Mittagsjournal 1989.08.19

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    Die Zeit in fünf Sekunden ist es 12 Uhr.
    12 Uhr.
    Hier ist der österreichische Rundfunk.
    Zu einer Stunde Mittagsinformation begrüßt Sie Herbert Dobrowolny.
    Die Beiträge der kommenden Stunde haben folgende Schlagzeilen.
    Internationale Presse stimmen zur Entwicklung in Polen.
    Analyse der innerdeutschen Beziehungen, die durch die DDR-Flüchtlingsproblematik belastet sind.
    Nervosität in Prag vor dem Jahrestag der Warschauer Paktinvasion in der CSSR.
    Im Journal zu Gast ist der Südtiroler Grünpolitiker Alexander Langer.
    Studie des Wirtschaftsforschungsinstitutes untersucht, wie lange die gute Konjunktur in Österreich noch anhält.
    Und Gespräch mit der jugoslawischen Mezzosopranistin Marijana Lipovšek, die heute bei den Festspielen in Salzburg einen Liederabend gibt.
    Zu Beginn hören Sie aber die von Georg Schalk-Ruber zusammengestellten Meldungen, die Ingrid Ammon liest.
    Polen.
    Zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte Osteuropas dürfte heute ein nicht-kommunistischer Regierungschef ernannt werden.
    Staatspräsident Jaruzelski wird wahrscheinlich den 62-jährigen Chefredakteur der Wochenzeitung Solidarität, Tadeusz Mazowiecki, bestellen.
    Masowiecki gehört zum engsten Beraterstab von Arbeiterführer Lech Walesa.
    Er wird wahrscheinlich eine Koalitionsregierung aus Mitgliedern der Solidarität, der Vereinigten Bauernpartei und der Demokratischen Partei zu bilden versuchen.
    Einige Schlüsselressorts sollen für kommunistische Politiker reserviert bleiben.
    Gestern hat Masowiecki zahlreiche Gespräche mit Spitzenpolitikern sowie mit Primasz Kardinal Glemp geführt.
    Die Kommunistische Partei hat für heute eine Krisensitzung des Zentralkomitees einberufen.
    Die sowjetische Regierungszeitung Izvestia schreibt zu der Entwicklung in Warschau, es sei bereits klar, dass die neue polnische Regierung von Nicht-Kommunisten gebildet werde.
    Die amtliche TASS verbreitet weiters den Text des Walesa-Interviews, in dem der Arbeiterführer erklärt hat, eine von der Solidarität geführte Regierung werde nicht aus dem Warschauer Pakt austreten.
    Sowjetunion.
    Ministerpräsident Nikolai Ryzhkov hat sich in einem Interview für eine Wochenzeitung darüber beklagt, wie schwer sein Kampf gegen die höchsten Instanzen in Moskau ist.
    Er habe nicht das Gefühl, dass jeder in der Führung die Notwendigkeit rascher Veränderungen begriffen habe, sagte Rischkow.
    So etwa sei es ein schrecklicher Kampf gewesen, die Zahl der Minister in der neuen Regierung zu reduzieren.
    Das größte Vertrauen hat Rischkow nach eigenen Angaben zu Staats- und Parteichef Gorbatschow.
    Bundesrepublik Deutschland
    Ostdeutschland bleibt in der Frage der Ausreise von DDR-Bürgern hart.
    Man ist nicht bereit, über die Zusage der Straffreiheit für jene DDR-Bürger hinauszugehen, die diplomatische Missionen der Bundesrepublik Deutschland wieder verlassen.
    Bundeskanzler Kohl sagte, die unerträglich werdende Situation müsse möglichst rasch verbessert werden.
    Man denke aber nicht daran, Ostberlin Ratschläge zu geben.
    Ursache für die aktuellen Probleme Ostdeutschlands mit ausreisewilligen Bürgern sei das politische Gesamtklima im Warschauer Pakt, ergänzte Kohl.
    Libanon Die militärische Konfrontation zwischen der christlichen Armee, ins- und syrischen sowie pro-syrischen Einheiten dauert ungeachtet internationaler Waffenstillstandsaufrufe an.
    Auch gestern hat es bei den Kämpfen wieder Tote gegeben.
    Auf diplomatischer Ebene ist vor allem Frankreich aktiv.
    Paris will unter anderem eine Dringlichkeitssitzung der EG starten.
    Der libanesische Christenführer General Aoun sagte, Papst Johannes Paul wäre zu einer Friedensmission in Beirut willkommen.
    Spanien.
    Papst Johannes Paul beginnt heute eine dreitägige Pastoralreise in Spanien.
    Erste Station ist die nordwestspanische Pilgerstadt Santiago de Compostella.
    Hier wird der Papst das vierte Weltjugendtreffen leiten.
    Johannes Paul war bereits 1982 und 1984 in Spanien.
    Bundesrepublik Deutschland.
    In Nordrhein-Westfalen ist wieder ein riesiger Skandal um illegale Praktiken in der Kälbermast aufgeflogen.
    Diesmal werden drei Züchter verdächtigt, Jungtieren ein wachstumsförderndes Husten- und Asthmamittel gegeben zu haben.
    Dieses Mittel stammt aus der Humanmedizin.
    Die Anwendung bei Tieren ist verboten.
    Fast 4000 Kälber aus 21 Stallungen wurden beschlagnahmt.
    Der Landwirtschaftsminister von Nordrhein-Westfalen sprach von einer neuen Dimension von illegalen Masthilfen und von grenzenloser Skrupellosigkeit gegenüber Verbrauchern.
    USA Mehr als ein Viertel aller Pflanzen und Tiere werden in den nächsten Jahrzehnten vom Menschen ausgerottet, sollte nicht gegengesteuert werden.
    Die Nationale Wissenschaftsstiftung in Washington meinte zu der vielfach diskutierten Gefahr des Artensterbens, dass die Rate des Aussterbens in Kürze mindestens 1000 Mal so hoch sein werde, wie in der bisherigen Erdgeschichte.
    Besonders die Entwicklungsländer werden zu verstärkter internationaler Zusammenarbeit aufgerufen.
    Griechenland
    Zahlreiche Regionen Griechenlands werden auch im heurigen Sommer von verheerenden Waldbränden heimgesucht.
    Auf Tharsos musste der Notstand ausgerufen werden.
    Hunderte Touristen sind auf der Flucht.
    Es wird Brandlegung vermutet.
    Brandlegung durch Privatleute ist in Griechenland sehr verbreitet.
    Auf diese Weise soll illegal Bauland gewonnen werden.
    Uralte geschützte Olivenhaine werden angezündet.
    Weitere Brände wüten im Nordwesten Griechenlands und auf der Halbinsel Kalkidike.
    Österreich.
    Die Steiermark war auch heute wieder von verheerenden Unwettern betroffen.
    In Graz musste die Feuerwehr Katastrophenalarm geben, da der Damm des Thalersees zu bersten drohte.
    Einige Häuser mussten geräumt werden.
    Verschiedentlich wurde von der Feuerwehr auch das Bundesheer zu Hilfe gerufen.
    Die Wetteraussichten bis morgen früh.
    Im äußersten Westen heiter bis wolkig, sonst bewölkt und häufig Regen.
    Später mitunter Auflockerungen.
    Schwacher Wind.
    Nachmittagstemperaturen im Westen bis 26 Grad, sonst nur zwischen 16 und 21 Grad.
    Frühtemperaturen morgen 13 bis 18 Grad.
    Die Wetteraussichten für morgen Sonntag.
    Im Westen teilweise sonniges Wetter, sonst noch vielfach bewölkt und strichweise Regen.
    Mäßiger Wind.
    Tageshöchsttemperaturen 20 bis 25 Grad.
    Im Westen und im Südwesten auch darüber.
    Die Vorschau für übermorgen Montag.
    Teilweise sonnig und warm.
    Die Messwerte von 12 Uhr.
    Wien bedeckt 20 Grad.
    Eisenstadt und St.
    Pölten bedeckt 19.
    Linz und Salzburg stark bewölkt 18 Grad.
    Innsbruck Heiter 21, Bregenz Heiter 22, Graz bedeckt Gewitter 18 und Klagenfurt stark bewölkt 20 Grad.
    So weit also die Nachrichten und der Wetterbericht im Mittagschanal 12 Uhr und 8 Minuten ist es mittlerweile geworden.
    Heute dürfte aller Voraussicht nach die historische Entscheidung fallen.
    Polen wird, wie es den Anschein hat, den ersten nicht-kommunistischen Ministerpräsidenten in der Person von Tadeusz Mazowiecki bekommen.
    Der Solidaritätsmann hatte gestern eine Unterredung mit Staatschef General Jaruzelski und führte zahlreiche Gespräche mit polnischen Spitzenpolitikern, aber auch mit Kardinal Glemp.
    Die Kommunistische Partei, die den Plänen nach nur zwei Schlüsselressorts in der zu bildenden Regierung zu besetzen hat, hat für heute eine Krisensitzung des Zentralkomitees einberufen, die vor wenigen Minuten begonnen hat.
    Dabei gilt es unter anderem, den Unmut lokaler Parteiorganisationen zu dämmen, denn mehrere Organisationen und deren Vertreter äußerten ihre Bedenken über die geplante Bildung einer Regierung unter nicht-kommunistischer Führung.
    Wie aus Kreisen der Vereinigten Polnischen Arbeiterpartei PVAP zu entnehmen ist, steht bei dieser Sitzung aber auch das politische Schicksal von Parteichef Mieczysław Rakowski auf dem Spiel.
    Polen wartet also gespannt auf die Bekanntgabe der Entscheidung von General Jaruzelski.
    Wie die Entwicklung in Polen von internationalen Zeitungen beurteilt wird, können Sie der folgenden Presseschau entnehmen, die Manfred Steinhober zusammengestellt hat.
    Zwei Gedanken sind es, die die Kommentatoren der heutigen Zeitungen im In- und Ausland in den Vordergrund stellen.
    Einmal das historische und einmalige Ereignis einer nicht von den Kommunisten geführten Regierung, zum anderen die bange Frage, wie das polnische Experiment weitergehen wird.
    In der linksunabhängigen Pariser Zeitung Le Monde liest man...
    Die alten Dämonen können wieder erwachen.
    Und in der linken Liberation werden die alten Dämonen beim Namen genannt.
    Der Ton der KP ist kein gutes Omen für die künftige Koalition.
    Für die Kommunisten geht es gegenwärtig nicht darum, durch eine sozialdemokratische Wende die Gunst der Öffentlichkeit zurückzugewinnen, wie dies für die Ungaren der Fall ist.
    Ihr unmittelbares Ziel ist, sich an die innen noch verbleibende Macht zu klammern.
    Ein kommunistischer Präsident und Kommunisten an der Spitze des Innen- und Verteidigungsministeriums
    sind zwar eine hohe Entschädigung für die blamable Wahlniederlage der Vereinigten Arbeiterpartei, aber ob das mitsamt den bündnispolitischen Versprechungen Wallesers ausreicht, den Zorn der Dogmatiker in den Bruderstaaten über den Stopp eines vermeintlichen unumkehrbaren weltgeschichtlichen Prozesses zu dämpfen, ist vorerst fraglich.
    Auch in den österreichischen Zeitungen findet sich Skepsis über das polnische Experiment, allerdings gepaart mit Optimismus.
    Thomas Korherr erklärt in der Presse die polnischen Zustände.
    Polnische Zustände, das hat in Wien stets etwas Verabwürdigendes, Respektloses, gelegentlich Diffamierendes an sich gehabt.
    Die Neubewertung findet in diesen Tagen und vor den Augen einer verblüfften Welt statt, die noch nicht fassen kann, was in Warschau vor sich geht.
    Polnische Zustände in den Hundstagen 1989.
    Das kann der Anfang vom Ende des Weltkommunismus als Ideologie expansiver Macht sein.
    Das kann freilich auch das Zündholz bedeuten, das an die Lumpe gelegt wird.
    Es ist nicht eine historische, es ist eine weltgeschichtliche Periode, die wir erleben.
    Auch Hans Rauscher schreibt dem Kurier von einem historischen Ereignis, aber... Warum gerade in Polen der totalitäre Bann gebrochen wurde, diese Frage versucht Georg Hoffmann-Ostenhoff in der Neuen AZ zu beantworten.
    Die Polen haben in den letzten Jahrzehnten die meisten Erfahrungen angehäuft.
    Rebellionserfahrungen.
    1956 gab es einen Aufstand.
    1970, 71 erschütterten streiks die Macht der KP.
    1976 revoltierten die Arbeiter wieder.
    Und 1980, 81 erlebte das Land die turbulente Geburt der unabhängigen Gewerkschaft Solni-Darnosch.
    Solche Kampferfahrungen machen intelligent politisch reif.
    Eine ganz andere Meinung findet sich dagegen in der Zeitung Nandan, dem Organ der Kommunistischen Partei Vietnams.
    Dort werden die Reformansätze in Polen verurteilt als bourgeoise Liberalisierung, für die ein Gegenangriff der imperialistischen Kreise verantwortlich ist.
    So etwas könne in Vietnam nicht passieren, meint das KP-Organ, denn in Vietnam gelte das Prinzip der Verstärkung der Wirksamkeit der Diktatur des Proletariats und die führende Rolle der Partei in allen Lebensbereichen.
    Soweit also Pressestimmen zur anstehenden historischen Entscheidung in Polen.
    Wir bleiben auch mit unserem nächsten Beitrag im Ostblock, der in der abgelaufenen Woche der dominierende Nachrichtengeber war, neben Polen die DDR und hier die, wenn man so möchte, innerdeutsche Flüchtlingsproblematik, wie sie gerne von Bonn so bezeichnet wird.
    Die Problematik um die ausreisewilligen DDR-Bürger, die sich seit fast 14 Tagen nun in der geschlossenen
    deutschen Vertretung in Ostberlin aufhalten, aber auch die deutsche Botschaft in Budapest regelrecht belagern.
    In den letzten Meldungen ist ja von rund 800 DDR-Bürgern die Rede, die rund um das Botschaftsgelände in Budapest ihre notdürftigen Quartiere aufgeschlagen haben.
    Ich bin nun verbunden mit unserem Bonner Korrespondenten Helmut Brandstetter.
    Herr Brandstetter, man hat eigentlich den Eindruck, wenn man sich das so in den letzten Tagen angesehen hat, dass es nichts essentiell Neues gibt in den diplomatischen Verhandlungen.
    Man könnte fast sagen, die Bonner Führung ist ratlos.
    Warum geht eigentlich nichts weiter?
    Ja, die Ratlosigkeit der Brunner Führung ist geradezu eklatant und muss nach dem gestrigen Gespräch, das der Minister Seiters in Ost-Berlin mit dem stellvertretenden Außenminister Krolikowski geführt hat, noch größer geworden sein, weil der hat also fast Tränen in den Augen gehabt nach dem Gespräch und auch nach einer Unterredung mit den Leuten in der ständigen Vertretung, weil er da wohl festgestellt hat, dass es keine schnelle Lösung für dieses Flüchtlingsproblem geben wird.
    und dass sich diese Leute in der Vertretung wohl noch auf einen längeren Aufenthalt einstellen müssen.
    Jetzt hat inzwischen sogar der Bundeskanzler gesagt, er wäre jederzeit zu einem Treffen mit SED-Chef Honecker bereit und hat wahrscheinlich damit versucht, die Initiative wieder in die Hand zu bekommen.
    Nur was man bei all diesen Sachen vermisst, einerseits ist zwar klar, die Sturschädeln, die sitzen in Ost-Berlin und die DDR-Führung ist zu keiner Lösung bereit.
    Andererseits vermisst man hier in Bonn zumindest Zielvorgaben.
    Die Bundesregierung kann nicht einmal sagen, was denn ihr Ziel ist für die DDR-Politik über die Lösung der Flüchtlingsfrage hinaus.
    Die Annäherung, die man versucht hat und die die CDU ja genauso versucht hat wie die SPD in den 70er Jahren, die ist mit diesen letzten Wochen offensichtlich gescheitert.
    Ich meine, man möge dem Herrn Kohl jetzt nicht unterstellen, dass er politisch auch nichts zusammenbringen würde,
    Was könnte er mehr in einem persönlichen Gespräch mit Honecker erreichen, als Seithers jetzt nicht erreicht hat?
    Das ist wohl die große Frage.
    Die erste Frage, die man sich stellt, vor allem wenn man in diesen Tagen die DDR-Zeitungen liest, wie weit ist sich Honecker und wie weit sind sich diese alten Herren?
    Honecker ist jetzt 77 und die ganze Führungsschicht ist ungefähr
    In diesem Alter, wie weit sind sich die denn dieser schlimmen Lage bewusst?
    Das heutige Neue Deutschland macht auf mit der Eröffnung der Gartenschau in Erfurt und das ist das wichtigste Thema, das angeblich die DDR im Moment bewegt und dass es da noch Flüchtlinge gibt und dass Tausende, wahrscheinlich über eine Million Menschen weg wollen.
    Das wissen zwar alle DDR-Bürger, weil sie ja Westfernsehen
    empfangen können, aber die eigenen Medien sagen es ihnen nicht.
    Das heißt, diese Glaubwürdigkeitskrise wird umso größer.
    Und insofern bin ich auch skeptisch, was Kohl in einem Honecker-Gespräch herausbekommen würde.
    Man weiß aus inoffiziellen Berichten, dass Honecker auch im persönlichen Gespräch auch immer wieder Dinge erzählt, die nicht sehr realistisch sind.
    Und manche sagen, er glaubt wirklich, dass das Volk ihn liebt, weil die einzigen Veranstaltungen, die er besucht, bei denen wird er ja bejubelt.
    Die Frage ist vielmehr, was kann diese Bundesrepublik, was kann die Bonner Führung wirklich machen?
    Es gibt jetzt schon Vorschläge und die gehen bis zu den Linken, bis zu den Grünen, die sagen, man muss die DDR einfach mehr unter Druck setzen.
    Tatsache ist ja, dass die Bundesregierung, die jetzige wie die vorhergehenden, durch große, durch Milliarden Unterstützung, durch begünstigte
    die DDR ja stabilisieren.
    Und man hat immer gesagt, das will man machen, weil dadurch kann man den Lebensstandard in der DDR anheben und dadurch wäre eine Annäherung möglich und dann irgendwann ist auch die Mauer nicht mehr nötig.
    Diese Politik ist offensichtlich gescheitert.
    Und die Frage müssen sich die Regierenden schon stellen lassen, warum unterstützt man nicht etwa eine Opposition?
    Wir erinnern uns doch alle an Polen, als Lech Walesa aufgekommen ist, sind westliche Politiker einer nach dem anderen hingefahren, haben ihm nicht nur die Hand geschüttelt, haben ihn finanziell unterstützt, haben ihn publizitätsmäßig unterstützt und es war eine Selbstverständlichkeit, dass man dort nicht
    das korrupte KP-Regime unterstützt, sondern dass man die Opposition unterstützt.
    In der DDR ist es offensichtlich ganz anders.
    Und obwohl wir inzwischen wissen, dass um einen Physiker eine Oppositionsgruppe entsteht, dass in der Kirche die Opposition immer stärker wird, vermisst man hier jeglichen Hinweis darauf, dass die Regierung sich auch nur solidarisiert mit diesen Leuten, die Bonner Regierung, und dass sie versucht, denen zu helfen.
    Der Vorwurf von drüben kommt ja dann immer, die Bundesrepublik und die Politiker aus Bonn würden sich einmischen in die inneren Angelegenheiten.
    Nur hat da der SPD-Politiker Emke, früher Kanzleramtsminister, sehr deutlich gesagt, in einer Zeit, wo 100.000 Menschen aus der DDR in die Bundesrepublik kommen, allein in einem Jahr und wo viel mehr herüberkommen wollen, da kann man doch überhaupt nicht mehr von Einmischung sprechen, da liegt es doch auf der Hand, dass das Problem der DDR gleichzeitig auch das Problem der Bundesrepublik ist.
    Zum Abschluss, Herr Brandstetter, noch ein paar Reflexionen über die Informationspolitik der Bonner Regierung in den letzten Tagen, was diese innerdeutsche Flüchtlingsproblematik betrifft.
    Hat diese relativ große, berechtigte oder unberechtigte Geheimniskrämerei nicht auch dazu geführt, dass diverse Medien, sprich die Bild-Zeitung, da eine Profilierungskampagne reiten?
    Ja, die Profilierungskampagne der BILD-Zeitung ist, glaube ich, ein Sonderfall.
    Man weiß, dass es mit den Auflagen des Großformats nicht so gut steht.
    Und die haben halt das als Thema entdeckt, sind nach Budapest gefahren, haben dort die Leute betreut, so wie es das Außenministerium natürlich auch gemacht hat, weil sie es dazu verpflichtet ist.
    Und ich glaube, dass die BILD-Zeitung seit einer Woche eine ganz wilde Kampagne gegen das Außenministerium führt, ist nur darauf zurückzuführen, dass man eben die eigenen Leistungen, die zweifellos vorhanden sind, weil es ist immer eine Leistung,
    Ein paar Leuten hilft zweifellos, um diese eigenen Leistungen einfach in noch besserem Licht erscheinen zu lassen.
    Die Frage ist wirklich, ob sich die Führung der DDR durch die leise Politik noch beeindrucken lässt.
    Tatsache im Moment offensichtlich nein, weil so wie der Minister Seiters nach dem Gespräch gewirkt hat, ist auch in geheimen Verhandlungen mit der DDR im Moment nichts zu erreichen.
    Ob es mit öffentlichem Druck geht, das wissen wir nicht, aber die Regierung hat es jedenfalls noch nicht versucht.
    Ist ein Ende dieser Problematik rund um die DDR-Ausreisewilligen abzusehen?
    Im Moment ist es nicht abzusehen.
    Wir erinnern uns ans Jahr 1984.
    Da waren etwa 50 Leute in der Botschaft in Prag und es hat mehr als drei Monate gedauert.
    Und vielleicht ist es dann auch nur gegangen, weil unter anderem eine Nichte des DDR-Ministerpräsidenten Stow unter den Ausreisewilligen war und der berühmte DDR-Rechtsanwalt Vogl hat es dann geschafft,
    In dem Fall ist überhaupt nicht abzuschätzen, wie schnell es geht, weil die grundsätzliche Problematik bleibt ja.
    Selbst wenn morgen diese paar hundert Leute aus Budapest, aus der Botschaft in Ost-Berlin und in Prag herausgehen und ihnen mit Straffreiheit und mit wohlwollender Zusage, dass die Ausreise dann doch
    möglich wäre, wenn man die hinauslässt, wenn die hinausgehen und wenn die anschließend in den Westen kommen.
    Dann bleibt die grundsätzliche Problematik, dass in einer Woche ja die Botschaft wieder von ein paar hundert Leuten besetzt sein kann.
    Das ist wahrscheinlich auch der Grund, warum die DDR so hart bleibt, weil sie befürchten muss, dass sich an der Krise nichts ändert und deswegen den eigenen Bürgern sehr deutlich sagt, ihr habt keine Chance über diese ausländischen Vertretungen ins Ausland zu gelangen.
    Wer letztlich durchhalten kann, weiß ich nicht.
    Ich kann mir nur schwer vorstellen, am 2., 3.
    September beginnt die Leipziger Messe und das ist eine der wichtigsten Veranstaltungen für die DDR, weil aus der ganzen Welt die Wirtschaftstreibenden kommen und weil sich Honecker da im internationalen Licht sonnen kann.
    Und es muss für ihn schon unangenehm sein, wenn er dort dann, und das wird der Fall sein, auch von westlichen Journalisten gefragt wird, was denn mit den Ausreisewilligen ist.
    Das heißt, die Chance besteht noch, dass man bis zu diesem für die DDR wichtigen Datum
    eine Lösung suchen will, aber sicher bin ich nicht, dass es bis dahin klappt.
    Herr Brandstetter, vielen Dank für dieses Gespräch und auf Wiederhören nach Bonn.
    Ja, danke, nach Wien, auf Wiederhören.
    Mittlerweile ist es 12 Uhr und 21 Minuten geworden.
    Es war eine relativ laue Sommernacht, als im August 1968 rund 600.000 Mann der Warschauer Pakt-Truppen für ein böses Erwachen aus dem Traum von einem Prager Frühling sorgten.
    Mit Panzern und Menschenmassen wurde die aufkeimende Pflanze einer Demokratisierung in der Tschechoslowakei brutal niedergewalzt.
    Die Böhmen, Meeren und Tschechen hatten sie wieder im Land, die Okkupanten, die dafür sorgten, dass sich Prag nicht unkontrolliert von der Moskauer Linie entferne.
    In den Jahren danach beschränkte sich der Protest gegen die Invasion auf Untergrundaktivitäten à la Carta 77 und sorgte unter anderem auch dafür, dass die Weltmeisterschaftsbegegnungen im Eishockey zwischen der UDSSR und der JSSR mehr als nur ein Spiel um den Puck und den Titel waren.
    Doch vielleicht war es ein Zeichen des Schicksals, das auch auf dem Eis die GSSR öfters den Kürzeren zog.
    21 Jahre danach fürchten die offiziellen Stellen das Datum, den 21.
    August, noch immer so wie der Teufel das Weihwasser.
    So ist es auch nicht verwunderlich, dass in Prag gespannte Nervosität herrscht.
    Ein Situationsbericht von Barbara Kudenhove-Kalergi.
    Hochspannung vor dem Jahrestag hier in Prag.
    Die Polizei bereitet sich offensichtlich auf eine Konfrontation vor.
    Die Opposition ist uneins, ob man eine solche Konfrontation riskieren soll oder nicht.
    Aus Solidarität mit den Prager Dissidenten haben sich bekannte Politiker aus Polen und Ungarn für den 21.
    August angesagt.
    In den heutigen Zeitungen ist eine Erklärung des Präsidiums der KPG abgedruckt, in der von Beunruhigung in der Bevölkerung über die Machenschaften antisozialistischer Kräfte die Rede ist.
    Man verlange in den Betrieben und in den Parteiaktiven die strikte Einhaltung von Ruhe und Ordnung.
    Die Stadt schwirrt von Gerüchten.
    Die Polizeieinheiten, die in Prag zusammengezogen sind, sollen zum Waffengebrauch ermächtigt sein.
    Die Spitäler sollen Alarmbereitschaft haben.
    Der heurige 21.
    August soll zur Abrechnung mit der Opposition ein für alle Mal außer Sehen sein.
    Sicher ist, dass die Polizeieinheiten in den letzten Tagen ungeachtet der vielen Touristen den Einsatz geübt haben.
    Unter anderem wurde die ganze Karlsbrücke mit Spezialgeräten eingenebelt.
    Diese massive Kampagne hat auch bei der Opposition Wirkung gezeigt.
    Die gemäßigten Gruppen, vor allem die Ex-Kommunisten um Alexander Dubček, sind für Stillhalten,
    Andere, vor allem die Bewegung für bürgerliche Freiheiten, will den Tag mit einem friedlichen Spaziergang durch das Stadtzentrum und einer Schweigeminute begehen.
    Baslav Havel, die wichtigste moralische Instanz der Opposition, hat sich mit einer sehr ausgewogenen persönlichen Erklärung zu Wort gemeldet.
    Er ist für Zurückhaltung und den Machthabern keinen Vorwand zu liefern.
    Er bekräftigt aber ausdrücklich das Recht aller Aktivisten, nach ihrem Gewissen zu handeln.
    Havel selbst ist in diesen Tagen auf Polizeibefehl in seinem Haus auf dem Lande.
    Die meisten anderen bekannten Oppositionellen sind untergetaucht.
    Ihre Telefonanschlüsse sind unterbrochen.
    Mit Freude hat die Opposition hier den Solidaritätsbesuch aus jenen Bruderländern registriert, die sich inzwischen von der Invasion der Warschau-Paktstaaten 1968 distanziert haben.
    Aus Polen kommen unter anderem Adam Michnik und Zbigniew Bujak.
    aus Ungarn Ferenc Kösig und Janusz Warka.
    Sie wollen mit ihrer Anwesenheit unterstreichen, dass ihre Länder heute für eine freie und demokratische Tschechoslowakei eintreten.
    Barbara Kudnow-Klerge aus Prag war das und mit ihrem Beitrag haben wir unsere Berichterstattung über die Ereignisse im Ostblock, also in der DDR, in Polen und in der Tschechoslowakei abgeschlossen.
    Bis wir zu den nächsten Berichten im Mittagschanal kommen, eine getagte Musik.
    ... Musik ...
    ... Musik ...
    Das war's.
    Untertitelung des ZDF, 2020
    Um 12.27 Uhr, drei Minuten vor halb eins, gibt es nun Wirtschaftliches im Mittagsschanal.
    Ein Wetterbericht über die Wirtschaftssituation müsste zurzeit ungefähr so lauten.
    Ein Hoch über Westeuropa, mit Ausnahme vielleicht von Großbritannien und insbesondere in Österreich herrscht nach wie vor strahlender Sonnenschein.
    Wie lange wird noch mit diesem schönen Wirtschaftswetter zu rechnen sein und wo sich gegenwärtig Wolken finden lassen, darüber berichtet dem folgenden Waltraud Langer.
    Ein Ende der Schönwetterperiode, sprich der guten Konjunktur, ist nach wie vor nicht in Sicht.
    Einige Beispiele.
    Die Wirtschaft verzeichnete in den ersten drei Monaten dieses Jahres die höchste Wachstumsrate seit neun Jahren.
    Die Tourismusbranche protzt mit einer ausgezeichneten Nächtigungsbilanz und die Industrie freut sich über extrem viele Aufträge aus dem In- und Ausland.
    Der Konjunkturforscher Georg Busch vom Wirtschaftsforschungsinstitut erspäht dennoch einige Wolken am Wirtschaftshimmel.
    In einer solchen Schönwetterperiode der Konjunktur besteht immer die Gefahr, dass die latenten Schwachstellen übersehen werden.
    Eine solche Schwachstelle ist sicherlich die außenwirtschaftliche Bilanz.
    Und bei der Außenwirtschaftsbilanz meint Bush vor allem, dass die Warenimporte im Vergleich zu den Exporten sehr hoch sind, wobei in dieser Bilanz Beträge eingeschlossen sind, die nicht a priori negativ beurteilt werden können.
    Etwa haben sich rein summenmäßig Flugzeugeinkäufe der AUA stark auf die Handelsbilanz ausgewirkt.
    Ein weiteres Beispiel, ungarische Touristen haben sehr viele Produkte eingekauft, die Österreich ebenfalls hauptsächlich aus dem Ausland erwirbt, zum Beispiel Elektrogeräte.
    Eine echte Schattenseite der Wirtschaft findet sich bei der weiterhin sehr hohen Arbeitslosenrate, die auch dieses Jahr im Schnitt über 5% liegen dürfte.
    Eine Verbesserung ist laut Busch nicht in Aussicht.
    Man hat nicht den Eindruck,
    jahrelanger guter Konjunktursituation, dass wir in absehbarer Zeit wieder die Vollbeschäftigungsgrenze erreichen, die bei einer Arbeitslosenrate von drei Prozent liegt oder sogar darunter.
    Das heißt, es bestehen durchaus gute Beschäftigungschancen für neue Arbeitskräfte, aber für die bestehenden Arbeitslosen sind sie nicht wesentlich besser geworden.
    Bei Betrachtung der Gesamtwirtschaft überwiegt dennoch der Optimismus des Konjunkturforschers.
    Vor allem, weil Österreich nicht nur auf einem Gebiet gut dasteht.
    Das Erfreuliche an der jetzigen Konjunktursituation ist, dass sich die Nachfrage auf eine breite Palette von Gütern erstreckt.
    Relativ gering ist die Nachfrage nach traditionellen Konsumgütern wie zum Beispiel Bekleidung.
    Sehr stark ist die Nachfrage nach den sogenannten Vorprodukten, also Zulieferungen zum Beispiel an die deutsche Autoindustrie, nach österreichischen Baustoffen, nach österreichischen Chemikalien zum Beispiel, aber auch nach österreichischen Maschinen und fertigen Ausrüstungsgütern.
    Die werden im Ausland sehr stark nachgefragt.
    Die Aussichten für die Zukunft bezeichnet Busch als sehr günstig.
    Österreich dürfte nicht nur heuer, sondern auch im nächsten Jahr ein kräftiges Wirtschaftswachstum erzielen.
    Auf längere Sicht ist natürlich damit zu rechnen, dass es auch wieder eine schwächere Entwicklung geben wird.
    Aber Österreich kann einiges dazu tun, diese Abschwungperioden in
    ihre Auswirkungen zu mildern, indem sich die österreichische Wirtschaft krisenfester macht.
    Ein Mittel dagegen ist die Verbesserung der Industriestruktur und ein zweites die Budgetkonsolidierung.
    Eine Verbesserung der Industriestruktur, darunter versteht der Wirtschaftsforscher, dass die Industrie die gute Lage nützt, neue höherwertige Produkte mit attraktivem Design erzeugt und sich außerdem vermehrt um Standorte im Ausland bemüht.
    Das war ein Beitrag von Waltraud Langer, 12.32 Uhr, zwei Minuten nach halb eins.
    Im Journal zu Gast ist heute ein Politiker aus Südtirol, Alexander Langer.
    Der jetzt grün-alternative, früher neue linke Politiker hat jahrzehntelang die Oppositionspolitik in Südtirol geprägt.
    Im Mai dieses Jahres kandidierte er aber für das Europaparlament und wurde mit einer großen Zahl von Vorzugsstimmen aus ganz Italien gewählt.
    In Straßburg wurde er prompt zum Fraktionssprecher der gesamteuropäischen Grünen Fraktion.
    Damit ist die Südtiroler Politik um eine farbige Figur ärmer.
    Alexander Langer, Jahrgang 1943, versteht sich als volksnahe Intellektueller.
    Aufgewachsen in Sterzing war er in der Jugend Jesuitenschüler, anschließend konvertierte er gleichsam allerdings nach politisch links außen, war zuerst Lehrer in Südtirol, dann Universitätsassistentin Trient, später Lehrbeauftragter in Urbino und Klagenfurt.
    Der perfekt zweisprachige Doppeldoktor in Jus und Soziologie wurde nach 1978, seinem Einstieg in die Südtiroler Politik, zum gefürchtetsten Gegner der SVP und ihres Obmannes Silvius Maniago.
    Nun hat Alexander Langer den bisherigen Höhepunkt seiner Karriere erreicht.
    Er ist der einzige außerhalb Südtirols einflussreich tätige Politiker.
    Mit ihm sprach unser Korrespondent Reinhard Frauscher.
    Herr Langer, Sie haben mehr als zehn Jahre in Südtirol die Oppositionspolitik dominiert, weit mehr als jeder andere Politiker vor oder neben Ihnen.
    Es ist Ihnen sogar gelungen, der politisch dominierenden Südtiroler Volkspartei die Themen, die politischen Themen aufzuzwingen und letzten Endes auch deren Politik zu beeinflussen.
    Was, glauben Sie, haben Sie erreicht?
    Ich würde sagen, dass ich also mit dazu beigetragen habe und unsere Bewegung mit dazu beigetragen hat, dass man heute, wenn man von Südtiroler spricht, also nicht mehr nur die Menschen deutscher Muttersprache dieses Landes meint, sondern zumindest eine Möglichkeit sieht, dass alle hier lebenden Menschen sich als Südtiroler fühlen.
    dass man dann Südtiroler, Deutscher, Italienischer oder Ladinischer Muttersprache sein kann, aber dass die Leute hier eine gemeinsame Heimat haben können, die nicht mehr durch die konfliktvolle Geschichte unbedingt die Leute zwingen muss, gegeneinander zu stehen.
    Und ich glaube, dass wir auch erreicht haben, dass ein gewisser politischer und kultureller Pluralismus hier eingekehrt ist.
    Dass man sich also nicht mehr automatisch, vor allem ethnisch definiert, deutschsprachig, ist gleich deutsch denken, deutsch fühlen, deutsch handeln, SVP wählen.
    gegen die Italiener sein und umgekehrt italienisch zu sein, heißt letztlich den Südtirolern dieses Land irgendwie wegnehmen zu wollen, sie in Italiener verwandeln zu wollen oder so etwas, sondern dass jetzt ein gemeinsames Miteinander, Wohnen und Leben in diesem Land und auch ein gegenseitiger Austausch und so schon gewissermaßen zu den positiven Selbstverständlichkeiten dieses Landes gehört.
    Ihre Erfolge, Herr Langer, haben aber einen hohen Preis.
    Die Parolen von der Übermacht der SVP, von der ethnischen Intoleranz, von den ethnischen Käfigen, die sie erfunden haben, von der ungerechtfertigten Einordnung der Bürger in ethnische Gruppen zur besseren Verwaltung des Propozes, diese Parolen waren ja eigentlich ein gefundenes Fressen für die Gegner der deutschsprachigen Südtiroler, für die Neofaschisten.
    Die haben sich doch vor allem ihre Sprüche zu eigen gemacht und damit vieles an Minderheitenschutz in Frage gestellt.
    was bisher als politisch und auch rechtlich gesichert galt.
    Also das muss ich schon sagen, sehe ich ganz anders, also diametral anders.
    Denn mir scheint, es macht einen großen Unterschied, ob man in diesem Land vor allem die Volksgruppentrennung kritisiert, wie wir getan haben und wie zeitweise inzwischen auch die Neofaschisten tun und auch andere, Kommunisten zum Beispiel und so weiter.
    Oder ob man in diesem Land als abnorm ansieht, dass es hier eine deutschsprachige Mehrheit gibt und dass man die wegkriegen will.
    Es macht einen großen Unterschied, ob man sagt, wir sind nicht einverstanden, dass die Volksgruppen ständig voneinander abgesondert sind.
    Wir sind nicht einverstanden, dass es getrennte Institutionen gibt für die einen und für die anderen, die sich praktisch nie begegnen.
    oder ob man sagt, Südtirol soll weiterhin von Rom aus beherrscht werden oder von Trient aus beherrscht werden, oder beispielsweise in Südtirol soll man nicht Deutsch sprechen dürfen, oder beispielsweise es soll keine deutsche Schule mehr geben und so weiter.
    Und ich glaube, dass wir imstande waren, die Kritik, sagen wir, an diesem Autonomiesystem in eine Richtung zu lenken,
    wo eine Lösung möglich ist, wo die Lösung also nicht nur darin bestehen kann, eben, dass entweder die eine oder die andere Volksgruppe siegt und die andere eben dann untergeht, sondern wo man also wirklich das schmutzige Bad irgendwie so wegkriegen kann, aber das Kind, das nun gesäuberte Kind, sich erst richtig entwickelt und gedeihen kann.
    In Südtirol gibt es seit ungefähr fünf Monaten einen neuen Landeshauptmann.
    Hat sich da schon in Ihren Augen etwas
    Ich würde schon sagen, also atmosphärisch hat sich sicher schon vieles geändert.
    Der alte Landeshauptmann Magnago hat doch seit gut einem Jahrzehnt eigentlich
    sein eigenes Erbe nicht mehr bewältigt.
    Also das befriedete Südtirol, das er eigentlich ja herbeiführen wollte, er wollte ja, so zumindest sagt er, also nicht nur die Autonomie, sondern auch dann den Frieden im Lande, das ist ihm nicht mehr gelungen.
    Er hat sicher für die Autonomie sehr viel erreicht, aber dann den Übergang zum Alltag des Zusammenlebens, den hat er nicht mehr bewältigt.
    Er war allzu sehr der Führer der einen, nämlich der deutschen Partei und konnte mit den anderen, die noch im Lande leben, nicht auskommen.
    Jetzt mit dem neuen Landeshauptmann, glaube ich, wurden doch einige Entspannungssignale gesetzt.
    Der neue Landeshauptmann Durnwalder hat sich auch, glaube ich, recht deutlich im Stil von seinem Vorgänger abgesetzt.
    Man hat heilige Kühe, sagen wir, nach und nach ein bisschen im Stall gelassen und holt sie nur mehr selten heraus.
    Und ich glaube, dass gerade das Atmosphärische in Südtirol doch sehr wichtig ist.
    Bestimmt muss man jetzt auch fordern, dass diese neue Atmosphäre sich dann auch in konkrete politische Daten umsetzt.
    Zum Beispiel in Daten in Sachen Arbeitsmarkt, in Sachen Wohnung, in Sachen Umwelt, obwohl diesbezüglich der Konsens zwischen den Volksgruppen eigentlich viel größer ist als in den sozialen kniffligen Fragen.
    Zurück zu Ihrer politischen Bewegung.
    Herr Langer, es gibt heute in Südtirol fast kein Dorf mehr, wo es keine Grünstimmen gäbe.
    In Bozen haben Sie bei der letzten Wahl mehr als 12% gemacht.
    Es scheint aber, dass Ihre Anhängerschaft von früher mehrheitlich italienischer Muttersprache nun mehrheitlich deutscher Muttersprache ist.
    Womit erklären Sie das?
    Also, erstens ist die italienische Bevölkerung in Südtirol ja viel stärker in den Städten.
    Und in den Städten gibt es normalerweise natürlich mehr politische und kulturelle Mobilität als am Lande.
    Insofern waren wir vor zehn Jahren, als wir praktisch angefangen haben, uns auch der Gremienpolitik zu stellen, also auch in den Landtag zu gehen,
    haben wir natürlich in den Städten einfach mehr Zuspruch gehabt und zudem war es halt doch so, dass damals unsere ziemlich stark linkscharakterisierte Bewegung von vielen deutschsprachigen Südtirolern am Land eigentlich doch noch als Fremdkörper empfunden worden ist.
    Übrigens erinnere ich daran, dass auf deutschsprachiger Seite seit jeher gegen alle politisch Andersdenkenden und irgendwie Dissidenten
    einfach eine enorme Verhetzung betrieben worden ist und es deswegen schon eine Zumutung war, im Dorf als deutschsprachiger Südtiroler eine Liste zu wählen, die nicht die SVP war.
    So wie es unmöglich war, zum Beispiel einen Saal für eine Versammlung zu kriegen, auch im Gasthaus.
    Oder wie es unmöglich war, zum Beispiel einen Beitrag für eine Initiative irgendwie zu kriegen und so weiter.
    Inzwischen hat sich sozusagen die Fremdkörperabwehr mit uns eigentlich nicht mehr so intensiv zu befassen, weil einfach doch allzu viele auch sehr prominente Südtiroler Familien bemerkt haben, dass dieses Unkraut auch aus ihren Familien kommt, also ihre Töchter und ihre Söhne auch berührt.
    Und vielleicht auch, weil wir es inzwischen gelernt haben, uns nicht gewissermaßen als missionarische Weltverbesserer... Dass Sie weniger dogmatisch sind?
    Ja, wir sind sicher weniger dogmatisch.
    Und vor allem haben wir etwas ganz Wichtiges dazugelernt.
    Nämlich, dass man, also auch wenn man irgendwie Utopien vielleicht als Leitbild vor sich hat, dass man nicht den Fehler begehen darf, den wir sicher auch oft begangen haben, sich die Weltveränderung als eine Art Tabula Rasa vorzustellen, also dass man sozusagen zuerst alles löschen muss, was da ist, und dann gewissermaßen am Reißbrett was Neues entwerfen kann.
    Wir haben es inzwischen auch oft mühsam gelernt,
    Ja, nicht nur pragmatisch.
    Ich würde mehr sagen, wir haben gelernt, den vorhandenen Wurzeln mehr abzugewinnen.
    Vielleicht könnte ich das mit einem Vergleich aus der Architektur sagen.
    Wir haben es gelernt, also nicht mehr wie die Architekten, die es in jeder Zeit gegeben hat, von den Römern bis zur Barockzeit, die gemeint haben, also zuerst niederreißen und dann ein Gebäude im eigenen Stil errichten, das sei die wahre Architektur.
    haben wir inzwischen gelernt, dass zum Beispiel manchmal auch restaurieren oder zubauen oder adaptieren besser sein kann, als niederreißen und alles neu richten wollen.
    Sie sind ja nicht nur seit mehr als zehn Jahren der Führer der Südtiroler Grün-Alternativen-Bewegung oder wie sie auch früher geheißen haben, Marc.
    Sie sind auf gesamtstaatlicher Ebene eigentlich schon seit langem die Galleons-Figur.
    Wenn Sie das analysieren, wie sind Sie das geworden?
    Zum Teil, würde ich sagen, durch einen Irrtum.
    Denn in Italien hat man, ich weiß eigentlich nicht ganz warum, wahrscheinlich aus der geografischen Nähe zum deutschen Sprachraum, immer gemeint, Südtirol sei sozusagen die Lokomotive der grünen Bewegung Italiens.
    Ich habe, das stimmt, in den vergangenen 20 Jahren eigentlich sehr oft als Vermittler zwischen dem deutschen und dem italienischen Sprachraum fungiert.
    Und da ist vielleicht in den
    in den späten 60er und in den frühen 70er Jahren mehr von Italien in den deutschen Sprachraum transportiert wurden, also soziale Bewegungen, soziale Rebellion und ähnliches und die dazugehörigen Ideen, und in den späten 70er Jahren und frühen 80er Jahren vielleicht mehr umgekehrt aus dem deutschen Sprachraum, also Deutschland, Österreich, Schweiz und so weiter, in den italienischen Sprachraum.
    Und ich habe dabei immer irgendwie mitgemischt und mitgewirkt.
    Herr Lange, was halten Sie von den österreichischen Grünen?
    Ich glaube, dass die österreichischen Grünen eigentlich schon stark dazu beigetragen haben, die Mentalität oder die öffentliche Meinung, das öffentliche Denken in Österreich zu verändern, auch in wichtigen Fragen.
    Vielleicht sind sie manchmal zu sehr Partei und zu wenig Bewegung, aber das könnte ich leider für Italien auch nicht anders sagen.
    Herr Langer, Sie sind nun im Europaparlament der Sprecher der grünen Fraktion.
    Was können Sie eigentlich in einem Parlament, das ja eigentlich keine Exekutivgewalt hat, was können Sie da machen?
    Was kann Ihnen da gelingen?
    Ich glaube, dass die grüne Fraktion, die immerhin jetzt die fünftstärkste Fraktion des Europaparlaments ist, vor allem beitragen könnte, einige große Leitlinien, sagen wir, ins Bewusstsein zu rücken.
    Zum Beispiel eben, dass große Ökosysteme nur übernational
    bewahrt und geschützt werden können.
    Denk mal an die Alpen oder an das Mittelmeer oder die Nordsee und die großen Flüsse zum Beispiel.
    Dann zum Beispiel, dass einige ganz große Herausforderungen, denk mal zum Beispiel an Genmanipulation und künstliche Herstellung und Adaptierung von Lebewesen, dass es da einfach Grenzen geben muss.
    Oder zum Beispiel, dass die große europäische Verkehrspolitik
    einfach anders gestaltet werden muss, dass es nicht möglich ist, dass sich die Bevölkerung und die Natur dem Verkehr anpasst.
    Es muss einfach umgekehrt gehen und also wird man auch die Wirtschaft entsprechend umbauen müssen.
    Oder zum Beispiel eine ganz große Herausforderung für Europa, wo ich denke, dass das Europaparlament, sagen wir, Akzente setzen kann, ist die Frage, wie weit das zukünftige Europa ein multiethnisches Europa wird.
    dann hoffe ich, dass auch die Entspannung zwischen Osten und Westen und das Zusammenwachsen des ganzen Kontinents, also nicht nur der EG, am Europaparlament nicht spurlos vorbeigehen wird.
    Aber ich bin noch seit zu kurzer Zeit dort, um realistische Aussagen machen zu können.
    Herr Langer, ich glaube, Sie haben einmal Ihren innersten Antrieb, Politik zu machen, damit definiert, dass Sie rein von der Natur her immer auf Seiten der Schwachen gegen die Starken kämpfen müssen.
    Ist das so?
    Ja, das ist einfach so.
    Ich habe mir das auch nicht jetzt so besonders ausgesucht, aber es ist mir eigentlich immer so gegangen, dass ich ja auf der einen Seite persönlich auch also immer eher zu den Privilegierten gehört habe, sei es was meine familiäre Herkunft angeht, sei es was meine Ausbildung angeht, dass ich also immer zu denen gehört habe, denen es eigentlich, sagen wir, zu gut geht, das heißt besser als dem Durchschnitt, und dass ich mich deswegen vielleicht besonders verpflichtet gefühlt habe, also denen
    denen es zu wenig gut geht, irgendwie mitzuhelfen und dass ich mich damit solidarisch gefühlt habe und damit eigentlich auch persönlich besser gelebt habe.
    Ich bin zumindest damit zufrieden.
    Kommt dieser kämpferische Antrieb für die Schwachen, auf Seiten der Schwachen, ein bisschen auch von ihrer Herkunft, dass sie selbst aus einer Minderheitensituation stammen, kann das eine Rolle spielen?
    Ich habe Minderheitensituationen immer wieder erlebt.
    Erstens schon allein das Aufwachsen in Südtirol in einer Zeit, wo es einem deutschsprachigen Südtiroler noch nicht so gut gegangen ist wie heute.
    Ich habe das als Kind noch erlebt und mich irgendwie wehren müssen.
    Ich habe sicher auch einen familiären Hintergrund, wo Diskriminierung erlebt worden ist.
    Mein Vater war Jude aus Wien und hat sich während der Nazizeit nur ganz knapp mit dem Leben davongekommen.
    geholfen haben und nicht die, von denen man es sich eigentlich erwarten hätte müssen.
    Meine Mutter war nicht Obdantin und das hat bedeutet, dass sie damals in Südtirol also schwer diskriminiert worden ist und eben zum Beispiel auf Italienisch gegrüßt worden ist und praktisch aus der Gemeinschaft ausgestoßen.
    Und auch politisch habe ich also immer die Erfahrung gemacht, einer Mindermeinung zu folgen und deswegen vielleicht also auch dann oft besonders polemisch oder besonders nachdrücklich um Existenzrecht kämpfen zu müssen und das prägt einen schon.
    Welche Empfindungen haben Sie eigentlich heute noch gegenüber Österreich?
    Gibt es da irgendwelche Gefühle wie Vaterland oder so etwas ähnliches?
    Also ich habe das Glück kein Vaterland zu haben und eigentlich auch den Mangel nicht besonders zu verspüren.
    Ich nenne Südtirol gerne meine Heimat und sehe es als solche an.
    Aber sicher würde ich sagen, kulturell könnte ich mich, wenn dann am ehesten, als Österreicher empfinden.
    Und vielleicht kann ich sagen, dass bei der konstituierenden Sitzung des politischen Ausschusses des Europaparlaments als Alterspräsident dieser Sitzung Otto von Habsburg, der ja sicher auch als ehemaliger Österreicher, auch wenn derzeit Bayer, zu bezeichnen ist.
    Und wir haben uns dann kurz gesprochen, weil wir so
    voneinander, sicher auch oft polemisch, also voneinander wussten und wissen und uns dabei also vorgestellt.
    Und er hat gesagt, und insofern könnte ich das nur unterschreiben, dass er gesagt hat, da im Europaparlament, da gibt es eigentlich doch viel mehr Österreicher, als man annimmt.
    Und in diesem Sinn habe ich das eigentlich auf mich also auch ruhig gelten lassen.
    meint der Gründpolitiker Alexander Langer, der heute im Journal zu Gast war mit ihm, sprach Reinhard Frauscher.
    El Salvador ist seit zehn Jahren durch seinen Bürgerkrieg in den Schlagzeilen.
    Amerikanische Archäologen mussten sich wegen dieses Bürgerkrieges mehr als zehn Jahre gedulden, bis sie dem Wahrheitsgehalt einer Vermutung nachgehen konnten.
    Jetzt war es soweit.
    Ein Archäologenteam von der Universität Colorado ist zur Zeit dabei, der fruchtbaren Lavaerde El Salvadors ein Geheimnis zu entreißen.
    Details von Erwin Ed Petling.
    Die amerikanischen Forschern pickeln und schaufeln Keramiktöpfe, Mauern von Behausungen und Vorratsräumen frei, die vor 1400 Jahren vermutlich durch Vulkanausbrüche zugeschüttet worden waren.
    Die Archäologen stießen selbst auf Iswan, die unter einer rund vier Meter dicken Lavaschicht begraben lag.
    Bis jetzt haben sie noch keine menschlichen Knochen gefunden.
    Die Vermutung liegt nahe, dass die Bewohner der verschütteten Siedlung von einem Vulkanausbruch überrascht und mit Haut und Haar von einem Augenblick zum anderen ausradiert wurden.
    Die archäologische Fundstelle liegt in La Jolla de Cerna, rund 30 Kilometer nordöstlich der salvadoranischen Hauptstadt.
    Ganz in der Nähe von La Jolla befindet sich der Caldera-Vulkan.
    Die Archäologen aus Colorado werden mit ihrem Spatenstich daran erinnert, dass sie in einem Land ihre Ausgrabungen vorantreiben, das im Bürgerkrieg steht.
    Mit Maschinengewehren bewaffnete Soldaten der Regierungsarmee bewachen die Fundstelle.
    Blonde Ausländer, die an einem mehr oder weniger abgelegenen Ort Löcher in die Erde graben, erregen Misstrauen und argwohnen und leben gefährlich.
    Wenn in El Salvador 1979 nicht der Bürgerkrieg ausgebrochen wäre,
    hätten sich die Archäologen mit ihren Ausgrabungen in La Jolla nicht so lange gedulden müssen.
    Die Fundstelle entdeckte ein Bauarbeiter, der 1976 mit einem Bulldozer auf einem Maisfeld ein Fundament für ein Futtersilo aushob.
    Die Archäologen aus Colorado machten sich bereits 1978 an die Arbeit, mussten jedoch die Ausgrabungen abbrechen, als ein Jahr später die politische Gewalttätigkeit das ganze Land erfasste.
    Das Ausharren unter widernischen Umständen hat sich gelohnt.
    Kürzlich stieß die Forscher-Ekippe in einem der reingeschaufelten Gebäude von La Jolla auf einen rechteckigen, farbigen Gegenstand.
    Als sie diesen behutsam aus der Erde hoben, hielten die Forscher eine Art Buch in den Händen.
    Es handelt sich mit größter Wahrscheinlichkeit um einen präkolumbianischen Kodex.
    Die zwischen Holzdeckel gebundenen Pergamente oder Papierblätter werden zurzeit in den Laboratorien des Smithsonian Museums in Washington untersucht.
    Noch ist ungewiss, ob der Kodex Skizzen, Bilder und Zeichnungen enthält oder auch Texte.
    Im Moment ist auch nicht klar, ob es sich beim freigeschaufelten Dokument um einen Kodex der Maya Indianer handelt, von denen bisher lediglich vier Exemplare gefunden werden konnten.
    Die Forscher schließen nicht aus, dass sie in El Salvador einen Kodex der Lenker-Indianer gefunden haben, die im Zentrum, rund im Osten von El Salvador siedelten.
    Von den Lenkers gibt es überhaupt keine schriftliche Überlieferung.
    Was auch immer die Fachleute auf den restaurierten Blättern vorfinden, sie werden neue Informationen zum besseren Verständnis der mesoamerikanischen Kulturen liefern.
    9 Minuten vor 13 Uhr zur Kultur im Mittagsschanal.
    In der Geschichte der Salzburger Festspiele spielen nicht nur die Opernabende und die Orchesterkonzerte eine große Rolle, sondern auch die Liederabende.
    Die besten Liedsänger der Welt geben alljährlich Konzerte bei den Festspielen.
    In dieser Woche war es vor allem der Liederabend, den Jose Carreras im großen Festspielhaus gegeben hat, der Aufmerksamkeit erregte.
    Morgen wird Dietrich Fischer-Dieskau Schubert's Winterreise singen.
    In der nächsten Woche stehen dann noch Abende mit Kathleen Bettle, Christa Ludwig und Francisco Araiza auf dem Programm.
    Den heutigen Liederabend im kleinen Festspielhaus hätte ursprünglich Lucia Valentini-Terrani bestreiten sollen.
    Sie hatte aber krankheitshalber abgesagt und für sie ist Mariana Lipowschek eingesprungen, die nun Volkmar Parschalk vor seinem Mikrofon hat.
    Frau Lipowczyk, Sie haben bei den Salzburger Festspielen für Lucia Valentini Terrani einen Liederabend übernommen.
    War es Zufall, dass Sie gerade in Salzburg waren?
    Nein, erstens lebe ich hier seit einem Jahr und zweitens wollte ich eigentlich meinen Urlaub in Salzburg verbringen, weil zu Hause, erstens bin ich sehr wenig zu Hause und dann muss ich neue Sachen lernen und das kann ich am besten zu Hause.
    Die neuen Sachen, das werden Aufgaben in der Wiener Staatsoper sein?
    Ja, das Erste ist Havanschina mit Albado.
    Ich singe drei Vorstellungen im September, die gleichzeitig auf die Schallplatte aufgenommen werden, live, von der Deutschen Grammophongesellschaft.
    Und dann, das Nächste ist, also, neue Partien.
    Mein Debüt an der Covent Garden mit Scholti, Elektra, beziehungsweise Gliedemnestra in Elektra.
    Das ist dann gleich im Januar.
    Und vorher nehme ich noch dasselbe für die Schallplatte auf, mit dem Professor Savalisch.
    Naja, und da hab ich sehr viel zu tun.
    Werden Sie die Elektra, also die Quintennestra auch an der Wiener Stadtsoper singen?
    Ja, nächstes 1.
    November.
    Ihr Liederabend, was haben Sie da für ein Programm jetzt?
    Ja, also nach einigem Hin und Her.
    Ich hatte jetzt gerade in der letzten Zeit einige Liederabende gegeben.
    Schleswig-Holstein, Karintische Sommer.
    Und das Programm wollte ich aber für Salzburg ändern.
    Und jetzt sieht es so aus, Beethoven, zwei Klärchen, ausgewählte Schubert-Lieder, ausgewählte Brahms-Lieder, ein österreichischer Zyklus von Rainer Bischof, den ich im Mai-Ohr aufgeführt habe, also bis jetzt nur einmal aufgeführt worden ist.
    Und ich bin sehr froh, dass ich das jetzt in einem größeren Rahmen vorstellen kann.
    Und Brahms' Zigeunerlieder am Ende.
    Gibt es für Sie eigentlich ein Vorbild unter den Liedersängern oder Sängerinnen, dem Sie nachstreben wollen?
    Ja, also Christa Ludwig und Fischer Diskau.
    Das sind meine Vorbilder.
    Also auf mich zugeschnitten ist eigentlich das restlose Bel Canto der Ludwig.
    Das ist etwas, was ich also unbegrenzt bewundere.
    Unbeschreibliche Wortdeutlichkeit und Bewusstsein jedes Wortes von Fischer-Dieskau, das fasziniert mich sehr an ihm.
    Es kommt beim Liedersingen vor allem auf die Wortdeutlichkeit auch an.
    Woher haben Sie so gut Deutsch gelernt?
    Sie kommen aus Jugoslawien.
    Ja, ich bin in Ljubljana geboren, meine Eltern allerdings noch in Altösterreich.
    Das heißt, sie sind beide deutschsprachig aufgewachsen, deutschsprachig italienisch und slowenisch.
    Meine Mutter ist in Bresbau, in Sacré-Cœur in die Schule gegangen.
    Dadurch natürlich hatte also eine wirklich österreichische Erziehung in puncto Sprache und überhaupt.
    Und da hatte ich natürlich das mitbekommen.
    Ich habe allerdings Deutsch nicht gelernt in der Schule, weil es in den Ende 50er, 60er Jahren noch nicht erwünscht war, so sehr wie später.
    wegen der Politik natürlich, aber ich habe immer privat gelernt und habe dann natürlich mich vervollkommt in Graz, wo ich Gesang studiert habe und da habe ich natürlich Sprecherziehung gelernt und dann später auch in München bei einer Sprachlehrerin, wo ich auch Gesangsunterricht hatte ein bisschen, nebenbei, im Bezug also auf Gesang sprechen.
    Frau Liebowitsch, seit wann sind Sie eigentlich sozusagen ein Weltstar geworden?
    Und bin ich das?
    Ja, sind Sie.
    Ich weiß nicht.
    Wissen Sie, ich fühle mich gar nicht so.
    Ich denke immer das, was ich noch nicht kann.
    Und deswegen komme ich mir nicht als Weltstar vor.
    Also wenn das die anderen meinen, finde ich das ganz schön.
    Wann war der große Durchbruch?
    Ich glaube, das erste war Dochterin in München.
    Das ging ziemlich herum.
    Das war mein wirklich großer Erfolg und Durchbruch.
    Und das zweite war Sanson & Dalila in Bregenz.
    Die beiden haben mir sehr, sehr viel weiter geholfen.
    Wenn wir jetzt noch ein paar Takte eines Liedes hören könnten, was würden Sie da auswählen?
    Ich würde sagen etwas Flüchtiges, Vorübergehendes.
    Vielleicht
    Das Mädchen vom Schubert.
    dass er mich so ähnlich liebt.
    Drei Minuten vor 13 Uhr schließen wir nun mit einigen Kurzmeldungen.
    Das Zentralkomitee der Kommunisten ist in Warschau zu einer Sondersitzung über die bevorstehende Bildung einer Regierung unter der Führung der Gewerkschaft Solidarität zusammengetreten.
    Voraussichtlich wird Staatspräsident Jaruzelski noch heute den Chefredakteur der Wochenzeitung Solidarität, Tadeusz Mazowiecki, als ersten nicht-kommunistischen Regierungschef Polens in der Nachkriegsgeschichte ernennen.
    Masowiecki gehört zu den engsten Beratern von Arbeiterführer Walesa.
    Er wird wahrscheinlich eine Koalitionsregierung aus Mitgliedern der Solidarität, der Vereinigten Bauernpartei und der Demokratischen Partei leiten.
    Einige Schlüsselressorts sollen für kommunistische Politiker vorbehalten bleiben.
    Gestern hat Masowiecki zahlreiche Gespräche mit Spitzenpolitikern und mit Primas Kardinal Klempp geführt.
    Bundesrepublik Deutschland Die DDR bleibt in der Flüchtlingsfrage unnachgiebig.
    Die ostdeutsche Führung ist nicht bereit, über die Zusage der Straffreiheit für jene DDR-Bürger hinauszugehen, die diplomatische Vertretungen der Bundesrepublik Deutschland wieder verlassen.
    Bundeskanzler Kohl sagte, die Situation werde unerträglich, sie müsse möglichst rasch verbessert werden.
    Man denke aber nicht daran, der DDR Ratschläge zu geben.
    Iran
    Staatschef Rafsanjani hat den anti-westlich eingestellten Innenminister Mohtaschemi aus der neuen Regierung entlassen.
    Die amtliche Nachrichtenagentur IRNA meldete, der Staatschef habe Mohtaschemi durch einen früheren Vertreter der Revolutionsgarden, Abdullah Nouri, ersetzt.
    Mohtaschemi gilt als Reformgegner und lehnt eine Liberalisierung der iranischen Wirtschaft ab.
    Rafsanjani hat seine Regierung heute dem Parlament in Teheran vorgestellt.
    Sowjetunion
    Ministerpräsident Ryschkow hat sich in einem Interview für eine Wochenzeitung darüber beklagt, wie schwer sein Kampf gegen die höchsten Instanzen in Moskau sei.
    Ryschkow sagte, er habe nicht das Gefühl, dass jeder in der Führung die Notwendigkeit rascher Veränderungen begriffen habe.
    Es sei unter anderem ein schrecklicher Kampf gewesen,
    die Zahl der Minister in der neuen Regierung zu reduzieren.
    Die Wetteraussichten für Österreich bis zum Abend nur im Westen sonnig, sonst regnerisch.
    Nachmittagstemperaturen zwischen 16 und 21, im Westen bis 26 Grad.
    Damit sind wir am Ende von 60 Minuten Information durch die Journalredaktion.
    Für das Team von heute Mittag verabschiedet sich Herbert de Brabollne.
    Auf Wiederhören.
    Das war's für heute.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1989.08.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetterbericht
    Datum: 1989.08.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Inlandspresseschau und Auslandspresseschau zu Machtwechsel in Polen
    Mitwirkende: Steinhuber, Manfred [Gestaltung]
    Datum: 1989.08.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    BRD-DDR: innerdeutsche Beziehungen durch Flüchtlingsproblematik belastet - Moderatorgespräch
    Interview: Korrespondent Brandstätter
    Mitwirkende: Dobrovolny, Herbert [Gestaltung] , Brandstätter, Helmut [Interviewte/r]
    Datum: 1989.08.19 [Sendedatum]
    Ort: Bonn [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Tschechoslowakei: Nervosität in Prag vor dem Jahrestag des Warschauer Pakt-Truppeneinmarsches
    Mitwirkende: Coudenhove-Kalergi, Barbara [Gestaltung]
    Datum: 1989.08.19 [Sendedatum]
    Ort: Prag [Aufnahmeort]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Musik
    Datum: 1989.08.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    WIFO-Studie: Wie lange hält die gute Konjunktur in Österreich noch an?
    Einblendung: WIFO-Konjunkturforscher Busch
    Mitwirkende: Langer, Waltraud [Gestaltung] , Busch, Georg [Interviewte/r]
    Datum: 1989.08.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Im Journal zu Gast: Alexander Langer von der Grünen Fraktion in Südtirol
    Interview: Südtiroler Grün-Politiker Langer
    Mitwirkende: Frauscher, Reinhard [Gestaltung] , Langer, Alexander [Interviewte/r]
    Datum: 1989.08.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik Österreich ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    El Salvador: Archäologenfund - 1400 Jahre altes Dorf
    Mitwirkende: Dettling, Erwin [Gestaltung]
    Datum: 1989.08.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Wissenschaft und Forschung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Kultur: Gespräch mit der jugoslawischen Mezzosopranistin Lipovsek
    Interview: Sängerin Lipovsek
    Mitwirkende: Parschalk, Volkmar [Gestaltung] , Lipovsek, Marjana [Interviewte/r]
    Datum: 1989.08.19 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1989.08.19
    Spieldauer 00:59:37
    Mitwirkende Dobrovolny, Herbert [Moderation]
    ORF [Produzent]
    Datum 1989.08.19 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 80er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-890819_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

    Information

    Inhalt

    Nachrichten

    Verortung in der digitalen Sammlung

    Schlagworte

    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt