Mittagsjournal 1987.06.27

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    KI-generiertes Transkript

    Die Zeit, in 5 Sekunden ist es 12 Uhr.
    12 Uhr.
    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Guten Tag meine Damen und Herren, beim Mittagschanal begrüßt Sie Edgar Sterbens.
    Die Schlagzeilen lauten.
    Österreichische Spitzenpolitiker verurteilen scharf jede Form des Antisemitismus.
    Bundeskanzler Franz Franitzki erklärt beim Landesparteitag der Wiener Sozialisten wörtlich, wir müssen uns kompromisslos gegen jeden Akt des Antisemitismus, gegen Ausländerhass und Religionshass zur Wehr setzen.
    Vizekanzler Alois Mopko und Innenminister Carl Blecher kündigen an, man werde alles tun, um ein Wiedererwachen des antisemitischen Ungeistes zu verhindern.
    Weitere Themen unserer Berichterstattung, das in- und ausländische Medienecho auf den ersten Staatsbesuch Bundespräsident Kurt Waldheims, die Eröffnung des Blabutschtundels, die Reformpolitik Michael Gorbatschows aus der Sicht eines amerikanischen Sowjetunion-Experten und eine Vorschau auf den heurigen Wiener Musiksommer.
    Im Journal zu Gast ist Ottmar Karras, der Obmann der jungen ÖVP und seit einer Woche der Schwiegersohn des Bundespräsidenten.
    Erster Programmpunkt sind jetzt aber die Nachrichten, verfasst von Georg Schalgruber und gelesen von Karl Berger.
    Österreich.
    Vizekanzler, Außenminister Mock und Innenminister Blöcher haben sich heute in scharfen Worten gegen Antisemitismus und neonazistische Umtriebe gewandt.
    Mock hat ein Schreiben des Präsidenten der israelitischen Kultusgemeinde beantwortet, in dem dieser sich besorgt über eine Eskalation des Antisemitismus in Österreich geäußert hat.
    Mock erklärt, antisemitische Äußerungen, ob versteckt oder offen, seien aufs Schärfte zu verurteilen.
    Dies habe er, Mock, zuletzt in Rom und auch schon im Mai im Nationalrat immer wieder betont.
    Niemand solle die Polemiken der letzten Tage dazu benutzen, um in Antisemitismus zu verfallen.
    Man werde alles tun, um ein Wiedererwachen dieses Ungeistes zu verhindern.
    Blecher hat in einem Erlass an alle Sicherheitsbehörden die Anweisung gegeben, die gesetzlichen Bestimmungen gegen Aktivitäten neonazistischer Kreise rigoros anzuwenden.
    Blecher erklärt, die Zahl der Anhänger neonazistischer Ideologien sei in Österreich zwar geringer als in einigen anderen europäischen Ländern, dies entbinde aber nicht von der Aufgabe, den Anfängen zu wehren.
    Man könne es nicht zulassen, dass die jüdischen Mitbürger von einer kleinen Minderheit belästigt und die österreichische Jugend vom Gift des Neonazismus infiziert wird, schließt Innenminister Blecher.
    Bundespräsident Waldheim ist gestern Abend von seinem Staatsbesuch im Vatikan aus Rom zurückgekehrt.
    Als stärksten Eindruck seines Gesprächs mit Papst Johannes Paul bezeichnete Waldheim die Anerkennung der Rolle Österreichs für die Aufrechterhaltung des Friedens.
    Zu den Demonstrationen gegen seinen Besuch sagte der Bundespräsident, er habe in Rom keine Demonstranten zu Gesicht bekommen und erst nachher über die Medien davon erfahren.
    Die SPÖ Wien hält heute ihren Landesparteitag ab.
    Hauptthema der Beratungen, der etwa 1.000 Delegierten, dürfte der Bericht des Landesparteivorsitzenden und Nationalratspräsidenten Leopold Graz sein.
    Diskutiert wird über insgesamt 129 Anträge und Resolutionen sowie über die Grundsatzreferate von Bundeskanzler Franitzski und SPÖ-Vorsitzendem Sinovac.
    Der Plabutsch-Tunnel im Westen von Graz, der zweitlängste Straßentunnel Österreich, ist heute offiziell dem Verkehr übergeben worden.
    Das knapp zehn Kilometer lange Teilstück der Pörn Autobahn soll dazu beitragen, Graz vom internationalen Transitverkehr, vor allem vom Schwerverkehr zu entlasten.
    Die Baukosten für das Projekt betrugen 2,2 Milliarden Schilling.
    Man erwartet, dass der Tunnel von drei Millionen Fahrzeugen im Jahr benutzt wird.
    Die Erdölminister der OPEC setzen heute in Wien ihre Beratungen fort.
    Es gilt als wahrscheinlich, dass die Förderquoten von derzeit 15,8 Millionen Barrel pro Tag in der zweiten Jahreshälfte auf 16,6 Millionen gesteigert werden.
    Vizekanzler Außenminister Alois Mock gibt heute ein Mittagessen für die Teilnehmer der OPEC-Konferenz.
    Südkorea.
    Die regierungsfeindlichen Demonstrationen haben gestern einen neuen Höhepunkt erreicht.
    Die Polizei nahm bei Kundgebungen in Seoul und weiteren 36 Städten mehr als 3.400 Personen fest.
    Nach amtlichen Angaben beteiligen sich an den Protesten etwa 60.000 Menschen.
    Die Opposition spricht von einer fast Million Demonstranten.
    Sie wirft der Polizei vor, mit beispielloser Brutalität vorgegangen zu sein.
    Die regierende Demokratische Gerechtigkeitspartei hat heute zu einem Ende der Straßenproteste und zu neuen Verhandlungen aufgerufen.
    Sowjetunion.
    Parteichef Gorbatschow hat zum Abschluss der Plenarsitzung des Zentralkomitees alle Parteimitglieder dazu aufgerufen, sich ohne Rückhalt für eine radikale Wirtschaftsreform einzusetzen.
    Das Wesentliche sei zu handeln und zwar ohne Angst vor Fehlern, formulierte Gorbatschow.
    Durch eine Umbildung des Politbüros hat Gorbatschow seine politische Position gefestigt.
    Drei seiner engsten Gefolgsleute wurden neue Vollmitglieder.
    Unterdessen hat die Parteizeitung Pravda über die jüngsten Wahlen zu den lokalen Sowjets berichtet, dass von den etwa zwei Millionen Delegierten mehr als 50 Prozent keine Mitglieder der kommunistischen Partei seien.
    Ferner waren nach diesen Angaben etwa 50 Prozent der delegierten Frauen.
    Eine Wahlbeteiligung von mehr als 99 Prozent wird als Zeichen für das hohe politische Verantwortungsbewusstsein in der Bevölkerung gewertet.
    Europäische Gemeinschaft
    Die Außenminister der Gemeinschaft beraten heute und morgen in Brüssel über die Vorbereitung der IG-Gipfelkonferenz am kommenden Montag und Dienstag.
    Die Minister wollen einen letzten Versuch unternehmen, den drohenden Streit zwischen den Staats- und Regierungschefs des gemeinsamen Marktes über die Finanzprobleme und die Agrarpolitik abzuwenden.
    Österreich.
    Zum 30.
    Mal jährt sich heute der Todestag des aus Innsbruck stammenden Bergsteigers Hermann Buhl.
    Weltbekannt wurde Hermann Buhl durch seinen Alleingang auf den 8105 Meter hohen Nanga Parbat im Jahr 1953.
    Geboren 1924 in Innsbruck, fiel er zum ersten Mal mit 18 Jahren als ungewöhnlich begabter Bergsteiger auf.
    Seine ersten großen Touren führten in den Wilden Kaiser.
    1953 wurde der Tiroler dann Mitglied einer deutschen Langer Barbat-Expedition.
    Nach einem historischen Alleingang stand er am 3.
    Juli 1953 als erster auf dem Gipfel dieses Berges.
    In den Jahrzehnten zuvor sind zahllose Bergsteiger am Nanga Parabat gescheitert.
    Im Jahr 1957 brach Bull gemeinsam mit drei Salzburger Bergsteigern wieder in den Himalaya auf, wo er am 27.
    Juni 1957 auf der Koko Lissa im Karakorum unter nie ganz geklirrten Umständen durch einen Wächtenbruch in den Tod stürzte.
    Der Leichnam von Hermann Bull konnte nicht geborgen werden.
    In der Wiener Innenstadt kam es gestern Abend zu Krawallen, als Rapid-Anhänger den Sieg ihrer Fußballmannschaft in der Meisterschaft feierten.
    Rapid siegt in der letzten Runde gegen den Sportklub mit 2 zu 1, dagegen erleichterte die Austria in Graz gegen Sturm nur ein 2 zu 2 unentschieden.
    Später uferten Siegesfeiern verschiedentlich aus.
    Unter anderem randalierten in der Ammergasse in der inneren Stadt dann die 30 Rapid-Fans.
    Ein Passant wurde verletzt, ein Mann vorübergehend festgenommen.
    Die Wetterlage.
    Eine atlantische Störung überquert zurzeit den Ostalpenraum.
    Nach ihrem Durchzug verstärkt sich über Mitteleuropa der Hochdruckeinfluss.
    Die Aussichten bis morgen früh.
    Veränderlich bewölkt und gebietsweise Regen, örtlich auch Gewitter.
    Mäßiger bis lebhafter Wind aus West bis Nordwest.
    Nachmittagstemperaturen 16 bis 21 Grad, Frühtemperaturen 9 bis 15 Grad.
    Die Aussichten für morgen Sonntag im Norden mit Unterdurchzug von Wolkenfeldern sonst vielfach sonnig.
    Temperaturanstieg in allen Höhen.
    Mäßiger Wind aus westlicher Richtung, Tageshöchsttemperaturen 21 bis 27 Grad.
    Die Vorschau auf übermorgen Montag meist sonnig und sehr warm.
    Die Messwerte abgelesen um 12 Uhr, Wien wolkig 21 Grad, Westwind 20 km in der Stunde, Eisenstadt wolkig 22, Nordwest 30, Spitzen bis 55, St.
    Pölten stark bewölkt 17, Südwest 15, Linz bedeckt 16, West 15, Salzburg bedeckt 14 Grad, Innsbruck stark bewölkt 16, Bregenz heiter 19, Nordwest 10, Graz bedeckt 18 und Klagenfurt bedeckt 16 Grad.
    Es ist jetzt zwölf Uhr und neun Minuten.
    Angesichts besorgniserregender Anzeichen hat der Präsident der israelitischen Kultusgemeinde in Wien, Paul Gross, in dieser Woche vor einer Eskalation des Antisemitismus in Österreich gewarnt.
    Der Leiter des jüdischen Dokumentationszentrums, Simon Wiesenthal, forderte Bundespräsident Kurt Waldheim auf, nach der Rückkehr vom Besuch beim Papst zu seiner umstrittenen Vergangenheit und zum wieder aufgeflammten Antisemitismus eine Erklärung abzugeben.
    Bisherige Reaktionen darauf, aus der Hofburg vorerst keine, aber eindeutige Stellungnahmen mehrerer Spitzenpolitiker.
    SPÖ-Klubobmann Heinz Fischer verlangte, jeder Form des Antisemitismus sei wirksam und öffentlich entgegenzutreten.
    Vizekanzler, Außenminister und ÖVP-Obmann Alois Mock verurteilte jeden Antisemitismus auf das Schärfste und kündigte an, man werde alles tun, um ein Wiedererwachen dieses Ungeists zu verhindern.
    Innenminister Karl Blecher warnte sich in einem an alle Sicherheitsbehörden ergangenen Erlass scharf gegen neonazistische Umtriebe und antisemitische Ausschreitungen und erordnete die rigorose Anwendung der Gesetze zur Unterbindung solcher Aktivitäten an.
    Die Themen Antisemitismus und Antifaschismus in Österreich nahmen heute Vormittag auch breiten Raum beim Landesparteitag der Wiener Sozialisten ein.
    Bundeskanzler Franz Franitzski formulierte dazu Grundsätze.
    Kurt Reisnegger meldet sich aus dem Wiener Konferenzzentrum.
    Österreich als kleiner, neutraler Staat kann und darf sich nicht von internationalen Entwicklungen abkoppeln, sagte Bundeskanzler Wranitzki eingangs.
    Es kann und darf uns nicht egal sein, wie das Ausland über uns denkt.
    Da, wie Wranitzki befürchtet, die Diskussion über Österreichs Vergangenheit, personifiziert durch Bundespräsident Kurt Waltheim, weitergehen wird, sind Konsequenzen zu ziehen.
    Wir müssen daher kompromisslos
    uns gegen jeden einzelnen Akt einer antisemitischen Handlung zur Wehr setzen, der uns bekannt wird.
    Wir dürfen und wir werden, und ich sage das mit großem Nachdruck, wir werden jenen keine Chance geben, die versuchen im Windschatten der im Moment sicher hochgehenden Emotionen ihre politische Suppe zu kochen.
    Das darf uns nicht schwerfallen, diese Kritik, manchmal auch unfundierte Kritik, dazu zu benutzen.
    und selbst zu besinnen, fragen wir uns, ob wir unsere Geschichte, die gemeinsame, wie die jedes Einzelnen, auch genügend aufgearbeitet haben.
    Wenn wir das tun, dann tun wir das nicht für das Ausland, sondern einzig und allein für uns selber.
    Das gibt uns auch die Kraft, gegen einzelne Vorkommnisse, wie ich sie beschrieben habe, aufzutreten.
    gegen primitiven Ausländerhass, gegen primitiven Religionshass, gegen den primitiven Hass gegenüber allem, was anders ist als man selber.
    Ein Anlass zur Vergangenheitsbewältigung, das nahende Gedenkjahr 1988, 50 Jahre Einmarsch der Nazitruppen in Österreich.
    Dieses Gedenkjahr soll in würdevoller Form begangen werden, sagt Evranitzky.
    Wir werden eine offene Diskussion dazu führen.
    Wir werden uns auch jeglicher Kritik stellen.
    Denn nur so wird es möglich sein, unser Land wieder für neue Aufgaben vorzubereiten.
    Wir werden zu dieser Diskussion verstärkt jene Mitbürger einladen, die in der Vergangenheit ihre Pflicht im Widerstand gegen das Unrecht und die Barbarei gesehen haben und die als Opfer zu Zeitzeugen geworden sind.
    Neuer Antisemitismus, Vergangenheitsbewältigung und damit gleichzeitig auch die Zukunft Österreichs, das waren auch die Schwerpunkte der Rede des SPÖ-Parteivorsitzenden Fred Sinowatz, der auf die besondere Bedeutung Wiens und der Wiener SPÖ hinwies.
    Hier ist Widerstand geleistet worden, in dieser Stadt, gegen alle die, die die Demokratie zerstören wollten.
    Und gerade die Wiener Partei, und das soll heute ganz besonders gesagt werden,
    hat ihre antifaschistische Tradition immer hoch gehalten.
    Und gerade hier in Wien hat die Partei immer gegen jede Regung des Antisemitismus Stellung genommen.
    Und ich möchte daher sagen, die Wiener Partei ist die historische Mahnung an die Gegenwart, was die Gesinnungsstärke und die politische Kraft der Sozialdemokratie
    in Österreich betrifft.
    Einiges noch zum Parteitag der Wiener SPÖ.
    Nach wie vor ist die Wiener SPÖ das wichtigste Standbein der Bundespartei.
    In Wien konnte die SPÖ immer noch deutliche absolute Mehrheiten bei Wahlen, zuletzt bei der Nationalratswahl und der Bundespräsidentenwahl, erreichen.
    Wien ist das einzige Bundesland, in dem die Sozialisten allein regieren können und mit 230.000 Mitgliedern ist die Wiener Partei die größte Landesorganisation.
    Den Delegierten des heutigen Parteitags liegt ein umfassendes Zukunftskonzept für Wien vor, eine Diskussionsgrundlage darüber, wie die Kommunalpolitik unter geänderten Bedingungen, also kleineren finanziellen Spielräumen, den steigenden Aufgaben vor allem im Umweltbereich gerecht werden kann.
    Ein Versuch, Grundlagen einer Modernisierung zu schaffen.
    Wien hat aber bis jetzt keine restriktive Sparpolitik vollzogen.
    Im Gegenteil, durch Milliardeninvestitionen, vor allem für den U-Bahn-Bau und den Umweltschutz, ist es gelungen, Wien erstmals zu dem Bundesland mit dem höchsten Wirtschaftswachstum zu machen, bei einer vergleichsweise niedrigen Arbeitslosenrate.
    Die Wiener SPÖ arbeitet organisationsintern an einer Modernisierung der Partei, an einer gewissen Form der Öffnung.
    Im Frühjahr 1988 stehen ja Wahlen an.
    Am Nachmittag finden dann die Diskussionen zu den Referaten und zu den zahlreichen Anträgen statt.
    Ebenfalls auf dem Programm stehen Neuwahlen.
    Die Wiederwahl von Leopold Kratz als Vorsitzenden der SPÖ gilt als sicher.
    Die Zahl der Stellvertreter wird von sechs auf vier reduziert.
    Der frühere Landtagspräsident Hubert Pfoch und auch Ex-Außenminister Erwin Lanz werden ausscheiden.
    Soweit ein erster Bericht vom Landesparteitag und damit zurück ins Studio.
    Vor der Kulisse via Fernsehen weltweit übertragener Gegendemonstrationen und eines kritischen bis vernichtenden internationalen Medienechos, begleitet vom Vorwurf, dem christlich-jüdischen Dialog zu schaden und dem Scheinwerferlicht heftiger Angriffe gegen den Papst und seine eigene Person, auch aus westlichen Ländern, hat Bundespräsident Kurt Waldheim in dieser Woche den ersten Staatsbesuch seiner Amtszeit im Vatikan absolviert.
    Nach eigener Einschätzung sieht Bundespräsident Waldheim seine Position durch den Empfang beim Papst gestärkt.
    Als Haupteindruck von seinem Gespräch mit Johannes Paul II.
    nennt Waldheim die päpstliche Anerkennung der Rolle Österreichs für die Aufrechterhaltung des Friedens.
    Zu den Demonstrationen gegen seine Vatikan-Visite meinte der Bundespräsident, er habe während des Aufenthalts in der ewigen Stadt keine Demonstranten zu Gesicht bekommen und erst nachher über die Medien davon erfahren.
    Die jüdischen Gruppen, die Waldheim vorwerfen, als deutscher Wehrmachtsoffizier von Kriegsverbrechen gewusst zu haben, wenn nicht gar an ihnen beteiligt gewesen zu sein, diese Gruppen bezeichnete der Bundespräsident als Protest-Touristen.
    Wie Österreichs Tagespresse und einige ausländische Zeitungen den Staatsbesuch im Vatikan bewerten, fasst Robert Stoppacher zusammen.
    Erwartungsgemäß bewerten die Kommentatoren den Waldheimbesuch im Vatikan durchaus unterschiedlich.
    Karl-Heinz Ritschl in den Salzburger Nachrichten warnt vor Selbstbeschwichtigungen und Beschönigungen und er plädiert für Realismus.
    Nur wer die Augen schließt, kann erkennen, dass Waldheims Besuch im Vatikan die internationale Situation verändert hat.
    Im Gegenteil.
    Die Angriffe aus zahlreichen westlichen Ländern sind heftiger denn je.
    Und die Tatsache, dass beim Vorstellen des Diplomatischen Korps zehn Botschafter fehlten, beleuchtet grell die Szene.
    Die Angriffe gegen den Papst sind infam.
    Er hat getan, wozu er aus traditioneller Gepflogenheit verpflichtet ist.
    Kurt Waldheim ist der gewählte Präsident eines Landes, in dem überwiegend Katholiken leben, und er ist selbst Katholik.
    Auf einem anderen Blatt steht die Ungeschicklichkeit der österreichischen Seite, die vatikanische Einladung als besondere Ehre und Auszeichnung darzustellen.
    Vor allem der Außenminister hat hier übertrieben und so viele Zeitungen jubelten, was ein Bärendienst sowohl an Waldheim wie am Papst gewesen ist.
    meint Karl-Heinz Ritschl in den Salzburger Nachrichten.
    Im SPÖ-Organ Neue AZ schreibt Robert Wiesner, Waldheim könne sich über die Einladung durch den Papst zwar freuen, doch gleichzeitig haben die Bemühungen des Bundespräsidenten, seine internationale Isolation zu überwinden, in Rom einen schweren Rückschlag erlitten.
    Dass sich weder Staatspräsident Kosiger noch Außenminister Andriotti oder irgendein anderer christdemokratischer Spitzenpolitiker mit ihm in Rom sehen lassen wollten, ist ein schwerer Misserfolg, der international weit mehr auffällt als sonst Waldheims gezwungene Abgeschiedenheit in der Hofburg.
    Ganz anders der Kurzkommentar von Peter Klar im ÖVP-Organ Neues Volksblatt.
    Der Papst hätte, sagen neunmal Kluge, mit dem Empfang Waldheims warten sollen, bis das Ergebnis der Untersuchungen der Historikerkommission vorliege.
    Möglich.
    Stutzig macht jedoch, dass diese neunmal Klugen dieselben sind, die da behaupten, die Historikerkommission sei überhaupt für die Katz, weil sich an der Entscheidung, Waldheim auf die Watchlist zu setzen, nichts ändern werde.
    So ist es wohl auch für die Katz, sich mit den Argumenten der Kampagnenreiter auseinanderzusetzen.
    Bei Heinz Nussbaumer im Kurier liest man, Niemand wird jetzt so naiv sein dürfen, im Vatikanbesuch des Präsidenten das nahe Ende unserer internationalen Probleme zu vermuten.
    Aber in Zeiten wie diesen war es doch herzerwärmend, einen so unbeirrbaren Freund in so entscheidender Stellung zu wiesen.
    Noch dazu einer von jener raren Sorte, die uns nicht aus eigensüchtigen oder politisch fragwürdigen Gründen aufmunternd auf die Schultern klopfen.
    Unter dem Titel »Mülldeponie Österreich« beschäftigt sich Otto Schulmeister in der Tageszeitung »Die Presse« mit der Abwesenheit einiger westlicher Botschafter während des Waldheimbesuchs.
    Man könne daraus lernen, wie befreundete Demokratien mit einem demokratisch gewählten Staatsoberhaupt umgehen, meint Schulmeister.
    Im Vatikan waren einige Botschafter auf Urlaub.
    Da zuvor die Medienkompanie zum Boykott gepfiffen hatte, kann Wien diese Absenz nicht nur als Erholungsbedürfnis verstehen.
    Schon gar nicht, wenn es zwei Nachbarn, den Deutschen und den Italiener, betrifft.
    Nadelstiche bringen selbst einen gemütlichen Kleinstart einmal auf.
    Die Watchlist gelte ja nur für Waldheim.
    Österreich liebe man wie eh und je.
    Solche Beteuerungen mag glauben, wer will.
    Zum Schluss noch ein Blick in zwei ausländische Zeitungen, die den Waldheimbesuch im Vatikan durchwegs kritisch beleuchten.
    Unter dem Titel »Ein selbstgeladener Gast« schreibt die »Neue Zürcher Zeitung«.
    Der österreichische Bundespräsident Waldheim, der von jenem Teil seiner Vergangenheit eingeholt worden ist, den er gerne verheimlichen wollte, ist vom Papst mit allen einem Staatsoberhaupt zustehenden Ehrenbezeugungen empfangen worden.
    Aber er wird sich deswegen nicht moralisch rehabilitiert fühlen dürfen.
    Der Vatikan hatte am Wochenende deutlich gemacht, dass die Ehrung nicht der Person Waldheims gelte, sondern dem alten und noblen katholischen Land Österreich, das seit Jahrhunderten dem heiligen Stuhl eng verbunden ist.
    Und in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung liest man über Waldheim.
    Nach der Audienz sitzt er uns gegenüber.
    Nicht wie einer, der nun den Durchbruch geschafft hat, der mit Hilfe des Papstes hochfähig geworden ist.
    Er erscheint gezeichnet von einer Tragödie, die größer ist als er, die er jedoch mittragen muss, auch für sein Volk, das sieben Jahre lang mittat, von dem begeistert mit vollzogenen Anschluss an das Deutsche Reich unter dem Österreicher Hitler bis zur Kapitulation.
    Nach diesem Medienecho auf den Waldheimbesuch im Vatikan nun ein Programmhinweis auf die Sendung im Brennpunkt, heute Nachmittag um 15 Uhr im Programm Österreich 1.
    Da gibt es eine umfassende Reportage von den Diskussionen, die in diesen Tagen vor dem Wiener Stephansdom anlässlich der Mahnwache für den österreichischen Widerstand immer wieder ablaufen.
    Die Mahnwache im Brennpunkt, heute Nachmittag, 15 Uhr, Österreich 1.
    Und nun zu unserer Samstagsserie.
    im Journal zu Gast.
    Heute Ottmar Karras.
    Er ist mit 29 Jahren der jüngste Abgeordnete zum Nationalrat und seit sechs Jahren Bundesobmann der jungen ÖVP.
    Seit einigen Wochen sammelt der emsige Jungparlamentarier mit seiner jungen ÖVP Unterschriften für eine Aktion gegen Privilegien.
    In fast allen Medien war Karras am letzten Wochenende vertreten.
    Da feierte er Hochzeit mit der Tochter des Bundespräsidenten.
    Im folgenden Interview mit Caras geht es um die Privilegienaktion der jungen ÖVP, um die Situation der Gesamtpartei, aber natürlich auch um die Eheschließung des Jungabgeordneten mit der Tochter Kurt Waldheims.
    Mit Ottmar Caras führt Ulrich Brunner das folgende Gespräch.
    Herr Karas, Sie sind seit einer Woche der bekannteste Schwiegersohn Österreichs mit dem bekanntesten Schwiegervater Österreichs.
    Ihr Schwiegervater ist eine sehr umstrittene Persönlichkeit, international jedenfalls.
    Wenn Sie so das Echo, das Medienecho der letzten Wochen, Monate beachtet haben, fühlen Sie sich da als Mitglied der Familie Waldheim solidarisch mit Waldheim oder was geht da in Ihnen vor?
    Ich möchte einmal sagen, dass ich die Frage so nicht verstehe, denn vor einer Woche hat die Christa den Otmar oder der Otmar die Christa geheiratet, nicht weil der eine der jüngste Abgeordnete ist und die Christa die Tochter des Bundespräsidenten, sondern
    weil es auch noch so etwas wie Liebe gibt.
    Und Liebe ist ja etwas, was nicht belastet, sondern bereitet Freude, bereitet Hoffnung.
    Und es haben sich zwei Menschen in Ybbs bei einer Wahlveranstaltung für den Doktor Waldheim kennen und lieben gelernt und die zwei haben letzte Woche geheiratet.
    Da haben sich die beiden Menschen auch nicht geändert.
    Dass ich damit auch Schwiegersohn bin, ist auch völlig klar.
    Ich war schon immer Politiker.
    Ich bin deshalb in der Politik, weil ich mir als junger Mensch, wie so viele junge Leute in unserem Land,
    einfach mit dem nicht abfinden, was ist, weil wir einfach was ändern wollen.
    Mehr Gerechtigkeit, mehr Menschenwürde, mehr Freiheit, mehr Leistungsbereitschaft, mehr Weltoffenheit.
    Und als solcher Mensch, der noch dazu den österreichischen Bundespräsidenten persönlich kennenlernen durfte, tut mir natürlich weh, dass Medien im In- und im Ausland
    oft den Eindruck vermitteln, dass ihnen die Wahrheit wurscht ist, sondern dass sie eine Fata Morgana einfach weitertransportieren wollen.
    Ich möchte die Frage ganz konkret beantworten.
    Ich bin als Politiker und als Schwiegersohn stolz auf den Dr. Waldheim.
    Als Mensch, wie ich ihn kennenlernen durfte, als Politiker, der, wie es auch der Papst gesagt hat, ein Leben lang auch für Frieden gearbeitet hat und
    Er ist für die Familie und auch für mich als Mensch eigentlich die Kraftquelle, die uns die Sicherheit gibt, dass er im Recht ist und die anderen im Unrecht.
    Herr Karas, Sie waren ja seit einigen Monaten verlobt und haben alle Turbulenzen rund um Ihren Schwiegervater miterlebt.
    Es gab auch von wohlmeinenden Kritikern den Vorwurf, dass der Bundespräsident von der Vorgangsweise her sich nicht immer richtig verhalten habe.
    Hat es da in der Familie diese Diskussion gegeben?
    Nur vom Verhalten her.
    Da hätte man etwas anderes tun sollen.
    Früher reagieren, anders reagieren.
    Lassen Sie mich einmal zuerst sagen, ich laus mich jetzt sicherlich nicht,
    auch wenn es gut gemeint ist, hauptberuflich zum Schwiegersohn machen.
    Denn ich bin der Jugendsprecher im Parlament.
    Ich bin der einzige Obmann einer Jugendorganisation im Parlament.
    Ich war schon im Parlament, bevor ich die Christa je kannte.
    Und nur weil ich im Parlament bin und auch Beziehungsparteiobmann der ÖVP-Ibs, habe ich die Möglichkeit gehabt, die Christa kennenzulernen und den österreichischen Bundespräsidenten einzuladen.
    Und ich gehöre daher, aber natürlich darf mich nur deshalb, weil ich die Christin geheiratet habe und weil wir uns lieben, nicht jetzt in all diesen Fragen der Mund gestopft werden, was die Vertretung der Jugend und auch meine persönliche politische Meinung anbelangt.
    Der Bundespräsident hat in seiner eindrucksvollen Rede
    vor einigen Wochen im Fernsehen, glaube ich, zu all dem Selbststellung genommen.
    Es heißt, an dieser Rede hätten Sie mitgebastelt.
    Sie seien jedenfalls zumindest Berater gewesen.
    Stimmt das?
    Ich habe zum österreichischen Bundespräsidenten ein Verhältnis, wie es sich für einen anständigen Schwiegersohn gehört.
    Und er hat die Christa nie gefragt, ob der Junge da aus Ips der geeignete Mann für eine Frau ist, die in Ottawa geboren ist, die ganze Welt kennt, die Tochter des ehemaligen UNO-Generalsekretärs und Bundespräsident ist.
    Er hat uns gefragt, ob wir uns gern haben.
    Und alles das, was man jetzt in dieses Verhältnis hineinkonstruieren will, ist wieder was typisch Österreichisches.
    Man will Abhängigkeiten schaffen, man will Leute auf einmal neu definieren, man will sie ändern.
    Alles ist bei uns irgendwie geplant.
    Bei uns ist es Liebe.
    Herr Karas, Ihre Hochzeit hat mehr Publizität gebracht Ihnen als Ihre politischen Aktivitäten der letzten Zeit.
    Ist das für einen Politiker nicht ein bisschen deprimierend?
    Das ist überhaupt nicht deprimierend.
    Es ist leider bei uns so, aber ich glaube, dass das gar kein österreichisches Phänomen alleine ist, dass heute persönliche Dinge, Politik reduzierbar auf ein Foto, auf Personen, auf Schlagworte, oft leichter auch für die Medien greifbar und zu berichten ist,
    als Inhalte der Einsatz einer ganzen Jugendorganisation, der Enthusiasmus, der in der Jugend steht, der Optimismus, der bei uns da ist.
    Es ist eher ein Spiegelbild über die österreichische Berichterstattung.
    Beides gehört zu meinem Leben und Sie können sich schon sicher sein, dass ich persönlich und die ganze junge ÖVP
    wir alles dazu beitragen werden, dass wir mit unserer Arbeit für die Jugend in diesem Land, im Parlament, in der Partei, genauso viele Schlagzeilen erreichen wie eine Hochzeit.
    Aber wir freuen uns, dass sich so viele Menschen mit uns freuen.
    Vielleicht steckt es ein paar an.
    Es wäre ja in Österreich gar nicht schlecht, wenn wir ein bisschen optimistischer, ein bisschen freundlicher, ein bisschen fröhlicher werden und weniger Neid, Missgunst, Eifersucht im Vordergrund stünde.
    Herr Karas, damit bin ich bei Ihren letzten politischen Aktivitäten.
    Sie haben eine Unterschriftenaktion gegen Privilegien gestartet.
    Müssen Sie sich jetzt mit dem Vorwurf herumschlagen, dass fälschlicherweise für diese Unterschriftenaktion von Ihnen der Begriff Volksbegehren verwendet wurde?
    War das nicht wirklich unzulässig?
    Wir haben uns überlegt, als junge ÖVP und als junge Menschen, was können wir selbst tun, damit sich das ändert, was uns ärgert.
    Und da haben wir gesagt, wir haben einen Abgeordneten im Parlament, jetzt stärken wir den und sammeln Unterschriften.
    Das ist ein Begehren der Jugend, ein Begehren des Volkes.
    Das ist eine Unterschriftenaktion, mit der man herumgeht, wo nicht der Bürger zu uns laufen muss, sondern wir tausende junge Menschen in ganz Österreich herumlaufen.
    Und auf der anderen Seite gibt es das klassische Volksbegehren, das 10 Millionen Steuerschillinge kostet, das noch dazu eine Partei macht, die im Parlament selbst ja Anträge stellen könnte.
    Wir finden es nicht für unzulässig.
    Die, die uns jetzt kritisieren, haben bei uns selbst unterschrieben, was die ganze Kritik ein bisschen komisch anmuten lässt.
    Was aber nicht doch ein bisschen an Etiketten schwillt.
    Es war extra nicht als solcher gedacht.
    Mir war die Problematik bewusst.
    Daher hat es bei uns auch die Überlegung des Namens Aufbegehren der Jugend gegeben.
    Das hat manchen nicht gefallen und wir haben es jetzt jeVAB-Folgs-Begehren genannt.
    Eine Unterschriftenaktion, wo wir mit den Menschen reden müssen, alle jungen ÖVPler, Mädchen und Burschen ausgeschwiert sind, um für unser Anliegen einzutreten.
    Und wir werden im Parlament jetzt versuchen, dann in
    diese Richtung für Leistung und Gerechtigkeit zu Ergebnissen zu kommen.
    Ich darf noch einen Punkt aus Ihrer Aktion herausgreifen.
    Da heißt es, Abgeordnete dürfen Einkünfte aus anderen Berufen nur insoweit beziehen, als sie diesen Beruf tatsächlich ausüben.
    Könnten Sie einmal sagen, wie Sie das meinen?
    Wen Sie da meinen?
    Darf ich vorweg sagen?
    Unser Begehren
    richtet sich nicht gegen Einzelpersonen, sondern richtet sich an alle
    die uns zu helfen, eine Einstellungsänderung generell zu erreichen.
    Ich glaube nicht, dass es jetzt ein Ziel sein kann, zu sagen, den trifft es, den räumen wir weg.
    Das ist ein bisschen Methode Heider zur Stunde in der Steiermark.
    Sondern wir haben die Einstellungen zu ändern.
    Wenn jemand
    ein Mandat hat, soll er seinen Beruf haben.
    Wenn er den Beruf ausübt, soll er dafür bezahlt werden.
    Wenn er den Beruf nicht ausübt oder nur teilweise ausübt, haben wir auch in anderen Beispielen niedergeschrieben, soll er nur anteilsmäßig entlohnt werden, soll der Einstieg ins Berufsleben voll jederzeit möglich sein.
    Wir haben nur ein Problem bei der Auseinandersetzung.
    Das ist, dass der Gesetzgeber de facto immer nur tätig sein kann,
    bei den Beamten im staatlichen Bereich.
    Wir haben den ganzen Bereich, können wir und wollen wir auch gar nicht reglementieren, der privaten Wirtschaft.
    Und wir haben drittens dann das ganze Problem der zunehmenden Anzahl, Verflechtung der Politik mit Kammern, Gewerkschaften, Institutionen und Parteien.
    Und daher muss man auch versuchen, und darum heißt unser Begehren ja auch für Leistung und Gerechtigkeit gegen Privilegien,
    nicht neue Ungerechtigkeiten zu schaffen.
    Darum sind wir von der jungen FHB auch der Auffassung, dass man die ganze Frage einmal umfassend diskutieren muss und nicht immer, wenn eine aktuelle Diskussion ist, irgendeine Schublade zieht und die andere zumacht.
    Wären streng genommen Sie selbst davon nicht auch betroffen?
    Sie sind angestellt bei einer Firma, die dem Raiffeisenverband gehört.
    Sie sind da Assistent der Geschäftsführung.
    Bekommen Sie bezahlt, wenn Sie im Parlament sind, oder bekommen Sie nicht bezahlt?
    Bekommen Sie da frei?
    Wie funktioniert denn das?
    Es ist richtig, dass ich vom Beruf Angestellter bin.
    Ich bin zur Stunde, gerade auch nach meinem Autounfall, weil ich es nicht mehr schaffe, alles gemeinsam.
    So ehrlich muss man auch zu sich selbst sein.
    Bin ich dort karenziert.
    Und habe 2.200 Schilling, die ich versteuere für die Tätigkeit, die ich laufend mache, um einen gewissen Anteil der Sozialversicherung zu haben, weil ich ja nicht im völligen Luftleerenraum schwirren kann.
    Ich glaube, ich habe das sehr anständig gelöst.
    Herr Karas, vor einigen Wochen haben Sie sich mit Ihrer Partei angelegt und sind für eine Vorverlegung des Parteitages eingetreten.
    Tun Sie das noch immer?
    Es ist Ihnen ja bekannt, dass der Bundestag der jungen ÖVP im März in Salzburg sehr eingehend die Frage unter dem Motto, Jugend vertreten, Partei verändern, Regierung kontrollieren, haben wir uns ein bisschen unseren Standort bestimmt.
    auch die Diskussion um einen Parteitag geführt hat und wir haben mit großer Mehrheit beschlossen, dass wir für eine Vorverlegung des Bundesparteitags auf das Jahr 1988 sind.
    Diesen Beschluss werde ich in den Gremien zu gegebenen Zeitpunkt vertreten und einbringen und das ist der Standort und der Standpunkt der jungen ÖVP.
    Aber was soll bei so einem Parteitag geschehen?
    ÖVP-Abg.
    Mock hat gesagt, er wird dort wieder kandidieren.
    Das ist ihm überlassen, ob er wieder kandidiert.
    Es ist auch jedem anderen überlassen, auch zu kandidieren.
    Ein Parteitag hat natürlicherweise immer auch Neuwahlen.
    Ein Parteitag diskutiert aber auch die Strategie, die Ziele,
    den Auftrag der Partei, die Inhalte, die Positionen und wir als junge ÖVP sind der Auffassung gewesen, dass gerade jetzt nach 17 Jahren Opposition, Einstieg in die Regierung, ein bisschen eine Frustration nach dem Wahlergebnis, einer offenen Diskussion, da braucht man nicht beschönigen, auch wie geht es bei uns weiter, wofür laufen wir,
    Wie ist das Team geformt?
    Was ist die Vision?
    Wir werden uns als junge ÖVP oder als Partei nie damit abfinden, zweiter zu bleiben als gesellschaftspolitisch gestaltende Kraft.
    Momentan hat man aber das Leid.
    Daher sind wir der Auffassung, dass hier eine zur Halbzeit der Regierung dieser Partei stattfinden sollte.
    Standardbestimmung und Überlegung, wie geht es weiter?
    Dr. Mock, als Parteiabmann stellen Sie nicht in Frage.
    Der Dr. Mock ist mit einer überwältigenden Mehrheit gewählt und wir werden uns vor dem nächsten Parteitag überlegen, ob wir ihm wieder die Stimme geben oder ob wir anderer kandidieren.
    Das ist eine Sache, die man da intern diskutiert.
    Ich glaube, bei jedem Bundestag ist das gleich.
    Der Dr. Mock ist gewählt und wird von uns zur Stunde nicht infrage gestellt beim Parteitag.
    Schauen Sie, ich gehöre zu jenen in der Politik,
    die eine Partei und eine aktuelle Diskussion auf Personen reduzieren.
    Die ÖVP sind wir alle.
    Da muss man auch einmal sagen, alle Landesparteien, alle Teilorganisationen und wie es weitergeht, mit wem es weitergeht,
    Ob sich etwas ändert, auch in Personen, wird man zu gegebenem Zeitpunkt aber sicherlich auch einmal intern mit seinen Leuten besprechen und mit den Betroffenen.
    Das ist sicherlich kein Anlass, das in der Öffentlichkeit abzuhandeln.
    Zur Stunde gibt es für uns keine Anzeichen dafür.
    Noch eine persönliche Frage, Herr Karas.
    Sie haben in den letzten Jahren drei Autounfälle gehabt, davon zwei mit schweren Verletzungen.
    Man hat damals erwogen, Ihnen das Autofahren zu verbieten.
    Meine Frage, fahren Sie schon wieder selbst und wie fahren Sie?
    Es ist richtig, dass ich Autounfälle hatte und ich möchte einmal sagen,
    Ich hoffe, dass ich durch diese Unfälle reifer geworden bin, weil ich persönlich auch der Auffassung bin, dass es keine Zufälle gibt, sondern alles Ursachen hat.
    Und die Ursachen liegen zweifelsohne oft auch im eigenen Verhalten, in dem Opfern des Menschen, dem Terminkalender.
    Und das ist mit ein Grund, warum ich mich so einsetze für eine andere Art von Politik in dem Sinn, dass zum Beispiel eine Frau, eine Familie, ein Buch oder auch das Spazierengehen auch zu einem Politiker gehören müssen.
    Und ich hoffe, dass mir sehr viele folgen, weil es die Politik menschlicher machen würde.
    Ich fahre natürlich selbst wieder Auto.
    Ich bin ja, muss ich schon sagen, da ist ja sehr viel drüber geschrieben worden, glaube ich nie unvorsichtig gefahren.
    Beim letzten war es ein Glatteis, obwohl geschrieben wurde, ich war zu schnell.
    Und beim ersten war es wahrscheinlich Gedankenlosigkeit oder Müdigkeit.
    Ich möchte gar nichts entschuldigen.
    Ich fahre wieder und ich weiß, was ich meinen Eltern und denen, denen ich etwas bedeute, angetan habe.
    Und das habe ich nicht abgeschüttelt.
    Ich habe mir sehr viele Vorsätze gemacht.
    Derzeit bin ich dabei, sie auch in die Realität umzusetzen.
    Das ist schwieriger, als wenn man aus der Intensivstation herauskommt, sich überlegt.
    Aber vielleicht war auch die Hochzeit letzten Samstag ein richtiger Schritt in die richtige Richtung.
    Ich danke für das Gespräch.
    Bei Ulrich Brunner im Journal zu Gast war heute ÖVP-Jungparlamentarier und Waldheim-Schwiegersohn Otmar Karas.
    Ein Blick auf die Uhr, es ist jetzt 12 Uhr und 39 Minuten, sechs Minuten vor dreiviertel eins.
    Das betongewordene Ergebnis der jahrelangen heftigen Diskussionen über die Trassenführung der Pyren-Autobahn im Raum Graz wurde heute für den Verkehr freigegeben.
    Der Plavutzstundl, die Grazer Westumfahrung.
    Fast zwei Jahrzehnte lang ist über dieses Verkehrsprojekt gestritten worden.
    Der Bau hat die Parteien des Grazer Staatssenats durcheinandergewirbelt, einen Bürgermeister politisch abstürzen und eine Bürgerinitiative entstehen lassen, die sich letztlich durchgesetzt hat.
    Von der sogenannten offiziellen Übergabe des Blabutsch-Straßentunnels an den Verkehr berichtet Hans-Christian Scheidt.
    Die feierliche Eröffnung des Blabutsch-Tunnels erfolgte heute Vormittag am Südportal des Tunnels unmittelbar neben dem Betriebsstättengebäude, jener Zentrale, von der aus der Tunnelbetriebsablauf in Zukunft gesteuert wird.
    Mit dem Blabutsch-Tunnel geht heute Österreichs zweitlängster Straßentunnel in Betrieb.
    In der weltweiten Statistik ist dieser Tunnel mit fast zehn Kilometern der siebentlängste.
    Vor dem heutigen Tag gab es eine fast 20 Jahre alte Diskussion.
    Ursprünglich wurde eine Autobahnvariante durch den Bezirk Graz-Eckenberg für eine Umfahrung von Graz vorgeschlagen.
    Diese scheiterte jedoch an heftigen Widerständen einer Bürgerinitiative.
    Dann folgte das Blabutsch-Tunnel-Projekt.
    Doch auch der Plaputschtunnel war lange Jahre heftig umstritten.
    Zahlreiche Geologen zweifelten an dem Projekt, weil sie fürchteten, dass Wasser in den Tunnel eindringen und den Tunnel überschwemmen könnte.
    Viele Kritiker hielten es auch für unsinnig, einen Berg wie den Plaputsch der Länge nach zu durchbohren.
    Die Bedenken der Geologen wurden erst durch den Bau eines Sondierstollens Anfang der 80er Jahre zerstreut.
    Mit dem Vollausbau des Tunnels war dann 1983 begonnen worden.
    In nahezu allen Eröffnungsreden heute Vormittag klang die Hoffnung der Grazer durch, dass der Blabutsch-Tunnel künftig Graz vom Transitverkehr entlasten möge.
    Man schätzt, dass rund drei Millionen Fahrzeuge jährlich durch den Tunnel fahren werden und dieser Verkehr damit von den Grazer Gürtelstraßen fern bleibt.
    Für die Bevölkerung dort soll dies ein Ende von Lärm und Abgasbelastung bedeuten.
    Der steirische Landeshauptmann Josef Greiner sagte heute, der Plabutzstundl sei die menschenfreundlichste und umweltfreundlichste Trasse.
    Man habe es geschafft, weil die Planung dieses Vorhabens hervorragend vorbereitet gewesen sei und vor allem diese Planung auf Umweltschutzgesichtspunkte Rücksicht genommen hätte.
    Der Umweltschutz lieferte Greiner schließlich auch das Stichwort, um auf den Traken einzugehen.
    Und ich danke vor allem auch Professor Josef Möse.
    der uns immer wieder schon Anfang der 70er Jahre gelehrt hat, was Umweltschutz bedeutet.
    Das haben noch immer nicht alle begriffen in dieser Republik.
    Auch wenn das gutächtlich belegt ist.
    Auch wenn es wieder ein großes Gutachten gibt.
    gibt es immer noch welche, die verstockt sind, die nicht begreifen, dass in einem integrierten Planungsvorgang das selbstverständlich eine ganz wichtige Position ist, nämlich die Frage des Umweltschutzes, auch im militärischen Bereich.
    Bei allem Respekt und der Notwendigkeit der Landesverteidigung, zu der wir uns voll und ganz bekennen.
    Vereinzelt waren heute auch bei dem Eröffnungsfestakt Transparente gegen den weiteren Ausbau der Bührenautobahn aufgetaucht.
    Vor allem auf oberösterreichischer Seite in Volsdorf hat es ja in jüngster Zeit heftige Kontroversen gegeben.
    Größere Demonstrationen blieben heute aber aus.
    Auf den Transparenten stand etwa Stopp dem Ausbau der A9.
    Auf das Problem Volsdorf und den weiteren Bührenautobahnausbau eingehend, sagte dann Wirtschaftsminister Robert Graf.
    Im Zusammenhang mit BlaButsch und mit der Bühne.
    Wenn ich die Vorgänge mir vergegenwärtige bei der Umfahrung von Voitsdorf.
    Nein, Voitsdorf.
    Oben.
    Dann muss ich Ihnen sagen, ich war 25 Jahre in einer gesetzgebenden Körperschaft.
    Im Landtag, im Parlament.
    Es wurde uns beigebracht, wir haben nicht nur Gesetze zu machen, sondern sie auch einzuhalten.
    Es schien mir selbstverständlich.
    Bei den Ereignissen von Volstorf muss ich feststellen, dass es Abgeordnete gibt, die, wenn zu wenig Demonstranten dort sind, kontralegen, wie der schöne Spruch heißt, einen Demonstrationstourismus organisieren, gegen jedes Recht.
    Das kann nicht der neue Weg sein, meine Damen und Herren.
    Und wenn man dann noch dazu zur Information eine Ministerin hinführt, man hätte Thalierz und Graf fragen können, hätte man nicht hinfahren müssen.
    Wir hätten alles gesagt, nur eines nicht, dass es nicht gebaut wird, weil ich glaube, dass das notwendig ist und ich bekenne mich dazu.
    Graf sagte dann ferner, es lege ihm besonders die Harmonisierung von Umwelt und Technik am Herzen.
    Aber man dürfe Österreich nicht in eine postindustrielle Gesellschaft verwandeln.
    Noch einige Anmerkungen zum heutigen Festakt.
    Mit dabei auch der frühere Bautenminister Karl Sekanina, ein vehementer Befürworter des Tunnels.
    Auch dabei der frühere Grazer Bürgermeister Scherbaum, der seinerzeit vehement für die Eckenberger Trasse eingetreten war.
    Und noch etwas.
    Während des heutigen Festaktes erlitt der Obmann jener Bürgerinitiative gegen die Eckenberger Trasse, der letztlich auch den Plabutzstundlbau erwirkte, der 89 Jahre alte Viktor Strohmeier einen Schwächeanfall.
    Er befindet sich nach Auskunft des Roten Kreuzes aber schon wieder auf dem Wege der Besserung.
    Aus Graz berichtete Hans-Christian Scheidt und nun ein Beitrag unserer Auslandsredaktion.
    Im Zentralkomitee der KPDSU wurden jetzt personelle und politische Weichen für die Entwicklung der Sowjetunion in den nächsten Jahren gestellt.
    Die Grundstruktur der sowjetischen Wirtschaft soll bis zum Ende des laufenden Fünfjahresplans 1989 ebenso umgekrempelt werden wie die Entscheidungsmechanismen im Staat und in der Partei.
    Generalsekretär Michael Gorbatschow ist es auch gelungen, bei dieser ZK-Tagung personelle Veränderungen durchzusetzen.
    Drei Männer der Alten Garde mussten gehen, dafür rückten drei neue Gorbatschow-Vertrauensleute ins Politbüro auf.
    Solche Nachrichten über Veränderungen in der Sowjetunion hat es seit dem Amtsantritt Michael Gorbatschows als Kreml-Chef immer wieder gegeben, von westlichen Sowjetologen mit Spannung erwartet, analysiert und interpretiert.
    Einer von ihnen ist Professor Marshall Goldman von der renommierten amerikanischen Harvard-Universität.
    Professor Goldman hat sich wiederholt in der Sowjetunion aufgehalten, 1977 war er Austauschprofessor an der Staatlichen Wirtschaftsuniversität in Moskau und auch die letzten Wochen hat der amerikanische Wissenschaftler wieder in der Sowjetunion verbracht.
    Wie er die Entwicklung in der sowjetischen Gesellschaft sieht, darüber hat er mit Brigitte Fuchs gesprochen.
    Glasnost und Perestroika, Offenheit und Umgestaltung der Gesellschaft, diese beiden russischen Wörter waren nicht nur bei der ZK-Tagung am Donnerstag und Freitag in Moskau in aller Munde, Glasnost und Perestroika sind längst die Schlüsselworte geworden, an denen die Entwicklungen in der Sowjetunion gemessen werden.
    Finden solche Entwicklungen statt, werden Sowjetunion-Experten immer wieder gefragt.
    Und wenn ja, in welchem Ausmaß?
    Professor Marshall Goldman, Direktor des Russian Research Centers der amerikanischen Harvard-Universität, ist bei seinem Sowjetunionaufenthalt in den letzten Wochen zumindest immer wieder auf Glasnost, also auf Offenheit, gestoßen.
    Glasnost, also Offenheit und nicht unbedingt die Reformen selbst.
    Glasnost findet vor allem im intellektuellen Bereich statt.
    Man spricht über die Vergangenheit, über die Geschichte, aber auch die Probleme der Gegenwart werden diskutiert.
    Es wird über die Probleme und Schwierigkeiten der Sowjetunion diskutiert und dabei gibt es ein erfrischendes Ausmaß an Offenheit.
    Man hat schon einmal in den 50er Jahren, in der Zeit der Entstalinisierung, solche Erfahrungen gemacht, als es ein kulturelles Tauwetter gab.
    Aber diesmal scheint das noch weiter zu gehen.
    Schriftsteller schreiben Dinge in einer Offenheit, wie sie es nie zuvor gewagt hätten.
    Filme, die sich sehr kritisch mit der Stalinzeit auseinandersetzen, werden gezeigt, alles passiert sehr offen.
    Glasnost, die Offenheit und Transparenz gibt es also in einem beachtlichen Ausmaß.
    Nicht ganz so erfolgreich schätzt aber Professor Goldman die Durchsetzung des zweiten russischen Schlüsselwortes perestroika, zu deutsch Umstrukturierung oder Umgestaltung, ein.
    Spricht man von Perestroika, so sieht man schon viel weniger von dieser Umgestaltung.
    Die wirtschaftlichen Reformen finden zunächst einmal nur auf dem Papier statt.
    Es wird zwar geschrieben, was getan werden müsste, um zu Reformen zu kommen, aber von der Verwirklichung dieser Reformen ist nichts zu sehen.
    Zum Beispiel ist es seit 1.
    Mai möglich, private Firmen zu gründen, aber es gibt noch sehr wenige davon.
    Auch private Kooperativen sind jetzt erlaubt, aber auch davon gibt es nur wenige.
    Wir fanden die Einstellung der Sowjetbürger, von denen wir mit einigen gesprochen haben, sehr interessant.
    Sie stehen dem privaten Engagement, der Privatisierung sehr skeptisch gegenüber, ja und in vielen Fällen sind sie überhaupt gegen diesen Prozess eingestellt und wollen sich daran auch gar nicht beteiligen.
    Wir haben beispielsweise nur einen privaten Taxifahrer getroffen.
    Dieser Mann hat sich dafür entschlossen, weil er eine beachtenswert freie Einstellung vertrat und jemand ist,
    der auch an Experimenten interessiert ist.
    Aber im Grunde genommen muss man sagen, dass die Umsetzung der Reformen nur in einem sehr beschränkten Ausmaß stattfindet."
    Immer wieder erzählt Prof. Groldmann, sei er auf Desinteresse der Sowjetbürger gegenüber dem Reformprozess gestoßen.
    Der eigentliche Widerstand gegen die neue Kreml-Politik komme aber aus der kommunistischen Partei selbst.
    Die Parteileute sind sehr aufgebracht, denn die Reformen gefährden ihren Wohlstand, ihre Art zu leben, ihre Arbeitsplätze.
    Also führen sie Kontrollen ein, die den ganzen Sinn der Reformen zunichte machen sollen und die Leute außerhalb des Parteisystems entmutigen sollen.
    Da werden Steuergesetze und Gesundheitsvorschriften eingeführt, Vorschriften zur Gewinnverteilung und so weiter.
    Vorschriften, die jene Menschen frustrieren und entmutigen, die an wirklichen Reformen interessiert sind.
    Natürlich ist es sehr interessant zu sehen, wie die Reformpläne von den Intellektuellen entworfen werden und geschrieben werden.
    Entwürfe, die zu einem Abbau des bestehenden Systems aufrufen und das auch ganz offen sagen, dass es ihnen genau darum geht.
    Aber wenn's darum geht, das alles in die Praxis umzusetzen, sieht man nichts mehr davon.
    Gerechterweise muss man aber sagen, dass sich alles noch im Stadium der Ideen befindet.
    Und Taten werden eben nicht gesetzt, sobald die Ideen geboren werden.
    Aber man hätte doch gedacht, dass es mehr Unterstützung für diese Ideen geben würde.
    Und auch, dass es zu einem frühen Zeitpunkt mehr konkrete Aktionen geben würde, von denen, wie gesagt, nichts zu sehen ist.
    Wenn man sich im Vergleich dazu China ansieht, wo auf ähnliche Weise Gesetze und Bestimmungen geändert worden sind, so gab es in China eine sofortige Reaktion.
    Die Leute haben die Reformen durchgeführt und versucht, die neuen Bestimmungen für sich selbst auszunützen.
    In der Sowjetunion ist so etwas nicht passiert.
    Professor Goldman ist daher, trotz ermutigender Signale aus Moskau, was die Zukunft betrifft, eher pessimistisch.
    Ich bin nicht sehr optimistisch, obwohl einer meiner russischen Freunde in Moskau gemeint hat, er sei optimistisch, weil das russische Volk eben sehr geduldig ist.
    Aber ich glaube, dass die Leute nicht geduldig sind, wenn man ihre Arbeitsweisen ändern will, wenn ihre Arbeitsplätze gefährdet sind.
    Ich habe meine Zweifel, ob Gorbatschow wirklich alles, was er tun möchte, auch erfolgreich tun kann.
    Es gibt bereits einige Kompromisse, aber ich glaube nicht, dass sie auch durchgeführt werden.
    Und weil Gorbatschow so viele Elemente der sowjetischen Gesellschaft gleichzeitig attackiert und umgestalten will, er selbst spricht davon, dass er vielen auf die Zähne tritt, glaube ich, dass die Opposition sich jetzt schon zusammenschließt und sich bemerkbar macht.
    Daher glaube ich, dass die Chancen, dass Gorbatschow in vier Jahren noch da sein wird, eher gering sind.
    Er selbst spricht ja davon, dass die nächsten zwei bis drei Jahre die schwersten sein werden.
    Ich bin also, was seine Erfolgschancen betrifft, nicht sehr optimistisch.
    Das heißt nicht, dass die Sowjetunion zusammenbricht.
    Das erwarte ich keinesfalls.
    Es ist ein rohstoffreiches Land und sie können ihre Art zu leben fortsetzen, wie sie das in all den Jahren getan haben.
    Aber es wird keine Transformation auf gesellschaftlichem und politischem Gebiet geben, wie Gorbatschow das möchte.
    Gorbatschow hat Wahlen vorgeschlagen, bis hinauf auf die Ebene der Republiken.
    Aber es gibt bloß Experimente auf einer sehr niedrigen Ebene, nicht an der Spitze.
    Gorbatschow schlägt vor, die wirtschaftlichen Kontrollen auf einer sehr hohen Ebene abzuschaffen, aber das passiert nicht.
    Alles wird verwässert.
    Unter diesen Umständen muss man erwarten, dass es nur sehr gemäßigte Veränderungen geben wird.
    Zwar große Veränderungen möglicherweise auf intellektuellem Gebiet, bis sich die Konservativen auch dagegenstellen, aber nur relativ wenig werden wir auf wirtschaftlichem Gebiet sehen.
    Und letzten Endes wird Gorbatschow entweder Kompromisse schließen müssen und sich mit viel weniger zufrieden geben müssen, oder wenn er hart bleibt und zu seinen Grundsätzen steht, wird es für ihn wohl unmöglich werden, Generalsekretär der Partei zu bleiben.
    Nun zum Kulturteil im mittagsjournal.
    Mit einem Konzert der Wiener Symphoniker unter Helmut Rieling wird heute Abend im Wiener Musikverein der diesjährige Wiener Musiksommer eröffnet.
    Im Rahmen des bis 12.
    September dauernden kulturellen Großereignisses finden rund 250 Veranstaltungen statt.
    Das in den vergangenen Jahren ob seiner Allerweltsprogramme heftig kritisierte Festival steht seit heuer unter einem neuen Leiter.
    Rainer Bischof versucht dem Musiksommer neue Impulse zu geben.
    Dazu ein Beitrag von Walter Gellert.
    Zu wenig attraktive Künstler und Allerweltsprogramme für Wien-Touristen, das war immer wieder der Tenor der Kritik an den Veranstaltungen des Wiener Musiksommers.
    Ab heuer soll sich dies ändern.
    Wenn auch der bisherige Rahmen des Programms gleich geblieben ist, so versucht Rainer Bischof in dem breit gefächerten Angebot des Festivals Akzente zu setzen.
    Akzente, die durch ein Motto bestimmt sind, das, wie Bischof meint, für den notwendigen geistigen Überbau des Festivals sorgen soll.
    Franz Schubert als Motto gewählt.
    Auch die Auseinandersetzung und die Konfrontation Schubert'scher Musik mit der deutschen Romantik, mit der slawischen Romantik und mit der moderne vor allem.
    Ich glaube, dass man einfach so ein Motto, einen geistigen Überbau benötigt, um ein so ein doch sehr großes Fest zusammenzuhalten und nicht hier, wenn Sie mir dieses Wort gestatten, Kraut und Rüben hier einfach spielen zu lassen, sowohl programmatisch als auch von den Interpreten her.
    Und das war der Anspruch, den ich mir quasi selbst gestellt habe und ich hoffe, dass ich es teilweise erreicht habe.
    Und so gibt es nicht nur Overtüren, wie hier die Overtüre zu Claudin von Villabella, Tänze, symphonisches Kammermusik und die Liedzyklen, die schöne Müllerin- und Schwanengesang von Schubert zu hören, sondern auch zeitgenössische Werke, die sich auf Schubert beziehen, wie etwa Gerhard Schädels Paraphrase über Schuberts Tod und das Mädchen.
    Wie versucht Rainer Bischof außer durch die Einführung eines Leitthemas noch der Gefahr zu entgehen, dass der Musiksommer nicht nur eine musikalische Pflichtübung für Touristen darstellt?
    Die einzige Möglichkeit, dem zu begegnen, ist in meinen Augen eine Qualitätssteigerung, ist in meinen Augen die erste Garnitur jener Interpreten nach Wien zu holen zu diesem Wiener Musiksommer, der garantiert, dass es auch vom Image her ein Festival erster Ordnung wird.
    Und wenn Sie im Konkreten die Interpreten sich ansehen, dann haben Sie besonders bei den Dirigenten mit alleine schon die Eröffnung Helmut Rilling, Hans Fonck, Kita Jenko, Christoph Eschenbach,
    Sie haben hier Leute, die doch, glaube ich, wirklich in die erste Garnitur gehören.
    Und so glaube ich, dass man systematisch dieses Festival zu einem tatsächlichen Festival machen kann.
    Und somit nicht nur zu einer reinen, bloßen Touristenattraktion, sondern sehr wohl auch zu einer Attraktion für die während der Sommermonate in Wien verbliebenen Wiener Musikfreunde.
    Die Liste der Mitwirkenden reicht übrigens vom Beaux-Arts-Trio und dem Melos-Quartett über Christa Ludwig und Robert Holl bis hin zu Oleg Meisenberg, Josef Schuck und Walter Klien.
    Ein in Wien nicht allzu häufig gespieltes Werk stellt Helmut Rilling gemeinsam mit seiner Gechinger Kantorei und den Wiener Symphonikern heute Abend beim festlichen Eröffnungskonzert des Wiener Musiksommers im Musikverein Schuberts S-Dur Messe gegenüber.
    Mendelssohns Erste Walpurgisnacht.
    Woraus Sie einen kurzen Ausschnitt hören, aufgenommen bei der gestrigen Probe.
    Für Helmut Rilling, der vor allem durch seine Interpretationen der Werke Bachs bekannt geworden ist, ist Mendelssohns erste Walpurgisnacht zu Unrecht in den Konzertsälen vernachlässigt.
    Mendelssohns Werk ist insofern sehr interessant, als es eines der wenigen nicht sakralen Co-Orchesterwerke Mendelssohns ist und sicher das bedeutendste.
    Es beginnt mit einer großen symphonischen Einleitung, die eigentlich
    genauso gut in einer, sagen wir, fünften Symphonie Mendelssohns stehen könnte.
    Und dann folgen Chorsätze von äußerster Delikatesse.
    Nach dieser Vorschau auf den Wiener Musiksommer 1987 nun die wichtigsten Meldungen vom Tag.
    Österreich.
    Österreichische Spitzenpolitiker haben heute zum Kampf gegen Antisemitismus und neonazistische Umtriebe aufgerufen.
    Beim Landesparteitag der Wiener Sozialisten erklärte Bundeskanzler Franitzki, man müsse kompromisslos gegen jeden Akt des Antisemitismus auftreten.
    Franitzki äußerte sich bestürzt über jüngste antisemitische Handlungen.
    Er sagte, man dürfe sich nicht von einigen wenigen die Aufarbeitung der Vergangenheit kaputt machen lassen.
    Vizekanzler Außenminister Mock versprach in einem Brief an den Präsidenten der israelischen Kultusgemeinde, Paul Gross, man werde alles tun, um ein Wiedererwachen des antisemitischen Ungeistes zu verhindern.
    Mock beantwortete damit ein Schreiben von Gross über eine Eskalation des Antisemitismus.
    Innenminister Blecher hat in einem Erlass an alle Sicherheitsbehörden die Anweisung gegeben, die gesetzlichen Bestimmungen gegen Aktivitäten neonazistischer Kreise rigoros anzuwenden.
    Man könne es nicht zulassen, sagte Blecher, dass die jüdischen Mitbürger von einer kleinen Minderheit belästigt und die österreichische Jugend vom Gift des Neonazismus infiziert werde.
    Bundespräsident Waldheim ist am Abend von seinem Staatsbesuch im Vatikan aus Rom zurückgekehrt.
    Als stärksten Eindruck seines Gesprächs mit Papst Johannes Paul II.
    bezeichnete Waldheim die Anerkennung der Rolle Österreichs für die Aufrechterhaltung des Friedens.
    Zu den Demonstrationen gegen seinen Besuch sagte der Bundespräsident, er habe in Rom keine Demonstranten gesehen und erst nachher über die Medien davon erfahren.
    Der Plavutsch-Tunnel im Westen von Graz, der zweitlängste Straßentunnel Österreichs, ist heute offiziell dem Verkehr übergeben worden.
    Das knapp zehn Kilometer lange Teilstück der Pörn-Autobahn soll dazu beitragen, Graz vom internationalen Transitverkehr, vor allem vom Schwerverkehr, zu entlasten.
    Die Baukosten für das Projekt betrugen 2,2 Milliarden Schilling.
    Südkorea.
    Die regierungsfeindlichen Demonstrationen haben gestern einen neuen Höhepunkt erreicht.
    Bei Kundgebungen in Seoul und weiteren Städten sind mehr als 3.400 Personen festgenommen worden.
    Die Opposition wirft der Polizei vor, mit beispielloser Brutalität vorgegangen zu sein.
    Österreich.
    In der Wiener Innenstadt kam es gestern Abend zu Krawallen.
    Rapid-Anhänger feierten den Sieg ihrer Fußballmannschaft in der Meisterschaft.
    Zwei Passanten erlitten Verletzungen, ein Rapid-Fan wurde vorübergehend festgenommen.
    Und jetzt noch die Wetteraussichten für Österreich bis heute Abend.
    Veränderlich bewölkt und gebietsweise Regen, Nachmittagstemperaturen 16 bis 21 Grad.
    Das Mittagsjournal ist damit beendet.
    Edgar Sterbens verabschiedet sich im Namen von Redaktion und Technik, wünscht ein angenehmes Wochenende und sagt auf Wiederhören morgen um 17 Uhr beim Sonntagsjournal.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1987.06.27 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1987.06.27 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Landesparteitag der SPÖ Wien
    Einblendung: Bundeskanzler Vranitzky, Bundesparteivorsitzender Sinowatz
    Mitwirkende: Reissnegger, Kurt [Gestaltung] , Vranitzky, Franz [Interviewte/r] , Sinowatz, Fred [Interviewte/r]
    Datum: 1987.06.27 [Sendedatum]
    Ort: Wien, Austria Center Vienna – Konferenzzentrum [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Vranitzky erwähnt Vorbereitungen auf das Gedenkjahr , Nachrichten
    Inlands- und Auslandspressestimmen zu Vatikan - Besuch Waldheim
    Mitwirkende: Stoppacher, Robert [Gestaltung]
    Datum: 1987.06.27 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Im Journal zu Gast: Othmar Karas
    Interview: ÖVP-Politiker und Waldheim-Schwiegersohn Karas
    Mitwirkende: Brunner, Ulrich [Gestaltung] , Karas, Othmar [Interviewte/r]
    Datum: 1987.06.27 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Steiermark: Eröffnung des Plabutsch - Tunnels
    Einblendung: Atmo (Blasmusik), Landeshauptmann Krainer, Wirtschaftsminister Graf
    Mitwirkende: Scheid, Hans-Christian [Gestaltung] , Krainer, Josef junior [Interviewte/r] , Graf, Robert [Interviewte/r]
    Datum: 1987.06.27 [Sendedatum]
    Ort: Graz [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    US-Sowjetexperte Goldman zu Glasnost und Perestroika
    Interview: Sowjetologe Goldman
    Mitwirkende: Fuchs, Brigitte [Gestaltung] , Goldman, Marshall I. [Interviewte/r]
    Datum: 1987.06.27 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Kultur: Wiener Musiksommer unter neuer Leitung
    Einblendung: Leiter Bischof, Musikausschnitte, Musiker Rilling
    Mitwirkende: Gellert, Walter [Gestaltung] , Bischof, Rainer [Interviewte/r] , Rilling, Helmuth [Interviewte/r]
    Datum: 1987.06.27 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1987.06.27
    Spieldauer 00:59:36
    Mitwirkende Sterbenz, Edgar [Moderation]
    Kronsteiner, Manfred [Regie]
    ORF [Produzent]
    Datum 1987.06.27 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-870627_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

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    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt