Mittagsjournal 1984.11.03

Video-Player wird geladen.
Advertisement
Aktueller Zeitpunkt 00:00
Dauer 00:00
Geladen: 0%
Streamtyp LIVE
Verbleibende Zeit 00:00
1x
  • Beschreibungen aus, ausgewählt
  • Untertitel aus, ausgewählt
    x
    ZOOM HELP
    Drag zoomed area using your mouse or a finger.
    100%

    Rechtliches

    Zitieren

    KI-generiertes Transkript

    Wie Zeit?
    In fünf Sekunden ist es zwölf Uhr.
    Zwölf Uhr.
    Hier ist der Österreichische Rundfunk.
    Der Feuer, den wir anbieten, wird von unserem neuen Vizepräsidenten,
    Ein Ausschnitt aus dem indischen Fernsehen, dem Originalton der Übertragung der Trauerfeierlichkeiten für Indira Gandhi.
    Dominantes Auslandsthema im Mittagsjournal, zu dem sie Udo Bachmeier begrüßt.
    Nach einem fast drei Stunden dauernden Trauermarsch begann vor einer halben Stunde die Einäscherungszeremonie für die am Mittwochfrüh ermordete indische Ministerpräsidentin.
    Scharfe Sicherheitsvorkehrungen sind getroffen, um die zahlreichen in Neu-Delhi anwesenden Politiker zu schützen.
    Unter ihnen der sowjetische Ministerpräsident Tichonow, US-Außenminister Schulz, Österreich-Vertreter Vizekanzler Steger.
    Wir hoffen gleich nach den Nachrichten einen Bericht aus Neu-Delhi zu erhalten.
    Auch der zweite spektakuläre politische Mord der jüngsten Zeit, die Ermordung des Priesters Popieluszko, ist Gegenstand eines Korrespondentenberichts.
    Ebenfalls heute wird der entführte und dann ermordete Priester Popieluszko im Bereich der Stanislaw-Kostka-Kirche beigesetzt.
    Hunderttausende Menschen nehmen auch an dieser Bestattungsfeierlichkeit teil.
    Ein weiterer Auslandsbericht ist den morgen in Nicaragua stattfindenden Wahlen gewidmet.
    Im Journal zu Gast ist heute der oberösterreichische Landeshauptmann Ratzenböck, der unter anderem erklärt, wie die traditionellen Parteien der Herausforderung der Grün-Alternativen begegnen sollten.
    Die Auseinandersetzung über Grün-Themen ist auch Inhalt der heutigen Inlandspresseschau.
    Die Kulturredaktion informiert Sie über neue Trends im Filmgeschäft.
    Wir beginnen mit den Nachrichten, verantwortlicher Redakteur ist Georg Schalgruber, Sprecherin Maria Piffel.
    Indien.
    Das ganze Land steht heute im Zeichen der Trauerfeiern für die vor drei Tagen ermordete Ministerpräsidentin Indira Gandhi.
    Vor etwa vier Stunden setzte sich der Trauerzug aus dem Hause von Frau Gandhis' Vater, des ersten indischen Ministerpräsidenten Nehru, in Bewegung.
    Der auf Blumen gebettete Leichnam Frau Gandhis wurde auf einer Artillerie-Lafette, begleitet von den Oberkommandierenden der drei Teilstreitkräfte, zu der Einäscherungsstätte am Yamuna-Fluss gezogen.
    Die Leichenverbrennung wurde daraufhin in Anwesenheit zahlreicher führender Politiker aus nahezu 100 Staaten der Welt vor Untergang der Sonne, wie es das Ritual der Hindus bestimmt, vollzogen.
    Entlang des nahezu 15 Kilometer langen Weges, den der Trauerzug nahm, waren mehr als 4.000 Soldaten postiert.
    Nach Angaben von Korrespondenten säumten erheblich weniger Menschen den Weg des Trauerzuges als bei früheren Trauerfeierlichkeiten.
    Grund dafür dürften die schweren Ausschreitungen gegen Angehörige der Sikhs anlässlich der Ermordung Indira Gandhis gewesen sein.
    Anlässlich der Trauerfeierlichkeiten kommt es zu zahlreichen Begegnungen internationaler Politiker.
    Der amerikanische Außenminister George Shultz betonte gegenüber Frau Gandhis Amtsnachfolger und Sohn Rajiv Gandhi die Absicht der USA, den Dialog mit Indien fortzusetzen.
    Rajiv Gandhi traf auch mit dem sowjetischen Ministerpräsidenten Nikolai Tikhonov zusammen und betonte die Kontinuität der indischen Politik.
    Bei der Begegnung mit dem österreichischen Vizekanzler Norbert Steger würdigte der neue indische Regierungschef die guten Beziehungen Indiens zu Österreich.
    Polen.
    In der St.
    Stanisław-Kirche in Warschau wird heute der ermordete oppositionelle Priester Jerzy Popieluszko beigesetzt.
    Eine Stunde vor der Totenmesse, die von Kardinal Josef Klemp zelebriert wird, haben sich etwa 60.000 Menschen auf dem Platz vor der Pfarrkirche des Ermordeten eingefunden, unter ihnen auch Arbeiterführer Lech Walesa.
    Die ganze Nacht über zogen tausende Menschen am Sarg Popieluskos vorbei.
    Der Priester, der als Kritiker der Regierung und entschiedener Anhänger der Verbotenen Gewerkschaft Solidarität bekannt war, wurde am 19.
    Oktober entführt und ermordet.
    Am Vorabend der Beisetzung haben die polnischen Behörden im Zusammenhang mit dem Mord einen Oberst und einen Oberstleutnant des Staatssicherheitsdienstes verhaftet.
    Ein General wurde vom Dienst suspendiert.
    Nicaragua.
    In Nicaragua finden morgen die ersten Wahlen seit der sandinistischen Revolution des Jahres 1979 und dem Sturz des Diktators Anastasio Somoza statt.
    Insgesamt nehmen sieben Parteien an diesen Wahlen teil, das größte Oppositionsbündnis hat keine Kandidaten aufgestellt.
    Nach Ansicht der Opposition könnten die Wahlen nicht als frei bezeichnet werden.
    Daniel Ortega, der Chef der sandinistischen Regierung, hat einen Friedensappell an die USA gerichtet.
    Präsident Reagan solle aufhören, als Führer der Konterrevolution aufzutreten, er solle vielmehr politische Vereinbarungen mit den Sandinisten schließen, sagte Ortega.
    Vereinte Nationen.
    Die UNO-Vollversammlung befasst sich mit der wirtschaftlichen Situation in Afrika, insbesondere wurde dazu aufgerufen, die katastrophale Hungersnot in weiten Teilen des Kontinents lindern zu helfen.
    Generalsekretär Peres de Cuellar sagte, zurzeit herrsche in 27 afrikanischen Staaten ein bedrohlicher Mangel an Lebensmitteln.
    Die Sowjetunion hat wieder die, wie sich der Delegierte aus Moskau ausdrückte, imperialistischen Staaten für die Probleme Afrikas verantwortlich gemacht.
    Zu einem anderen Thema warnte der österreichische Vertreter vor dem atomaren Wettrösten.
    Er forderte die Supermächte dazu auf, alles für einen möglichst raschen Abschluss eines Atomteststops zu tun.
    Österreich.
    In der burgenländischen Stadt Mattersburg berät seit heute Vormittag der Vorstand der SPÖ Burgenland über die Nachfolge von Landesrat Gerald Mader, der vor kurzem seinen Rücktritt angekündigt hat.
    Mader, zuständig für das Kultur- und Gesundheitswesen im Burgenland, hat seine Entscheidung mit unüberwindbaren Meinungsdifferenzen mit Landeshauptmann Theodor Keri begründet.
    Kehry wird dem SPÖ-Landesparteivorstand Burgenland als Marder-Nachfolger den bisherigen SPÖ-Landesparteisekretär Hans Sipötz vorschlagen.
    Die Affäre um den Ministerialrat des Handelsministeriums, Johann Ortmann, zieht immer weitere Kreise.
    Der 44-jährige Abteilungsleiter ist in den gestrigen späten Abendstunden aufgrund eines gerichtlichen Haftbefehles festgenommen worden.
    Zuvor hatte er nach einem ersten Verhör heimgehen dürfen.
    Heute teilte nun die Polizeidirektion Wien mit, der Beamte sei verdächtigt, zwischen Mitte August und Mitte September 1984 eine fingierte Zahlungsanweisung über einen Betrag in Millionenhöhe unterschrieben zu haben.
    Die Republik Österreich soll um diesen Betrag geschädigt worden sein.
    Ausdrücklich bittet die Wirtschaftspolizei, dass sich Personen melden, die sachdienliche Mitteilungen über die Vorgangsweise von Ministerialrat Johann Ortmann machen können.
    Wie sich aus Tests des ARB schließen lässt, ist die Katalysator-Technik zurzeit für europäische Fahrverhältnisse noch nicht ausgereift.
    In einem Langzeitversuch werden derzeit in zwei Autos Katalysatoren überprüft.
    Ihre Wirkung verschlechtert sich jedoch bereits nach relativ wenigen Kilometern.
    Der Hauptgrund, die europäischen Durchschnitts- und Höchstgeschwindigkeiten liegen höher als in den Vereinigten Staaten und in Japan, wo sich das Katalysatorsystem bewährt hat.
    Durch die höheren Geschwindigkeiten tritt eine raschere Abnützung ein.
    Nach Ansicht von Arbe-Technikern müsste in einer weiteren Entwicklungsphase erreicht werden, dass die Katalysatoren für eine Fahrleistung von mindestens 80.000 Kilometern funktionsfähig bleiben.
    Nun zur Wetterlage.
    Eine atlantische Störung überquert derzeit Frankreich und dringt gegen die Alpen vor.
    Diese Front wird in Österreich nur schwach wetterwirksam sein.
    Die Aussichten bis morgen früh über den Niederungen gebietsweise Hochnebelfelder mit einer Obergrenze zwischen 800 und 1300 Meter.
    Sonst sonnig, später im Westen Bewölkungsaufzug, in der Nacht mitunter auch etwas Regen.
    Südliche Winde.
    Nachmittagstemperaturen in Nebelzonen um 6 Grad, sonst 8 bis 16 Grad.
    Tiefstemperaturen der kommenden Nacht minus 1 bis plus 6 Grad.
    Die Aussichten für morgen Sonntag.
    Im Westen veränderlich bis stark bewölkt und strichweise Regen.
    Sonst über den Niederungen häufig Nebel oder Hochnebelfelder mit einer Obergrenze um 1000 Meter.
    Außerhalb der Nebelzonen anfangs noch sonnig, im Tagesverlauf jedoch Bewölkungsaufzug.
    Südostwind, Tageshöchsttemperaturen 7 bis 13 Grad.
    Noch die Vorschau auf übermorgen Montag.
    Schwacher Störungseinfluss, unterschiedlich bewölkt, lokal etwas Regen.
    Die Messwerte abgelesen um 12 Uhr.
    Wien wolkenlos 9 Grad, Südostwind mit 25 Kilometern pro Stunde.
    Eisenstadt wolkig 9, Süd 20, Linz-Heiter Bodennebel 4 Grad, Salzburg-Heiter 6 Grad, Ost 10, Innsbruck-Heiter 11 Grad, Bregenz bedeckt durch Hochnebel 5 Grad, Graz stark bewölkt durch Hochnebel 6 und Klagenfurt bedeckt bei 3 Grad.
    Die Zeit, es ist nun 12.10 Uhr.
    Gleich zur Trauerzeremonie für Indira Gandhi.
    Nach einem fast drei Stunden dauernden Trauerzug in Richtung Wald des Friedens nahe der Altstadt Neudelis begann am späten Vormittag die Einäscherungszeremonie für die ermordete indische Regierungschefin.
    Ihre Leiche wird nach Hindu City auf einem Scheiterhaufen verbrannt.
    Zahlreiche prominente politische Trauergäste nehmen an der Bestattungsfeierlichkeit teil.
    Angesichts von Morddrohungen gegen ausländische Politiker seitens der extremistischen SIGS, die sich für das Attentat auf Frau Gandhi für verantwortlich erklärt haben, sind intensive Sicherheitsvorkehrungen getroffen worden.
    Der sowjetische Ministerpräsident Tichonow und US-Außenminister Schulz vertreten die beiden Supermächte bei der Einäscherungszeremonie für indierer Gandhi.
    Die ehemalige Kolonialmacht Großbritannien wird repräsentiert durch Premierministerin Margret Thatcher, die selbst nur knapp einem Anschlag entkommen war.
    Österreich vertritt Vizekanzler Norbert Steger, der bereits ein Gespräch mit dem neuen indischen Ministerpräsidentenratschiff Gandhi geführt hat.
    Während SIG-Extremisten also auch mit der Ermordung ausländischer Politiker drohen, setzen fanatische Gandhi-Anhänger ihren Rachefeldzug gegen die SIGs fort.
    Fast 1000 Todesopfer sind bisher zu beklagen.
    Friedensappelle des neuen Regierungschefs des Sohnes der Ermordeten sind wirkungslos geblieben.
    Die Trauerfeierlichkeiten selbst sind, soweit uns bekannt ist, bisher ohne Zwischenfälle verlaufen.
    Kurz vor 16 Uhr Ortszeit, bei uns war es kurz vor halb 12 Uhr Mittag, entzündete Rajiv Gandhi, der Sohn der ermordeten indischen Ministerpräsidentin, den Scheiterhaufen mit der sterblichen Hülle seiner Mutter.
    Der Körper der Toten war vollständig mit Scheitern aus Sandelholz bedeckt, die mit Butter, Kokosöl und Weihrauch besprengt wurden.
    Hindu-Priester zelebrierten die letzten Riten, sprachen Gebet für die Erlösung der Seele in Diragandis und fächerten mit Räucherstäbchen.
    Nach hinduistischem Brauch hatte sich auch die ganze Familie der Toten um die hochschlagenden Flammen versammelt, um ebenfalls für die Seele der Ermordeten zu beten.
    Die Einäscherungszeremonie findet nahe dem Fluss Chamuna, auf jenem offenen Platz am Rand der Altstadt Neu-Delis, statt, auf dem auch schon Indira Gandhis Vater und ihr jüngster Sohn Sanjay den Flammen übergeben worden sind.
    Der Scheiterhaufen aus Sandelholz, der im Augenblick nach wie vor lichterloh brennt, ist auf einem Podest errichtet worden, sodass die um dieses Podest sitzenden Trauergäste aus aller Welt, darunter auch zahlreiche Staats- und Regierungschefs, die Feierbestattung verfolgen können.
    Aus Indien meldet sich nun unser Korrespondent Rainer Wolfgramm.
    Über 100 ausländische Regierungsdelegationen, Hunderttausende von Indern aus allen Teilen des Landes verabschiedeten sich heute von Indiens langjähriger Regierungschefin Indira Gandhi.
    Mehrere Stunden lang bewegte sich der Trauerzug durch die Straßen der Hauptstadt Dili, bis er seinen Bestimmungsort in der Nähe des Grabmals von Mahatma Gandhi erreicht hatte.
    Der Leichnam Indira Gandhis wurde auf einem Podest mit Holzscheiten bedeckt,
    Dann begann nach Hinduriten die Einäscherung.
    Sohn Rajiv zündete das Feuer an.
    Minutenlang waren nur Trauergesänge und das Prasseln der Holzscheite zu hören.
    Tausende verfolgten die Zeremonie in der Nähe des Yamuna-Flusses direkt.
    Millionen im ganzen Land sahen das Geschehen im Fernsehen.
    In den vergangenen zwei Tagen waren nach offiziellen Angaben drei Millionen Menschen am Leichennamen der toten Regierungschefin vorbei defiliert, die in ihrem Vaterhaus aufgebad lag.
    Die Menschenmenge, die sich heute am Rande des Weges des Trauerzugs eingefunden hatte, war allerdings geringer als erwartet.
    Das hatte zum einen seine Ursache darin, dass erst am frühen Morgen bekannt gegeben worden war, dass die Ausgangssperre in der Hauptstadt bis zum Abend außer Kraft gesetzt worden ist, dass viele Menschen deshalb es nicht gewagt hatten, ihre Häuser zu verlassen.
    Eine andere Ursache war, dass die Ausschreitungen der letzten drei Tage dafür gesorgt haben, dass in Indien die Angst umgeht.
    Es könnte zu weiteren Unruhen oder zu Reaktionen der bisher verfolgten Sikh-Minderheit kommen.
    Erst gestern, so berichtet eine indische Tageszeitung, sollen in Delhi in den östlichen Vororten die schlimmsten Massaker stattgefunden haben.
    Mehrere hundert Menschen seien dabei ums Leben gekommen.
    Die Befürchtungen bestätigen sich langsam, dass die von der Regierung genannten Todeszahlen stets viel zu niedrig lagen.
    Auch aus anderen Teilen Indiens werden immer neue Schreckensmeldungen bekannt.
    Polizei und Militär ist es offensichtlich nicht gelungen, die Ausschreitungen zu verhindern oder zumindest nachhaltig einzudämmen.
    Nach der Jagd auf die Angehörigen der Minderheit der Sikhs befürchtet man jetzt Racheakte.
    Zu vereinzelten Brandstiftungen und Plünderungen in Hindu-Häusern ist es gestern trotz Ausgangssperre in mehreren Teilen der Hauptstadt gekommen.
    Am Rande der Trauerfeierlichkeiten ist es, wie bei solchen Anlässen üblich,
    auch zum Treffen ausländischer Politiker gekommen.
    Doch darüber gibt es hier in Delhi zur Stunde noch keine Informationen.
    Rainer Wolfgramm aus Indien.
    Der Bericht über die polnischen Trauerfeierlichkeiten für Pater Popeljuszko lässt noch auf sich warten, jetzt um 12.15 Uhr zunächst zur österreichischen Innenpolitik.
    Nämlich zu unserer Sendereihe Im Journal zu Gast.
    Im Journal zu Gast ist heute Josef Ratzenböck, der 55-jährige Landeshauptmann von Oberösterreich.
    Ratzenböck begleitet diese Funktion seit dem Jahr 1977.
    Im Landtag kann er sich auf eine absolute Mehrheit der ÖVP stützen.
    Sie hält 29 der 56 Mandate.
    Oberösterreich ist das nächste Bundesland, das Wahlen schlägt.
    Am 6.
    Oktober nächsten Jahres soll gewählt werden.
    Nach dem Erfolg der Grün-Alternativen in Vorarlberg stellt sich auch in Oberösterreich die Frage, ob die drei traditionellen Parteien im Landtag Zuwachs einer vierten Partei erhalten.
    Für den Einzug in den Landtag sind landesweit vier Prozent notwendig oder ein Grundmandat in einem der fünf Wahlkreise.
    Ulrich Brunner führte mit Josef Ratzenböck das folgende Gespräch, in dem es auch um das Rollenbild der Politiker in Österreich geht.
    Herr Landeshauptmann Ratzenböck, die nächsten Landtagswahlen finden in Ihrem Bundesland statt.
    Bei der Nationalratswahl haben Grüne und Alternative noch getrennt kandidiert.
    Bei der Landtagswahl wollen Sie gemeinsam kandidieren, Sie streben es jedenfalls an.
    Wenn man die Ergebnisse der beiden Gruppen aus der Nationalratswahl zusammenzählt, dann haben Sie 3,6 Prozent erreicht.
    Bei 4 Prozent wären Sie im Landtag drin.
    Wie realistisch ist für Sie die Vermutung, dass die Grün-Alternativen im nächsten Oberösterreichischen Landtag sind?
    Ich bin kein Prophet.
    Die Landtagswahl findet am 6.
    Oktober 1985 statt, wie geplant nach sechs Jahren.
    Ich kann nur eins sagen, dass in Oberösterreich die Wähler sehr scharf unterscheiden, ob sie einen Gemeinderat wählen, einen Landtag oder die Abgeordneten zum Nationalrat.
    Wenn ich das Wahlergebnis 1979 hernehme, der Nationalratswahl im Mai, dann hätte ich den Landeshauptmann nie erreicht, denn da ist es gelungen der ÖVP nur rund 41 Prozent der Stimmen zu bekommen und fünf Monate später haben die Oberösterreicher dieser gleichen ÖVP
    bei der Landtagswahl 51,6 Prozent der Stimmen zugesprochen, das heißt um 10 Prozent mehr.
    Ich nehme an, dass auch im Oktober 1985 die Oberösterreicher sich die Wahlwerbendengruppen sehr genau anschauen und dann den Zuschlag erteilen.
    Die Volkspartei kann auf gute Arbeit verweisen und ich glaube, dass das der Oberösterreicher honorieren wird.
    Wenn Sie die Vorarlberger Landtagswahl anschauen und das Klima im Lande insgesamt, müssen Sie aber doch damit rechnen, dass es für die Umweltschutzbewegung, in diesem Fall für die Grün-Alternativen, einen kräftigen Auftrieb gibt.
    Ich glaube, dass man, wenn man ein Urteil geben möchte, sich diese Grünbewegung anschauen sollte, sehr genau.
    Und da wird man feststellen, dass Grün nur eine Deckfarbe ist und unter dieser Deckfarbe sich Verschiedenstes verbirgt.
    Da sind Umweltschützer dabei, da sind Leute, die im Allgemeinen mit der Art der Politik, wie sie jetzt betrieben wird, nicht zufrieden sind und es sind direkte Umstürzler.
    Ich sehe daraus, dass die Leute, die Wähler mobiler geworden sind und die Mobilität jede Partei begünstigen kann.
    Die Grünen genauso wie die Parteien, die jetzt schon vorhanden sind, also auch die ÖVP.
    Und da sehe ich eigentlich mit Optimismus dem 6.
    Oktober entgegen.
    Denn wenn ich überlege, für die Umweltschützer, ist die ÖVP von mir aus gesehen wählbar, weil wir in Oberösterreich ungeheuer viel getan haben und auch noch ungeheuer viel im Programm drinnen stehen haben.
    Was die Unzufriedenheit mit der Politik anbelangt, da kann ich sagen, dass wir sehr bürgernah operieren in Oberösterreich.
    Für die Umstürzler habe ich nichts im Programm.
    Herr Landeshauptmann, so selbstbewusst wie Sie war auch Landeshauptmann Kessler bis wenige Wochen vor der Wahl, als die ersten Umfragen da waren.
    Woher nehmen Sie Ihr Selbstbewusstsein?
    aus der Überzeugung, dass wir bestmögliche Politik in Oberösterreich in diesen Jahren seit 1979 geboten haben und dass wir erhoffen, dass der Wähler das auch anerkennt.
    Herr Landeshauptmann, gehen wir von der Landespolitik einmal zur Bundespolitik.
    Der Wiener ÖVP-Abg.
    Bussek war einer der wenigen Politiker, der das Vorarlberger Wahlergebnis zum Anlass für Selbstkritik genommen hat.
    Und zwar auf Bundesebene bezogen hat er gemeint,
    die ÖVP sei zu Immobilien.
    Teilen Sie seine Ansicht?
    Nicht nur die ÖVP, sondern ich glaube alle traditionellen Parteien müssen sich auf Bundesebene bei der Nase nehmen und überlegen, wie man Politik besser an den Bürger heranbringt.
    Dass man sich dreimal überlegt, über den anderen zu schimpfen und besser dazu übergeht,
    das, was man selber haben möchte und für gut findet, an den Bürger heranzutragen.
    Also hier ist schon eine Änderung, glaube ich, der Grundhaltung der politischen Partei notwendig.
    Wir jammern immer darüber, wie der Bürger die Politik nicht mehr versteht.
    wie ihm die Art der Politik Unbehagen bereitet und vergessen, dass wir selber es sind, überwiegend wir selber, die den Bürger dieses Unbehagen verursachen, indem wir sozusagen immer nur vom Anderen reden und den hinstellen als Dummkopf oder geradezu als Kriminellen.
    Und dann, wenn der Bürger uns das glaubt, dann sind wir sehr erstaunt und wundern uns und sagen, woher kommt denn diese Verdrossenheit mit uns Politikern?
    Zuletzt hat etwa ein Delegierter bei der jungen ÖVP gesagt, Politiker sollten nach einigen Jahren wieder in den Beruf zurückkehren.
    Was halten Sie davon?
    In den Spitzenpositionen wird das sehr schwer sein.
    Denn wenn Sie eine Funktion ausüben wie zum Beispiel die des Landeshauptmanns, dann brauchen Sie täglich 12, 14 und 16 Stunden.
    Und das nicht nur während der Woche, sondern auch übers Wochenende.
    Hier hat kein Beruf daneben Platz.
    Bei Abgeordneten, ja, bitte, kann man Überlegungen anstellen.
    Es ist sicherlich derzeit so, einmal Abgeordneter, immer Abgeordneter.
    Das heißt, man bleibt das dann.
    Da könnte man schon an gewisse Veränderungen denken.
    Das ist sicherlich nicht ganz falsch.
    Ich habe in Ihrem Lebenslauf nachgelesen, Sie sind direkt nach dem JUS-Studium in das Landesparteisekretariat eingetreten.
    Genau genommen haben Sie einen Beruf im landläufigen Sinne nie ausgeübt.
    Sie könnten also gar nicht in einen Beruf zurückkehren.
    Ich bin ein gelernter Bauer.
    Komme aus einem Haus mit rund 20 Joggrund.
    habe dort gearbeitet, bin jederzeit bereit und in der Lage, einen Bauernhof zu übernehmen und selber zu wirtschaften.
    Das tue ich derzeit nicht, weil ich keine Zeit habe.
    Meine Gründe habe ich an meine Nachbarn seit Jahrzehnten verpachtet.
    Ich habe während meiner Tätigkeit als Parteisekretär 15 Jahre lang als Geschäftsführer einer großen Wohnungsgesellschaft gearbeitet.
    Denn wissen Sie, die Parteisekretäre waren damals so schlecht bezahlt, dass ich daneben etwas gebraucht habe.
    Und das war mein Zuerwerb und Nebenerwerb.
    15 Jahre Geschäftsführer einer Wohnungsgesellschaft.
    Aber diesen Posten haben Sie doch der Politik verdankt.
    Diesen Posten?
    Ja, man hat mich dort genommen und ich habe 15 Jahre gearbeitet und ich glaube das nicht schlecht.
    Ich bin also ein Spezialist auf dem Gebiet der Wohnungswirtschaft und habe sogar gute Ideen eingebracht, zum Beispiel das Wohnungsbegünstigungsgesetz, das Gesetz über die vorzeitige Rückzahlung von Wohnbaudarlehen,
    Heißt bei uns der Ratzenböck-Plan, weil er von mir stammt und hat dem Staat Milliarden und Abermilliarden Geld gebracht, ohne dass die Leute darüber geschimpft haben.
    Die haben freiwillig das zurückgezahlt.
    Aber war nicht auch dieser Geschäftsführer-Posten mehr oder minder ein politischer Posten?
    An sich nicht.
    Herr Landeshauptmann, die junge ÖVP hat sich bei der erwähnten Tagung mit sehr kräftigen Tönen zu Wort gemeldet.
    Unter anderem wurde die Forderung erhoben, dass die Landeshauptleute aus den Landeselektrizitätsgesellschaften herausgehen sollten.
    Sie sind Aufsichtsratsvorsitzender der OKA.
    Warum legen Sie das nicht zurück?
    Weil ich das betrachten würde als Flucht aus der Verantwortung.
    Die OKA gehört dem Land Oberösterreich.
    Ich als Landeshauptmann bin Eigentümervertreter des Landes Oberösterreich und ich nehme diese Eigentümerfunktion wahr.
    Ich glaube, dass ich als Eigentümervertreter und als Aufsichtsratsvorsitzender der OKA sehr viel Gutes tun kann und ich habe es getan.
    Ich weiß nicht, wenn ich nicht dort Vorsitzender wäre, ob zum Beispiel das so klaglos gegangen wäre mit dem Einbau der Entschwäfelungsanlage in Riedersbach und in Dimmelkamm.
    Das ist von mir angeordnet worden und die OKA vollzieht das.
    Wenn ich dort nicht drinnen bin, die letzten Entscheidungen werden mir auch vorgetragen.
    Da mache ich das lieber selber.
    Aber da muss ich etwas dazu sagen.
    Wissen Sie, wenn mir einer jetzt zuhört, dann hat er das Gefühl,
    der wehrt sich gegen das Herausgehen aus der Okker.
    Wahrscheinlich kriegt er was bezahlt.
    Ja, das ist ja sozusagen das Übliche, dass man uns Politiker unterstellt.
    Ums Geld tun sie alles.
    Ich kriege
    bei der OKA keinen Groschen.
    Genauso wenig wie die übrigen Landesregierungsmitglieder und nicht erst seit heute oder seit gestern.
    Aber Sie haben dort eine Machtposition.
    Ich habe eine Machtposition, ich arbeite dort, ich kriege kein Geld, sondern das, was die OKA für mich und die übrigen Regierungsmitglieder hergibt, kassiert direkt das Land Oberösterreich.
    Aber Macht ausüben, das ist doch mein Beruf.
    Als Landeshauptmann habe ich Macht auszuüben.
    Die Oberösterreicher haben mich beauftragt, Entscheidungen zu treffen und das tue ich.
    Und da flüchte ich nicht.
    Und für diese Entscheidungen stehe ich auch gerade.
    Der steirische Landeshauptmann Krainer ist nicht im Aufsichtsgremium das D-Werk der steirischen Elektrizitätsgesellschaft.
    Es geht also auch anders.
    Ja, aber meiner Meinung nach geht es so, wie ich das Handhaben, besser.
    Was können Berufspolitiker tun, um das Negative Image, das sie bei einem Teil der Bevölkerung haben, zu beseitigen?
    Sich so verhalten wie jeder normale Mensch.
    Wissen Sie, die Politik hat eigene Gesetze entwickelt.
    Da redet man in vorfabrizierten Floskeln und Sätzen.
    Man beachtet die Regeln nicht, die sonst in der Gesellschaft gelten im gegenseitigen Umgang.
    Und meiner Meinung nach wäre halt die Lösung aller unserer Probleme als Politiker, wenn wir uns genauso verhielten zueinander wie der normale Bürger.
    Dass wir davon absehen, über den anderen zu schimpfen, dass wir uns zusammensetzen, miteinander so reden, wie wir reden, wenn wir zusammenkommen.
    Aber in dem Augenblick, wo wir das Rednerpult besteigen, da reitet uns der Teufel.
    Und dann beginnen wir in einer Sprache zu reden, die die Menschen nicht verstehen oder nicht mehr verstehen.
    Sie sind gegen den harten Ton in der Politik.
    Dann müssten Sie auch fallweise gegen Ihren Generalsekretär Dr. Graf sein.
    Der Graf hat eine Sonderstellung.
    Das, was ich gesagt habe, gilt ja auch nicht hundertprozentig, sondern es muss auch Auseinandersetzung geben.
    Und die Parteisekretäre haben halt die unangenehme Aufgabe, die Mistarbeit zu machen.
    Ich habe für den Graf deshalb sehr viel Verständnis.
    Obwohl Sie ihn schon einmal kritisiert haben?
    Nein, nein, das war ein Irrtum seinerzeit.
    Ich habe gesagt, Graf
    wird kritisiert, weil er sich anders verhält, als man von Politikern erwartet.
    Der Graf ist viel direkter.
    Wissen Sie, der Graf hat schon den Ton auch, den man versteht.
    Er ist nicht so vorsichtig und so beiläufig.
    Bei Politikern erwartet man, der gibt eine Erklärung ab und eigentlich, wenn man die Erklärung gehört hat und man sucht herum, dann hat man nur Verpackung und keinen Inhalt.
    Der Graf hat Inhalt und meistens keine Verpackung.
    Und das ist neu und das führt zur Kritik.
    Ich habe versucht zu erklären, dass er kritisiert wird, aber kritisiert habe ich ihn nicht.
    Nur, das sage ich auch dazu, nicht alles was der Graf sagt, das erweckt meine Begeisterung.
    So wie nicht alles, was ich sage, auch von jedem akzeptiert wird.
    Das Recht, Fehler zu machen, das muss man bitte auch uns Politikern einräumen.
    Aber das ist doch ein Widerspruch.
    Einerseits sind Sie gegen eine zu harte Sprache der Politiker, aber der Dr. Michael Graf, der darf.
    Gegen eine zu harte Sprache der Politiker bin ich nicht, wenn sich diese Härte nicht in Beschimpfen ausdrückt.
    Was verstehen wir denn unter harte Sprache überhaupt?
    Harte Sprache heißt für mich, dass einer klar und deutlich etwas ausspricht, aber ohne zu beleidigen dabei.
    Auf das kommt es an.
    Ich meine, der Graf redet sehr deutlich, der versteckt sich nicht irgendwo, sondern er erklärt.
    Nicht immer so, wie man das allgemein wünschte, aber der ist deutlich.
    Aber im Prinzip sind Sie mit ihm als Generalsekretär zufrieden?
    Ja, im Prinzip bin ich mit ihm zufrieden.
    Und er hat sicherlich ein neues Moment in die Politik hineingebracht.
    Ein bisschen weg von dem Übervorsichtig, das dazu führt, dass der Bürger sich dann nicht mehr auskennt.
    Herr Landeshauptmann Ratzenberg, Sie haben eine bemerkenswert gute Gesprächsbasis
    zur Regierung.
    Sie haben einen Staatsvertrag mit der Regierung abgeschlossen, der Oberösterreich einige hundert Millionen Schilling für die Krisenregionen bringt.
    Sie haben Finanzminister Wranitzki für den Finanzausgleich gelobt.
    Die Bundespolitiker der ÖVP sehen das zum Teil mit gemischten Gefühlen.
    Hinter vorgehaltener Hand grollen sie
    dass die Landeshauptleute als Kampftruppe der ÖVP ausfallen, weil sie lieber mit der Bundesregierung kooperieren, wenn es ihnen Geld für ihr Bundesland bringt?
    Ich bin schon seit 1973 Finanzreferent, seit acht Jahren Landeshauptmann und habe viel mit der Bundesregierung zu verhandeln.
    Dabei hat mich nicht zu interessieren, wie diese Bundesregierung ausschaut,
    sondern ich muss bemüht sein, möglichst gute Lösungen für mein Bundesland heimzubringen.
    Landeshauptleute sind nie Kampftruppen irgendeiner Partei, sondern Landeshauptleute haben mitzuwirken bei der Lösung der Probleme dieses Landes.
    Und ich sage Ihnen eins, ich verstehe auch eine Partei nicht als Kampftruppe gegen irgendetwas, sondern ob ich in der Regierung bin oder in der Opposition, mein Bestreben muss sein, die besten Lösungen für dieses Land zu erreichen.
    Die Opposition hat die Aufgabe, die regierende Partei zur Höchstleistung anzutreiben.
    Die Opposition ist sozusagen eine Art Gutscher mit Beitsche, die die Regierungspferde anzutreiben hat.
    Aber dass eine Opposition ihre Aufgabe darin sieht, Lösungen zu verhindern oder schwieriger zu machen, das ist eine völlig falsche Einstellung von der Demokratie.
    Opposition und Regierung gehören zusammen.
    Danke für das Gespräch.
    Im Journal zu Gast war Oberösterreichs Landeshauptmann Ratzenberg.
    Die Fragen an ihn hat Ulrich Brunner gerichtet.
    Eines der Themen dieses Gesprächs, das sensationell gute Abschneiden der Grün-Alternativen in Vorarlberg, das Thema beschäftigt nicht nur weiter die Politiker, sondern nach wie vor auch die Zeitungskommentatoren.
    Die folgenden Zitate hat Fritz Besater für sie ausgewählt.
    In der Tageszeitung Die Presse geht Hans-Werner Scheidel auf die Möglichkeiten ein, die die sogenannten etablierten Parteien zur Abwehr der Grünen und der Alternativen haben.
    Zwei Rezepte werden angeboten.
    Aufpäppeln der Grünenbewegung zu einer eigenständigen Partei und damit Schwächung des politischen Gegners oder Aufsaugen des Wählerpotenzials durch ständiges Trommeln des Slogans Die wahren Grünen sind wir selbst.
    Während Scheidl meint, dass ÖVP-Generalsekretär Michael Graf das Rezept des Aufpäppelns verfolgt, glaubt er andererseits nicht, dass sich die SPÖ für ein Aufsaugen des Grünpotentials hergeben will oder auch eignen könnte.
    Laut Scheidl sieht die Situation in der SPÖ derzeit ungefähr so aus.
    Der Streit zwischen Budgetkonsolidierern vom Schlage Franitzkis und den Umweltschützern, die Milliarden Schilling zusätzlich benötigen, ist noch nicht ausgestanden.
    Fred Sinowatz steht dazwischen und bemüht sich, beiden Denkrichtungen Genüge zu tun.
    Für Sinowatz sind die Grünen tolerierte Gruppierungen, solange sie sich auf das beschränken, was ihnen der SPÖ-Parteivorsitzende als ihre Aufgabe zugedacht hat.
    Übelstände aufzuzeigen, die Bevölkerung wachzurütteln.
    Doch dann, daran lässt Sinovac keinen Zweifel, hätten sie der SPÖ das Feld zu überlassen.
    Fragt Scheidl dann zum Abschluss seines Kommentars.
    Ob sich die Grünen der verschiedenen Schattierungen freilich mit dieser Rollenteilung zufriedengeben werden?
    In der steirischen Südost-Tagespost geht Geoffrey Sperl auf einen grundsätzlichen Aspekt des Grün-Themas in Österreich ein, nämlich auf einen ihm offenkundigen Widerspruch zwischen den Ansprüchen der Menschen nach einer gesunden Umwelt und ihrem eigenen persönlichen Dazutun.
    Viele Menschen sind in ihrer Sicht der Politik genauso schizophren wie auf anderen Gebieten.
    Sie rauchen zwar, wollen aber eine entgiftete Umwelt.
    Sie fahren Auto, wollen vor der Haustüre aber keine Durchzugstraße.
    Das heißt in der Politik, alle wollen sie den Landeshauptmann, die Landesräte, die zuständigen Abgeordneten bei allen möglichen Festivitäten, sodass diese Herren und Damen den ganzen lieben Tag bei irgendwelchen Terminen herumkugeln könnten.
    Wenn aber dann Entscheidungen nicht schnell genug fallen, heißt es, was tun denn diese hochbezahlten Politiker überhaupt den ganzen Tag?
    Abschließend aus einem Kommentar der Salzburger Nachrichten.
    Dort befasst sich Viktor Herrmann mit den vergangenen Club-Klausuren von ÖVP und SPÖ.
    Herrmann konstatiert, dass es bei diesen Klausuren hauptsächlich um die Interpretation des sensationellen Abschneidens der Grün-Alternativen in Vorarlberg gegangen ist, wobei der Kommentator glaubt,
    dass sich grünes Denken langsam aber sicher doch in den etablierten Parteien durchsetzt.
    Der Schlagabtausch zwischen dem grünen Vordenker der ÖVP, Erhard Busseck, und anderen Spitzenfunktionären der Volkspartei in Villach, ist ja nur die sichtbare Spitze eines tiefgreifenden Konflikts innerhalb der Oppositionspartei.
    Über kurz oder lang werden auch Bussecks Parteifreunde Mock und Graf dahinter kommen.
    Dass sich das Erscheinungsbild einer Partei ändern muss, will sie nicht noch mehr Glaubwürdigkeit und damit mehr Anhänger verlieren.
    Herrmann dann über die SPÖ.
    Bei den Sozialisten wird Umdenken schneller sichtbar werden, wenn sie weiterhin Reden über eine bessere Umwelt in praktisches Handeln umsetzen.
    Wenn sie die Ankündigungen von der Klubklausur in die Regierungsarbeit einfließen lassen.
    Zugleich tut sich mit der Suche nach einem neuen Erscheinungsbild eine Regierungspartei schwerer als die Opposition.
    glaubt der Kommentator der Salzburger Nachrichten und meint grundsätzlich zum Wert von Club-Klausuren.
    Impulse gingen also keineswegs von den Klausurtagungen aus.
    Dort schufen sich die Parteien lediglich Foren, um auf die Ereignisse im fernen Vorarlberg zu reagieren.
    So betrachtet wäre es an der Zeit, dass sich die Parteien endlich einmal echte Klausuren verordneten, um dort tatsächlich nachzudenken, ohne gleichzeitig auf das Publikum zu schielen.
    Das war die Inlandspresse-Schau von Fritz Pesata.
    Die Zeit 12 Uhr und 36 Minuten, wieder ins Ausland.
    Derneben der Ermordung Indira Gandhis, zweite spektakuläre politische Morde der letzten Zeit.
    Die Ermordung des Priesters Ierysi Popieluszko bewegt heute von Neuem die Gemüter, vor allem in Polen.
    Wie in Indien, wir haben ausführlich berichtet, so finden auch in Polen heute Trauerfeierlichkeiten unter starker Anteilnahme der Bevölkerung statt.
    Hunderttausende Menschen, die größte Menschenansammlung seit dem Papstbesuch im Juni des Vorjahres, nehmen an den Beisetzungsfeierlichkeiten für Popeljusko teil.
    Erzbischof Klemp, der Popeljusko ursprünglich im Powatzki-Friedhof in Warschau beisetzen lassen wollte, hatte dem Wunsch der Gläubigen nachgegeben, den mit der Untergrundgewerkschaft Solidarität sympathisierenden Pater im Gebiet seiner ehemaligen Wirkungsstätte, nämlich der Stanislaw-Kostka-Kirche, zu beerdigen.
    Vor etwa eineinhalb Stunden begann die von Klemp gelesene Messe für jenen Mann, der am 19.
    Oktober von Beamten des geheimen Sicherheitsdienstes entführt und dessen Leiche dann vergangenen Dienstag in einem Stausee in der Weichsel gefunden worden war.
    Obwohl die Regierung den Entführern und mutmaßlichen Mördern mit der Todesstrafe droht, machen viele Polen die Warschauer Führung dennoch für den Mord am Solidarnosch-Priester Popieluszko indirekt mitverantwortlich.
    Angesichts von Besonnenheitsappellen Glems und auch Lech Walesas hat sich der Unmut der Bevölkerung bisher nicht in den erwarteten neuen großen Protestdemonstrationen entladen.
    Zurzeit herrscht schlicht Trauer über den Mord an dem populären Priester, über die Beisetzungsfeierlichkeiten in Polen mehr von Gerd Baumgarten.
    Das Ereignis, das sich zur Stunde hier in einem vorstädtischen Wohnviertel von Warschau abspielt, in Zoliborz, sprengt nahezu alle Maßstäbe und Vorstellungen.
    Es lässt sich nur noch vergleichen mit den beiden Besuchen des Papstes in seiner polnischen Heimat 1979 und 1983 sowie mit der Beisetzung des großen polnischen Kardinals Stefan Wyszynski im Jahre 1981.
    Seit den frühen Morgenstunden dieses Samstages schon
    ist eine Massenwanderung von Polen aus allen Teilen des Landes in Richtung auf das Gotteshaus des ermordeten Jerzy Popiewuszko im Gange, auf die Kirche dank Stanislaus Kostka.
    Vom rechten Turm des hohen weißen Kirchenbaus hängt eine das V-Zeichen, das Siegeszeichen bildende, weiß-rote polnische Fahne herab.
    Sie grüßt eine ungeheure Trauergemeinde, die schon jetzt auf mehr als 300.000 Menschen geschätzt wird.
    Und pausenlos strömen von allen Seiten neue Massen hinzu.
    In weiten Abständen um die Kirche sind noch während der Nacht überall in den Seitenstraßen neue Lautsprecher aufgestellt worden, damit alle der Totenmesse folgen können.
    Von den beiden Türmen der Kirche blickt man auf einen Wald von Solidaritätsfahnen hinunter.
    Alle Delegationen aus den verschiedenen Teilen des Landes
    führen ihre Fahne mit dem Wort Solidarnosc im charakteristischen weltberühmten Schriftbild mit sich.
    Man sieht Abordnungen aus Oberschlesien in ihren traditionellen Bergmannstrachten, Gruppen aus den Bergen der polnischen Tatra und der Karpaten in ihren Regionalanzügen.
    Auf eine Transparenz, das aus der unübersehbaren Menschenmenge aufragt, liest man, wir verabschieden uns von Kaplan Jezi, dem Apostel der wahrhaftigen Freiheit.
    Solidarnosc Krakau.
    ein anderes Schild verkündet, wir werden nichts vergessen, Jura-Studenten Polens.
    Solidaritätsvorsitzender Lech Walesa traf 5 Minuten vor 10 im schwarzen Anzug auf dem Platz vor der Kirche ein, an der Spitze einer rund 50 Mann starken Delegation der Lenin-Werft in Danzig und begrüßt vom lang anhaltenden Beifall der riesigen Menge.
    Die Totenmesse wurde eingeleitet mit dem zurzeit populärsten polnischen Kirchenlied, einem Lied, das sowohl im Zweiten Weltkrieg unter der Hitler-Besatzung als auch während der Stalin-Jahre nach dem Kriege streng verboten war und Verfolgung nach sich zog.
    Gott, der du Polen lange Jahrhunderte hindurch mit dem Glanze der Stärke und des Ruhmes umgeben hast.
    Die Geistlichen, die hinter dem auf einem erhöhten Katafalk aufgestellten Sarg mit den sterblichen Überresten Jeschi Popiuskos die Totenmesse leiten, lassen von der unübersehbaren Menschenmenge vor sich in regelmäßigen Abständen die immer gleichen drei Sätze in Massensprechchören wiederholen.
    Wenn du von uns gehst, wirst du nicht fort sein.
    Und du hast gesiegt, siege hinfort.
    Den dritten Sprechchor bildet das Gelöbnis aus dem Vaterunser.
    Und vergib uns unsere Schuld, wie wir vergeben wollen unseren Schuldigern.
    Gerhard Baumgarten aus Polen zu den Trauerfeierlichkeiten für Popeljuszko.
    Morgen Sonntag finden in Nicaragua die ersten Wahlen seit dem Sturz des Diktators Anastasios Samosa und der Sandinistischen Revolution statt.
    Die rund 1,6 Millionen Wähler sind dazu aufgerufen, einen Präsidenten, einen Vizepräsidenten und eine 90-köpfige verfassungsgebende Versammlung zu wählen.
    Die Vorwahl-Auseinandersetzungen wurden vor allem von zwei Faktoren beherrscht, nämlich vom Boykott der Wahlen durch das konservative Oppositionsbündnis unter Arturo Cruz auf der einen Seite und von der Angst vor Überfällen der bewaffneten Opposition, den sogenannten Contras, die, wie die Sandinisten befürchten, nur allzu leicht den Boden für eine drohende US-Intervention im Land aufbereiten könnten.
    Brigitte Fuchs analysiert den Hintergrund der Wahlen in Nicaragua.
    Noch bevor die erste Stimme bei den morgigen Wahlen in Nicaragua abgegeben wird, dürften die Wahlsieger längst feststehen, nämlich die regierenden Sandinisten.
    Spekuliert wird bestenfalls noch über das Ausmaß des Vorsprungs der Regierungspartei gegenüber den anderen sechs Parteien, die noch im Wettbewerb um die Wählerstimmen verblieben sind.
    Denn die politisch potentesten Herausforderer der Sandinisten, das Oppositionsbündnis aus dem Unternehmerverband und zwei Gewerkschaften unter Arturo Cruz, hat es vorgezogen, sich nicht an den Wahlen zu beteiligen.
    Arturo Cruz begründete seine Verweigerungshaltung mit mangelndem Demokratieverständnis der Sandinisten, mit ungleichen Voraussetzungen im Wahlkampf und mit der Pressezensur.
    Die Sandinisten beschuldigen die Opposition, sie boykottiere die Wahlen, weil sie a. ohne diesen nur geringe Wahlaussichten gehabt hätte und das nicht zugeben will und b. weil die Opposition durch ihre Nicht-Teilnahme den Wahlen die Legitimität nehmen wolle.
    Was also blieb, war ein Wahlkampf, der nicht so sehr geprägt war von Auseinandersetzungen zwischen politischen Gruppierungen, die um die Gunst der Wähler streiten.
    Die Auseinandersetzung fand vielmehr zwischen einer Gruppe, die das System repräsentiert, nämlich den Sandinisten, und einer anderen Gruppe, die sich bewusst außerhalb des Systems gestellt hat, nämlich der Oppositionsblock unter Arturo Cruz.
    Denn jene sechs Splitterparteien, die neben den Sandinisten noch auf den Stimmzetteln stehen, werden nur ganz geringe Wahlchancen haben.
    Im Mittelpunkt der Vorwahldiskussion standen daher auch weniger die auf der Hand liegenden Probleme des Landes, nämlich die schlechte Versorgungslage, die Bürokratie und die kriegsbedingt daniederliegende Wirtschaft, sondern die Bedrohung der sandinistischen Revolution in Nicaragua von außen.
    Immer wieder hat der Präsidentschaftskandidat der Sandinisten Daniel Ortega in den letzten Tagen vor einer angeblich bevorstehenden Intervention der Amerikaner in Nicaragua gewarnt.
    Doch die Bedrohung von außen ist längst zu einer Bedrohung im Inneren des Landes geworden.
    Nicht amerikanische Truppen sind es aber, die die Sandinisten hier bedrohen, sondern nicaraguanische Rebellen, Contras genannt, die mit der Unterstützung der Vereinigten Staaten den Untergrundkrieg gegen die Sandinisten führen.
    Die Zahl der Contras, die in Nicaragua operieren, wird auf 10.000 bis 15.000 geschätzt.
    Der seit mehr als zwei Jahren geführte Kampf dieser Contras gegen die Sandinisten hat auch zur unpopulärsten Maßnahme der Regierung seit dem Sturz der Somoza-Diktatur geführt, nämlich zur Einführung der allgemeinen Wehrpflicht und der Einberufung von 16-Jährigen zur Armee.
    Dieser Schritt, zu dem sich die Sandinisten durch wachsende militärische Aktivitäten der Guerilla gezwungen sahen, hat der Regierung viele Sympathien bei der Bevölkerung gekostet.
    Der Druck der Kontras, der Druck der politischen Opposition und der Druck von außen, vor allem aus den Vereinigten Staaten, verbunden mit Wirtschaftssanktionen, hatte letztlich dazu geführt, dass die Sandinisten die Wahlen ein Jahr früher als geplant abhalten.
    Daher wirkt es besonders befremdlich, dass der Oppositionsblock, der die Wahlen am vehementesten gefordert hatte, nun nicht an ihnen teilnimmt.
    Trotz des Wahlboykotts hat man aber nicht alle Brücken abgebrochen.
    Seit einigen Tagen sitzen Regierung und Opposition am Verhandlungstisch, um einen Dialog in Gang zu bringen.
    Ein Dialog, der unabhängig vom Wahlausgang auch in Zukunft stattfinden soll.
    Die Sandinisten sind allerdings nur mit der politischen Opposition und nicht mit dem bewaffneten Kontrastgesprächs bereit.
    Die politische Gesprächsbereitschaft der Sandinisten deutet an, dass sie nicht jenen autoritären Einparteienstaat anstreben, der vor allem vom Ausland immer wieder als düsteres Zukunftsbild für Nicaragua prophezeit wird.
    Die morgigen Wahlen in Nicaragua sind natürlich nicht Wahlen, wie man sie aus Westeuropa kennt, denn zu solchen Wahlen fehlen hier alle Voraussetzungen.
    Sie können aber durchaus ein Schritt zu jener Demokratisierung sein, die vom Ausland immer wieder gefordert wird.
    Zur Lage vor den Wahlen in Nicaragua eine Analyse von Brigitte Fuchs.
    Die Zeit 12.46 Uhr ist es jetzt.
    Wieder ein Österreich-Thema im Mittagsschanal.
    Derzeit tagt im Eisenstädter Landhaus der Landesparteivorstand der Burgenländischen SPÖ.
    Der Vorstand wurde nach einer Präsidiumssitzung am vergangenen Montag einberufen, in dem als Nachfolger für den zurückgetretenen Landesrat Gerald Mader Hans Siepötz, bisher Landesparteisekretär, vorgeschlagen wurde.
    Zum Hintergrund des Rücktritts Maders.
    Er erfolgte, weil er mit Inhalt und Stil der Politik im Burgenland nicht einverstanden ist.
    Insbesondere mit dem parteiintern umstrittenen persönlichen Führungsstil von Landeshauptmann Theodor Kehry.
    Äußerer Anlass für den Rücktritt Maders war die Besetzung des ärztlichen Leiters am Schwerpunkt Krankenhaus Oberwart.
    Aus dem Eisenstädter Landhaus rufe ich nun Robert Heger.
    Eine untergründige Personalentscheidung ist schon am Montag gefallen und wird zur Stunde im Landesparteivorstand der SPÖ, dem 40 Funktionäre angehören, abgesegnet.
    Rasch, zügig und diszipliniert, wie es in der Parteipresse hieß.
    Hans Schüppels, Landesparteisekretär, Landtagsabgeordneter und Bürgermeister von Parmhagen, Beruf Lehrer, 41 Jahre alt, wird den Regierungssitz von Marder und auch die Referate Kultur, Soziales und Gesundheit übernehmen.
    Aber diese Ablöse ist vor dem Hintergrund eines Konflikts zu sehen, der anlässlich einer Personalentscheidung von Landeshauptmann Kehry offen ausgebrochen ist.
    Am 24.
    Oktober erklärte Marder seinen Rücktritt.
    Er sei mit Inhalt und Stil der Politik im Burgenland nicht einverstanden.
    Er wolle glaubwürdig bleiben.
    Auffassungsunterschiede gegenüber Landeshauptmann Chieri wären nicht mehr zu überbrücken gewesen.
    Eine grundsätzliche Kurs- bzw.
    Stileränderung sei drei Jahre vor den nächsten Landtagswahlen notwendig und für die Partei heilsam.
    Landeshauptmann Chieri überrascht vom Entschluss Maders dazu, der Rücktritt sei ausschließlich eine persönliche Entscheidung Maders, die zu akzeptieren sei.
    Dr. Gerald Mader, eher ein Einzelgänger ohne Hausmacht, in bewusster Distanz zum Apparat, der eher den Partei freund als den Genossen oder gar den Haberer suchte, kulturpolitisch erfolgreich in den Fußstapfen von Fred Sinowatz, der mitunter utopisch scheinende Ideen auch umsetzte, ein Parsifal, urteilen manche, der seit Monaten mahnte, argumentierte, forderte und, wie er sagt, nicht auf Gegenliebe stieß.
    und der immer wieder auf Fred Sinowatz verwies, dass ein Politiker Integer und Herzeigbar sein müsse.
    Ob sich der designierte Nachfolger Maders, Hans Schippwitz, mit dem bisher geübten, von Mader kritisierten Stil der Politik identifiziert oder nicht, diese Frage können wir erst nach der Sitzung stellen.
    Es war kein Spitzenfunktionär bereit, vor Schluss der Sitzung Aussagen zu treffen.
    Einziger Kurzkommentar von Bundeskanzler Sinowaz, ich bin nur ein kleiner Funktionär der burgenländischen Partei, die Atmosphäre ist angenehm, es ist alles in Ordnung.
    Die Diskussion ist jedenfalls noch im Gang.
    Die Frage ist, wie Marders Argumente ankommen.
    Ob es einen Rücktrittssignalwirkung haben kann, angesichts der sich immer stärker artikulierenden Grün- und Protestbewegungen.
    oder ob die Funktionäre eingeschworen werden auf Theodor Kehre, seit 18 Jahren Landeshauptmann, der drei erfolgreiche Landtagswahlen geschlagen hat, Spitzenkandidat auch für 1987 ist und der zur Zeit Zielscheibe einer Kampagne ist, die von persönlichen Bloßstellungen über Kritik an seinem Lebensstil bis zum übrigens entschieden zurückgewiesenen Vorwurf des illegalen Waffenbesitzes reicht.
    Jedenfalls soll diese Sitzung über die nominelle Ablöse hinaus auch ein Ventil sein für Spitzenfunktionäre, die Dampf ablassen können.
    Die Frage, kehre wer sonst, ist aber, so nahmen Vorstandsmitglieder vor der heutigen Sitzung das Ergebnis vorweg, schon zweifelsfrei beantwortet.
    Es soll keine Nachfolgediskussion geben.
    Aus dem Landhaus in Eisenstadt hörten sie Robert Heger.
    12.50 Uhr.
    Ein Kulturbericht.
    In wenigen Wochen wird in Österreichs Kinos eine Wiederaufführung anlaufen, die weit über den konkreten Anlassfall hinaus Aufmerksamkeit erregen dürfte.
    Die Rede ist vom Film Der Leopard, den der 1976 verstorbene italienische Regisseur Visconti 1963 nach dem berühmten Roman von Giuseppe di Lampedusa gedreht hatte.
    Bei seiner jetzigen Neuaufführung wird der Leopard erstmals in seiner vollen Länge von mehr als drei Stunden zu sehen sein.
    Seinerzeit war der Film in einer etwa zweistündigen Version in die Kinos gekommen.
    Dass klassische Filme liebevoll rekonstruiert und in voller Länge neu gestartet werden, kommt in letzter Zeit immer häufiger vor.
    Hans Langsteiner hat sich mit diesem Trend eingehender befasst und dazu den folgenden Beitrag gestaltet.
    Sizilien um 1860.
    Der Greisefürst Don Fabrizio ahnt gesellschaftlichen Umsturz und den eigenen Tod.
    Während eines Balles nimmt er Abschied von den Räumen seines Palastes, während die neue Klasse, das Bürgertum, bereits den Marktwert des adeligen Zierrats zu taxieren beginnt.
    Die ausladende Ballszene, deren Musik Sie gerade hören, ist der Höhepunkt des Films Der Leopard, den Lucchino Visconti vor mehr als 20 Jahren inszeniert hat.
    Über 200 Minuten, also mehr als dreieinviertel Stunden, sollte dieser Film nach den Vorstellungen Viscontis dauern.
    Als er in die Kinos kam, war er nur etwas länger als zwei Stunden.
    Die amerikanischen Produzenten hatten sich über den Wunsch Viscontis hinweggesetzt und seine Arbeit aus kommerziellen Erwägungen verstümmelt.
    Beileibe kein Einzelfall, wie erst kürzlich die Debatten um die Vorführung der ungeschnittenen Originalversion von Sergio Leones Film »Es war einmal in Amerika« bewiesen haben.
    Viscontis Leopard kommt jetzt in einer 186 Minuten langen Neufassung abermals in die Kinos.
    Noch im November voraussichtlich auch nach Österreich.
    Die eingangs beschriebene Ballszene dauert in dieser Version allein 40 Minuten.
    Keine Sekunde zu lang, wie die hymnischen Kritiken dieses ausladenden Epos übereinstimmend feststellten.
    Klassische Filmkunst in neuer originaler Länge.
    Auch das ist glücklicherweise kein Einzelfall.
    So waren es gerade die Filme des italienischen Altmeisters Lucchino Visconti, die in den letzten Jahren in rekonstruierten Neufassungen nach und nach den Weg in die Kinos fanden.
    Senso und Ludwig II.
    wurden in annähernd originalen Längern von über zwei beziehungsweise mehr als drei Stunden neu gestartet.
    Von Ludwig II.
    soll sogar noch eine fast vierstündige Version existieren, die Viscontes Mitarbeiter nach dem Tod des Regisseurs nach dessen Vorstellungen zusammengestellt haben.
    Begonnen hatte die Welle der Filmrekonstruktionen aber mit einem Stummfilm.
    Das ist Musik zum vierstündigen Helden-Epos Napoleon von Abel Gance.
    Freilich nicht die Original-Partitur, die Henri Verdun in dem 1927 gedrehten Stummfilm schrieb, sondern eine neue Musikkulisse von Kermain Coppola, dem Vater des Patenregisseurs Francis Ford Coppola.
    Der hatte vor drei Jahren den verschollenen und verstümmelten Napoleon-Film wieder ausgegraben, mit Fundstücken aus dem Archiv auf Hochglanz gebracht und ihn in einer zwar nicht völlig, aber einigermaßen originalen Vier-Stunden-Version rund um die Welt geschickt, begleitendes Live-Orchester samt Papa Coppola inklusive.
    Auch die Wiener Stadthalle war damals eine der Stationen gewesen.
    Gegen das, was als jüngster Streich der neuen Rekonstruierungswelle gerade aus dem Archiv geholt wird, ist dieser Napoleon freilich nur ein Pausenfüller.
    Es Cleopatra, der legendäre Riesenschinken mit Elizabeth Taylor und Richard Burton soll abermals das Licht der Kinoprojektoren erblicken.
    In einer nicht weniger als sechs Stunden langen Neufassung, aufgeteilt auf zwei Drei-Stunden-Teile.
    So hatte es Cleopatra-Regisseur Joseph Mankiewicz 1963 geplant gehabt.
    Bis ihm der allmächtige Studioboss Daryl Zanuck von der Zenfox in die Kandare fuhr und das Projekt auf vier Stunden zurückstutzte.
    Ob dabei wirklich, wie Mankiewicz klagte, die besten Szenen unter den Schneidetisch gefallen waren, wird man beurteilen können, wenn die Neufassung, was noch nicht sicher ist, je nach Österreich kommt.
    Es ist freilich nicht nur Monumentales, was jetzt in neuer Version zutage gefördert wird.
    Auch von Musicals wie A Star is Born und The Happiest Millionaire sind rekonstruierte Neufassungen angekündigt.
    Und selbst einen alten Erich-von-Stroheim-Film aus dem Jahre 1928, Queen Kelly mit Gloria Swanson, wollen die Verleihchefs wieder ins Kino bringen.
    Das neu nicht immer länger und originaler heißen muss, beweist eine weitere Ausgrabung der jüngsten Zeit, gleichsam das andere extrem, zur Rekonstruierungswelle.
    Von Fritz Langs Stummfilm-Klassiker Metropolis hat der Südtiroler Discosound-Spezialist Giorgio Moroder eine poppig untermalte Neufassung erstellt, die in Amerika bereits mit verblüffendem Erfolg läuft.
    Metropolis war bei Fritz Lang noch an die vier Stunden lang.
    In der quicken Neufassung Marodas sieht der Streifen jetzt aus wie ein überdimensionaler Videoclip und dauert nur noch schäbige 85 Minuten.
    Nach diesem Beitrag von Hans Langsteiner über neue Trends in der Filmbranche folgt jetzt noch ein Nachrichtenüberblick über das wichtigste Tagesgeschehen.
    Es liest wieder Maria Piffl.
    Indien.
    Das ganze Land steht im Zeichen der Trauerfeiern für die vor drei Tagen ermordete Ministerpräsidentin Indira Gandhi.
    Nach einer dreistündigen Trauerprozession durch die Straßen Delis entzündete Indira Gandhis Sohn Rajiv, Nachfolger im Amt des Ministerpräsidenten, den Scheiterhaufen, auf dem seine Mutter aufgebahrt lag.
    In einer feierlichen Hindu-Zeremonie ging er zunächst siebenmal um den Holzstoß herum, ehe er die Fackel an das Sandelholz legte.
    An der Einrichtung nahmen politische Führer aus aller Welt teil.
    Polen.
    In der Stanisław-Kirche in Warschau haben am Vormittag die Begräbnisfeierlichkeiten für den von polnischen Sicherheitskräften ermordeten oppositionellen Priester Jerzy Popieluszko begonnen.
    Seit den frühen Morgenstunden harrte eine unübersehbare Menschenmenge vor der Kirche aus.
    Der Sarg Popieluszkos stand vor dem Hauptportal der Kirche auf einem hohen, mit weiß-rotem Tuch bedeckten Katafalk.
    Über der Pforte stand ein Spruch des polnischen Dichters und Literaturnobelpreisträgers Czesław Milosz.
    Sie können ihn töten, es wird ein Neuer geboren.
    Die Totenmesse wird vom Primas der katholischen Kirche, Kardinal Józef Klemp, zelebriert.
    Die Polizei hält sich im Hintergrund.
    Nicaragua.
    Morgen finden im ganzen Land die ersten Wahlen seit der sandinistischen Revolution des Jahres 1979 und dem Sturz des Diktators Somoza statt.
    Insgesamt nehmen sieben Parteien an den Wahlen teil.
    Nach Ansicht der Opposition kann der Urnengang nicht als frei bezeichnet werden.
    Österreich.
    Oberösterreichs ÖVP-Landeshauptmann Josef Ratzenböck hat vor einer grün-alternativen Partei im Hinblick auf die Landtagswahl am 6.
    Oktober 1985 keine Angst.
    Ratzenböck begründete seinen Optimismus heute in einem Hörfunkinterview damit, dass seine Partei seit Jahren die bestmögliche Politik gemacht habe.
    Innerhalb der grün-alternativen Bewegung in Oberösterreich ortet Ratzenböck sowohl Umweltschützer als auch Personen, die mit dem politischen Stil unzufrieden seien, sowie direkte Umstürzler.
    Die Forderung der jungen ÖVP, wonach sich ÖVP-Landespolitiker aus den Landeselektrizitätsgesellschaften zurückziehen sollten, lehnte Ratzenböck mit der Bemerkung ab, dies wäre eine Flucht aus der Verantwortung.
    In Eisenstadt berät seit den Vormittagsstunden der Vorstand der SPÖ Burgenland über die Nachfolge von Landesrat Gerald Mader, der vor wenigen Tagen seinen Rücktritt angekündigt hat.
    Mader, der für das Kultur- und Gesundheitswesen zuständig war, hat seine Entscheidung mit unüberwindbaren Meinungsdifferenzen zwischen ihm und Landeshauptmann Keri begründet.
    Vereinte Nationen.
    Die UNO-Vollversammlung in New York erörtert derzeit die wirtschaftliche Situation in Afrika.
    Generalsekretär Pérez de Cuellar sagte, zurzeit herrsche in 27 afrikanischen Staaten Mangel an Lebensmitteln.
    Zu einem anderen Thema meldete sich der österreichische Vertreter zu Wort.
    Er warnte vor dem atomaren Wettrüsten und forderte die Supermächte auf, möglichst rasch einen Vertrag über einen Atomteststopp zu unterzeichnen.
    Nur noch die Wetteraussichten bis heute Abend, gebietsweise Hochnebel, sonst sonnig.
    Nachmittagstemperaturen meist 8 bis 16 Grad.
    Das waren wieder 60 Minuten Information in Österreich 1 und Ö3.
    Die nächste Journalsendung ist das Sonntagsschornal, morgen um 17 Uhr.
    Bis dahin verabschiede ich mich.
    Ein angenehmes Wochenende wünscht Udo Bachmeier.
    Auf Wiederhören.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Mitwirkende: Schallgruber, Georg [Gestaltung] , Piffl, Maria [Sprecher/in]
    Datum: 1984.11.03 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Mitwirkende: Piffl, Maria [Sprecher/in]
    Datum: 1984.11.03 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Indien: Trauerzeremonie für Indira Gandhi und politischer Hintergrund
    Mitwirkende: Wolfgramm, Rainer [Gestaltung]
    Datum: 1984.11.03 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Im Journal zu Gast: Landeshauptmann Ratzenböck
    Interview: Josef Ratzenböck
    Mitwirkende: Brunner, Ulrich [Gestaltung] , Ratzenböck, Josef [Interviewte/r]
    Datum: 1984.11.03 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Politik ; Wissenschaft und Forschung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Begräbnis von Jerzy Popielusko
    Mitwirkende: Baumgarten, Gerd [Gestaltung]
    Datum: 1984.11.03 [Sendedatum]
    Ort: Warschau [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Morgen Wahlen in Nicaragua
    Mitwirkende: Fuchs, Brigitte [Gestaltung]
    Datum: 1984.11.03 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Neuer Trend im Filmgeschäft
    Einblendung: Filmmusik ("Metropolis")
    Mitwirkende: Langsteiner, Hans [Gestaltung]
    Datum: 1984.11.03 [Sendedatum]
    Schlagworte: Unterhaltung ; Medien und Kommunikation ; Wirtschaft ; Technik ; Film ; Kultur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1984.11.03
    Spieldauer 00:59:57
    Mitwirkende Bachmair, Udo [Moderation]
    Löw, Werner [Regie]
    ORF [Produzent]
    Datum 1984.11.03 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-841103_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

    Information

    Inhalt

    Nachrichten

    Verortung in der digitalen Sammlung

    Schlagworte

    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt