Mittagsjournal 1986.04.26

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    12 Uhr.
    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Guten Tag, meine Damen und Herren.
    Zum Samstag-Mittag-Journal begrüßt Sie Udo Bachmeier.
    Das, was wir Ihnen heute anzubieten haben zum Thema Waldheim, bringen wir eine Stellungnahme des westdeutschen Bundeskanzlers Helmut Kohl, der sich zurzeit in Salzburg aufhält.
    Der Fall Waldheim ist auch Gegenstand der Inlandspresse-Stimmen.
    Darüber hinaus bringen wir ein Porträt der Frau des SPÖ-Präsidentschaftskandidaten Johanna Steirer.
    Hermann Gmeiner, der Begründer der SOS-Kinderdörfer, ist gestorben.
    Wir bringen einen Nachruf.
    Im Journal zu Gast ist der Nachfolger Frischenschlagers als Verteidigungsminister Helmut Grünes.
    Die weiteren Themen.
    300 Bauern blockieren den österreichisch-ungarischen Grenzübergang bei Nikelsdorf.
    Ausland.
    Auch in Frankreich nimmt die Terrorangst zu.
    Die EG-Agrarminister haben sich auf eine Drosselung der überschäumenden Produktion geeinigt.
    Die Kulturredaktion gestaltet einen Beitrag aus Anlass des heutigen Wien-Gastspiels des Saxophonisten Hans Koller.
    Zunächst die Nachrichten zusammengestellt von Rainer Warnecke, Sprecherin ist Rosmarin Frauendorfer.
    Österreich.
    Hermann Gmeiner, der Gründer der SOS-Kinderdörfer, ist heute im Alter von 67 Jahren in der Innsbrucker Universitätsklinik gestorben.
    Gmeiner erlag den Folgen eines Tumors.
    Er hat 1949 in Imst in Tirol das erste SOS-Kinderdorf gegründet.
    Derzeit gibt es in mehr als 70 Ländern 233 Kinderdörfer, in denen 25.000 elternlose Kinder untergebracht sind.
    Hermann Gmeiner wurde zweimal für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.
    Die Diskussion um die Vergangenheit des Präsidentschaftskandidaten Kurt Waldheim ist auch am Wochenende Thema politischer Stellungnahmen.
    Die zweite Präsidentin des Nationalrates, ÖVP-Abgeordnete Marga Hubinek,
    bezeichnete die Überlegungen in den USA über ein Einreiseverbot für Waldheim als niederträchtiges Manöver von Funktionären des Jüdischen Weltkongresses.
    Der außenpolitische Sprecher der ÖVP, Ludwig Steiner, beschuldigte Außenminister Graz, die Pflicht der österreichischen Behörden zum Schutz Waldheims als Konsularfall abzuwerten und die Verleumdungskampagne durch verunglimpfende Äußerungen fortzusetzen.
    SPÖ-Zentralsekretär Peter Schieder erklärte, die Untersuchungen des amerikanischen Justizministeriums zeigten, wie problematisch ein Bundespräsident Waldheim für Österreich und sein Verhältnis zu einem Signatarstaat des Staatsvertrages wäre.
    SPÖ-Zentralsekretär Fritz Marsch nahm Bezug auf die Erklärung des früheren ÖVP-Außenministers Gruber.
    Er habe erst vor einigen Wochen von Akten über die Vergangenheit Waldheims erfahren.
    Marsch meint, Waldheim habe nicht nur die Öffentlichkeit,
    sondern offenbar auch seine engste Umgebung falsch über seine Vergangenheit informiert.
    Der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl hat sich betroffen über die Vorwürfe gegen Kurt Waldheim geäußert.
    Bei einem von Landeshauptmann Wilfried Haslauer organisierten Treffen in Salzburg versicherte Kohl, er kenne den Präsidentschaftskandidaten seit vielen Jahren.
    Waldheim sei ein grossartiger Patriot.
    Seine Verdienste und Leistungen in Europa und in der Welt seien unbestritten.
    Die Salzburger Freiheitlichen haben Bundesparteiobmann Norbert Steger aufgefordert, sein Nationalratsmandat abzutreten.
    Der Landesparteivorstand erklärte, dadurch solle die personelle Schlagkraft der Parlamentsfraktion gestärkt werden.
    Um beim Parteitag im Herbst das Vertrauen der Delegierten zu erhalten, muss Steger nach Meinung der Salzburger Freiheitlichen klar machen, dass es mit der FPÖ auf Bundesebene aufwärtsgehe.
    Dafür müsse die freiheitliche Handschrift in der Bundespolitik stärker als bisher bewusst gemacht werden.
    Der künftige Klubobmann Friedhelm Frischenschlager wurde beauftragt, Kontroversen mit dem sozialistischen Koalitionspartner nicht aus dem Weg zu gehen.
    Sozialminister Alfred Dallinger hat die Forderung der Volkspartei nach Abschaffung der Ruhensbestimmungen abgelehnt.
    Dallinger erklärte bei der Eröffnung des Jugendgewerkschaftstages der Gewerkschaft der Privatangestellten in Wien, es sei gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Widersinn, dass ältere Menschen für Junge zur Konkurrenz würden.
    Man müsse alles daran setzen, für junge Menschen Arbeitsplätze und damit Zukunftsperspektiven zu schaffen.
    Es sei Demagogie, meinte Dallinger,
    Arbeitsplätze für Junge und Zusatzbeschäftigung für Ältere zu verlangen, gleichzeitig aber die Kosten für Pension und Arbeitslosigkeit zu beklagen.
    Handelsminister Norbert Steger hat am Vormittag die Grazer Frühjahrsmesse eröffnet.
    Steger bezeichnete die Messe als Spiegelbild der guten Wirtschaftslage.
    Zur Schaffung von Arbeitsplätzen in Krisengebieten in der Steiermark meinte er, der Staat solle zwar Hilfe leisten, die unternehmerische Selbstständigkeit müsse aber Vorrang haben.
    Ziel sei die Errichtung privater Klein- und Mittelbetriebe.
    Etwa 1000 Bauern demonstrieren heute mit Traktoren am Grenzübergang Nickelsdorf
    gegen die Agrarpolitik der Regierung.
    Die Bauern verlangen unter anderem die Beseitigung des Weingesetzes und eine Wiedergutmachung für die durch den Weinskandal geschädigten Weinbauern.
    Sie wollen mit Landwirtschaftsminister Heiden über ihre Probleme diskutieren.
    Die Erhebungen der Behörden zur Klärung der beiden Sprengstoffanschläge auf die Büros der kuwaitischen und der saudiarabischen Fluglinie in Wien haben noch keine Hinweise auf die Täter gebracht.
    Festgestellt wurde lediglich,
    dass die vor dem Büro der Kuwait Airways entdeckte Handgranate amerikanischer Herkunft ist.
    Diese Handgranate ist nicht explodiert.
    Bei dem Anschlag auf die Saudi-Arabische Fluggesellschaft wurde niemand verletzt.
    Eine aufräume Frau hielt sich in unmittelbarer Nähe auf, kam aber mit dem Schrecken davon.
    Frankreich.
    Ein Bombenanschlag auf ein Gebäude in Lyon
    in dem die Büros des Kreditkartenunternehmens American Express und einer Computerfirma untergebracht sind, hat heute früh schweren Sachschaden angerichtet.
    Die Explosion löste einen Großbrand aus, der mehrere Stockwerke erfasste.
    Der Sprengkörper war in einem Aufzugsschacht versteckt gewesen.
    Aus einer mit Sprühlack angebrachten Aufschrift lässt sich eine Verbindung zu dem gestrigen Attentat auf den Frankreichdirektor einer amerikanischen Werkzeugfabrik ziehen.
    Der Mann, ein Brite,
    war in der Nähe seines Hauses erschossen worden.
    Libanon.
    Im muslimischen Westteil von Beirut ist heute früh das Gebäude einer britischen Bank bei der Explosion einer Bombe schwer beschädigt worden.
    Verletzt wurde niemand.
    Das Portal und Einrichtungen im Inneren wurden zerstört, in den oberen Stockwerken und an den Nachbarhäusern zerbrachen Fensterscheiben.
    Die Wetterlage?
    Ein ausgedehntes Tiefdruckgebiet bedeckt weite Teile von West- und Südeuropa sowie den westlichen Mittelmeerraum.
    An seiner Vorderseite hält die Zufuhr feuchtwarmer Luftmassen über die Alpen hinweg nordwärts noch an.
    Die Aussichten bis morgen früh?
    Im Westen und teilweise im Süden bereits stark bewölkt.
    Gegen Abend hier Aufkommen von einigen Niederschlägen.
    Im übrigen Bundesgebiet teils aufgelockerte, teils stärkere Bewölkung in hohen Schichten.
    am Alpen-Nordrand noch föhnen.
    Südliche Winde, Nachmittagstemperaturen im Westen 14 bis 19, sonst 20 bis 25 Grad, Frühtemperaturen morgen 4 bis 12 Grad.
    Die Aussichten für morgen Sonntag im Osten und Nordosten Österreichs noch teilweise aufgelockert bewölkt, sonst überwiegend starke oder geschlossene Bewölkung und vor allem im Westen und Süden Niederschlag, schwache bis mäßige Winde, Tageshöchsttemperaturen 13 bis 16, im Osten noch bis 22 Grad.
    Das Wetter am Montag, von einigen Auflockerungen abgesehen, meist stark bewölkt, im Süden und im Alpenbereich noch einige Niederschläge.
    Jetzt noch die Messwerte von 12 Uhr Mittag.
    Wien wolkig 23 Grad, Eisenstadt stark bewölkt, 24 Grad, Südwind 20 Kilometer in der Stunde.
    Linz bedeckt 17 Grad, Süd 10 Kilometer, Salzburg stark bewölkt, 21 Grad, Süd 20, Innsbruck wolkig 19 Grad, Südost 40 Kilometer in der Stunde, Bregenz wolkig 20 Grad, Süd 15 Kilometer, Graz wolkig 18 Grad und Klagenfurt heiter bei 19 Grad.
    Die Zeit, es ist nun 12.09 Uhr.
    Nur noch etwas mehr als eine Woche trennen uns vom Tag der Wahl des Bundespräsidenten am 4.
    Mai und die innenpolitischen Auseinandersetzungen zwischen den beiden Großparteien haben nach der Ansprache des Bundespräsidenten kaum an Schärfe abgenommen.
    Heute meldete sich auch eine prominente ausländische Stimme zu Wort, der westdeutsche Bundeskanzler Helmut Kohl, der sich zurzeit in Salzburg aufhält.
    Helmut Kohl äußerte sich gegenüber dem Landesstudio Salzburg zur Waldheim-Diskussion und erklärte,
    Es ist nicht meine Aufgabe, nicht meine Absicht, mich in eine so wichtige Entscheidung unserer österreichischen Freunde und österreichischen Nachbarn wie der Wahl zum Staatsoberhaupt einzumischen.
    Aber neben dem deutschen Bundeskanzler gibt es natürlich auch den Mann Helmut Kohl.
    Und als solcher will ich hier doch einmal sagen, dass ich sehr betroffen bin.
    über das, was ich an Vorwürfen und Bösartigkeiten gegenüber einem alten persönlichen Freund jetzt beobachten muss.
    Ich kenne Kurt Waldheim seit vielen Jahren.
    Ich habe sein Wirken für Österreich, für Europa und in seiner wichtigen Funktion in New York, man darf schon sagen, für die zivilisierte Welt beobachtet.
    Er ist ein großartiger Patriot.
    Und es ist ein Mann, der aus einer Generation kommt, die das Auf und Ab dieses Jahrhunderts und der gemeinsamen deutschen und österreichischen Geschichte miterlebt, auch miterlitten hat.
    Und bei manchem, der sich da heute äußert, der häufig auch aus einer späteren Generation kommt, aus der Generation auch von mir, das Krieg, den sie noch als Kinder erlebt haben,
    spüre ich eben eine Arroganz des Spätgeborenen, die für mich schwer erträglich ist.
    Und das Amt des Staatsoberhaupts der Österreichischen Republik ist ja ein Amt, das zum Ausgleich hinführt, zum Miteinander, das Menschen zueinander bringt.
    Und deswegen ist es wichtig, finde ich, dass man auch mitten im Wahlkampf bei aller Härte der Auseinandersetzung, wenn ich das so ganz offen sagen darf, wir kennen ja die Volkswahl des Staatsoberhaupts,
    in der Bundesrepublik, wie Sie wissen, nicht, ist es wichtig und bedeutsam, menschlichen Respekt, Anstand und auch Respekt vor der Leistung des Anderen selbstverständlich zu bewahren und zu lieben.
    Ich habe hier nicht mitzuwählen, aber ich darf ganz offen sagen, ich wüsste, was ich zu wählen hätte, wenn ich in Österreich zu wählen hätte.
    der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl in Salzburg.
    Überlegungen in den USA über ein Einreiseverbot für Waldheim waren Ausgangspunkt für die inländischen Zeitungskommentatoren, ihre Überlegungen anzustellen.
    Ernest Hauer hat Zitate ausgewählt.
    Es sei kaum anzunehmen, dass Kurt Waldheim wirklich auf die Liste derer komme, denen die Einreise in die USA verwirrt würde, schreibt Hans Rauscher im Kurier.
    Trotzdem müsse man diese neue Episode ernst nehmen.
    Sie gebe einem bestimmten Meinungsklima neue Nahrung, das für Waldheim nicht günstig sei, meint Rauscher.
    Dass Waldheim mit wenigen Ausnahmen von den großen Zeitungen der westlichen Welt keinen guten Willen zu erwarten hat, ist ohnehin evident.
    Zum Beispiel haben sich fast alle ausländischen Zeitungen auf jenen Passus der Kirchschlägerrede gestürzt, wo der Präsident meinte, Waldheim müsse von den Vergeltungsmaßnahmen gegen die Zivilbevölkerung im Partisanenkrieg auf dem Balkan gewusst haben.
    Aber Kurt Waldheim hat dieses Wissen nie bestritten.
    Er hat sich allerdings auch nicht klar ausgedrückt.
    Die Härten dieser Auseinandersetzung seien ihm wohl bekannt, die Schmutzigkeit dieses Krieges sei ihm bewusst gewesen und so weiter.
    Und er hat immer wieder betont, er habe ja nur seine Pflicht getan.
    Diese Art der Stellungnahme findet in Österreich durchaus Verständnis.
    Im westlichen Ausland stößt sie auf weitgehendes Unverständnis und Ablehnung.
    Was Waldheim im Inland nützt, schadet ihm im Ausland.
    In der Tageszeitung Die Presse vermutet Thomas Korherr, bei der von den USA ausgehenden Hasskampagne, wie er schreibt, gehe es nur vordergründig gegen einen Österreicher, der Bundespräsident werden möchte.
    In Wirklichkeit werde hier vor allem mit den Vereinten Nationen Abrechnung gehalten, die für die USA im Grunde genommen ein verdächtiger Verein seien.
    Korherr weiter.
    Zehn Jahre lang war Kurt Waldheim Chef dieses Vereins.
    Alles klar?
    Halten wir fest, dass alles das im Grunde auch einer ungeheuren Desavouierung Rudolf Kirschlegers gleichkommt.
    Er hat dieselben Akten studiert, wie jetzt der famose Ausschuss des US-Justizministeriums.
    Aber er hat ohne Vorurteile gesprochen und vor allem ohne Hass.
    Halten wir zudem fest, dass der Psychoterror der amerikanischen Medien und etlicher politischer Funktionäre drüben einer kollektiven Nötigung gleichkommt.
    Wehe, wenn ihr den Falschen wählt.
    Ihr werdet schon sehen, was passiert.
    Nichts wird passieren.
    Gar nichts.
    Die Welt wird zur Tagesordnung übergehen.
    Auch Geifer trocknet aus.
    Im sozialistischen Zentralorgan Neue AZ befürchtet Chefredakteur Manfred Scheuch ernstere Konsequenzen.
    Es stehe zu befürchten, dass die Welt weniger vornehm mit uns allen, nicht nur mit Herrn Waldheim umgehen werde, als Außenminister Graz, der von einem Konsularfall Waldheim gesprochen habe.
    Hauptziel des Scheuch-Kommentars ist allerdings der Generalsekretär der ÖVP.
    Der AZ-Chefredakteur meint, Generalsekretär Graf kennt kein Halten mehr.
    Mit dem wirklich nur noch an Goebbels erinnernden Wort von dem ehrlosen Gesellen des jüdischen Weltkongresses will er die Wähler zu der patriotischen Tat aufrufen, einem Mann ihre Stimme zu geben, von dem sich der amerikanische Justizminister jetzt überlegen muss, ob er ihn noch in die USA einreisen lassen soll.
    Scheuch wirft Graf vor, nun unverhohlen Antisemitismus als Wahlkampfmittel einzusetzen.
    Dieses schamlose Spekulieren auf Judenhass darf keine Früchte tragen.
    Jetzt erst sollte Graf es allen anständigen Österreichern und aufrechten Patrioten unmöglich gemacht haben, noch für Waldheim zu stimmen.
    Denn andernfalls laufen sie Gefahr, mit den Antisemiten, die Graf anzusprechen versucht, in einen Topf geworfen zu werden.
    Im neuen Volksblatt der ÖVP attackiert Paul Oskar sowohl den Generalsekretär des Jüdischen Weltkongresses, Israel Singer, als auch jene Herren, die diesseits des Atlantiks gegen Dr. Waldheim sind, jene Gentleman rosaroter Betuchtheit.
    Sie kochen ihr Süppchen, zu denen Ihnen Herr Singer die fette Augen spendiert.
    Herr Singer kümmert sich an den Tineff um den Appell des österreichischen Bundespräsidenten zur Mäßigung.
    Er selbst hat angeboten und gebeten, dass der Bundespräsident die Vorwürfe überprüfen solle und in der Zwischenzeit der jüdische Weltkongress stillhalten werde.
    Er selbst ist es, der nun immer wieder hasserfüllt stichelt, weil seine Verleumdungen geplatzt sind.
    Schlimm genug.
    Dass aber dann Leute wie Graz hypothetische Konsularfälle konstruieren, gehört zu den tiefsten parteipolitischen Untergriffen, deren man Persönlichkeiten im Ministerrang kaum für fähig hielte.
    Im kürzest Kommentar der oberösterreichischen Nachrichten, der Punkt, zieht Hermann Polz folgenden Schluss aus dem Wahlkampf.
    Unsere neue Verfassung, der jetzt erst Rechtsstaat.
    Die Inlandspresseschau heute von Ernest Hauer.
    Wir bleiben noch beim Thema Wahlkampf.
    Neben den Parteiapparaten der beiden aussichtsreichsten Kandidaten Waldheim und Steirer kämpfen auch deren Ehefrauen einen unterschiedlich intensiven Kampf um die rund 5,4 Millionen Wählerstimmen.
    Kurt Waldheim hat seine Frau Elisabeth, die jedoch nur als Sissi apostrophiert wird, stets an seiner Wahlkampfseite.
    Frau Johanna Steirer hält sich da eher im Hintergrund und begleitet ihren Mann nur sporadisch durch die Lande.
    Wer ist nun diese Johanna Steirer, die möglicherweise nach dem 4.
    Mai bzw.
    nach dem 8.
    Juni die First Lady Österreichs sein wird?
    Das folgende Interview, das Fritz Besata mit Johanna Steirer geführt hat, gibt darauf möglicherweise eine Antwort.
    Wäre es Ihnen lieber gewesen, wenn er nicht Kandidat geworden wäre?
    Ja, also das ist eigentlich schon überraschend für mich gekommen, denn nach 30-jähriger Ordinationstätigkeit, ich war ja elf Jahre allein mit meinem Mann in der Ordination, hätte ich mich schon auf einen schönen Lebensabend gefreut.
    Aber dass es anders gekommen ist... Insofern ein Opfer, das Sie auf dem Altar der Politik gebracht haben.
    Opfer kann man nicht sagen.
    Ich habe mich schon damit abgefunden und werde das sicher mit meinem Mann gemeinsam schaffen können, wenn die Wähler es so wollen.
    Sie meinen, es gibt Schlimmeres als möglicherweise die Frau eines Bundespräsidenten zu werden?
    Sicher.
    Ganz allgemein gefragt, es gibt zwar nicht die Funktion der First Lady, aber man spricht davon.
    Wären Sie gern First Lady von Österreich?
    Ich werde es sein müssen, gell?
    Aber ich werde keine Nancy Reagan sein, das auf keinen Fall.
    Sie sagten, Sie würden nicht eine Nancy Reagan sein, damit meinen Sie wohl nicht unbedingt ständig in der Öffentlichkeit an der Seite Ihres Wannes.
    Ja, und auf keinen Fall in die Politik eingreifen.
    Eher Sachen, die ich als Frau eines Bundespräsidenten zu erfüllen habe, also karitative Sachen oder mich irgendwo zeigen.
    Aber direkt in die Politik eingreifen werde ich nicht.
    Das kann ich gar nicht.
    Ich bin ja keine Politikerin.
    Beobachtend dieses Wahlkampfs ist aufgefallen, dass die Frau Waldheim sehr häufig, ja ständig, an der Seite ihres Mannes kämpft, dass Sie hingegen nur sporadisch mit Dr. Kurt Steirer in den Bundesländern sind.
    Warum ist das so?
    Also mein Mann ist ein starker Mann und ich glaube, er braucht nicht meine Stütze.
    Aber wir unterstützen ihn, meine Söhne und ich, zu Hause.
    Wir geben ihm Kraft zu Hause, das wieder am nächsten Tag.
    Ich gehe aber auch, das ist ja bekannt, ich gehe ja mit ihm in sämtliche Bundesländer ein- bis zweimal und zeige mich dort, weil die Menschen wollen mich ja auch kennenlernen, die Leute wollen mich auch kennenlernen, und ich würde sagen, dass es nicht richtig ist, dass ich nicht mit ihm mitgehe.
    Ich habe auch meine Veranstaltungen, wo ich allein gehe,
    zu Heimhelferinnen zum Beispiel oder Benzinistenclubs und so.
    Gehe ich schon, aber ich bin nicht täglich bei meinem Mann, das ist richtig.
    Ist das nicht eigentlich recht schwierig für eine Frau, die bisher doch nicht so sehr in der Öffentlichkeit gestanden ist, plötzlich im Zuge eines Wahlkampfes, quasi auch, wie Sie selbst gesagt haben, eigene Veranstaltungen machen?
    Was hat man da für ein Gefühl eigentlich?
    Ja, ich habe es auch lernen müssen, muss ich sagen.
    Man gewöhnt sich an alles und ich höre immer wieder, dass es ganz gut sein soll.
    Noch ein Wort zu diesem Wahlkampf, zu dem ich angesprochen habe.
    Es ist unter anderem in diesem Wahlkampf auch ein Plakat, ein Flugzettel der Fraktion Christlicher Gewerkschafter veröffentlicht worden, worin man das Eheleben der Familie Steirer in Frage gestellt hat.
    Waren Sie da sehr betroffen?
    Waren Sie da sehr böse?
    Ich bin schon empört gewesen, das muss ich sagen, weil das ja eine Unwahrheit ist.
    Und es hat mir leidgetan, dass sowas überhaupt gesagt werden kann, wenn man weiß, dass mein Mann ein richtiger Familienvater, ein guter Ehemann war und dass solche, gerade auf dieser Basis solche Fragen, dass solche Anschuldigungen getroffen werden.
    Also das war ja, das hat mich schon irgendwie getroffen.
    Aber man muss damit leben, man muss damit fertig werden.
    Sie sind ja doch schon seit längerem Frau eines Politikers.
    Sie haben daher mit der Politik jedenfalls indirekt schon zu tun gehabt, wenngleich dieser Wahlkampf sicherlich doch eine neue Dimension ist.
    Wie schätzen Sie überhaupt doch letztlich aus der Position des Nicht-Politikers diesen Wahlkampf, diesen Wahlkampfstil ein?
    dass es erstens einmal lang gedauert hat und sehr hart war.
    Ich kann mich nicht erinnern, ich bin ja doch schon ein älterer Jahrgang, ich kann mich nicht erinnern, dass je ein Wahlkampf so geführt wurde.
    Dieses Hick-Hack auf beiden Seiten hat mich schon irgendwie
    auch getroffen.
    Ich meine, ich bin schon, nachdem mein Mann fünf Jahre Minister und vorher Abgeordneter war, habe ich schon ein bisschen Ahnung, wie sowas zugehen kann in der Politik.
    Aber das habe ich mir doch nicht vorgestellt, dass es ja ein bisschen sehr raue Sitten sind.
    Ein Gespräch war das mit Johanna Steirer, der Frau des SPÖ-Präsidentschaftskandidaten.
    Das Interview hat Fritz Besata geführt.
    Wir haben auch mit Frau Waldheim ein Interview geführt, die Ansichten der Frau des früheren Generalsekretärs der Vereinten Nationen, die die Ansichten von Frau Waldheim wiedergibt.
    Dieses Interview spielen wir in der kommenden Woche, und zwar im Montag-Mittag-Journal.
    12.22 Uhr ist es mittlerweile geworden.
    Hermann Gmeiner, der Gründer der SOS-Kinderdörfer, ist, wie Sie in den Nachrichten gehört haben, heute im Alter von 67 Jahren in der Innsbrucker Universitätsklinik gestorben.
    Gmeiner erlag den Folgen eines Tumors.
    Er hat 1949 in Imst in Tirol das erste SOS-Kinderdorf gegründet.
    Hören Sie einen Nachruf auf Hermann Gmeiner von Wolfgang Wittmann.
    Vater von 1000 Kindern lautet der Titel eines Buches, das bereits Anfang der 60er Jahre über Hermann Gmeiner und dessen Idee geschrieben wurde, Waisenkindern anstelle einer Kindheit im Waisenhaus das Aufwachsen in einer familienähnlichen Gemeinschaft zu ermöglichen.
    Blickt man jetzt, 25 Jahre später, auf das Lebenswerk des Begründers der SOS-Kinderdörfer zurück, so müsste der Titel Vater von 100.000 Kindern lauten.
    Glaubt man der Biografie, so entstand der Plan einer weltumspannenden Kette von Kinderdörfern kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, als der Vorarlberger Bauernsohn Gmeiner in Wien Medizin studierte und durch Zufall einen Buben bei sich aufnahm, der bei einem Bombenangriff seine Eltern verloren hatte.
    Wie auch immer, bereits 1949 wurde das erste SOS-Kinderdorf in Imst in Tirol gegründet und bereits zwei Jahre später fertiggestellt.
    Mittlerweile gibt es in Österreich neun dieser Dörfer, auf der ganzen Welt rund 200.
    Rechnet man Schulen, Jugendhäuser und Kindergärten hinzu, so arbeiten derzeit rund 400 Einrichtungen von SOS-Kinderdorf international, wie die Organisation seit ein paar Jahren heißt.
    Noch zu Lebzeiten sorgte Herrn Mangmeiner dafür, dass es nach seinem Tod möglichst keinen Bruch in der Entwicklung der Kinderdorfidee gibt.
    Bereits vor eineinhalb Jahren übergab er die Führung der Organisation an den gebürtigen Südtiroler Helmut Kutin, der als Zwölfjähriger selbst im ersten SOS-Kinderdorf in Imst aufgenommen worden war.
    Seither war Gmeiner als Ehrenpräsident aber weiterhin in aller Welt unterwegs, um neue Einrichtungen für bedürftige Kinder zu schaffen.
    Dabei erntete aber auch ein wenig Kritik, vor allem als er in Südafrika ein der Apartheid-Politik der Regierung entsprechendes Kinderdorf nur für farbige Kinder eröffnete.
    Das weitaus überwiegende Echo auf seine Tätigkeit war aber stets positiv.
    So schrieb er einer der letzten Reisengmeiners eine norwegische Zeitung über die Kinderdorf-Idee.
    Ein Jugendtraum wird zu einem Imperium der Geborgenheit und Nächstenliebe.
    Hermann Gmeiner selbst sagte in einem Hörfunkinterview vor zwei Jahren zum Erfolg der SOS-Kinderdörfer.
    Der Erfolg liegt in der simplen, einfachen Idee.
    Es ist an sich überhaupt nichts erfunden worden.
    Es war so selbstverständlich, so einfach.
    Ich wollte dem Kind, das da herausgebrochen ist aus der Familie, das man in Anstalten eingesperrt hat, ich wollte das Kind herausholen, ich wollte das Kind zu uns hereinholen in die Gesellschaft.
    Ich wollte diesem Kind nur das geben, was ein anderes Kind auch hat.
    Eine Mama, die Mutterschaft auf sozialer Ebene, Geschwister,
    Ein Haus und ein Dorf.
    Nur das, was jedes andere Kind hat.
    Hermann Gneiner wurde in den vergangenen Jahren mehrmals für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.
    Einmal sogar von seinem Vorbild, Nobelpreisträger Albert Schweitzer.
    Bekommen hat er die hohe Auszeichnung nie.
    Darüber schien er in den letzten Jahren seines Lebens etwas verbittert.
    Aber, so meinte er, für den Erfolg seines Werks gäbe es wichtigere Maßstäbe.
    Nämlich das Wohl der Pflegekinder und die Unterstützung der rund 5 Millionen Spender in der ganzen Welt.
    Ein Nachruf von Wolfgang Wittmann auf den Begründer der SOS-Kinderdörfer, Hermann Gmeiner.
    12.26 Uhr.
    Im Journal zu Gast ist heute der designierte Verteidigungsminister Helmut Grünes.
    Der 45-jährige bisherige Vorstandsdirektor der Wiener Berger Baustoffgesellschaft wird Mitte Mai angelobt und tritt damit die Nachfolge von Verteidigungsminister Friedhelm Frischenschlager an, der FPÖ-Klubobmann wird.
    Grünes hat seine politische Karriere beim Ring freiheitlicher Studenten begonnen, ging dann aber nach einem Auslandsaufenthalt in die Wirtschaft.
    Von FPÖ-Obmann Alexander Götz wurde er 1978 als Generalsekretär in die Politik geholt, schied aber dann 1979, also ein Jahr später, wieder aus und stieg dann bei der Baustoffgesellschaft Wiener Berger bis in den Vorstand auf.
    Dienstag dieser Woche wurde er nun überraschend von Parteiobmann Norbert Steger als neuer Verteidigungsminister präsentiert.
    Mit Dr. Helmut Grünes sprach Ulrich Brunner.
    Herr Dr. Grünes, Sie werden als Minister für Landesverteidigung, als junger Minister, circa 45.000 Schilling netto verdienen.
    Das ist um mindestens 20.000 Schilling weniger, als Sie vermutlich jetzt verdient haben.
    Da fragt man sich natürlich, warum macht das jemand?
    Ich gehöre zu jenen wenigen Österreichern, die einen Gehalt beziehen, der weit über dem Durchschnitt liegt.
    Und es ist in diesen Größenordnungen des Einkommens sicher nie das erste Motiv, nur um Geld zu verdienen, eine andere Tätigkeit anzunehmen.
    Es ist aber sicher selten, dass man wechselt auf eine Tätigkeit, die weniger gut dotiert ist.
    Ich mache es also sicher nicht wegen des Geldes oder weil ich nicht weiß, wie ich den Rest des Geldes ausgeben könnte.
    Ich glaube aber, dass jemand wie ich, der viele Jahre Politik betrieben hat und ein sehr kritischer politischer Denker ist, sich dann nicht zurückziehen darf, wenn er aufgefordert wird, in ein Amt einzutreten, auch wenn dieses Amt sehr befristet ist und wahrscheinlich auch mit Schwierigkeiten verbunden ist.
    Sie schließen nicht aus, dass Sie nach diesen elf Monaten wieder zurückgehen in die Wirtschaft?
    In vielen Ländern ist es üblich, dass Menschen aus der Wirtschaft in die Politik gerufen werden und auch wieder in die Wirtschaft zurückgehen.
    Ich habe das einmal gemacht und ich habe auch vor, es ein zweites Mal zu machen nach Beendigung meiner Funktion, wobei ich derzeit nicht sagen kann, wie lange diese Funktion dauert.
    Wird man Ihnen bei Wienerberger den Vorstandssessel frei halten?
    Es ist derzeit noch ungeklärt, wie die Situation am Ende aussehen wird.
    Eines kann ich mir auf keinen Fall vorstellen, dass es eine endlose Vakanz eines Vorstandsessels gibt, der mit harter Arbeit verbunden ist.
    Denn entweder ist die Arbeit ausreichend gewesen, dann muss sie mit der Zeit auch wieder durch jemanden ausgeführt werden oder aber es war ein unnötiges Vorstandsmandat.
    Also Sie rechnen damit, dass Sie ausscheiden aus der Firma?
    Ich hoffe, dass ich nach Ende der Legislaturperiode die Möglichkeit habe, wieder in die Wiener Bäller zurückzukommen.
    Sollten sich weitere politische Ämter ergeben, kann ich mir nicht vorstellen, dass das Unternehmen auf mich warten kann.
    Weitere politische Ämter?
    Ein sicheres politisches Amt wäre ein Nationalratsmandat?
    An vorderer Stelle werden Sie ein Nationalratsmandat anstreben bei der nächsten Nationalratswahl?
    Ich kann nicht ausschließen, dass ich auf eine Nationalratsliste komme, aber ich glaube, dass es eine Reihe von politischen Funktionären in Mandatsrängen gibt, die berechtigt vor mir gereiht werden könnten und ich werde daher nicht versuchen, andere gute politische Funktionäre zu überholen.
    Herr Dr. Grönes, Sie sind als Manager ja gewohnt, in Langzeitkategorien auch zu denken.
    Sie denken sicher jetzt nicht nur in diesen elf Monaten, sondern darüber hinaus.
    Rechnen Sie selbst damit, dass die Koalition nach der nächsten Wahl fortgesetzt wird?
    Ich rechne mit einer Fortsetzung der Koalition, wenn der Wahlausgang es erlaubt.
    Die Umfragen bestätigen das derzeit nicht.
    Meine Erfahrung bei der Beurteilung von Wahlgängen sagt, dass man ein Jahr vor einer Wahl keinen Schluss ziehen kann, wie sie ausgeht.
    Es wäre schade, um jeden politischen Wahlgang, wenn es so einfach wäre, vorauszusagen.
    Wenn man in Ihrem Lebenslauf ein bisschen nachblättert, stößt man auf einige Widersprüche.
    Sie waren unter anderem Generalsekretär beim seinerzeitigen FPÖ-Obmann Götz,
    der eine Koalition mit der ÖVP angestrebt hat.
    Jetzt sind sie aber Minister in der kleinen Koalition mit der SPÖ.
    Für eine Partei der Größenordnung der Freiheitlichen muss es eine Selbstverständlichkeit sein, mit den großen Parteien dieses Landes Koalitionen bilden zu können.
    Ich bin daher auch in der Zeit, wo es engere Kontakte zur ÖVP gegeben hat, immer der Auffassung gewesen, dass die FPÖ schon aus Gründen ihres Selbstverständnisses heraus immer auch koalitionsfähig gegenüber der SPÖ sein muss.
    Ich bin aber umgekehrt auch heute der Meinung, dass die FPÖ sich nicht als alleiniger Koalitionspartner der Sozialistischen Partei empfinden darf, sondern auch in ihrem politischen Grundverständnis sehen muss, dass sie auch mit der ÖVP Koalitionen bilden könnte.
    Herr Dr. Krönes, Sie gelten als ein besonders konsensfähiger Mann.
    Zu welchen Politikern der beiden Großparteien haben Sie denn ein gutes Verhältnis?
    Ich kenne seit vielen Jahren, beginnend aus meiner Studentenzeit, Heinz Fischer.
    Ich habe schon als Student Erich Schmid schätzen gelernt und ich habe ein seit vielen Jahren gutes Gesprächsverhältnis zu Hannes Androsch.
    Das sind SPÖ-Politiker mit unterschiedlicher politischer Grundüberzeugung.
    Das ist mir bewusst.
    Ich habe auch Privatfreunde, die unterschiedliche politische Richtungen innerhalb der Sozialistischen Partei vertreten.
    Und ich bin eigentlich froh darüber, dass ich Menschen in freundschaftlichem Kontakt habe, die nicht auf einer Schiene politisch laufen.
    Und bei der ÖVP?
    Bei der ÖVP schätze ich sehr Schüssel, mit dem ich schon seit langem immer wieder sehr gute Gespräche gehabt habe, vielleicht für manchen überraschend,
    schätze ich auch Kurt Bergmann und kann mit ihm sehr gut sprechen.
    Es gibt eine Reihe anderer ÖVP-Politiker, mit denen ich sehr gute Gespräche geführt habe, die ich aber nicht im engeren Sinne als freundschaftlich betrachten würde.
    Sie gelten als Liberaler, dem auch die Nationalen in Ihrer Partei vertrauen.
    Haben Sie schon nachgedacht, worauf dieses Vertrauen beruht?
    Vielleicht bin ich ein konservativerer Liberaler als manche andere in der Partei.
    Ich habe mich schon als Student als liberaler Reformer empfunden.
    Ich habe aber immer Verständnis dafür gehabt, dass Menschen aus der Tradition des gesamten freiheitlichen Lagers heraus das nationale Element gewichtet sehen wollen und nicht wollen, dass man es einfach ignoriert.
    Sie haben in den letzten Jahren an den Programmen der Freiheitlichen mitgewirkt, an allen entscheidenden Papieren, die vorgelegt wurden.
    Könnten Sie sich vorstellen, sozusagen als Vision in 10, 20 Jahren, dass die Freiheitliche Partei einmal dasteht als liberale Partei, ohne jeden Zusatz, ohne national, ohne freiheitlich, liberal im klassischen Sinn?
    Ich sehe das Dilemma überhaupt nicht in einer Nationalismusdebatte vergangener Jahrzehnte.
    Wir haben heute ein österreichisches Selbstbewusstsein.
    Wir scheuen uns nicht, gewisse verwandtschaftliche Beziehungen, die allein aus Sprache und Kultur resultieren, zu der Bundesrepublik, aber genauso zu Schweiz oder zu sonstigen,
    pflegen und ich finde das gesamte immer wieder künstliche Aufwärmen der Fahre des Deutschnationalismus in einer Zeit beinahe lächerlich, in der wir eher das umgekehrte Problem haben.
    Keine Phase der Geschichte dieses Landes zuvor hat so viele starke kulturelle Bindungen, fast Zwänge gehabt,
    an zum Beispiel die Bundesrepublik, wie wir jetzt.
    Wir haben die fast Bedrohung der elektronischen Medien, die keinen Unterschied zwischen Österreich und der Bundesrepublik macht.
    Wer heute nur Fernsehsendungen mit Werbespots sieht, weiß, dass eine Reihe dieser Spots nicht einmal mehr von österreichischen Sprechern
    besprochen sind, sondern mit dem deutschen Originaltext bei uns gebracht werden.
    Wir haben in den letzten Jahrzehnten Gesetze begonnen abzuschreiben, in einer Zeit, wo die Republik Österreich sich wirklich als selbstständig empfunden hat und viele andere Beziehungen sind stärker als je zuvor.
    Ich glaube, wir sollten, wenn wir wirklich an die Wurzeln zurückkommen, auch im freiheitlichen Lager, eher den lokalen Aspekt betonen.
    Das war jetzt fast ein Plädoyer eines Freiheitlichen für ein stärkeres Österreichbewusstsein.
    Habe ich das richtig verstanden?
    Es war ein Plädoyer eines Freiheitlichen, der allein durch seine Tiroler Abstammung sich immer als ein selbstbewusster Tiroler, der in Wien akklimatisiert ist, empfunden hat und der weiß, wie Lokalbeziehungen eigentlich zu einem wirklichen österreichischen Selbstbewusstsein gehören.
    Sie selbst sind der erste Verteidigungsminister in der Zweiten Republik, der untauglich war.
    Empfinden Sie das nicht als Handicap?
    Untauglich ist eine Definition, die nicht vollkommen zutrifft.
    Ich habe zehn Tage Grundausbildung hinter mir gehabt, bevor ich vorzeitig in die Reserve entlassen worden bin.
    Aus welchem Grund?
    Krankheitshalber.
    Könnten Sie offenlegen, welche Krankheit das war?
    Ich vertrete die Auffassung, dass man als politische Person viele Dinge der Öffentlichkeit preisgeben muss.
    Ich würde auch bei Krankheiten, bestimmte Krankheiten als solche betrachten, die man in einer politischen Verantwortungsfunktion genauso wie in einer wirtschaftlichen Spitzenfunktion
    den jeweiligen Gremien bekannt geben muss, nämlich alle die, die das Wahrnehmen der Amtspflichten beeinträchtigen.
    Andere Sachen erachte ich jedoch als ein höchst privates Problem.
    Ich bin daher nicht bereit, meine Röntgenbilder zur Publikation freizugeben.
    Wenn Sie jetzt nicht sagen, welche Krankheit Sie damals gehabt haben, setzen Sie sich vermutlich den Vorwurf aus, der Dr. Grönes, der hat es sich damals gerichtet, der hat sich vom Bundesheer gedrückt.
    Ist Ihnen das bewusst?
    Das ist mir bewusst.
    Ich habe ja deswegen auch gesagt, dass es ein Krankheitsgrund war.
    Nur ich möchte also nicht konkret über Krankheiten sprechen.
    Das ist der einzige Grund.
    Unabhängig davon, dass ich der Meinung bin, dass es nicht eine Frage der vollen Ableistung des Präsenzdienstes ist, ob ich ein guter oder schlechter Verteidigungsminister werde.
    Herr Dr. Gröne, Sie haben mir vor dem Interview gesagt, dass Sie vor der Angelobung zu keinen Detailfragen in Bundesheer Stellung nehmen wollen, was verständlich ist.
    Trotzdem, es gibt zum Thema Bundesheer natürlich allgemeine Fragen, mit denen sich jeder Staatsbürger, jeder politisch denkende Mensch beschäftigen sollte.
    Fragen, die man daher beantworten kann, auch vor der Angelobung.
    So ist etwa die Wehrgesinnung in Österreich deutlich geringer als in vergleichbaren westlichen Ländern.
    Haben Sie schon darüber nachgedacht, über die Ursachen dieser mangelnden oder geringen Wehrgesinnung?
    Die Wehrgesinnung ist nur ein Teil des gesamten staatsbürgerlichen Bewusstseins jedes Österreichers oder jedes Staatsbürgers eines Landes.
    Ich gehe davon aus, dass man nur dann bereit ist, sein Land persönlich, höchstpersönlich unter Einsatz seines Lebens zu verteidigen, wenn man sich in jeder Form mit dem Land und seinem Schicksal verbindet.
    Wir sind zwar heute längst über die Zeit hinaus, wo wesentliche Teile unserer Bevölkerung an dem Staat selbst zweifeln, wir sind aber sicher noch nicht dort, dass der wesentliche Teil der Bevölkerung bis zur allerletzten Konsequenz sich in diesen Staat gebunden fühlt, in dem Sinn, dass er nicht auch andere Auswegmöglichkeiten sehe, wenn es zu einer staatlichen Krise käme, welcher Art auch immer.
    Ich glaube aber, dass wir hier viele Versäumnisse in den letzten Jahrzehnten angesammelt haben.
    Versäumnisse beim Bundesheer oder in der Politik allgemein?
    Im allgemeinen politischen Bewusstsein.
    Es gibt nachweislich einen sehr starken Wandel des Wertebewusstseins und auch der Einschätzung der Bedeutung des Staates in verschiedensten Aspekten, je nach Generation.
    Wir haben das Problem einer jüngeren Generation, die mit der älteren eine Wertediskussion anstrebt, die bisher nicht ordentlich durchgeführt worden ist.
    Es wäre daher für mich eher ein Wunder, wenn sich diese kritische Situation nicht auch in Fragen der Wehrbereitschaft wiederfindet.
    Wenn ich das richtig interpretiere, glauben Sie, dass das Bundesheer allein hier keine Änderungen bewirken kann, sondern dass das aus der allgemeinen Politik erwachsen muss, eine Änderung?
    Es wäre eine Befreiung des Verteidigungsministers von einer Pflicht, die er sich selbst gesteckt hat.
    Ich habe mir vorgenommen, dieses Thema, nämlich was kann man dazu beitragen, innerhalb des Bundesheeres, dass ein Präsenzdiener nach Ableistung seiner Präsenzdienstzeit mit einer positiveren Einstellung zur Landesverteidigung weggeht, als er vielleicht bei Eintritt in das Bundesheer gehabt hat, zu verfolgen.
    Das wäre das wichtigste Ziel, um die Wehrbereitschaft in Österreich zu verändern.
    Es ist mir bewusst, dass man so etwas nicht kurzfristig radikal verändern kann, aber es darf genau dieses nicht zur Ausrede werden, dass man überhaupt den Versuch nicht mehr unternimmt.
    Ich möchte diesen Versuch mit den Verantwortlichen
    offizieren, diskutieren und Wege suchen, um hier zumindest kleine Schritte zum Erfolg zu finden.
    Ich danke für das Gespräch.
    Der neue Verteidigungsminister Helmut Grünes war heute bei Ulrich Brunner im Journal zu Gast.
    Seit zweieinhalb Stunden ist der österreichisch-ungarische Grenzübergang Nickelsdorf durch eine Demonstration blockiert.
    Etwa 300 Bauern aus dem burgenländischen Seewinkel sind mit ihren Traktoren auf der Bundesstraße vor der Grenzstelle aufgefahren, um mit dieser Aktion auf ihre wirtschaftlichen Probleme aufmerksam zu machen.
    Eine sogenannte Notwehrgemeinschaft der Bauern fordert von Landwirtschaftsminister Heiden, so rasch wie möglich mit ihnen an Ort und Stelle zu diskutieren.
    Vom Schauplatz der Demonstration meldet sich Walter Reis.
    Wo sonst Autoschlangen stehen, sind jetzt Traktoren postiert, quer über jene Budapester Bundesstraße, die eine der Hauptverbindungen für den Urlauberausflugs- und Güterverkehr nach Ungarn ist.
    Es begann heute früh um 9 Uhr, als sich Bauern mit ihren Traktoren auf einem Parkplatz 200 Meter vor der Grenzstelle versammelten, zu einer Kundgebung, die von den Sicherheitsbehörden genehmigt war.
    Eine Blockade der Straßenverbindung, von den Bauern bereits indirekt angekündigt,
    war von der Notwehrgemeinschaft der Bauern organisiert worden, allerdings von den Behörden untersagt.
    Bei der vorerst ruhig ablaufenden Kundgebung präsentierten die Bauern ihre Hauptforderungen.
    Weg mit einem Weingesetz, das die Bauern ungerecht behandle und bürokratische Schikanen beinhalte.
    Überschussproduktion und hohe Importmengen, vor allem im Getreide- und auf dem Obst- und Gemüsesektor, hätten Tausenden Bauern die Existenz gekostet.
    Und wir brauchen nie wieder eine Demonstration machen.
    Heute geht es um das, dass wir wirklich erstmalig in der Geschichte dieser Zweiten Republik ganz konkrete Dinge mit Leuten besprechen, die befugt sind, diese Dinge zu sagen.
    Und das ist der Herr Landwirtschaftsminister.
    Und wenn der Landwirtschaftsminister heute im Urlaub ist,
    oder was Wichtigeres zu tun hat, dann tut uns das leid, meine Meinung.
    Dann werden wir abstimmen müssen drüber, was wir dann tun.
    Entweder wir fahren heim, entweder wir lassen uns die Dünger stärk fallen und das Weingesetz und dieses und jenes, oder wir zwingen Veränderungen.
    Und dann, nach etwa einer Stunde, um etwa 10 Uhr, erhitzten sich die Gemüter.
    Landwirtschaftsminister Heiden sollte an Ort und Stelle in Nickelsdorf erscheinen, war die einhellige Forderung der Bauern.
    Die ganzen Leute sind interessiert zu demonstrieren.
    Wir haben x-mal gesagt, verhandeln, verhandeln, verhandeln.
    Aber jetzt ist genug verhandelt worden.
    Aus mit der Verhandlung.
    Jetzt gibt's nur, leider Gottes, nur mehr Gewalt.
    Dann um 10.15 Uhr, nach intensiven Verhandlungen mit den Vertretern der Sicherheitsbehörden, stellten die Bauern die ersten Traktoren quer, die Exekutive drohte mit Anzeigen.
    In Gesprächen mit Passanten, wie zum Beispiel einem Busfahrer, der mit seiner Reisegesellschaft nach Ungarn wollte, warben die Bauern um Verständnis für ihre Anliegen.
    Die Aktion richtet sich nicht gegen Umgangsreisende.
    Die Aktion richtet sich nicht gegen die Konsumenten.
    Ihr seid unsere Verbündete.
    Die Aktion richtet sich gegen diese Agrarpolitik, die uns Bauern ruiniert und die Kleinen von ihren Höfen vertreibt.
    Das ist keine Boßwilligkeit.
    Wir haben drei Schulden gekriegt für den Wein.
    Was habt ihr nicht bezahlt fürs Vieh?
    Das Gemüse kostet die Tomaten in der Hochsaison 50 Groschen.
    Das Salat muss tausendeweise eingehackert werden.
    Ihr müsst das teuer bezahlen, die Konsumenten, und der arme Bauer kriegt einen Schundlohn dafür.
    Diese Probleme gehören aufgezeigt, dass die Öffentlichkeit das auch einmal sieht.
    Aber wir sind schon zum Parlament vorgetragen.
    Ja, zum Parlament.
    Bei einer Pressekonferenz vor etwa einer Stunde wiederholten die Bauern ihre Absicht, die Demonstration, d.h.
    die Blockade der Bundesstraße bei der Grenzstelle Nickelsdorf so lange fortzusetzen, bis Landwirtschaftsminister Heiden persönlich an Ort und Stelle erscheint, um mit ihnen zu diskutieren.
    Der Verkehr wird von der Exekutive bereits im Bereich Badendorf umgeleitet und über den Grenzübergang Glingerbach-Schopron geführt.
    12.45 Uhr ist es mittlerweile geworden.
    Die nach den US-Bombenangriffen auf Libyen entstandene politische Hochspannung hält an.
    Aus Furcht vor libyschen Gegenschlägen haben Italien und Frankreich ihre Luftabwehr an der Mittelmeerküste verstärkt.
    Aus Paris verlautete Italien sei dem Beispiel Frankreichs gefolgt und habe zusätzliche Flugabwehrraketen am südlichen Teil seiner Küsten stationiert.
    Ein Grund für die Vorsichtsmaßnahme der Franzosen ist ein Besuch von fünf Schiffen der US-Mittelmeerflotte in französischen Häfen.
    Auch in Frankreich steigt die Terrorangst, nicht zuletzt angesichts des jüngsten Terroranschlags von heute früh, auf ein Gebäude in Lyon, in dem sich die Niederlassungen von American Express und einer US-Computerunternehmens befinden.
    Hören Sie Joachim Kruse aus Paris.
    Wann und wo findet das nächste antiamerikanische Attentat statt?
    Wann und wo schlagen die Terroristen das nächste Mal zu?
    Diese Frage muss man auch in Frankreich stellen.
    Alle Zeitungen sind voll von dem einen Thema, das alle beschäftigt und beängstigt, Terrorismus.
    Diese Sorgen sind jetzt noch größer geworden, nachdem heute Nacht eine Bombe von starker Sprengkraft die Büros vom American Express in Lyon verwüstet hat.
    Es gab viel Sachschaden.
    Man fragt sich, ob ein Zusammenhang besteht zwischen diesem Bombenanschlag in Lyon und dem Mord an dem britischen Generaldirektor einer amerikanischen Firma, ebenfalls in Lyon gestern.
    Zu dem Mordanschlag bekannte sich eine mysteriöse arabische Gruppe.
    Der politische Hintergrund dieses Mordes ist wahrscheinlich, wenn auch nicht absolut sicher.
    Ganz eindeutig ist dagegen der politische Hintergrund beim Bombenanschlag gegen die Büros vom American Express.
    Es handelt sich um eine Repressalie nach dem amerikanischen Schlag gegen Libyen.
    Mord- und Bombenattentate verstärken nicht nur die Sorge bei vielen Franzosen, sie haben auch verheerende Auswirkungen auf die Beziehungen zwischen Frankreich und den Vereinigten Staaten.
    Die Amerikaner sind nicht gut auf die Franzosen zu sprechen, weil sie den französischen Luftraum für die amerikanischen Flugzeuge beim Schlag gegen Libyen gesperrt hatten.
    Diese unfreundliche Geste werden die Amerikaner nicht so bald verzeihen.
    Jeder neue Terroranschlag in Frankreich, insbesondere wenn er gegen amerikanische Interessen gerichtet ist, verstärkt das Ressentiment der Amerikaner gegen die Franzosen.
    Damit wenigstens den amerikanischen Schiffen, die in französischen Mittelmeerhäfen liegen, nichts passieren kann, hat Paris an der Mittelmeerküste starke Abwehrkräfte mobilisiert.
    Die Flottenstützpunkte wurden mit Luftbodenraketen gegen einen Überraschungsangriff durch libysche Flugzeuge gesichert.
    Amerikanische Matrosen dürfen in Toulon und Marseille nur in Begleitung von französischen Militärpolizisten an Land gehen.
    Die Radarüberwachung des gesamten Mittelmeerraumes wurde in der letzten Zeit beachtlich verstärkt.
    In Paris sagt man zwar, dass ein Überraschungsangriff durch libysche Flugzeuge höchst unwahrscheinlich ist, aber vollkommen ausschließen kann man das nicht.
    Durch die neuen Sicherheitsmaßnahmen, durch die Verlagerung von Radar- und Raketeneinheiten von Ostfrankreich an die Mittelmeerküste ist ein Überraschungskuh nahezu unmöglich geworden.
    Diese Maßnahmen, die auch zur Beruhigung der Amerikaner beitragen sollen, werden kaum die Tourismus-Saison retten können.
    Diese ist durch das Ausbleiben der meisten amerikanischen Touristen weitgehend verdorben.
    Es hagelt zurzeit Absagen von Buchungen aus den Vereinigten Staaten.
    Schon vor der Libyen-Affäre und der damit verbundenen Verstimmung zwischen Frankreich und den Vereinigten Staaten waren viele amerikanische Touristen weggeblieben, weil sie Angst vor Terrorismus hatten.
    Jetzt ist diese übertriebene Angst noch verstärkt worden und hinzu kommt das antifranzösische Gefühl.
    Der amerikanische Tourist, der in diesem Jahr unter diesen Umständen nach Frankreich kommt, muss wie ein Held gefeiert werden, schrieb die Zeitung Libération.
    Böse Auswirkungen haben die Absagen aus Amerika auch für die Filmfestspiele in Cannes, die bald beginnen.
    Viele amerikanische Filmstars und Besucher haben abgesagt.
    Sogar Sylvester Stallone meidet Cannes.
    Hat Rambo Angst?
    Lästern die Franzosen?
    Nächstes Thema, die vorläufige Endrunde im EG-Agrarpreismarathon.
    Die EG-Bauern können in Zukunft nicht mehr mit den gleichen unbegrenzten Preisgarantien für ihre Produkte rechnen.
    Das bedeutet im Klartext für die Bauern der Gemeinschaft neue Einkommensverluste.
    Ein weiterer Hauptpunkt, den die EG-Agrarminister gestern beschlossen haben, betrifft die Drosselung der überschäumenden Produktion.
    Die EG-Kommission hat sich damit gegen eine Vielzahl von Widerständen durchgesetzt.
    Diese Widerstände waren in einer viertägigen Marathon-Anstrengung schließlich nur noch auf einen deutschen Einspruch zusammengeschrumpft.
    Der westdeutsche Ernährungsminister Kichle beugte sich jedoch schließlich der Mehrheit der zwölf EG-Staaten.
    Ein Bericht von Helmut Brandstetter.
    Wo immer Ignaz Kichl in den letzten Wochen auftauchte, war eine beachtliche Anzahl von Berufskollegen zur Stelle, die dem zum deutschen Landwirtschaftsminister avancierten Allgäuer Milchbauern klarmachte, er solle nur ja nicht ohne Preissteigerungen von den Verhandlungen mit den anderen EG-Landwirtschaftsministern zurückkommen.
    Nach einigen verlorenen Regionalwahlen, bei denen die CDU vor allem in ländlichen Gebieten schlecht abgeschnitten hatte und vor den Landtagswahlen in Niedersachsen und Bayern, war der Druck auf Kichl groß, bei den Agrarverhandlungen höhere Preise zugunsten der deutschen Bauern zu erreichen.
    Dabei kämpfte Kichl und alle mussten es wissen von Anfang an auf verlorenen Posten.
    Denn schon ein Einfrieren der IG Agrarpreise würde die Brüsseler Kasse, die zu rund zwei Dritteln ohnehin den Bauern gehört, im kommenden Jahr sprengen.
    Noch dazu ließ auch Kichls natürlicher Verbündeter, der neue französische Landwirtschaftsminister und dortige Bauernverbandspräsident, den Deutschen im Stich.
    Denn die Franzosen hatten durch die jüngste Abwertung des Francs gegenüber den anderen europäischen Währungen
    und die im Anschluss daran vorgenommene Verringerung des Währungsausgleichs, das ist ein komplizierter Vorgang im grünen Europa, automatisch eine Anhebung ihrer Agrarpreise um rund drei Prozent erhalten.
    Also stand Kichl alleine da und es kam gestern in der vierten Runde nach fünf Verhandlungstagen und vier Verhandlungsnächten, wie es kommen musste.
    Die Preise für Getreide werden bis zu fünf Prozent gesenkt.
    Dazu wird eine Abgabe für die Bauern eingeführt, mit der die Verminderung der Produktion erreicht werden soll.
    Die Preise für die meisten anderen Agrarprodukte werden im nächsten Produktionsjahr eingefroren.
    verhindern konnte Kichl die von der Kommission angestrebte Senkung des Butterpreises.
    Und erreicht hat der gemütlich aussehende Bayer immerhin, dass rund die Hälfte der deutschen Produktionsfläche als benachteiligt eingestuft wird.
    Das hat zur Folge, dass die deutsche Bundesregierung für diese Bauern nationale Hilfsprogramme finanzieren darf.
    Damit werden die Deutschen tun, wogegen sie sich europaweit sperren, nämlich die Einkommen der Bauern durch Sozialprogramme, Versicherungszuschüsse oder sonstige Prämien sichern.
    In der Brüsselagrarpolitik hingegen wird weiter versucht, durch ausreichende Preise die Existenz der Bauern zu gewährleisten.
    Denn auch die jüngsten Brüsselagrarbeschlüsse, so hart sie für einzelne deutsche Bauern auch sein mögen, ändern nichts am System der garantierten Abnahme der erzeugten Produkte zu garantierten, wenn auch diesmal nicht gestiegenen Preisen.
    Und dieses System wird weiter die europäischen Kühlhäuser und Getreidesilos bis ganz hinauf füllen.
    Ein Bericht von Helmut Brandstetter, 12.53 Uhr.
    Der in Wien geborene Saxophonist Hans Koller gilt als einer der wenigen österreichischen Jazzmusiker von internationalem Rang.
    Obwohl er die meiste Zeit über in der Bundesrepublik Deutschland wirkte, ist er heute so etwas wie eine Vaterfigur des heimischen Jazz.
    Im Februar feierte Koller seinen 65.
    Geburtstag.
    Aus diesem Anlass findet heute Abend um 19.30 Uhr im Auditorium Maximum der Technischen Universität Wien ein Jubiläumskonzert statt.
    Das folgende Kurzporträt von Hans Koller hat Robert Bilek gestaltet.
    Einerseits ist Hans Koller der große Altstar des österreichischen Jazz.
    Andererseits gilt der 65-jährige Saxophonist als der ewige Avantgardist, der niemals den Anschluss an das zeitgenössische Musikgeschehen verloren hat und seit den 50er Jahren immer in der vordersten Front des europäischen Jazz zu finden war.
    Wenn jemand fortschrittlich denkt, dann denkt er eigentlich Zeit seines Lebens fortschrittlich.
    Und ich denke, dass man
    Dass das nichts mit dem Alter zu tun hat, weil ich also 65 bin, das hat etwas mit den Gedanken zu tun, mit der musikalischen Einstellung.
    Hans Koller gehört mit Musikern wie Albert Mangelsdorf oder Attila Zoller zu den ersten in Europa, die die Anregungen des Cool-Jazz aufnehmen und adäquat umsetzen konnten.
    Er hat diese Gillespie 1953 auf seiner Europatournee begleitet, mit Lee Connett, Stan Kenton und vielen anderen amerikanischen Spitzenmusikern gespielt.
    Seine eigentliche Karriere hat er aber von Deutschland aus gemacht.
    Ich hab die erste Platte 51 gemacht, die Fünf Sterne im Darmbiss gemacht hat.
    Aber die habe ich noch in München gemacht.
    Das war das erste Mal 1953 in New York und das zweite Mal 1979.
    Das war ein langer Sprung.
    1979 habe ich neue Platten gemacht, mit Rola Tana und mit Attila Zoller.
    Hier ist ein Ausschnitt aus einer Platte, die Hans Koller 1958 gemeinsam mit dem Tenorsaxophonisten Sue Zimms aufgenommen hat.
    Heute lebt Hans Koller wieder in Wien, wo er einen entscheidenden Einfluss auf viele junge Jazzmusiker ausübt.
    Ich würde wahrscheinlich anders spielen und musikalisch anders denken, wenn ich den Hans nicht getroffen hätte.
    meint der Saxophonist Wolfgang Puschnik, der mit Koller oft zusammenspielt und mit ihm auch eine Saxophonschule herausgegeben hat.
    Und die gegenwärtige Situation des Jazz in Österreich beurteilt Hans Koller folgendermaßen.
    Es ist ja heute ein bisschen besser.
    Es ist natürlich nicht gut, aber viel besser als zum Beispiel in meiner Zeit, als ich begonnen habe.
    Es war also ganz schlimm.
    Ich bin ja auch deswegen weggegangen von Wien, weil es sieben Monate einen Job gab und die anderen dann nicht mehr, die anderen fünf Monate.
    Beim Konzert heute Abend vereint Hans Koller jedenfalls Musikerfreunde aus der Vergangenheit und der Gegenwart in seiner All-Star-Band.
    Der englische Trompeter Kenny Wheeler oder der Posaunist Albert Mangelsdorf werden ebenso dabei sein wie junge Musiker der heimischen Szene.
    Gespielt werden Kompositionen von Koller aus den letzten 20 Jahren.
    Koller über sein musikalisches Konzept.
    Wir spielen eine freie Musikform.
    die jeden, auch wenn ich das Rahmenarrangement schreibe, die jeden Musiker seine totale Freiheit lässt.
    Und das ist das Entscheidende.
    Die Kollektivimprovisation ist eigentlich der Sinn der Jazzmusik.
    Nach diesem Beitrag von Robert Pilek über den Saxophonisten Hans Koller folgt nun wieder ein aktueller Nachrichtenüberblick.
    Frankreich.
    Ein Bombenanschlag auf ein Gebäude in Lyon, in dem die Büros von American Express und einer Computerfirma untergebracht sind, hat heute früh schweren Sachschaden angerichtet.
    Die Explosion löste einen Großbrand aus, der mehrere Stockwerke erfasste.
    Der Sprengkörper war in einem Aufzugsschacht versteckt gewesen.
    Österreich.
    Hermann Gmeiner, der Gründer der SOS-Kinderdörfer, ist heute im Alter von 67 Jahren in der Innsbrucker Universitätsklinik gestorben.
    Gmeiner erlag den Folgen eines Tumors.
    Er hat 1949 in Imst in Tirol das erste SOS-Kinderdorf gegründet.
    Derzeit gibt es in mehr als 70 Ländern 233 Kinderdörfer, in denen mehr als 25.000 Kinder untergebracht sind.
    Hermann Gmeiner wurde wiederholt für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.
    Der deutsche Bundeskanzler Helmut Kohl hat sich betroffen über die Vorwürfe gegen Kurt Waldheim geäußert.
    Bei einem von Landeshauptmann Wilfried Haslauer organisierten Treffen in Salzburg versicherte Kohl, er kenne Waldheim seit vielen Jahren.
    Waldheim sei ein grossartiger Patriot.
    Seine Verdienste und Leistungen in Europa und in der Welt seien unbestritten.
    Der designierte Verteidigungsminister Helmut Grünes hat es als sein wichtigstes Ziel bezeichnet, das Wehrbewusstsein zu heben.
    Im Mittagsjournal sagte Grönes, er wolle erreichen, dass die Wehrpflichtigen nach Ablauf ihres Präsenzdienstes eine positivere Einstellung zum Bundesheer hätten als zu Beginn des Wehrdienstes.
    Über Detailfragen der Verteidigungspolitik will sich der FPÖ-Politiker erst nach seiner Angelobung im Mai äußern.
    Die Salzburger Freiheitlichen haben Bundesparteiobmann Norbert Steger aufgefordert, sein Nationalratsmandat abzutreten.
    Der Landesparteivorstand erklärte,
    Dadurch solle die personelle Schlagkraft der Parlamentsfraktion gestärkt werden.
    Um beim Parteitag im Herbst das Vertrauen der Delegierten zu erhalten, muss Steger nach Meinung der Salzburger Freiheitlichen klar machen, dass es mit der FPÖ auf Bundesebene aufwärtsgehe.
    Handelsminister Norbert Steger hat am Vormittag die Grazer Frühjahrsmesse eröffnet.
    Steger bezeichnete die Messe als Spiegelbild der guten Wirtschaftslage.
    Die Ausstellung ist bis 4.
    Mai geöffnet.
    Zuletzt das Wetter in Österreich bis heute Abend.
    Im Westen und teilweise im Süden zunehmende Bewölkung, gegen Abend Niederschlag, sonst vielfach noch freundlich.
    Nachmittagstemperaturen zwischen 14 Grad im Westen und 25 Grad im Osten Österreichs.
    Eine Stunde Samstag-Mittag-Journal-Information ist damit beendet.
    Bis zum Sonntag-Journal morgen um 17 Uhr verabschiedet sich Udo Bachmeier.
    Auf Wiederhören.
    Das war's.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1986.04.26 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1986.04.26 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Bundeskanzler Kohl zu Waldheim-Diskussion
    Einblendung: Helmut Kohl
    Mitwirkende: Kutil, Hans [Gestaltung] , Kohl, Helmut [Interviewte/r]
    Datum: 1986.04.26 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik Österreich ; Politik ; Wissenschaft und Forschung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Porträt Johanna Steyrer, Frau des SPÖ - Präsidentschaftskandidaten
    Interview: Johanna Steyrer
    Mitwirkende: Pesata, Fritz [Gestaltung] , Steyrer, Johanna [Interviewte/r]
    Datum: 1986.04.26 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Politik ; Gesellschaft ; Wissenschaft und Forschung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Nachruf auf Hermann Gmeiner
    Einblendung: Hermann Gmeiner
    Mitwirkende: Wittmann, Wolfgang [Gestaltung] , Gmeiner, Hermann [Interviewte/r]
    Datum: 1986.04.26 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Politik Österreich ; Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Im Journal zu Gast: der neue Verteidigungsminister Helmut Krünes
    Interview: Helmut Krünes
    Mitwirkende: Brunner, Ulrich [Gestaltung] , Krünes, Helmut [Interviewte/r]
    Datum: 1986.04.26 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Politik ; Gesellschaft ; Wissenschaft und Forschung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Burgenländische Bauern protestieren gegen Weingesetz
    Einblendung: erboste burgenländische Weinbauern, Busfahrer
    Mitwirkende: Reiss, Walter [Gestaltung] , Anonym, Weinbauer, Weinbäuerin, Weinbauern, Winzer, Winzerin [Interviewte/r]
    Datum: 1986.04.26 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Politik Österreich ; Gesellschaft ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Terrorangst in Frankreich
    Mitwirkende: Kruse, Hans Joachim [Gestaltung]
    Datum: 1986.04.26 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Medien und Kommunikation ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Weiter hitzige Agrardebatte innerhalb der EG
    Mitwirkende: Brandstätter, Helmut [Gestaltung]
    Datum: 1986.04.26 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Gesellschaft ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Gastspiel des Saxophonisten Hans Koller in Wien
    Einblendung: Musik (Jazz-O-Ton), Hans Koller
    Mitwirkende: Bilek, Robert [Gestaltung] , Koller, Hans [Interviewte/r]
    Datum: 1986.04.26 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Kultur ; Musik ; U-Musik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1986.04.26
    Spieldauer 00:59:49
    Mitwirkende Bachmair, Udo [Moderation]
    Oberhofer, Ilse [Regie]
    ORF [Produzent]
    Datum 1986.04.26 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-860426_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

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    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt