasi die Akten aus der Hand.
    Man darf also getrost annehmen, dass der Bundesländerskandal nicht zu ihnen 98% der Gerichtsfälle gehören wird, die, wie Justizminister Harald Ofner kürzlich stolz mitteilte, innerhalb eines Jahres abgeschlossen sein werden.
    Das waren Recherchen von Roland Ador-Witzer zum aktuellen Stand des Bundesländerversicherungsskandals.
    Es ist inzwischen 12.23 Uhr geworden.
    Gestern am Abend ist die einwöchige OPEC-Krisensitzung in Genf abermals ohne greifbares Ergebnis zu Ende gegangen.
    Lediglich eine Mehrheit von 10 der 13 OPEC-Ölminister hat sich darauf geeinigt, dass man die tägliche Ölfördermenge von 17 auf 16,3 Millionen Fass pro Tag ab Juli zurückschrauben will.
    Libyen, Algerien und Iran haben das abgelehnt.
    Sie wollen eine Förderkürzung auf 14 Millionen fassen, um den Preis zu stabilisieren.
    Da in der OPEC verbindliche Beschlüsse einstimmig gefasst werden müssen, ist die Konferenz als gescheitert anzusehen.
    Ganz abgesehen davon, dass von einer Aufteilung der Förderquoten auf die einzelnen Länder noch gar keine Rede war.
    Die Unsicherheit auf den Ölmärkten wird also weiter anhalten.
    Die Tendenz der Preise ist weiter sinkend.
    Und erst im nächsten Jahrzehnt ist mit einer Erholung der Ölpreise zu rechnen, berichtet Herbert Huttar.
    Die Politik Saudi-Arabiens, durch das Aufdrehen des Ölhahns einen Preiskrieg herbeizuführen und durch diesen Schock die Ölproduzenten innerhalb und außerhalb der OPEC zur Raison zu bringen, ist bisher gescheitert.
    Es ist erstens nicht gelungen, mit einem Ölpreisniveau unter 15 Dollar die Briten an den Verhandlungstisch zu zwingen.
    Und zweitens reicht das derzeitige Ölpreisniveau zwischen 10 und 15 Dollar nicht aus, um den Verbrauch anzuheizen.
    Es werden täglich etwa fünf Prozent Öl mehr erzeugt als verbraucht.
    Das ist ein Überschuss von zwei bis drei Millionen Fass pro Tag.
    Und die OECD, die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung der 24 wichtigsten Industrieländer, diese OECD hat nun den Computer gefüttert und ausgerechnet, welcher Ölpreis welche Auswirkungen auf den Verbrauch hätte.
    Dabei haben sich zwei Eckdaten herausgestellt.
    Erst bei einem Ölpreis von 10 Dollar und darunter, und das über längere Zeit hinweg, würde der Bedarf um 6 Millionen Fass pro Tag steigen.
    Erst ein solcher Ölpreis könnte das Überangebot entlasten, aber zu katastrophalen Preisen.
    Und ein Preis von über 20 Dollar für das Fass zu 159 Litern würde wieder teure Öl vorkommen rentabel machen.
    Das Angebot würde steigen und einen neuerlichen Preisverfall provozieren.
    Der Spielraum ist also eng.
    Denn was sich jetzt an den Ölmärkten abspielt, ist keineswegs geeignet, den Überschuss aufzusaugen.
    Die Verbrauchsteigerungen bei Preisen zwischen 15 und 18 Dollar auf längere Zeit sind minimal und entsprechen kaum dem allgemeinen Wirtschaftswachstum.
    Der Verbrauch 1985 ist noch dazu um ein Prozent zurückgegangen.
    Das Ölpreisbarometer zeigt daher sinkende Tendenz.
    Jene Öltanker, die in diesen Tagen in den Verbrauchszentren anlegen,
    Diese Tanker waren wochenlang unterwegs und für sie wurden bei Kaufabschluss damals größtenteils noch Preise zwischen 15 und 16 Dollar gezahlt.
    Aber die nächsten Lieferungen werden schon wieder billiger sein.
    Mexiko hat Ölpreise um die 9 Dollar angekündigt.
    Aber sobald wird sich die OECD-Prognose vom Verbrauchsanstieg auch bei Öl unter 10 Dollar nicht erfüllen.
    Denn Industrie und Energiewirtschaft haben in den letzten Jahren vielfach auf Kohle umgestellt.
    Das sind alles teure und langfristige Investitionen, die sicherlich erst dann rückgängig gemacht werden, wenn das Öl über lange Zeit extrem billig bleibt.
    Und außerdem ist hier Erdgas ein ernst zu nehmender Konkurrent.
    Erdgas gibt es ebenfalls im Augenblick mehr als genug.
    Das Kraftwerk Dürnrohr zum Beispiel ist für den wechselweisen oder gemischten Betrieb von Kohle und Gas ausgelegt, Öl kommt also nicht in Frage.
    Auch beim Autofahren sind keine großen Verbrauchsteigerungen in Sicht, auch wenn sich der eine oder andere wieder zu einer Spritzfahrt am Wochenende mehr als nötig verleiten lässt.
    Denn der Großteil der Benzineinsparungen ist der Autoindustrie zu verdanken, die Motoren sind erstaunlich sparsam geworden.
    So ist der Benzinverbrauch der Fahrzeugflotte von Opel je Auto im Schnitt seit 1978 von 11 auf 8,5 Liter für 100 km gesunken.
    Das sind minus 22 Prozent.
    Und dass dieser technische Fortschritt rückgängig gemacht wird, ist ebenfalls kaum zu erwarten.
    Mit einem Preisanstieg für Öl ist erst in der ersten Hälfte der 90er Jahre zu rechnen, und zwar von der Angebotsseite her.
    Denn dann erschöpfen sich die Ölvorkommen in der Nordsee.
    Jetzt wird wegen der niedrigen Preise die Suche nach neuen, teuren Vorkommen aus den Investitionsplänen der Ölfirmen gestrichen.
    Und dann könnt ihr die OPEC wieder Oberwasser bekommen und die Preisschraube anziehen.
    Das war ein Beitrag von Herbert Hutter über längerfristige Ölpreisentwicklungen.
    Und internationale sowie Kulturthemen beherrschen auch die verbleibende zweite halbe Mittagsjournalstunde.
    Wir planen Berichte zu folgenden Schlagzeilen.
    Die vom spanischen Premier González angekündigte Vorverlegung der Parlamentswahlen, drastische Sicherheitsmaßnahmen für USA-Bürger in der Bundesrepublik Deutschland, die DDR abseits des gestern zu Ende gegangenen SED-Parteitags,
    Akira Kurosawas Königlierfilmran und ein Interview mit George Tabori über seine Pläne als designierter Direktor des Wiener Schauspielhauses.
    In Spanien hat Ministerpräsident Felipe González für den 22.
    Juni vorgezogene Parlamentswahlen angekündigt.
    Ursprünglich waren diese Wahlen für Oktober vorgesehen gewesen.
    Premier war der nicht zuletzt auch von seiner jugendlichen Ausstrahlungskraft profitierende spanische Sozialistenführer Anfang Dezember 1982 geworden, nachdem seine Partei bei den vorangegangenen Wahlen ihren Stimmenanteil von 30,5 auf über 46 Prozent steigern und damit eine klare, absolute Mandatsmehrheit erringen konnte.
    Die einst im Wahlkampf verweckten großen Hoffnungen, nicht zuletzt auf sozialem Sektor, konnte die sozialistische Regierung in der jüngsten Demokratie Europas nicht erfüllen.
    Und vom Wahlversprechen, Spanien aus der NATO herauszuführen, rückte González überhaupt völlig ab.
    Ein Referendum über den Verbleib des großen iberischen Staates im westlichen Militärbündnis ging vor wenigen Wochen nach massivem Pro-NATO-Engagement González eher überraschend deutlich im Sinne des Premiers aus.
    Und vor dem Hintergrund der so dokumentierten Stärke wurden nun die Parlamentswahlen vorgezogen.
    Aus Madrid berichtet Robert Gerhardt.
    Würde heute gewählt, dann hätten die spanischen Sozialisten und ihre Regierung erneut die absolute Mehrheit.
    Nach der jüngsten Meinungsumfrage eines seriösen Instituts geben 47 Prozent der Spanier den Sozialisten ihre Stimme.
    Also, der Augenblick kann kaum günstiger sein.
    Wen wird es da überraschen, wenn der junge Regierungssprecher Solana salopp erklärt, am 22.
    Juni vorgezogenen Neuwahlen zum Parlament.
    Egal ob Juni oder Oktober, die Legislaturperiode ist ausgeschöpft.
    Und damit basta.
    Fragen der Journalisten auf der gestern Abend eilig eingerufenen Pressekonferenz in Madrid werden nicht beantwortet.
    In der arrogant vom Blatt verlesenen Mitteilung der Regierung heißt es noch, nationale Interessen haben zu dieser Entscheidung geführt, die Wahlen um etwa drei Monate vorzuziehen.
    Das ist natürlich Parteipolitik patriotisch eingefärbt.
    Pragmatische, politische und wirtschaftliche Erwägungen wurden gebündelt und sie alle fügen sich sehr günstig, für die mit absoluter Mehrheit regierenden Sozialisten wieder die absolute Mehrheit zu erringen.
    Die auf den 22.
    Juni vorgezogenen Neuwahlen fallen zusammen mit den Wahlen in Andalusien, der größten und bevölkerungsreichsten Region von Spanien.
    Dadurch sparen die Parteien, dadurch spart der Staat viel Geld.
    Doch die Neuwahlen helfen der Regierung, noch andere Faktoren auszunutzen.
    Die Wirtschaftslage ist gut, die Währung stabil, die Inflation auf 8% eingedämmt.
    Spanien steckt in der optimistischen Stimmung nach dem EG-Beitritt vollwertiges Mitglied der europäischen Gemeinschaft zu sein.
    Das NATO-Referendum ist positiv für das Regierungsprojekt verlaufen, der politische Horizont zeigt sich also ohne Wolke.
    Die Demokratie ist stabil, von Putsch redet keiner mehr, das Wahlprogramm der Sozialisten konnte fast erfüllt werden.
    Das alles sind Pluspunkte.
    Es kommen weitere hinzu.
    Die konservative Opposition krankt, sie kann keine Alternative bieten, ist außerdem mit engstirnigen Flügelkämpfen und Koalitionsgerangel befasst.
    Liberale und Christdemokraten möchten ihrem Führer, dem Ex-Francominister Frager, nicht mehr bedingungslos folgen.
    Die Wahlen wollen sie noch gemeinsam machen.
    Die Volksallianz erklärt sich heute, vorbereitet zum Urnengang anzutreten.
    Allein von der Durchspaltung kleingewordenen kommunistischen Partei kommt Protest.
    Die KP Spanien steckt gerade im Prozess der Wiedervereinigung und da kommen natürlich vorgezogenen Neuwahlen höchst ungelegen.
    Die Regierung kann darauf keine Rücksicht nehmen.
    Sie nutzt die Gunst der Stunde.
    In fast vier Jahren wurde Spanien auf den Weg der Modernisierung gebracht und das demokratische System stabilisiert.
    Die Sozialisten zeigten sich als solide Staatsverwalter.
    Allerdings, die soziale Umgestaltung gelang ihnen nicht.
    Auch deshalb vorgezogene Neuwahlen.
    Der Herbst kann heiß werden.
    Arbeitslosigkeit über drei Millionen und soziale Unzufriedenheit wachsen.
    Neuwahlen vor der langen Sommerpause während der Fußball-Weltmeisterschaft in Mexiko.
    Neuwahlen vor dem Hintergrund wirtschaftlicher Hochkonjunktur und mit optimistischen Meinungsumfragen.
    kein besserer Zeitpunkt für den erneuten Sieg der Sozialisten in Spanien.
    Aus Madrid berichtete Robert Gerhard.
    Es ist 12.33 Uhr, drei Minuten nach halb eins.
    Im UNO-Weltsicherheitsrat scheiterte, wie in den Nachrichten gemeldet, also in der vergangenen Nacht eine von blockfreien Staaten eingebrachte Resolution zur Verurteilung des USA-Bombardements libyscher Städte vor einer Woche am Veto der USA, Großbritanniens und Frankreichs.
    Für den Resolutionsentwurf stimmten sechs blockfreie Staaten, die UdSSR und China.
    In der Bundesrepublik Deutschland war gestern die schon am Freitag erfolgte Verhaftung eines staatenlosen Palästinensers bekannt geworden, der dringend verdächtigt ist, für den Bombenanschlag auf die Westberliner Diskothek Labelle vor mehr als zwei Wochen verantwortlich zu sein.
    Die USA behaupten bekanntlich, dieses Attentat sei auf Veranlassung Muammar Gaddafis durchgeführt worden und begründeten unter anderem damit ihre Bombardements von Tripolis und Benghazi.
    Nach dieser US-Militäraktion herrscht aber nun eher noch mehr als weniger Terrorangst als zuvor.
    Und nicht zuletzt in der Bundesrepublik Deutschland wurden besondere Schutzmaßnahmen für US-Bürger ergriffen, berichtet Michael Kerbler.
    In den Hausdruckereien der Amerikaner, gleichgültig ob in den Militärstützpunkten in Heidelberg, Heilbronn, München oder in der geteilten Stadt Berlin, laufen die Maschinen auf Hochtouren.
    Zehntausende Flugblätter werden fertiggestellt, gebündelt und an den Zufahrten zu Militärstützpunkten bzw.
    an amerikanischen Wohnvierteln verteilt.
    Condition Red steht in dicken Lettern auf diesen Flugzetteln.
    Alarmstufe 1 wird ausgerufen.
    Die etwa 250.000 amerikanischen Soldaten werden dazu angehalten, zwischen Mitternacht und 5 Uhr früh zu Hause zu bleiben.
    Es wird geraten, Bars, Restaurants und Theater, die üblicherweise von Amerikanern frequentiert werden, zu meiden.
    Die Amerikaner haben Angst.
    Angst vor einem Vergeltungsschlag arabischer Terroristen gegen zivile oder militärische Einrichtungen nach dem Angriff amerikanischer Streitkräfte auf Tripolis und Benghazi vor einer Woche.
    Manche der amerikanischen Siedlungen scheint sich in einem Belagerungszustand zu befinden.
    Militär-Lkw und Anhänger blockieren Zufahrtswege.
    Kamikaze-Angriffe mit Fahrzeugen, die mit Sprengstoff vollgepackt sind, sollen damit schon im Ansatz vereitelt werden.
    An den Einfahrtsstraßen amerikanischer Stützpunkte bilden sich oft deshalb kilometerlange Staus, weil jedes Fahrzeug, auch solche von amerikanischen Armeeangehörigen, aufs genaueste untersucht werden.
    Mit Spiegeln wird sogar nach Bomben und Waffen gesucht, die am Fahrzeugboden versteckt befestigt sein könnten.
    Aber nicht nur vor amerikanischen Einrichtungen patrouillieren Sicherheitsstreitkräfte mit der Waffe im Anschlag.
    In Bonn etwa wurden während des gegenwärtigen Besuchs von Italiens Staatspräsident Corsiga hunderte zusätzliche Polizisten aufgeboten.
    Auf den Fahrtrouten, die Corsiga durch die Stadt zurücklegt, stehen alle 20 Meter Polizeibeamte.
    An neuralgischen Punkten bewachen von Hausdächern aus bewaffnete Antiterrorspezialisten Zufahrtswege und Kreuzungen.
    Auch auf bundesdeutschen Flughäfen gelten seit einigen Tagen besondere Sicherheitsbestimmungen für amerikanische und britische Flugzeuge.
    Denn nicht nur für TWA-Maschinen, sondern auch für die British Airways gilt erhöhte Alarmbereitschaft.
    Der Grund?
    Vom Boden Englands aus waren amerikanische Kampfbomber zum Vergeltungsschlag gegen Libyen aufgestiegen.
    Nicht nur mit Metalldetektoren werden die Fluggäste kontrolliert, auch Leibesvisitationen werden im Verdachtsfall vorgenommen.
    Am Berliner Flughafen Tegel wird per Lautsprecher und Leuchtschrift in kurzen Abständen an die Fluggäste appelliert, Gepäck niemals unbeaufsichtigt herumstehen zu lassen.
    Der Aufruf erfolgt in deutscher und englischer Sprache.
    Berlin gilt übrigens als besonders gefährdet, seitdem in der Diskothek Labelle eine Bombe explodierte, die Tote und Verletzte forderte.
    Übrigens, seit dem Wochenende befindet sich ein erster Verdächtiger mit Namen Ahmed Navnat Mansurhazi in Haft.
    Der Palästinenser wurde nach übereinstimmenden Aussagen von mehr als 100 Gästen vor dem Attentat in dem Lokal gesehen.
    Es ist der Bruder Nezar Hidanis, also jenes Mannes, der in London seiner schwangeren Freundin eine Bombe ins Handgepäck schmuggelte.
    Terrorziel in Heathrow war eine El Al-Maschine.
    Amerikaner und Briten in der Bundesrepublik Deutschland ziehen es jetzt eher vor, nach Dienstschluss in ihren Stützpunkten zu bleiben.
    Das hat zur Folge, dass Freizeiteinrichtungen wie Kinos, Bowlinghallen, Bars und Diskotheken einen spürbaren Besucherschwund verzeichnen.
    Ein Berliner Diskothekbesitzer beschreibt die Stimmung im Lokal knapp mit, hier ist absolut tote Hose.
    Ja, sogar Basketball-Meisterschaftsspiele der US-Armee in Europa wurden aus Sicherheitsgründen in der vergangenen Woche abgesagt.
    Die Amerikaner igeln sich also ein.
    So unangenehm die empfohlenen Beschränkungen von vielen Amerikanern empfunden werden, so mancher gewinnt den Restriktionen doch noch eine positive Seite ab.
    Der gegenwärtig sinkende Kurswert der amerikanischen Währung minderte in den letzten Wochen spürbar die Kaufkraft des Dollars.
    da fällt es schon leichter, auf den Disco-Besuch zu verzichten und sich wieder an die Vorzüge der preisgünstigeren Militärkantine zu erinnern.
    In der DDR ist gestern der Parteitag der SED zu Ende gegangen.
    Jener Partei, die vor fast genau 40 Jahren durch die Zwangsvereinigung der SPD und der KPD in der damaligen deutschen Ostzone entstand.
    Aus dieser Ostzone hat sich, das konstatierten anlässlich des jetzigen Parteitags auch konservative Kommentatoren, inzwischen die DDR zum bestfunktionierenden Wirtschaftsgefüge des Ostens gemausert.
    Und aus diesem Grund gab es in den letzten Tagen beim SED-Parteitag, zum Unterschied zu den vorangegangenen Parteitagen in der UdSSR, in Bulgarien und der CSSR, auch kaum wirtschaftsselbstkritische Töne.
    Selbst als KPDSU-Generalsekretär Gorbatschow von schwersten Fehlern der Vergangenheit in der UdSSR sprach, rief dies nur steinerne Gesichter der SED-Delegierten als Reaktion hervor.
    Gorbatschow sagte, die kürzlich beim 27.
    Parteitag der KPDSU vorgebrachte Kritik sei berechtigt und nicht überzogen gewesen.
    Was einen DDR-Funktionär am Rande des SED-Parteitags zur Feststellung veranlasst haben soll, wir haben den 27.
    Parteitag schon vor zehn Jahren absolviert, auf unserem 9.
    Parteitag.
    Für die Wirtschaftserfolge der DDR hatte Gorbatschow auch ein, seitdem es gestern ausgesprochen wurde, fast schon zum Geflügelten Wort gewordenes, Boumeau-Parade gehabt.
    In dem er DDR als Abkürzung für Dawei-Dawei-Roboti, was ungefähr so viel wie Gemma-Gemma-Arbeiten heißt, definierte.
    Wenn man sich in der DDR aber genau umschaut, kann man dort trotz aller Wirtschaftserfolge und stolz zur Schau getragenem Selbstbewusstsein auch zur offiziellen Realität Widersprüchliches finden, berichtet Barbara Kudenhofe-Kalergi.
    DDR-Konsumenten sprechen von einer Dreiklassengesellschaft in ihrem Land.
    Erste Klasse, Intershop-Kunden.
    Zweite Klasse, Exquisit- und Delikat-Kunden.
    Dritte Klasse, Kaufhalle-Kunden.
    Im Intershop kann man westliche Waren kaufen, wenn man Westgeld hat.
    Exquisit und Delikat heißen die neuen Ladenketten für teure Güter des gehobenen Bedarfs.
    Und die Kaufhallen schließlich halten die preiswerten Dinge für den Normalverbraucher-Pfeil.
    Vor allem die zweite Klasse hat dafür gesorgt, dass Geld plötzlich in der DDR wieder wichtig geworden ist.
    Lebensmittel sind hier grundsätzlich immer noch sehr billig, aber viele bekommt man auf einmal nur noch im Delikatladen, kurz Deli genannt.
    Schwarzer Tee, Ölsardinen, guter Käse.
    Alle diese Dinge sind zwar nicht offiziell verteuert worden, aber es gibt sie plötzlich nicht mehr unter dem normalen Namen in der Kaufhalle, sondern unter einem anderen Namen im Deli und dreimal so teuer.
    Rund dreimal so teuer wie die normalen sind auch die Kleidungsartikel im Exquisit.
    Bei einem Durchschnittsverdienst von rund 1000 Mark kosten hier modische Jacken oder Hosen 200 bis 400 Mark.
    Für modebewusste junge Leute sind Sachen aus dem Exquisit längst ein Statussymbol.
    Dass die Sachen teurer werden, sehen die Leute ein.
    Weniger schon, dass die Teuerung nicht offen zugegeben, sondern auf verstecktem Weg eingeführt wird.
    Ebenso ist man einverstanden mit der sichtbaren Verschönerung der Hauptstadt Ost-Berlin, in die im Hinblick auf die kommende 750-Jahr-Feier Milliarden gesteckt wurden.
    Der Nachteil?
    Für die Provinzstädte bleibt kein Geld übrig.
    Viele ziehen deshalb aus den verfallenden Kleinstädten in die Hauptstadt.
    Hauptgrund für Ärger unter den DDR-Bürgern ist aber die Unmöglichkeit zu reisen.
    Nicht nur der Westen ist verschlossen, sondern in zunehmendem Maß auch die Oststaaten, vor allem Polen und Ungarn.
    Erst vor kurzem hat die Arbeitsgemeinschaft der Friedenskreise der Evangelischen Kirche in dieser Frage einen Protestbrief an die Volkskammer, das DDR-Parlament geschrieben.
    In erster Linie gilt der Protest der evangelischen Christen freilich der nach wie vor geltenden Diskriminierung praktizierender Christen in der Karriere und die zunehmende Militarisierung der Erziehung.
    Lehrling kann zum Beispiel nur werden, wer die vormilitärische Ausbildung absolviert hat.
    Die Berlin-Brandenburgische Synode hat darüber kürzlich öffentlich ihre Sorge ausgedrückt.
    Etwas leichter ist es in den letzten Jahren mit der Ausreise geworden, also mit der Emigration in den Westen.
    20.000 haben heuer schon das Land in Richtung Bundesrepublik verlassen.
    Seit April gibt es in Ostberlin neben dem Innenministerium vier zusätzliche Stellen, bei denen man die Ausreise beantragen kann.
    Wer die ständige politische Bevormundung absolut nicht aushält, so scheinen sich die Behörden zu sagen, der soll gehen.
    Das ist, neben der ganz guten Wirtschaftslage, auch der Hauptgrund, warum es in der DDR keine ernstzunehmende Opposition gibt, wie in Polen, Ungarn oder Böhmen.
    Vorsichtige Kritik am Regime üben neben den Kirchen einige Künstler, einige unzufriedene Junge und einige unermüdliche Mitglieder der Friedensbewegung.
    21 von ihnen haben in einem Brief an den eben zu Ende gegangenen Parteitag mehr Mitbestimmung der Bürger gefordert.
    Eine Antwort haben sie nicht bekommen.
    Von der DDR, wie sie sich abseits des gestern zu Ende gegangenen SED-Parteitags darstellt, berichtete Barbara Kudenhofe-Kalergi.
    Und bevor wir jetzt zu den Kulturbeiträgen im Mittagsschornal kommen, quasi zur Einstimmung eine Minute Johann Sebastian Bach.
    Das war's für heute.
    Das war's für heute.
    12.45 Uhr, Dreiviertel eins
    So entscheidende Veränderungen, wie sie nun bald Realität werden, gab es im Wiener Theaterleben schon seit Jahrzehnten nicht.
    Die neuen Direktoren Klaus Paimann und Boi Gobert für Burg und Josefstadt, die Wiederbelebung des Ronacher und jetzt die durchaus als sensationell zu wertende Bestellung von Giorgio Tabori als Nachfolger von Hans Gratzer im Wiener Schauspielhaus ab dem kommenden Jahr.
    Der 1914 in Budapest geborene Tabori emigrierte 1936 nach England und in den 40er und 50er Jahren arbeitete er als Autor und Regisseur in Hollywood und New York und gehört seit 1971 zu den eigenwilligsten und interessantesten Theaterpersönlichkeiten des deutschsprachigen Raums.
    Bei den vorjährigen Wiener Festwochen wurden drei Inszenierungen von ihm gezeigt.
    Beckert's Warten auf Godot und seine ripides Bearbeitung M aus den Münchner Kammerspielen sowie als Produktion der Berliner Schaubühne Verhör.
    Mit George Tabori führte Erich Gabriel das folgende Interview.
    Herr Tabori, Sie haben sehr intensiv mit Gruppen zusammengearbeitet.
    Direktion haben Sie bisher noch nie übernommen.
    Nein, das war eine Zeit auch nicht nötig, weil es war eine Zeit lang eine etwas einmalige Möglichkeit in der Bundesrepublik im Rahmen eines großen Theaters eine Art von Gruppenarbeit zu machen.
    Das ist jetzt seit ein paar Jahren aus, ich nehme an, strukturellen und theaterpolitischen Gründen nicht möglich.
    Ich würde sagen, seit sieben Jahren habe ich immer nur in den größeren Häusern gearbeitet.
    Und hier scheint mir eine Möglichkeit zu sein, am Schauspielhaus diese Art von Arbeit autonom weiterzuentwickeln.
    Und wie Sie sagen, das heißt also Direktion.
    Aber ich würde es eher als künstlerische Leitung benennen.
    Und wie soll das funktionieren?
    Werden Sie das fortsetzen, was Hans Gratzer begonnen hat, oder werden Sie es ganz verändern?
    Das ist schon ein neuer Anfang.
    Ich versuche eine gewisse Kontinuität mit dem Stab, mit den Leuten, die schon da sind und die weitermachen wollen.
    diese Kontinuität zu behalten.
    Aber die Kontinuität besteht eher im Sinne, dass das Schauspielhaus, soweit ich weiß, war eine Art von Alternative zu den großen Häusern.
    Und das wird es auch jetzt sein.
    Werden Sie wieder eine eigene Gruppe bilden?
    Ja.
    Ich glaube schon, wenn man das so nennen will.
    Also eine Gruppe ist eigentlich nichts anderes als ein kleines Ensemble, das mein Wunsch wäre.
    Und wie weit das möglich ist, das weiß ich momentan nicht.
    Wir haben ja die Situation in Details nicht untersuchen können.
    Werden Sie Ihre Theaterarbeit in Berlin und München einschränken?
    In Berlin habe ich schon, ich bin von Berlin vor zwei Jahren weggezogen.
    Meine Beziehung zu Kammerspiele bleibt, ich hoffe, organisch.
    Ich möchte ganz gewiss meine Beziehung, also dort weiter gelegentlich was machen.
    Dasselbe gilt übrigens für Palma, mit dem ich auch seit Jahren eine sehr
    ...produktive Zusammenarbeit hatte und ich hoffe, dass das hier auch weitergeht.
    Es war ja auch eine Inszenierung schon projektiert, nicht?
    Ja, das bleibt auch klar, ja.
    Was wird das sein?
    Das ist ein Stück von mir, was wir im September anfangen.
    bei Peimann, dass all diese Pläne bleiben, so wie es bisher war, und wann ich genau anfange an das Schauspiel aus, das ist momentan noch offen.
    Also die Meldungen lauteten, dass Sie ab 87 beginnen.
    Ja, also es sollte in 87 sein irgendwann, aber die genaue Zeit, das muss man jetzt noch verhandeln.
    Wie liegt das Budget von Hans Grazer, werden Sie das ungefähr übernehmen oder gibt es da eine Änderung?
    Darüber haben wir noch nicht gesprochen.
    Ich habe nur Zahlen gehört, was das genau bedeutet und was ich damit anfangen kann, das weiß ich nicht.
    Falls ich etwas vorsichtig klinge, ich muss etwas klar machen, ich bin nicht so ein Mensch,
    monatelang verhandelt und Politik spielt diese Spiele, also dieses Verhalten weg ist für mich fremd, neu und es interessiert mich auch.
    Erich Gabriel sprach mit dem designierten Direktor des Wiener Schauspielhauses, George Tabori.
    Und zwischendurch jetzt ein Programmhinweis für Theaterfreunde.
    Heute Nachmittag sendet Österreich 1 ab 17.15 Uhr eine Aufzeichnung der gestrigen Feierstunde für den 90-jährigen Attila Hörbiger im Burgtheater.
    Unter anderem würdigten dabei, wie berichtet, Burgchef Achim Benning sowie Hans Thiemig und Erika Pluha den Jubilar.
    In den österreichischen Kinos läuft Freitag der japanische Großfilm Ran an.
    Ran, was auf japanisch so viel wie Aufruhr und Chaos bedeutet, ist eine freie Bearbeitung des König-Lier-Stoffes und stammt vom inzwischen 76-jährigen Akira Kurosawa.
    Mit Werken wie Rashomon und Die Sieben Samurai hat Kurosawa auch im Westen für Aufsehen gesorgt und ganze Filmgattungen wie den Italo-Western beeinflusst.
    Die insgesamt fast 200 Millionen Shilling, die Ran umgerechnet gekostet hat, wurden denn auch mit westlicher Finanzhilfe aufgebracht.
    Bei der heurigen Oscar-Verleihung hat Ran eine Auszeichnung für die besten Kostüme erhalten.
    Den nun folgenden Beitrag hat Hans Langsteiner gestaltet.
    Noch einmal blickt der grosse alte Mann nach Westen.
    Kein anderer japanischer Regisseur hat sich so stark von westlicher Kultur und Literatur inspirieren lassen, wie der nun 76-jährige Akira Kurosawa.
    Kein Japaner hat andererseits aber auch mehr Nachahmer in Hollywood und Chinechita gefunden als er.
    Ohne die sieben Samurai keine glorreichen Sieben.
    Und als Sergio Leone einst Kurosawas Film »Yojimbo, der Leibwächter« Bild für Bild nachträte, war, für eine Handvoll Dollar, der Italo-Western geboren.
    So billig gab es Kurosawa nicht.
    Seine Dostoyevsky- und Gorky-Verfilmungen sind eigenständige Neufassungen der literarischen Vorlagen.
    Und aus Shakespeare's Macbeth machte Kurosawa 1957 den Streifen Das Schloss im Spinnernetz.
    Eine düstere Studie über den Untergang aller Macht.
    Jetzt, ein Vierteljahrhundert später, hat Kurosawa dieses Thema wieder aufgegriffen.
    Abermals japanisches Mittelalter, abermals Zerfall der Macht, abermals Shakespeare.
    Nur statt Macbeth diesmal König Lear.
    Akira Kurosawa...
    Zuerst war er ein sehr guter Arzt.
    Macbeth hat ja den Gipfel seiner Macht erreicht.
    Sein Wahnsinn kommt nicht so zum Ausbruch.
    Lear dagegen wird durch den Verrat seiner Töchter gestürzt.
    Sein Fall ist viel tiefer.
    Der alte Fürst Hidetora, in meinem Film, übergibt die Macht seinen Söhnen, um selbst in Ruhe zu leben.
    Das ist sein Fehler, denn die Söhne wandeln sich, kaum an die Macht gekommen, zum Bösen.
    Und Hidetora findet sein wahres Glück erst als Bettler.
    Mein Ausgangspunkt war eben die Idee, dass jeder, der Macht errenkt, davon auch korrumpiert wird.
    Etwas, das sich in der Geschichte ja immer wieder wiederholt hat.
    Auch wenn ein normaler Durchschnittsbürger an die Macht kommt, setzt ein Verfallsprozess ein.
    Diese Tragödie der Menschheit wollte ich zeigen.
    Aus Shakespeare's Töchtern hat Kurosawas Söhne gemacht, unter denen der Greisekönig sein Reich verteilt.
    Die Teilung der Macht ist zugleich der Anfang vom Ende.
    Ganze Völker zerfleischen sich im Bruderkrieg, während der König blind und wahnsinnig verdämmert.
    Die Figur eines der Söhne formuliert Kurosawas pessimistische Weltsicht.
    In was für einer Welt leben wir denn?
    In einer grausamen Welt, in der es weder Treue noch Menschlichkeit gibt.
    Auch wir sind Kinder dieser Zeit.
    Aufgewachsen in Zwietracht und in Chaos.
    Und dennoch glaubt ihr, ihr könnt auf unsere Treue zählen, nur weil wir eure Söhne sind.
    Deswegen, Vater, seid ihr in meinen Augen nichts als ein alter Tor.
    Ein seniler alter Tor.
    Vor allem die gigantischen Schlachtenpanoramen verleihen Rahn seine archaische Wucht.
    1400 mittelalterliche Rüstungen hat Kurosawa nachbauen lassen.
    Eine ganze Burg geht in roten Flammen auf und die Statistenheere sprengen beinahe das Bild.
    Was in Hollywood indes zur bloßen Materialschlacht geriete, verdichtet sich bei Kurosawa zu apokalyptischen Visionen.
    Seine Schlachtenszenen sind streng stilisiert.
    Die senkrechten Lanzen bilden mit dem waagrechten Pulverdampf aus den alten Gewehren fast abstrakte Muster.
    Und wenn sich Pfeile in Augäpfel bohren und das Blut aus geköpften Rümpfen schießt, dann unterlegt Kurosawa diese Schreckensbilder mit der trügerisch sanften Musik, die sie gerade im Hintergrund hören.
    Bis der Knall eines Schusses plötzlich Bild und Ton zusammenführt.
    Im Schlussbild von Rahn, allein und isoliert, tappt ein blinder Knabe vor rotleuchtendem Abendhimmel auf einer Felsklippe einem Abgrund zu, während eine einsame Flöte das Ende aller Tage suggeriert.
    Filme wie Rahn, millionenteure, überlebensgroße Kinokunst wie diese, wird es nicht mehr lange geben.
    Von König Lear à la Japan, dem jüngsten Film Akira Kurosawas, jetzt, fünf Minuten vor 13 Uhr, wieder zur Tagesrealität, zu Herbert Slawik ins Nachrichtenstudio.
    Österreich.
    Bundespräsident Kirchschläger hält heute Abend die mit Spannung erwartete Fernsehansprache.
    Kirchschläger nimmt darin zu den ihm vom jüdischen Weltkongress und von der UNO übermittelten Akten zur Vergangenheit von Präsidentschaftskandidat Kurt Waldheim Stellung.
    Die Ansprache wird ab 20.15 Uhr in FS1 und zeitgleich im Hörfunkprogramm Österreich 1 ausgestrahlt.
    Jugoslawien.
    Die amtliche Nachrichtenagentur TANJOK nimmt erstmals zur Vergangenheit Waldheims Stellung.
    Unter anderem heißt es in der Meldung, Waldheim sei Mitglied des Stabes der deutschen Kampfgruppe West-Bosnien gewesen, die 1942 im Gebiet der Kosara-Berge, nordwestlich von Banja Luka, zehntausende unbewaffnete Männer, Frauen und Kinder umgebracht hat.
    Ein Urteil über eine eventuelle Beteiligung Waldheims an Kriegsverbrechen könne allerdings nur aufgrund sämtlicher Dokumente aus den Archiven der Siegermächte gefällt werden, meint Tanjuk.
    Österreich.
    In einer ersten Stellungnahme zur Tanjuk-Meldung hieß es aus dem Waldheim-Büro, es sei dies die Wiederholung bereits mehrfach veröffentlichter Meldungen, die erwiesenermassen falsch seien.
    Kurt Waldheim sei während des angegebenen Zeitraumes als Verbindungsoffizier zwischen italienischen und deutschen Truppen 200 Kilometer südlich von Bagna Luca eingesetzt gewesen.
    ÖVP-Generalsekretär Graf legte heute eine Erklärung von neun namhaften Wissenschaftlern über den Lebenslauf von Kurt Waldheim vor.
    Darin heißt es, die vom jüdischen Weltkongress vorgelegten Dokumente ließen die Interpretation nicht zu, Waldheim sei Kriegsverbrecher und mit Spezialaufgaben betraut gewesen, die Hinrichtungen, Festnahmen und Deportationen umfasst hätten.
    Die Erklärung ist unter anderem von den Historikern Erika Weinzierl, Gerald Sturz und Ernst Bruckmüller unterfertigt.
    Bundeskanzler Sinovac hat nach dem Ministerrat jede Stellungnahme zu der von Bundespräsident Kirchschläger für heute Abend angekündigten Ansprache abgelehnt.
    Zu Waldheim meinte Sinovac neuerlich, es sei ein sorgloses Umgehen mit der Wahrheit, wenn man aus seinem Leben etwas verschweige.
    Einen so umstrittenen Präsidentschaftskandidaten wie Waldheim habe es noch nie gegeben.
    Zu Vorwürfen gegen Präsidentschaftskandidat Steirer, es sei 1945 eine Abtreibungsaffäre untersucht worden, sagte der Kanzler, es habe nie ein Verfahren gegeben, weil nie etwas gewesen sei.
    Das engere Parteipräsidium der SPÖ hat den ÖVP-Abgeordneten Heribert Steinbauer und Teile der Volkspartei beschuldigt, eine schmutzige Verleumdungskampagne gegen den sozialistischen Präsidentschaftskandidaten Kurt Steirer zu führen.
    Das Parteipräsidium erklärt, es sei sicher, dass die anständigen Österreicher auf diese ÖVP-Taktik die entsprechende Antwort erteilen werden.
    Die Fraktion Christlicher Gewerkschafter hat sich bei Kurt Steirer für ein Flugblatt entschuldigt, in dem dem SPÖ-Kandidaten ein nicht intaktes Familienleben vorgeworfen worden ist.
    In dem Brief an Steirer heißt es, man wolle nicht den Anschein der Unfairness bestehen lassen und nehme die Vorwürfe mit dem Ausdruck des Bedauerns zurück.
    Der ehemalige Chefredakteur der Wiener Zeitung, Rudolf Antoni, ist heute im Alter von 65 Jahren in Wien gestorben.
    Antoni war auch Präsidiumsmitglied der österreichischen Journalistengewerkschaft und langjähriges Vorstandsmitglied der Vereinigung der Parlamentsredakteure.
    Großbritannien.
    Die Regierung in London hat heute die Ausweisung von 19 libyschen Studenten aus Großbritannien angeordnet.
    Die Libyer, die angeblich an sicherheitsgefährdenden Aktivitäten teilgenommen haben, wurden in Abschiebehaft genommen.
    Nun noch das Wetter für Österreich bis zum Abend.
    Im Westen und Südwesten teilweise stärker bewölkt und etwas Regen, sonst sonnig.
    Nachmittagstemperaturen 17 bis 23 Grad.
    Nachrichten und das Wetter standen am Ende des Mittagsschanals.
    Auf Wiederhören sagt ihnen im Namen von Redaktion und Technik Fritz Wendl.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1986.04.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Beitrag unvollständig, Beginn fehlt, Bandaufnahme unvollständig !!! , Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1986.04.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Pressegespräch Michael Graff - Waldheimdebatte
    Einblendung: Michael Graff
    Mitwirkende: Hauer, Ernest [Gestaltung] , Graff, Michael [Interviewte/r]
    Datum: 1986.04.22 [Sendedatum]
    Ort: Wien, Bundeskanzleramt, Ballhausplatz [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Politik ; Medien und Kommunikation ; Wissenschaft und Forschung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Pressefoyer nach Ministerrat - Waldheimdebatte
    Einblendung: Fred Sinowatz
    Mitwirkende: Pesata, Fritz [Gestaltung] , Sinowatz, Fred [Interviewte/r]
    Datum: 1986.04.22 [Sendedatum]
    Ort: Wien, Bundeskanzleramt, Ballhausplatz [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Politik ; Wissenschaft und Forschung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Letzter Stand Bundesländerversicherungsaffäre
    Mitwirkende: Adrowitzer, Roland [Gestaltung]
    Datum: 1986.04.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    OECD - Studie über langfristige Auswirkungen des Ölpreises
    Mitwirkende: Hutar, Herbert [Gestaltung]
    Datum: 1986.04.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Wirtschaft ; Technik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Vorverlegung der Wahlen in Spanien
    Mitwirkende: Gerhardt, Robert [Gestaltung]
    Datum: 1986.04.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Rigorose Sicherheitsvorkehrungen für Amerikaner in der BRD
    Mitwirkende: Kerbler, Michael [Gestaltung]
    Datum: 1986.04.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Medien und Kommunikation ; Technik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    DDR: Parteiprogrammatik und davon abweichende Ideen
    Mitwirkende: Coudenhove-Kalergi, Barbara [Gestaltung]
    Datum: 1986.04.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    George Tabori über seine Pläne für Wiener Schauspielhaus ab 1987
    Interview: George Tabori
    Mitwirkende: Gabriel, Erich [Gestaltung] , Tabori, George [Interviewte/r]
    Datum: 1986.04.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Kultur ; Theater ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    "Ran" König Lear - Film von Akira Kurosawa
    Einblendung: Akira Kurosawa, Szenenausschnitt
    Mitwirkende: Langsteiner, Hans [Gestaltung] , Kurosawa, Akira [Interviewte/r]
    Datum: 1986.04.22 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Wissenschaft und Forschung ; Film ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1986.04.22
    Spieldauer 00:57:17
    Mitwirkende Wendl, Fritz [Moderation] [GND]
    Kronsteiner, Manfred [Regie]
    ORF [Produzent]
    Datum 1986.04.22 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-860422_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

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    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt