Mittagsjournal 1980.10.18

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Guten Tag meine Damen und Herren, zum Mittagschanal begrüßt sich heute Louis Glück.
    Unsere Samstagsserie im Schanal zu Gast präsentiert heute Johanna Donal, seit einem Jahr Staatssekretärin für Frauenfragen im Bundeskanzleramt.
    Eine Zwischenbilanz im Kampf um Gleichberechtigung und die Probleme dabei sind das Thema des ausführlichen Gesprächs.
    Vor dem Bürgermeistertag der Sozialistischen Partei in Kapfenberg referiert heute Bundeskanzler Bruno Kreisky und, wie man annehmen darf, nicht nur über kommunalpolitische Fragen.
    Eine vom Justizminister nach dem dreifachen Mord in St.
    Pölten durch Werner Knisek eingesetzte Expertenkommission hat jetzt erste Ergebnisse vorgelegt.
    Minister Christian Broda nimmt Stellung zur Frage der geistig abnormen Rechtsbrecher.
    In Italien ist nicht nur der Fiat-Streik, sondern auch die Regierungskrise beendet worden.
    Die Kabinettsliste liegt vor.
    Mit osteuropäischen Wirtschaftsfragen befassen wir uns auch.
    Die aktuellen Anlässe.
    Ungarns Handelsbilanz mit Österreich ist nach jahrelangem heimischem Export plus erstmals ausgeglichen.
    In Jugoslawien hingegen macht man sich über die europäische Rekordinflationsrate von mehr als 25 Prozent ernste Sorgen.
    In Graz wird heute der 13. steirische Herbst eröffnet, Österreichs Parade-Avogat-Festival.
    Soweit ein Überblick über die geplanten Themen.
    Zunächst ein aktueller über das Weltgeschehen in Form der Meldungen, für die Georg Schalk-Ruber als Chef vom Dienst verantwortlich ist.
    Sprecher ist Wilfried Schierlbauer.
    Österreich.
    Der ÖVP-Bauernbund hat heute die schon seit längerer Zeit angekündigte Wachablöse an der Spitze vollzogen.
    In der heutigen Tagung des Bundesbauernrates des Bauernbunds wurde der niederösterreichische Bauernbundpräsident Dervler zum Nachfolger des bisherigen gesamtösterreichischen Präsidenten Minkowitsch gewählt.
    Dervler erhielt 95 Prozent der abgegebenen gültigen Stimmen.
    Zum Nachfolger des bisherigen Bauernbunddirektors Strasser wurde bereits gestern ÖVP-Agrarsprecher Riegler bestellt.
    Vereinte Nationen.
    Der iranische Ministerpräsident Rajai hat vor dem UNO-Weltsicherheitsrat den Standpunkt seiner Regierung im Konflikt mit dem Irak vertreten.
    Ansatzpunkte für eine baldige Beilegung der Auseinandersetzung waren nicht zu erkennen.
    Auch bezüglich des Problems der amerikanischen Geiseln im Iran fiel keine neue Äußerung.
    Trotzdem wird in New Yorker UNO-Kreisen die Ansicht vertreten, die Hoffnung auf eine baldige Freilassung der Geiseln bestehe weiter.
    Iran-Irak.
    Die Kämpfe zwischen den beiden Ländern konzentrieren sich nach wie vor auf die Ölprovinz Husistan.
    Der Iran hat einen Vorschlag des pakistanischen Staatschefs Siahul Haq zurückgewiesen, wegen eines islamischen Festes ab heute eine viertägige Waffenruhe einzuhalten.
    Der irakische Verteidigungsminister hat heute in einem Zeitungsinterview indirekt neuerlich die Bereitschaft Bagdads zu einer Feuereinstellung und zu Verhandlungen mit dem Iran erkennen lassen.
    Polen.
    Die Verhandlungen zwischen dem Führer der unabhängigen Gewerkschaftsbewegung, Walesa, und Regierungsvertretern über die Registrierung des neuen Gewerkschaftsbundes und über ein neues Gewerkschaftsgesetz sind offensichtlich bis jetzt erfolglos geblieben.
    Walesa teilte zuletzt mit, die unabhängige Gewerkschafts-Solidarität sei noch nicht offiziell registriert worden und er wisse absolut nicht, wann dies geschehen werde.
    Die Streikbewegung und die Gründung unabhängiger Gewerkschaften werden wahrscheinlich auch ein Thema der Tagung der Außenminister des Warschauer Paktes sein.
    Diese Konferenz wird morgen und am Montag in der polnischen Hauptstadt abgehalten.
    Jugoslawien.
    Zwei bekannte Regimekritiker haben etwa 500 Intellektuellen schriftlich angeboten, bei der Herausgabe eines neuen, freien und demokratischen Magazins mitzuarbeiten.
    Es sind dies der Schriftsteller Dobrý Cakozid und der Philosophie-Professor Dubomír Tadic.
    Kosic ist Autor mehrerer bekannter Novellen und war Anfang der 70er Jahre anlässlich einer Säuberungsaktion aus dem Zentralkomitee der Serbischen Kommunistischen Partei entfernt worden.
    Tadic war Lektor an der Philosophischen Fakultät der Universität von Belgrad.
    Er darf seit Mitte der 70er Jahre keine Vorlesungen mehr halten.
    Jetzt fordern die beiden Männer die Intellektuellen in Jugoslawien nachdrücklich auf, ihre Meinung über die Gesellschaft in dem Land in einem Magazin zu äußern.
    Die geplante Publikation soll den Titel «Javnost – Die Öffentlichkeit» erhalten.
    Italien
    Der designierte Ministerpräsident Forlani hat die Bemühungen um die Bildung eines von vier Parteien gestellten Kabinetts erfolgreich abgeschlossen, heute wurde die neue Regierung vorgestellt.
    Ihr gehören 26 Mitglieder, zwei weniger als bisher an.
    Die Hälfte der Ministerposten erhalten die christlichen Demokraten, die Sozialisten werden sieben Ministerien verwalten, die Sozialdemokraten und die Republikaner je drei.
    Der wochenlange Arbeitskonflikt im italienischen Automobilkonzern Fiat wurde nun offiziell beendet.
    Vertreter der Gewerkschaften und der Unternehmensleitung unterzeichneten heute ein entsprechendes Abkommen.
    Die Gesellschaft verpflichtet sich den Plan zur Kündigung von mehreren tausend Arbeitern fallen zu lassen.
    Allerdings darf Fiat bis Juni 1983 24.000 Beschäftigte entlassen, sollte die Geschäftslage dies erfordern.
    Innerhalb der Belegschaft von Fiat ist es in den vergangenen Tagen auch zu Kundgebungen gegen den Vertrag gekommen, doch wurde er schließlich trotzdem unterzeichnet.
    USA
    Präsident Carter und sein Herausforderer Reagan werden sich nun doch bei einem gemeinsamen Fernsehauftritt den Wählern stellen.
    Die Debatte findet voraussichtlich am 28.
    Oktober in Cleveland statt.
    Bisher scheiterte eine derartige Diskussion an der umstrittenen Teilnahme des unabhängigen Kandidaten Anderson.
    Nun schloss die Liga weiblicher Wähler, die zu der Debatte eingeladen hat, Anderson aus, da ihm jüngste Meinungsumfragen ein deutlich schlechteres Abschneiden als bisher in der Wählergunst bescheinigt haben.
    Australien.
    Etwa 10 Millionen Menschen entscheiden heute über die Zusammensetzung des neuen Parlaments.
    Es herrscht Wahlpflicht.
    Mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen dem derzeitigen Ministerpräsidenten Fraser und dem Oppositionsführer, dem Chef der Labour-Party, Hayden, ist zu rechnen, wobei die Labour-Party leicht favorisiert wird.
    Bolivien Innenminister Arsé Gómez hat bekannt gegeben, dass alle politischen Gefangenen freigelassen werden sollen.
    Gleichzeitig ist aber eine Verschärfung der Gesetze bezüglich der inneren Sicherheit geplant.
    Der frühere Präsident Silesso Asso sowie sein Stellvertreter wurden zu Feinden des Staates erklärt.
    Griechenland.
    Die Regierungen der Mittelmeerländer haben anlässlich einer Konferenz in Athen beschlossen, zahlreiche Teile des Mittelmeers besonders zu schützen.
    Nicht vertreten waren bei der Tagung Albanien und Spanien.
    Besondere Rücksicht soll etwa auf die Laichgebiete von Speisefischen und Muscheln sowie auf die Winterquartiere von Zugvögeln genommen werden.
    Auch die Pflanzenwelt soll mehr als bisher geschützt werden.
    Österreich.
    Bundespräsident Kirchschläger hat heute im Grazer Landhaushof den steirischen Herbst eröffnet.
    Heute Abend findet eine Uraufführung statt, der unter anderem auch Bundeskanzler Kreisky, Unterrichtsminister Sinovac und Wissenschaftsminister Frau Firnberg beiwohnen werden.
    Einer der Schwerpunkte der diesjährigen Kulturveranstaltung ist das Sprechtheater.
    Die Bestände des Archivs des Wiener Musikvereins wurden nun um einen unschätzbar wertvollen Teil erweitert.
    Der 93-jährige Musikwissenschaftler und Sammler Antoni van Hoboken hat die gesamten Monoskripte, Vorarbeiten und Karteien für das seinen Namen tragende Werkverzeichnis Josef Heidens der Gesellschaft der Musikfreunde geschenkt.
    USA.
    Der Vulkan Mount St.
    Helens im Nordwesten der Vereinigten Staaten ist gestern neuerlich ausgebrochen.
    Zum dritten Mal innerhalb von 48 Stunden schleuderte er eine Rauch- und Aschensäule bis zu 15 Kilometer in die Atmosphäre.
    Der jüngste Ausbruch hat sich auch durch Erdbeben angekündigt.
    Verletzt wurde niemand.
    Bei der Eruption des Vulkans am 18.
    Mai, der ersten seit dem Jahr 1857, kamen mehr als 60 Menschen ums Leben.
    Die Wetterlage.
    Österreich befindet sich nach wie vor im Einflussbereich eines umfangreichen Tiefs, dessen Kern sich allerdings gegen Skandinavien entfernt hat.
    Ein kleinräumiges Tief über dem Golf von Genua und Störungsreste im Alpenraum bleiben aber vorerst noch für unser Wettergebiet wetterbestimmend.
    Die Wetteraussichten bis morgen früh.
    Im Norden und Osten lokale Aufheiterungen, im Allgemeinen aber veränderliche bis starke Bewölkung.
    Zunächst vor allem im Westen und Süden, später auch im übrigen Bundesgebiet gebietsweise Regen und Regenschauer.
    Mäßiger auf den Bergen stürmischer Südwind.
    Nachmittagstemperaturen im Westen und Süden 7 bis 13 Grad, im Norden und Osten 14 bis 19.
    Tiefstemperaturen der kommenden Nacht 3 bis 10 Grad.
    Die Prognose für morgen Sonntag
    Veränderliche, meist aber noch starke Bewölkung und vor allem an der Alpen-Nordseite Regen, im übrigen Bundesgebiet Regenschauer.
    Im weiteren Tagesverlauf zunächst im Süden Wetterbesserung.
    Winddrehung unter Auffrischen auf West bis Nordwest.
    Tageshöchsttemperaturen 7 bis 14 Grad.
    Die Messwerte von 12 Uhr.
    Wien, heiter 17°, Südwind 25 km in der Stunde, Spitzenbiss 50 km.
    Eisenstadt, wolkig 17°, Südwest 20.
    Linz, heiter 14°, West 10.
    Salzburg, stark bewölkt 13°, Nord 5.
    Innsbruck, wolkig 12°, Westwind 5 km.
    Bregenz, bedeckt Regen 9°, Wind still.
    Graz, Heiter 17 Grad, Süd 15 und Klagenfurt, Heiter 16 Grad, Westwind 10 Kilometer in der Stunde.
    Das waren Wetter und Nachrichten und zum Beginn der Beiträge gleich unser... Im Journal zu Gast.
    Jeder zweite Mensch ist weiblichen Geschlechts, die Frauen bilden global aber nur ein Drittel der Berufstätigen, leisten dafür zwei Drittel der Arbeitsstunden, beziehen ein Zehntel des Welteinkommens und sind im Besitz eines Hundertstel des Weltvermögens.
    Und von drei Analphabeten sind im Weltschnitt zwei Frauen.
    Zahlen, die die UNO bei der letzten Weltfrauenkonferenz in Kopenhagen präsentiert hat.
    Eine Konferenz, die Zwischenbilanz ziehen sollte über das 1975 von den Vereinten Nationen ausgerufene Jahrzehnt der Frau.
    Ziel des Aktionsprogramms Weg mit der Diskriminierung.
    Eine Diskriminierung, die natürlich in Österreich weniger dramatisch ist als etwa in der dritten Welt.
    Trotzdem ist auch in unseren Breiten die Frau durchaus nicht gleichberechtigt.
    Genau ein Jahr ist es nun her, dass Bundeskanzler Bruno Kreisky mit der gleichzeitigen Bestellung von gleich vier Staatssekretärinnen für einen Paukenschlag gesorgt hat, begleitet von manch süffisantem Kommentar über das Vier-Mädel-Haus auch von männlichen Politkollegen, wenn auch erst nach Abschalten der Mikrofone.
    Speziell für Frauenfragen, und zwar im Bundeskanzleramt, zuständig ist Johanna Donaul.
    Ihr Selbstbild Feministin, ja sogar Emanze.
    Ihre Einschätzung in der Öffentlichkeit?
    Die schwankt zwischen einem weiblichen Don Quixote und einer konsequenten Vorreiterin auf dem weiblichen Marsch durch die Institutionen.
    Im folgenden Gespräch mit Johanna Donaul geht es um eine Zwischenbilanz ihrer Arbeit, mangelnde Kompetenzen, den Zwang zum Pragmatismus in einer männerdominierten Politik, die Kooperationsbereitschaft der Regierungskollegen und des ÖGB um Frauenministerium, Bewusstseinsprozesse, das Bild der Frau in Öffentlichkeit und Werbung.
    Das Interview führen unsere Spezialistin für Frauenfragen Ilse Vögl und Rudolf Nagilla.
    Frau Staatssekretär, Sie sind jetzt ein Jahr im Amt.
    Was haben Sie in diesem Jahr für die Frauen erreicht?
    Konkret wird es eine Veränderung der Schulbücher geben.
    Nicht so, dass von heute auf morgen alle Schulbücher anders sein werden, aber einige und damit wird ein Prozess eingeleitet.
    Wir haben Eingang gefunden in die Lehrerfortbildung über die Verwaltungsakademie, Eingang gefunden in die Denkungsweise auch der zuständigen Beamten für Personalfragen im öffentlichen Dienst.
    Das heißt, wenn es um die Einstellung oder Beförderung von Frauen geht?
    Ja, richtig.
    Und insgesamt um die Einstellung von Frauen und zu Frauen auch.
    Im Justizbereich gibt es schon einige Ansätze durch Forsten von Gesetzen, die nicht dem Familienrecht entsprechen und auch nicht unserem Denken mehr entsprechen.
    Aufhebung von Eheverboten zum Beispiel.
    im Zusammenhang mit dem neuen Personenstandsgesetz.
    Das Staatsbürgerschaftsrecht wird verändert werden.
    Hier gibt es ja noch die Ungerechtigkeit, dass das Kind einer österreichischen Mutter, die mit einem Ausländer verheiratet ist, nicht die österreichische Staatsbürgerschaft haben kann, das große Härten mit sich bringt.
    Das wird verändert, das kommt nächstes Jahr ins Parlament.
    Liegt nicht ein spezielles Problem für Sie darin, dass Sie eigentlich ziemlich kompetenzlos agieren?
    Sie sind bestenfalls so eine Art Animiertame im Staatssekretariat, können sich aber dann letztlich nie ein Federl an den Hut stecken, wenn es einmal so weit ist, dass etwas von Ihren Anregungen verwirklicht worden ist.
    Die Frage nach den Kompetenzen ist natürlich eine richtige, aber ich halte sie nicht für so wichtig.
    Wichtig ist, dass also eben Dinge verändert werden.
    Wer das, in welchem Ressort das dann aufscheint, ist, glaube ich, nicht so wichtig.
    Andererseits könnte man sagen, das war wieder einmal die typische Arbeitsteilung.
    Die Frauen sind diejenigen, die das Bewusstsein in Gang bringen und die Männer sind dann diejenigen, die es aktiv umsetzen.
    Und es bleibt auch da bei der Arbeitsteilung Mann-Frau.
    Ja, trotzdem würde ich sagen, dass das Ergebnis doch das Wichtigere ist.
    Wäre es gescheiter, es gäbe ein richtiges Frauenministerium?
    Das kann ich mir nicht vorstellen, denn das müsste dann Koordinierungsfunktion haben über alle Ressorts, weil ja die allgemeinen Frauenfragen in jedem Ressort auftreten und das halte ich also für undurchführbar.
    Sie möchten also nicht Bundesminister oder wenn Sie wollen Bundesministerin für Frauenangelegenheiten werden?
    Ich halte die Konstruktion für nicht möglich, weil das, wie gesagt, ein Ministerium mit Verantwortlichkeit für alle Bereiche sein müsste.
    Und das ist nicht möglich.
    Da hat nicht mein Kollege jetzt mit seiner verbalen Pointierung bereits einen wunden Punkt angesprochen.
    Bundesminister oder Ministerin, Sie sind nach wie vor Staatssekretär.
    Wir sind jetzt da hereingekommen, sehen eine große Hinweistafel, dort steht Staatssekretär Donald.
    Nicht einmal das Johanna hat mir ihn gelassen.
    Waren diese vier oder fünf Staatssekretärinnen in der Regierung nicht so stark, dass sie sich wenigstens haben ihre biologische Funktion in den Namen und in den Titel retten können?
    Ja, die biologische Funktion von den Staatssekretärinnen hat sich, glaube ich, nicht verändert, aber in der Bezeichnung... Darf ich Sie verbessern, von den Staatssekretärinnen?
    Staatssekretärinnen, ja, hat sich also nicht verändert.
    Ja, das ist ein Punkt, der eine Rolle spielt in Verhandlungen mit dem Verfassungsdienst, nämlich die Änderung der Funktionsbezeichnungen.
    Hier muss ein Verfassungsgesetz geändert werden und das ist durchaus denkbar.
    Stört es Sie, dass Sie jetzt als Staatssekretär bezeichnet werden?
    Man gewöhnt sich an alles.
    Es hat mich ganz am Anfang sofort gestört und ich wollte mein Briefpapier ja in der Richtung ändern, habe aber dann also mir gedacht, ich glaube nicht, dass das sehr sinnvoll ist, dass meine erste Tätigkeit darin besteht, mein Briefpapier zu ändern.
    Ist das nicht der erste pragmatische Kompromiss, den Sie eigentlich damit schon geschlossen haben?
    Man könnte sagen, Sie wissen, das ist also immer wieder die grundsätzliche Diskussion, Frauen, sobald sie sich ins System integriert haben, können eigentlich gar nicht mehr so radikal agieren.
    Solange Sie außerhalb dieses Systems gewesen wären, als Wiener Frauensekretärin zum Beispiel, hätten Sie viel vehementer dagegen zu Feld ziehen können.
    Jetzt sind Sie pragmatisch.
    Sie haben sich anpassen müssen.
    Zu Feld ziehen kann ich noch immer.
    Es ist nur eine Frage der Wertigkeit.
    Es gibt so viele Probleme, die ich für schwerwiegender halte.
    Und natürlich ist es ein pragmatischer Kompromiss, aber den muss man ja immer und überall schließen.
    Und außerdem sehen diese Dinge ja gar nicht alle so wie ich.
    Ich meine, dafür muss man ja auch erst werben.
    Es ist ja keine einhellige Meinung darüber.
    Es gibt ja auch Frauen, die das anders sehen.
    Haben Sie auch sonst viele Abstriche machen müssen von Ihren Ideen?
    Von meinen Ideen habe ich keine Abstriche machen müssen, aber vielleicht würde ich manches schon gerne früher verwirklicht haben.
    Was haben Sie schon aufgegeben?
    Aufgegeben habe ich überhaupt noch nichts.
    Was werden Sie voraussichtlich aufgeben müssen, wenn Sie jetzt ganz realistisch urteilen?
    den Wunsch, dass die Männer im Haushalt und in der Kindererziehung genauso mitarbeiten, das heißt nicht nur mitarbeiten, sondern Verantwortung tragen wie die Frauen, werde ich also in meinem Leben wahrscheinlich nicht mehr erfüllt sehen.
    Vieles ist also eine Frage der Bewusstseinsbildung, das dürfte auch der mühsamste Weg sein.
    Wie schaut es da innerhalb Ihrer Kollegenschaft aus?
    Ich kann mich erinnern, vor einem Jahr hat es eigentlich ziemlich vehemente Widerstände gegen diese Installierung der neuen Staatssekretärinnen gegeben, gerade auch im sozialistischen Lager bei Ihren eigenen Kollegen.
    Der Bundeskanzler hat damals fast drei Stunden gebraucht, um die Männer so weit zu vergattern, damit sie sich in der Öffentlichkeit nicht ganz entblößt haben.
    Manche haben sich hinterher trotzdem getan.
    Hat sich am Klima etwas geändert seither?
    Ja, das glaube ich schon, denn immerhin habe ich ja nicht ich, sondern ich war ja vorher tätig in einer Gruppe, bei den sozialistischen Frauen in Wien, und in der Eigenschaft Gedanken formuliert, die doch schön langsam jetzt auch Fuß fassen.
    Und da ist ein Gesinnungswandel durchaus zu bemerken.
    Ich kann das an einem Beispiel erklären, wie wir in Wien begonnen haben, die erste zu Fluchtstädte für misshandelte Frauen publik zu machen und einzurichten.
    Da gab es ja große Ablehnung.
    Man hat gemeint, das ist nicht notwendig, das braucht man nicht.
    Und heute sagt das kein Mensch mehr.
    Oder das heißt zumindest nicht öffentlich.
    Es ist anerkannt, dass also aus Abhängigkeiten auch Gewalt entstehen kann.
    Ich erinnere mich noch an einen konkreten Ausspruch, wobei ich jetzt nicht sagen möchte, wer ihn damals getan hat, bei dieser entscheidenden Sitzung in Kärnten, der gesagt hat, ich wüsste schon eine Aufgabe für die vier Staatssekretärinnen Schienenputzen.
    Hat sich an dieser Stimmung innerhalb der Partei etwas geändert?
    Innerhalb der Partei war es geändert.
    Das ist schwer zu sagen, weil das so ein abstrakter Begriff ist.
    Die Partei besteht aus so vielen Menschen und ich bin überzeugt, es gibt noch genug, die so denken.
    Aber so in meinem Umkreis kann ich merken, dass sie weniger werden.
    Ich habe im letzten Jahr sehr, sehr viele, fast alle Abende damit verbracht, wurde eingeladen zu Diskussionen über dieses Thema.
    Das ist etwas, was früher nicht der Fall war oder sehr viel spärlicher.
    Und das Interesse ist da, man will also darüber diskutieren und jede Diskussion erzeugt einen Bewusstseinswandel.
    Also ein Mann, der in der Öffentlichkeit nicht so agiert, das wäre ein überzeugter Feminist, ist ganz sicher der ÖGB-Präsident.
    Ich kann mir vorstellen, dass viele Probleme, die Sie lösen wollen, über den ÖGB gehen müssten.
    Können Sie sich mit dem Anton Peña zusammensetzen?
    Ist er offen für Frauenfrauen?
    sich es nicht ab, nicht?
    Also hier gibt es ja Gremien im ÖGB und da werden die Fragen diskutiert.
    Manches Mal gibt es kontroverselle Ansichten, wie zum Beispiel bei der Möglichkeit auch für Männer den Karenz-Urlaub zu nehmen.
    Und das ist ein Prozess, der doch über einen längeren Zeitraum in den Gremien sich abspielt, also in den Gruppen.
    Aber nicht so, dass er zwischen den Spitzenfunktionären jetzt ausdiskutiert wird.
    Wenn ein ÖGB-Spitzenfunktionär, wie zum Beispiel der Präsident Peña auf einem Frauenkongress sagt, es war vor einiger Zeit, die Frau sei die Sanfte, die Immergebende, ärgert Sie sowas?
    Es wundert mich nur, aber ich meine, das ist halt so der Wunsch, der Vater des Gedanken, nicht?
    Ich glaube, auch der Präsident Peña kennt einige Frauen, die weder sanft sind, noch zart, sondern durchaus resolut und beinhart ihren Standpunkt vertreten.
    Sind Sie sanft?
    Manches Mal.
    Sie gelten aber eher als resolut, als sehr durchschlagskräftig eigentlich.
    Ich will es gar nicht näher qualifizieren.
    Man beurteilt die Menschen halt danach, was man so sieht.
    Man sieht aber immer nur ein Stückchen.
    Sind Sie mit Ihrem Bild, das Sie in der Öffentlichkeit haben, zufrieden?
    Ja, eigentlich schon.
    Sie werden manchmal, entschuldigen Sie, wenn ich das so offen sage, dargestellt als emanzi.
    Durchaus jetzt im negativen Sinn bei einer breiteren Bevölkerung.
    Ärgert Sie zum Beispiel sowas?
    Überhaupt nicht, weil ich den Begriff Emanzels positiv empfinde.
    Ich möchte mit einem weiteren Schlagwort kommen, wenn schon das eine angesprochen ist.
    Wie männerfeindlich sind Sie?
    Auch etwas, was gern vorkommt und wo sich, habe ich das Gefühl, Ihre KollegInnen oft recht gern davon distanzieren.
    Da gibt es einen Ausspruch von der Staatssekretärin Fast, die sagt, alle Burschen sollen klar sein, ich verstehe gar nicht, wie man eine distanzierte Haltung einnehmen kann.
    Da gibt es die Frau Eippeldauer, die da sagt, ich bin schon so weit emanzipiert, dass ich gar nicht mehr zwischen Mann und Frau unterscheiden muss, höchstens im Privaten.
    Wie stehen Sie da dazu?
    Ich würde eher die Meinung der Frau Eipel, da kann ich mich anfreunden.
    Denn primär sehe ich auch einmal die Persönlichkeit, die mir gegenübersteht.
    Und da geht es nicht so sehr um Mann oder Frau.
    Ich komme nur darauf, dass es halt weniger mühsam ist, Probleme mit Frauen zu besprechen.
    Weil überhaupt, wenn sie mit mir übereinstimmen, dann ist es überhaupt angenehmer.
    Ich meine, alle Männer sind klasse, das kann ich schon deshalb nicht bestätigen, weil ich nicht alle Männer kenne.
    Fühlen Sie sich grundsätzlich mit Frauen solidarisch?
    Ich nehme an, man hat so ein Gespann, wie wir beide zu Ihnen zum Interview kommen.
    Ein Mann, eine Frau, von wem der beiden würden Sie eher annehmen, dass er quasi zu Ihnen hält, sich mit Ihnen solidarisch fühlt und wem gefühlsmäßig?
    Das ist auch generell so schwer zu beantworten.
    Das war keine generelle Frage.
    Herr Dr. Nagila ist so nett und freundlich, dass ich mir jetzt sehr schwer tue, aber ich fühle mich zu Frauen gegenüber schon solidarisch.
    Haben Sie gegen die Männerwelt als Abstraktum Aggressionen, Aversionen manchmal?
    Nie.
    Ich habe nur gegen Aggressionen, gegen Einzelaggressionen, denen ich begegne, von Männern.
    Das begegne ich auch mit Aggressionen.
    Da kann ich gar nicht anders, wo es taktisch nicht sehr klug ist.
    Und Aggressionen von Frauen sehe ich allerdings anders.
    Also wahrscheinlich schlagt da schon die Solidarität durch.
    Denen begegne ich anders.
    Es gibt aber auch Feministinnen, die den Männern insgesamt gesehen eher feindlich gegenüberstehen.
    Warum sollte das?
    Das kann ich für mich nicht sagen.
    Wie vertragen Sie sich mit den anderen Staatssekretärinnen?
    Sie sind ja insgesamt fünf.
    Mit wem vertragen Sie sich da gut, mit wem weniger gut?
    Erstens finde ich die Frage so komisch, weil ich glaube, Sie haben noch nie einen männlichen Staatssekretär gefragt, wie er sich mit den anderen verträgt.
    Aber ich kann es Ihnen schon beantworten.
    Ich vertrage mich mit allen gut.
    Ich habe nur zur Frau Staatssekretär Albrecht ein besonderes Neuverhältnis, weil wir schon jahrelang zusammengearbeitet haben.
    Sie geben mir da jetzt genau das Stichwort.
    Die Frau Staatssekretärin Albrecht hat vor zwei Tagen, glaube ich, den Staatspreis für Werbung vergeben, der vom Handelsministerium vergeben wird und hat den zweiten Preis ausgerechnet die Firma Palmers bekommen für eine Werbung, von der ich glaube, Sie kennen sie.
    Schaut, dass wir jetzt nicht im Fernsehen sind, man könnte sie so schön herzeigen, aber ich sage es kurz.
    Das ist ein riesiges Plakat, abgeteilt.
    Man sieht also fünfmal einen Frauenkörper.
    Im ersten Teil eine Frau, die da ihr Unterkleid fallen lässt.
    Da gibt es sofort ein Fallosymbol.
    Dann weiters drei halbnackte Frauen nur im Tessut.
    Gesicht ist natürlich weg, denn die Frau ist nur Körper.
    Und zum Schluss also eine Frau, die noch schnell einmal ihren Popo ins Bild streckt.
    Das hat den zweiten Preis für die beste Werbung in diesem Jahr bekommen.
    Übergeben worden ist der Preis von der Staatssekretärin Albrecht.
    Hat man da nicht das Gefühl, dass die Frauen nicht sehr koordiniert agieren?
    Also ich meine, Ihnen persönlich muss das eigentlich wehtun, wenn Sie dieses Plakat sehen.
    Naja, wenn die Frau Albrecht mit mir vorher darüber gesprochen hätte, hätte ich sicher einen Stammpunkt vertreten und gesagt, ich würde das nicht vorschlagen.
    Das tut aber an meinem guten Verhältnis zu ihr keinen Abbruch, aber ich werde sicher mit ihr reden, was sie bewogen hat und wie sie das sieht.
    Und wie ist es mit Frauensolidarität über die Parteigrenzen hinweg?
    Gibt es für Sie spezifische Frauenthemen, von denen Sie sagen, da tritt der ideologische Unterschied zurück und wir sind jetzt einmal in erster Linie Frau und lösen unsere Anliegen?
    Da gibt es einige Ansätze.
    Da gibt es den Bereich der Medien, da ist wirklich eine breite Front vorhanden.
    Wie weit sie dann noch vorhanden sein wird, wenn es ganz konkret wird, das weiß ich noch nicht.
    Auch im Bereich der Lehrpläne, also der Aufhebung der geschlechtsspezifischen Unterschiede in den Lehrplänen, ist sie verbal einmal vorhanden.
    wenn es konkret wird, nämlich wenn es um die Beschlussfassung im Parlament, wenn es dann zur Beschlussfassung im Parlament kommt, wie weit es dann im Konkreten auch noch vorhanden ist, kann ich jetzt noch nicht sagen.
    Jetzt ist sie schon vorhanden, in diesem, also wie gesagt, im Bereich der Medien, im Bereich der Schulbücher, im Bereich der Lehrpläne.
    Ganz konkret, welche Frauen aus anderen politischen Gruppierungen, Parteien, stehen Ihnen gedanklich, was die Frauenbewegung betrifft, am nächsten?
    Ich kenne also die Frau Patrick Pablé und bin mit ihr in den meisten Dingen in Übereinstimmung.
    Können Sie uns noch einige Namen nennen?
    Ja, in Einzel-, in Teilbereichen.
    In der Frage der Schulbücher, die Frau Rechberger von der österreichischen Volkspartei, hier gibt es also völlige Übereinstimmung.
    Auch mit der Frau Haider bin ich in einigen Fragen in Übereinstimmung.
    Sicher, man kann sich hier nicht überfordern und das habe ich auch bei der ersten Frauennakete ganz deutlich gesagt.
    Es wäre falsch und wir könnten die Arbeit gleich aufgeben, wenn wir uns überfordern.
    Die Grenzen sind vorhanden.
    Weltanschauliche und daraus resultierend auch parteipolitische.
    Zum Schluss hätte ich nur gern noch etwas gefragt.
    Gibt es für Sie so etwas wie eine Zielvorstellung, eine Utopie von einer frauenfreundlichen Gesellschaft?
    Beim Bruder, den kann man darauf festlegen, dass er sagt, seine Zielvorstellung ist die gefängnislose Gesellschaft.
    Haben Sie so etwas auf Frauen umgemützt?
    Ich habe schon so eine Zielvorstellung, die nicht nur für Frauen
    gelten würde, aber ganz besonders für die Frauen eine Gesellschaft mit möglichst wenig Abhängigkeiten, Abhängigkeiten der Menschen, also der Menschen auch von Institutionen, also je mehr Abhängigkeiten abgebaut werden können, desto eher wäre das meine Zielvorstellung und würde meinen Utopien entsprechen und wäre dann eine Gesellschaft, die also weder Frauen noch Männer freundlich ist, sondern menschlich ist.
    Und was ist langfristig gesehen jetzt Ihre berufliche Zielvorstellung?
    Sind Sie am Gipfel Ihrer Wünsche, indem Sie jetzt Staatssekretärin sind oder was möchten Sie eventuell noch werden?
    Darüber mache ich mir überhaupt keine Gedanken.
    Damit fange ich gar nicht an.
    Ich habe das auch nie gemacht und damit fange ich überhaupt nicht an.
    Dankeschön.
    Mit Staatssekretär Donaul sprachen Rudolf Nagilla und Ilse Vögl.
    Eine von Justizminister Christian Broda eingesetzte Kommission von Juristen, Psychiatern und Praktikern des Strafvollzugs hat nun einen Bericht über die Schlussfolgerungen aus dem dreifachen Mord in St.
    Pölten zu Beginn dieses Jahres fertiggestellt.
    Der Bericht wurde gestern dem Parlament zugeleitet.
    Blenden wir zurück, der 33-jährige Werner Knisek, zu einer siebeneinhalbjährigen Freiheitsstrafe verurteilt, erhält drei Wochen vor Ende seiner Strafzeit zur Arbeitssuche Ausgang aus der Strafanstalt Karsten.
    Er kommt dabei nach St.
    Pölten, ertrostelt auf sadistische Weise eine Frau, deren Tochter und den gelähmten Sohn, schläft eine Nacht neben den Leichen und fährt mit den Leichen im Kofferraum des Autos der Ermordeten nach Salzburg, wo er verhaftet wird.
    Kurz die Lebensgeschichte dieses Werner Knisek.
    Geboren 1946 als außereheliches Kind, der Vater wird als brutal und als Trinker beschrieben, der Großvater mütterlicherseits hatte in Depressionen Selbstmord begangen.
    Als Kind erlitt Werner Knisek dreimal eine Gehirnerschütterung.
    Ab dem 10.
    Lebensjahr rauchte er bis zu 15 Zigaretten täglich.
    Schon im Vorschulalter galt er als schwerer Zieber und beging kleine Diebstähle.
    Einige Zeit lebte er bei seiner Großmutter, einer religiösen Frau, die wollte, dass er Priester wird.
    Als 14-Jähriger wurde er mit einer damals 42-jährigen Freundin seiner Mutter bekannt, die sie von ihm fesseln und auspeitschen ließ.
    Mit 16 stach er mit einem Messer siebenmal auf seine Mutter ein und erklärte emotionell unbeteiligt, es habe ihn jemand gezwungen, er müsse dies tun, sie müsse jetzt sterben.
    Mit 25 läutete er an einer Salzburger Villa und gab, als ihm geöffnet wurde, auf eine alte Frau zwei Pistolenschüsse ab und verletzte sie schwer.
    Und im Jänner dieses Jahres kam es dann zu dem von Knisek offenbar seit fünf Jahren geplanten sadistischen Dreifachmord in St.
    Pölten.
    Mitte Juli wurde er vom Kreisgericht St.
    Pölten zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.
    Gleichzeitig wurde die Einweisung in eine Sonderanstalt ausgesprochen.
    Seit Jänner dieses Jahres hat sich, wie bereits erwähnt, eine vom Justizminister eingesetzte Kommission mit Schlussfolgerungen aus dem Fall Knisek beschäftigt.
    Erich Eichinger berichtet darüber.
    Die Diskussion darüber, ob der Fall Knisek ein Einzelfall ist,
    den kein Rechtssystem und kein Strafvollzugssystem der Welt verhindern kann?
    Oder ob der Mörder wie aus dem Psychothriller, so beispielsweise ein Zeitungstitel, Kritik speziell an Minister Broders humanem Strafvollzug bedeutet?
    Und wie sehr Knisek demonstrierte, wie weit Österreichs Gefängnisalltag eben von dieser Humanität noch entfernt ist?
    Diese Diskussion könnte jetzt wieder aufflammen.
    Bereits im Jänner hatte Justizminister Broder erklärt, im neuen, seit 1975 geltenden Strafgesetz mit seinem erweiterten Unzurechnungsfähigkeitsbegriff und mit der vom Gesetzgeber vorgesehenen Möglichkeit der Einweisung in Sonderanstalten
    hätte es einen Fall Knisek vermutlich nicht gegeben.
    Durch die Empfehlungen der von ihm eingesetzten Kommission sieht sich Broda nun bestätigt.
    Der Bericht der Kommission bestätigt meine Auffassung, dass wir aufgrund des neuen Strafgesetzbuches viel größere Möglichkeiten haben, die Bevölkerung vor einer Wiederholung ähnlicher tragischer Vorfälle eines entsetzlichen Verbrechens
    schützen zu können.
    Die Kommission hat eine ganze Reihe von konkreten Schlussfolgerungen angestellt.
    Das sind einmal legislative Maßnahmen.
    Es soll das Verfahren bei der bedingten Entlassung verbessert werden.
    Da sehen wir bereits in einem Entwurf für ein Strafverfahrensänderungsgesetz, der parlamentsreif ist.
    vor, dass die Probefrist für bedingt entlassene Rechtsbrecher verlängert wird.
    Sie soll jedenfalls drei Jahre Zukunft betragen und außerdem sehen wir für die schwerwiegenden Fälle bedingter Entlassung vor, dass der Entlassungswerber
    persönlich mit dem Gericht, das die Entlassung verfügt, in Berührung kommt.
    Die Kommission schlägt eine gesetzliche Regelung der ärztlichen Kontrolle und Betreuung von psychisch anfälligen Rechtsbrechern nach ihrer Entlassung vor.
    Schließlich schlägt die Kommission die gesetzliche Regelung der freiwilligen Bewährungshilfe unter bessere gesetzliche Grundlagen für die entlassene Hilfe vor.
    An organisatorischen Maßnahmen wurde vor allem eine Herausnahme des sogenannten Maßnahmenvollzuges aus dem allgemeinen Strafvollzug vorgeschlagen.
    Derzeit werden rund 340 Personen als geistig abnorme Rechtsbrecher, entwöhnungsbedürftige Rechtsbrecher und Rückfallstäter im sogenannten Maßnahmenvollzug angehalten.
    Im Einzelnen wird von der Kommission ein Ausbau der Sonderanstalten Mittersteig und Favoriten vorgeschlagen.
    Der Minister selbst weist darauf hin, dass die Planung für den Um- und Neubau der Sonderanstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher in Göllersdorf in Niederösterreich abgeschlossen sei.
    Kosten rund 100 Millionen Schilling und das mit einer Fertigstellung Ende 1983 zu rechnen sei.
    Darüber hinaus sollen die Methoden der Klassifikation der Strafgefangenen verfeinert werden, die Zahl der Fachärzte, der Sozialarbeiter und der Bewährungshelfer im Dienst des Justizministeriums soll aufgestockt werden.
    Wo Broder davon spricht, dass sich das neue Strafgesetz bewährt habe, dass es keine Alternative dazu gebe, dort meint manche Kritiker, man habe vielleicht auf Übergangsbestimmungen vergessen.
    Übergangsbestimmungen für jene, die nach dem alten Strafgesetz verurteilt wurden.
    wo es eben nur das Begriffspaar zurechnungsfähig-unzurechnungsfähig, also schwarz oder weiß, ohne jede mögliche Nuance in grau gab.
    Häftlinge, die wie ganz normale Kriminelle in der Strafanstalt sitzen und möglicherweise einer ähnlich scheußlichen Straftat wie Kniesek fähig wären.
    Insgesamt 43 solcher Strafakten prüfte die Kommission.
    Minister Broder?
    Bei näherer Überprüfung ist die Kommission zum Ergebnis gekommen,
    dass einer genaueren Untersuchung, die auch erfolgt ist, 30 Insassen von Strafvollzugsanfallstreiten empfehlenswert war.
    Und bei 10 Strafgefangenen hat die Kommission gemeint, dass auch eine psychiatrische Nachbetreuung
    zweckmäßig und empfehlenswert sein wird.
    An sich hätten wir die Möglichkeit, dort, wo man eine weitere Anhaltung in einer geschlossenen Anstalt für notwendig erachtet, nach den Bestimmungen des Krankenanstaltengesetzes die Überführung in seine psychiatrische Krankenanstalt zu beantragen, sei es zuerst durch amtsärztliche Untersuchung, aufgrund amtsärztlicher Untersuchung und dann durch
    entsprechenden Gerichtsbeschluss.
    Die Kommission war der Meinung, dass in keinem der untersuchten Fälle eine solche extreme Maßnahme erforderlich ist.
    Konsequenz für Broda aus dem Kniesäck-Bericht?
    Zum eingeschlagenen Weg gibt es keine grundsätzliche Alternative.
    Höchstens Verbesserungsvorschläge.
    Das war ein Beitrag von Erich Aichinger.
    Fünf Minuten nach halb eins ein kurzer Überblick, was wir noch planen.
    Bundeskanzler Bruno Kreisky vor sozialistischen Bürgermeistern in Kapfenberg.
    Italien hat wieder eine neue Regierung.
    Die Handelsbilanz Österreich-Ungarn erstmals ausgeglichen.
    Die jugoslawische Wirtschaftssituation und die Eröffnung des steirischen Herbstes in Graz.
    Die Sozialistische Partei hält seit gestern in Kapfenberg einen Bürgermeistertag ab.
    Vor rund 600 Stadtvätern aus dem gesamten Bundesgebiet sprach sich SP-Zentralsekretär Fritz Marsch gestern für eine Demokratisierung in allen Verwaltungsbereichen aus.
    Marsch bestätigte auch Gesprächsbereitschaft über alle Fragen des Föderalismus.
    In einem aktuellen Bezug meinte der Wiener Bürgermeister Leopold Graz, wenn es eine politische Kraft in Österreich gebe, die die Korruption ausmerzen könne, dann sei das die Sozialdemokratie.
    Über das Geschehen am heutigen Vormittag berichtet aus Kapfenberg jetzt Klaus Edlinger.
    Heute Vormittag stand die Bürgermeisterkonferenz in Kapfenberg im Zeichen des Referates von Bundeskanzler Kreisky.
    Kreiskys roter Faden, der Föderalismus.
    Föderalismus nicht nur für die Länder, sondern auch für die Gemeinden.
    Auch die Demokratisierung der Bezirkshauptmannschaften, eine alte sozialistische Forderung, sprach der Kanzler an, der im Übrigen auch auf die Landeshauptleutekonferenz am 27.
    Oktober in Graz verwies.
    bei der es nicht nur um Länderforderungen gehen werde.
    Die Landeshauptleute würden sich auch mit Forderungen des Bundes auseinanderzusetzen haben.
    Etwa der schon zitierten Demokratisierung der Bezirksverwaltungen.
    Dann kam Kreisky zur Wirtschaftspolitik und hier zur gegenwärtigen Stahlkrise, deren Auswirkungen mit Kurzarbeit, Kündigungen und Frühpensionen ja bekannt sind.
    Die Eisen- und Stahlkrise, die heute vor allem Europa mit ganzer Wucht erfasst hat,
    ist von einer Art, von der ich persönlich glaube, dass sie so rasch nicht überwunden werden wird.
    So wie wir damals 1974 richtig gehandelt haben,
    dass wir die Krise nicht wegdiskutiert haben und nicht uns selber eingeredet haben, das ist keine Krise, sondern uns gesagt haben, das ist eine Krise und selbst wenn wir uns irren sollten, wird uns daraus niemand einen Vorwurf machen.
    Aber wehe uns, wenn wir den Leuten einreden wollten, das ist keine Krise und es ist sie.
    Dann werden die sagen, wozu haben wir denn die da oben, wenn sie nichts von den Dingen verstehen.
    Die Arbeiter und Arbeiterinnen, die Angestellten und Techniker in diesen Gebieten wissen selber viel zu genau, wie es um die Probleme steht und wissen selber viel zu genau, welche Anstrengungen wir unternommen haben.
    Und nichts ist grotesker, als wenn jetzt der Herr Dr. Mock kommt und sagt, mehr Finalindustrie muss man haben.
    Die selbe ÖVP, die es zu einer Kernfrage der Verstaatlichten gemacht hat, dass keine Finalindustrie gemacht wird, dass man nicht in die Finalindustrie hineingeht.
    Sie können sicher sein, dass wir das dem Herr nicht ersparen werden, vorzulesen, was Sie alles verlangt haben von uns.
    Im Zusammenhang mit der Stahlkrise kündigte Kreisky dann auch eine große Regionalkonferenz mit allen Betroffenen am 27.
    Oktober in Leoben an.
    Ein Wechsel jetzt ins Ausland, und zwar in südliche Richtung, Italien.
    Der übliche Weg, in Italien eine neue Regierung zu küren, sind nicht die turnusmäßigen Parlamentswahlen wie sonst zumeist im Westen.
    Denn auch kein Kabinett nach dem Krieg hat die volle Legislaturperiode ausgeschöpft.
    So ging es auch der Regierung Francesco Cossiga, die die Abstimmung über ihr Wirtschaftsprogramm am 27.
    September knapp verloren hat.
    Cossigas Nachfolger, der Vorsitzende der Demokristiani Arnaldo Forlani, hat dieses Programm praktisch übernommen, wenn nicht verschärft,
    Sparen, Inflationsbekämpfung, Schaffung neuer Arbeitsplätze, besonders im Süden.
    Aber er konnte die Basis der Koalition um die Sozialisten erweitern.
    Hier hat der erstarkte Chef Bettino Craxi seinen linken Flügel, der mit einer kommunistischen Regierungsbeteiligung liebäugelt, kaltgestellt.
    Wichtigstes Revierement im neuen Kabinett ist die Übernahme des Schatzministeriums durch den Architekten des neuen Wirtschaftsprokurses Bitaia, der Ex-Finanzminister Pandolfi ersetzt.
    Ob Italien nun das 40. oder das 45.
    Kabinett nach dem Krieg hat, ist eine Interpretationsfrage.
    39 Regierungen amtierten seit 1946, fünf weitere überlebten ihre Geburtsstunde nicht, die Vertrauensfrage.
    Alfons Thalmer schließt sich der zweiten Version an.
    Die Ministerliste der 45.
    Regierung nach Kriegsitaliens
    ist soeben vom neuen Premier Arnaldo Forlani, dem Staatsoberhaupt Sandro Pertini, unterbreitet worden.
    In Kürze wird auch die Vereidigung der 26 Minister vorgenommen werden.
    Am Nachmittag tritt dann bereits der Ärzte-Ministerrat zusammen und bevor sich der Tag zu Ende neigt, werden auch zwei bis drei Dutzend Staatssekretäre ernannt werden.
    Forlani legt in den Schlussgeraden ein Tempo vor,
    dass seinen Ruf eines langsamen Kunktators Lüge straft.
    Auch die drei Wochen seit dem Sturz der Regierung Kosiga und die zwei Wochen seit der Designierung Forlanis als Nachfolger stellen für italienische Begriffe und Erfahrungen Rekordzeiten für das mühsame Protokoll und für die noch schwierigeren Verhandlungen mit den Parteien dar.
    Das Kabinett Forlani wird nach einem schweren politischen und sozialen Gewitter
    in einer kalt, aber auch klar gefegten Atmosphäre ins Leben gerufen, unter so guten Ausbizien wie kaum eine Regierung seit jenem fatalen Frühling des Jahres 1976, als der damalige Sozialistenführer Francesco de Martino das Koalitionssystem der linken Mitte gesprengt hatte,
    mit der Mitteilung, dass die Sozialistische Partei von dem Zeitpunkt an an keiner Koalition mehr teilnehmen werde, an der nicht auch die Kommunisten partizipieren.
    Die heute gebildete Regierung ist jedoch wieder eine breite Koalition der linken Mitte, an der neben der Partei des Ministerpräsidenten der Demokratie Christiana eben die Sozialisten,
    und die wieder mit ihnen ausgesöhnten Sozialdemokraten sowie die Republikaner beteiligt sind, während die liberale Partei ihr eine wohlwollende Haltung im Parlament zusichert.
    Die sozialistische Partei unter der neuen Führung Bettino-Kraxis ist die tragende Säule dieses Koalitionssystems.
    Sie stellt die Notwendigkeit, das Land regierbar zu machen und zu halten,
    dem ideologischen Verlangen nach der Einheit der Linken mit den Kommunisten eindeutig voran.
    Nur wenige Stunden ging der Kabinettsbildung ein anderes stabilisierendes Ereignis und eine Bereinigungstat voraus.
    Die Unterzeichnung der Einigung zwischen den Gewerkschaften und den Fiatwerken, nachdem die Gewerkschaften festgestellt hatten, dass die Störungsversuche und Manipulationen
    der unverantwortlichen Extremistengruppen in Turin nicht darüber hinwegtäuschen konnten, dass die überwältigende Mehrheit der Fiat-Arbeiter die erzielte Einigung bejaht und die Wiederaufnahme der Arbeit wünscht.
    Die politische Krise mit dem Sturz der Regierung Kosiga war nur eine Angriffsfront der kommunistischen Partei, die alles auf die Beweisführung gesetzt hatte, dass Italien ohne sie nicht mehr zu regieren sei.
    Die andere und wichtigere Nötigungsfront war der Fiat-Streik, begleitet sogar von einem Generalstreik, wobei die KPI selbst den Gewerkschaften das Gesetz des Handelns aufgezwungen hatte.
    Berlinguer und Genossen sind auf den beiden Fronten in der politischen und in der sozialen Kraftprobe geschlagen worden, weil weder die breiten Arbeiterschichten noch die Gewerkschaftsorganisation selbst sich manipulieren ließen.
    und die Sozialisten hart blieben.
    So viel Klärung der Orientierungen und der Kräfteverhältnisse hat es in Italien seit langem nicht mehr gegeben.
    Das ist der außerordentlich günstige Ausgangspunkt für die neue Regierung Forlani.
    Wie hoch ihre Aussichten eingeschätzt werden, zeigt das Drängen der linken Sozialisten und christlichen Demokraten, die bisher ohne das kommunistische Placid an keinem Kabinett beteiligt sein wollten,
    nach den Ministerposten.
    Die christlichen Demokraten haben diesem Begehren nachgegeben und damit ihre innere Einheit wiedergefunden.
    Der Sozialist Kraxi hat seinen parteiinternen Widersachen auf dem linken Flügel keine solche Konzession gemacht.
    Es ist auch noch hervorzuheben, dass unter den 13 christlichdemokratischen, 7 sozialistischen und je 3 sozialdemokratischen und republikanischen Kabinettsmitgliedern
    die Schlüsselstellungen von lauter norditalienischen Politikern eingenommen werden.
    In Italien wird die Tendenz immer stärker, nach Mitteleuropa zurückzukehren.
    Die Regierung des 16. italienischen Ministerpräsidenten Arnaldo Forlani.
    Alphons Dalma war das, aus Rom.
    Thema Osthandel jetzt.
    Während in der ersten Hälfte der 70er Jahre die Ostexporte der OECD-Staaten kräftig gestiegen sind, haben ab Mitte der 70er Jahre die Oststaaten ihre Bezüge aus dem Westen stark zurückgenommen.
    Österreich macht bei dieser Entwicklung keine Ausnahme, wenngleich der Marktanteil im Osten von österreichischer Seite aus nach wie vor bedeutend ist.
    Nun ist auch im Handel zwischen Österreich und Ungarn der österreichische Handelsbilanzüberschuss verloren gegangen, Hans Fockenhuber berichtet.
    Die Ungarn haben ohne große Ideologie-Debatte ihre Wirtschaft immer wieder reformiert.
    Sie wollen dem durch den primat der Partei bedenkten Zentralismus so weit wie möglich umgehen.
    Die wirtschaftlichen Zustände in anderen Ausbruchsländern sind dabei ein warnendes Beispiel.
    Vor allem wollen die Ungarn nicht die hohe Westverschuldung, wie etwa die Polen, in Kauf nehmen.
    Sie sind bemüht, ihre Handelsbilanz auszugleichen.
    Der Export in den Westen hat bei den Wirtschaftsüberlegungen in Ungarn absoluten Vorrang.
    Dabei geben die Ungarn offen zu, dass sie auch eine Senkung des Lebensstandards im eigenen Land dafür in Kauf nehmen.
    In den ersten vier Monaten 1980 haben die Ungarn ihre Lieferungen in den OECD-Raum
    um 21% gesteigert, die Westimporte stiegen dagegen nur um 7%.
    Unter Berücksichtigung der Preissteigerungen und der Wechselkursänderungen sind die westlichen Lieferungen nach Ungarn real sogar zurückgegangen.
    Im Jahr 1978 hatten die Ungarn im Westhandel noch ein Bilanzdefizit von einer Milliarde Dollar, voriges Jahr waren es nur mehr 400 Millionen und in der ersten Hälfte 1980 nur mehr 75 Millionen Dollar.
    Den Erfolg dieser Politik sieht Jans Dankowski vom Wirtschaftsforschungsinstitut auch im Vergleich der Westverschuldung im Ostblock-Bereich.
    Während Ungarn Ende 1979 etwas mehr als 7 Milliarden Dollar Schuldenstand hatte, standen die Polen im Westen mit fast 20 Milliarden Dollar in der Kreide.
    Natürlich hat auch das traditionell gute Geschäft der Österreicher in Ungarn Abstriche hinnehmen müssen.
    Der österreichische Handelsrat in Budapest, Ladislaus Wagner, berichtet, dass die österreichischen Lieferungen im ersten Halbjahr 1980 nominell nur um 4% über den Lieferungen des gleichen Zeitraumes im Vorjahr schlagen und somit real sogar zurückgegangen sind, wogegen in dieser Zeit die ungarischen Exporte nach Österreich um 50% stiegen.
    Den Löwenanteil davon machen Energie- und Brennstofflieferungen mit einer Steigerungsrate von 228 Prozent aus.
    Allerdings konnten die Österreicher ihre Marktposition behaupten.
    11 Prozent der nach Ungarn gelieferten Westwaren stammen aus Österreich.
    Besser ist lediglich die Bundesrepublik Deutschland mit einem Marktanteil von 36 Prozent.
    Österreich hat gute Aussichten, seinen Marktanteil in Ungarn halten zu können.
    Auch auf dem Bausektor konnten einige größere ungarische Projekte von Österreichern übernommen werden.
    In Budapest werden von österreichischen Firmen vier Hotels gebaut.
    Auch der Neubau des Grenzüberganges in Hegesalum wird von Österreichern durchgeführt.
    Angesichts der sinkenden Zahlen, die aus dem Westen kommenden Touristen, ist es aber fraglich, ob die noch zusätzlich geplanten Hotels überhaupt gebaut werden.
    Wie steht nun Österreich im übrigen Ostblock dar?
    Gegenüber der Sowjetunion haben wir schon lange wegen der Erdgaslieferungen ein starkes Handelsbilanzdefizit.
    Trotzdem bekommt Österreich schon seit 1971 keinen Großauftrag mehr von den Sowjets, auch beim Warenhandel werden die Zahlungsbedingungen immer härter.
    Der österreichische Marktanteil in der Sowjetunion ist zuletzt um 25% gefallen.
    Für heuer wird mit einem Defizit des österreichischen Sowjethandels von etwa 5 bis 6 Milliarden Schilling gerechnet.
    Die gestiegenen Erdölpreise haben der Sowjetunion als Exportland wohl Vorteile gebracht, die übrigen Ostblockländer wurden dadurch aber hart getroffen.
    Sie mussten die gestiegenen Preise mitten in einer stürmischen Investitionsphase verkraften.
    Die Folge davon, die weiterführenden Investitionspläne wurden drastisch gekürzt, ebenso die Importgenehmigungen für westliche Waren.
    Besonders auffällig dabei der Rückgang der österreichischen Lieferungen bei Eisen und Stahl sowie bei Maschinen und Verkehrsmitteln.
    Und dabei ist keine wesentliche Änderung in Sicht.
    In den neuen 5-Jahres-Plänen in den Ausbaukländern dürfte die sparsame Wirtschaftspolitik beibehalten werden.
    Die wirtschaftliche Situation unseres Nachbarlandes Jugoslawien steht im Mittelpunkt des nächsten Beitrags.
    Für das blockfreie Land stehen nämlich wirtschaftlich ernste Zeiten bevor.
    Wie schon im vergangenen Jahr haben sich die führenden Politiker Jugoslawiens mit einer rapiden Geldentwertung, einer schlechter werdenden Energieversorgung und einem allgemein maroden Staatshaushalt zu beschäftigen.
    Dazu kommt, dass die neue Führung nach dem Tod Marschall Titos erst jetzt die wahre Tragweite des wirtschaftlichen Dilemmas erkennt und drastische Gegenmaßnahmen ergreift.
    Hören Sie eine Analyse der Wirtschaftssituation in Jugoslawien von Michael Kerbler.
    Das wohl auffälligste Merkmal, an dem man die verfahrene wirtschaftliche Lage Jugoslawiens ablesen kann, ist die Geldentwertung.
    Hat sie für das vergangene Jahr insgesamt, und das ist die offizielle Teuerungsrate, 25 Prozent betragen, kletterte die Inflationsrate bereits in den ersten sieben Monaten dieses Jahres über die 27-Prozent-Marke.
    Der Wirtschaftswissenschaftler Soran Pjanic prognostizierte, dass bei gleichbleibender Entwicklung bis Ende 1980 Jugoslawien die höchste Geldentwertung seit 15 Jahren erleben werde.
    Die missliche Lage, was die Bekämpfung der Inflation betrifft, spiegelt sich aber auch im Defizit der Zahlungsbilanz wider.
    Für 1980 errechneten jugoslawische Finanzfachleute ein Zahlungsbilanzdefizit von umgerechnet 25 Milliarden Schilling.
    Bei der jüngsten Sitzung des Parteipräsidiums legte Stefan Doronski, Vorsitzender dieser Institution, einen Rechenschaftsbericht vor, in der über die beängstigende Entwicklung der Inflationsrate berichtet wird.
    Indirekt gibt dieser Bericht all jenen Kritikern recht, die meinten, dass der Effekt der letzten 30-prozentigen Dinar-Abwertung ohne begleitende Maßnahmen sehr rasch verpuffen werde.
    Und tatsächlich dürfte für viele jugoslawische Firmen der Inlandsmarkt wieder an Attraktivität gewonnen haben, während der Ausfuhrhandel gleichzeitig an Attraktivität verloren hat.
    Eines muss jedoch anerkannt werden.
    Zumindest kurzfristig konnte das Verhältnis Einfuhren zu Ausfuhren verbessert werden.
    Der Export konnte um 33 Prozent gesteigert, der Import um 11 Prozent gedrosselt werden.
    Als zusätzliches Plus vermerken die Volkswirtschaftler die Einnahmen aus dem Fremdenverkehr, die heuer höher ausfielen, als ursprünglich erwartet wurde.
    Der Wermutstropfen in diesem Jahr?
    Niedrigere Überweisungen jugoslawischer Gastarbeiter.
    Wo liegen nun die Ursachen für die gegenwärtige wirtschaftliche Lage Jugoslawiens?
    Wo ist die Wurzel des Übels zu finden?
    Zuallererst muss vermerkt werden, dass in den Führungskremien der Partei der gesellschaftspolitischen Diskussion in der Vergangenheit immer der Vorrang vor den ökonomischen Problemen gegeben wurde.
    Dadurch konnte sich langsam aber beständig das Verhältnis von Importen zu Exporten stetig verschlechtern.
    Darüber hinaus muss Jugoslawien sehr oft für Halbfertigwaren, aber auch für Basisprodukte harte Devisen, also Fremdwährung, auf den Tisch splättern.
    Zu oft aber konnte dann das Endprodukt, das in Jugoslawien gefertigt wurde, nur in Osteuropa oder in Entwicklungsländern zu schlechten Preisen abgesetzt werden.
    Sicher mit ein Grund für die Misere ist das Konsumverhalten der Jugoslawen.
    Schon im Februar 1978 erklärte der Spitzenpolitiker Stanek Dolans, die Jugoslawen lebten über ihre Verhältnisse.
    Mittlerweile beläuft sich die Staatsverschuldung Jugoslawiens im Ausland nach offiziellen Angaben auf rund 180 Milliarden Schilling.
    Das Energieversorgungsproblem bereitet auch den jugoslawischen Politikern beachtliches Kopfzerbrechen.
    Der hauptsächliche Erdölieferant des Landes ist der Irak.
    Der Umstand, dass vor einigen Tagen jugoslawische Schiffe im Persischen Golf bei den Kampfhandlungen Treffer abbekommen haben, führte zu einer sichtlichen Beunruhigung der für die Energieversorgung Verantwortlichen in Belgrad.
    Der jugoslawische Bürger bekommt die wirtschaftliche Misere tagtäglich beim Einkauf zu spüren.
    Im Verlauf der vergangenen Wochen kam es zu Versorgungsschwierigkeiten bei Fleisch, Zucker, aber auch bei Waschmitteln.
    Typisch für die gegenwärtige Lage ist, dass die Versorgung in der Stadt nur teilweise funktioniert, während am Land die Bauern über keinerlei Versorgungsprobleme zu klagen haben.
    Sehr oft rühren Lieferschwierigkeiten daher, dass zwei Gruppen der Selbstverwaltung sich nicht über den Preis eines Produktes einigen können.
    So zum Beispiel halten die Bauern Getreide so lange zurück, bis die Müllereien und Bäckereien ihre Preise erhöhen.
    Zeitungsberichten zufolge wurde der Elektrokonzern Gorenje von einem Zulieferbetrieb in Mazedonien so lange boykottiert, bis das Unternehmen bereit war, für die Zwischenprodukte in Dollar zu bezahlen.
    Mit gemischten Gefühlen geht die jugoslawische Bevölkerung der kalten Jahreszeit entgegen.
    Ursache?
    In der Versorgung mit Kohle, Heizöl, Gas und Strom hat es verschiedentlich Schwierigkeiten gegeben.
    Die Strompreise wurden in Serbien angehoben und kaum jemand zweifelt daran, dass dies nicht die letzte Energiepreiserhöhung dieses Jahres ist.
    Michael Körbler und Hans Fockenhuber berichteten über Wirtschaftsprobleme Ungarns und Jugoslawiens.
    Und jetzt ein Kulturbericht im Mittagschanal.
    In Graz wurde heute das steirische Herbst 1980 durch Bundespräsident Dr. Rudolf Kirchschläger eröffnet.
    Seit 1968 wird dieses Festival zeitgenössischer Kunst, das einzige seiner Art in Europa, durchgeführt.
    Aus Graz berichtet Wilhelm Rossbaut.
    Im 13.
    Jahr seines Bestehens springt der steirische Herbst mit über 250 Einzelveranstaltungen gleichsam über seinen Schatten.
    Der nicht selten und auch diesmal geäußerten Kritik, zu reduzieren, verschließen die Programmmacher das Ohr.
    Und das mit dem Gegenargument, wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen.
    Ein Einwand, der, wenn man gerecht ist, auch etwas für sich hat.
    Das reichhaltige, aus 180 Programmpunkten bestehende Festival zeitgenössischer Kunstavangarde besteht aus Sprechtheater, Oper, Literatur, bildender Kunst, dem Musikprotokoll, das eine schon sehr langefällige Ernst Krennegg-Retrospektive bringt, dann aus Film- und Fototagen, aus der steirischen Akademie und aus einem Architektursymposium.
    Hervorzuheben aus diesem Angebot sind zwei Schwerpunkte.
    Der erste, sieben Uraufführungen von Stücken österreichischer oder mit Österreich eng verbundener Autoren.
    Dann die österreichische Erstaufführung der Oper Jakob Lenz des Beethoven-Preisträgers Wolfgang Riem.
    Der zweite Schwerpunkt, das Open House, die Grazer Filmtage, aber auch die Steirische Akademie stehen unter dem Thema «Die dritte Welt am Beispiel Schwarzafrika».
    Dazu der Präsident des steirischen Herbstes, Landesrat Prof. Kurt Jungwirth, der zur Lebenssituation der Völker Schwarzafrika sagt.
    Sie verrecken oder verhungern und wir bleiben auf unseren Produktionskapazitäten sitzen.
    Das sind Widersprüche, die eines Tages gelöst werden müssen.
    Der Konflikt, der bewaffnete Konflikt, der Krieg muss radikal als Lösungsversuch abgelehnt werden.
    Es wird notwendig sein, dass man sich friedlich miteinander entwickelt.
    Und erste Voraussetzung dafür ist, dass man sich kennenlernt.
    Und deswegen haben wir das Thema Schwarzafrika zu einem Schwerpunkt des steirischen Herbstes 1980 gemacht.
    Hauptereignis am Eröffnungstag ist die Uraufführung des Stückes »Wakunins Leiche« von Gerhard Hoffmann im Grazer Schauspielhaus.
    Der 48-jährige erfolgreiche Romanautor und Bachmann-Preisträger schrieb ein Stück um den russischen Revolutionär Mikhail Bakunin.
    Er lebte von 1814 bis 1876.
    Das Drama stellt auf unsere Zeit bezogen die Entstehung von Gewalt und Anarchismus aus den Widersprüchen innerhalb gut situierter bürgerlicher Verhältnisse dar.
    Der Unterschied zwischen der Diktatur des Staates und der Diktatur ihres Sohnes ist rein äußerlich.
    Faktisch handelt es sich bei beiden um das Gleiche.
    Um die Vergewaltigung einer Mehrheit durch eine Minderheit mit dem Ziel der Sicherung von politischen und ökonomischen Privilegien für die Minderheit.
    Beide sind identisch!
    Und dann sagt er auch, dass die Menschlichkeit das Werk kommender Generationen sein wird, während unsere Aufgabe die Zerstörung des Bestehenden ist.
    Andere, sagt er, werden nach uns kommen, die aufbauen.
    Frischere Mama, intelligentere, bessere!
    Unsere Unkenntnis ist beinahe vollkommen.
    Bakunins Leiche von Gerd Hoffmann heute Abend im Grazer Schauspielhaus.
    Theatergastspiele gibt es auch noch von der Josefstadt, dem Volkstheater und der Studiobühne Villach mit den Autoren Felix Mitterer, Peter Turini und Hans Gigacher.
    Und jetzt kurz vor Ende des Mittagschanals noch einmal Kurzmeldungen.
    Österreich.
    Der ÖVP-Bauernbund hat den niederösterreichischen Bauernbundpräsidenten Dervler zum neuen gesamtösterreichischen Präsidenten und Nachfolger des bisherigen Präsidenten Minkowitsch gewählt.
    Vor der Bürgermeisterkonferenz in Kapfenberg sprach sich Bundeskanzler Kreisky neuerlich für eine Demokratisierung der Bezirksverwaltungen aus.
    Der Kanzler äußerte auch die Meinung, die gegenwärtige Krise in der Eisen- und Stahlindustrie werde nicht rasch überwindbar sein.
    Positiv über ihr erstes Arbeitsjahr hat sich Staatssekretärin Donald geäußert.
    Sie sagte unter anderem, es sei in Teilbereichen gelungen, einen gewissen Gesinnungswandel zugunsten der Frauen zu erreichen.
    Justizminister Broda hat erste Ergebnisse der Untersuchungen einer Sonderkommission über geistig abnorme Rechtsbrecher bekannt gegeben.
    Nach Broda sei es in keinem Fall notwendig gewesen, einen Häftling in eine geschlossene psychiatrische Anstalt zu überstellen.
    Vereinte Nationen.
    Vor dem Weltsicherheitsrat in New York hat der iranische Ministerpräsident Rajai die Haltung seines Landes im Konflikt mit dem Irak vertreten.
    Mit UNO-Generalsekretär Waldheim soll Rajai auch die Frage der amerikanischen Geiseln erörtert haben.
    Das war das Mittagsjournal.
    Für das Team verabschiedet sich Louis Glück.
    Auf Wiederhören und noch ein schönes Wochenende.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1980.10.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1980.10.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Im Journal zu Gast: Staatssekretärin Dohnal
    Interview: Staatssekretärin Johanna Dohnal
    Mitwirkende: Oberhofer, Ilse [Gestaltung] , Nagiller, Rudolf [Gestaltung] , Dohnal, Johanna [Interviewte/r]
    Datum: 1980.10.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Bildung ; Wissenschaft und Forschung ; Medien und Kommunikation ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Sozialistische Bürgermeisterkonferenz in Kapfenberg - Referat Bundeskanzler Kreisky zu Stahlkrise und Kurzarbeit
    Einblendung: Bundeskanzler Kreisky
    Mitwirkende: Edlinger, J. Klaus [Gestaltung] , Kreisky, Bruno [Interviewte/r]
    Datum: 1980.10.18 [Sendedatum]
    Ort: Kapfenberg [Veranstaltungsort]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Italien - Neue Regierung in Italien unter Ministerpräsidenten Farlani gebildet
    Mitwirkende: Dalma, Alfons [Gestaltung]
    Datum: 1980.10.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Österreichische Handelsbilanz mit Ungarn erstmals ausgeglichen
    Mitwirkende: Vockenhuber, Hans [Gestaltung]
    Datum: 1980.10.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wirtschaft Jugoslawiens in der Krise
    Mitwirkende: Kerbler, Michael [Gestaltung]
    Datum: 1980.10.18 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Eröffnung des steirischen Herbstes
    Interview: Kurt Jungwirth (Präsident steirischer Herbst), Probenausschnitt aus "Bakunins Leiche" von Gert Hofmann
    Mitwirkende: Rosbaud, Wilhelm [Gestaltung] , Jungwirth, Kurt [Interviewte/r] , Anonym, Schauspieler, Schauspielerin [Interpret/in]
    Datum: 1980.10.18 [Sendedatum]
    Ort: Graz [Veranstaltungsort]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Kultur ; Film ; Theater ; Musik ; E-Musik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1980.10.18
    Spieldauer 00:59:43
    Mitwirkende Glück, Luis [Moderation]
    Bachmair, Udo [Regie]
    ORF [Produzent]
    Datum 1980.10.18 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-801018_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

    Information

    Inhalt

    Nachrichten

    Verortung in der digitalen Sammlung

    Schlagworte

    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt