Mittagsjournal 1991.09.06

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    Das war's dann.
    Schönen guten Tag, Lois Glück führt Sie durch das Freitag-Mittag-Journal.
    Und das sind unsere Themen für diese Stunde.
    Die neuen Machtstrukturen nach dem Ende der Sowjetunion.
    Gespräch mit Raimund Löw, unserem Korrespondenten, über die historischen drei Wochen in Moskau.
    Michael Gorbatschow und Badis Yeltsin beantworten im US-TV die Fragen amerikanischer Bürger.
    Nach wie vor keine Rede von einem Waffenstillstand in Kroatien.
    Finanzminister Ferdinand Lazinas Zwischenbilanz der Budget-Sparrunde, die Zölibatsdiskussion und die österreichische Kirche.
    Helmut Zilk als Aufsichtsratspräsident der neuen Zentralsparkasse Länderbank Fusion seine Antwort auf die Kritik an der Übernahme dieser Funktion.
    In Bangkok werden morgen
    die unidentifizierten Opfer des Laudaer Absturzes vom 26.
    Mai bestattet.
    Und Vorschau auf das Linzer-Bruckner-Fest beginnt am Sonntag.
    Vorerst die Nachrichten im Überblick.
    Redaktion Christian Teiretz-Bacher, Sprecher Josef Fenzl-Natek.
    Sowjetunion.
    Die neue Staatsführung, der sogenannte Staatsrat in Moskau, hat die drei baltischen Republiken offiziell als unabhängige Staaten anerkannt.
    Das meldeten am Vormittag die sowjetische Nachrichtenagentur TASS und die russische Agentur Interfax.
    Der Staatsrat wurde gestern vom volksdeputierten Kongress geschaffen.
    Den Vorsitz hat Präsident Gorbatschow.
    Russland hat die baltischen Staaten bereits unmittelbar nach dem gescheiterten Putschversuch anerkannt.
    Sowjetunion USA
    Der russische Präsident Jelzin hat heute früh in einem Live-Interview des amerikanischen Fernsehens alle sowjetischen Emigranten dazu eingeladen, wieder in ihre Heimat zurückzukehren.
    Jelzin sagte, auch wer wegen Schwierigkeiten mit dem KGB das Land verlassen musste, habe jetzt nichts mehr zu befürchten.
    Mit den alten KGB-Akten werde es keinen Missbrauch mehr geben.
    In dem Interview, bei dem amerikanische Bürger ihre Fragen an Yeltsin und Staatspräsident Gorbatschow richten konnten, ging es auch um die sowjetischen Atomwaffen.
    Beide Präsidenten betonten, die Kontrolle der Kernwaffen werde auch weiterhin der Zentrale in Moskau unterstehen.
    Gorbatschow versicherte, Nahrungsmittellieferungen aus dem Westen würden im Gegensatz zu früher nun in die richtigen Hände gelangen.
    Beide Politiker wollen sich für die Freilassung politischer Gefangener einsetzen.
    Nach Ansicht Jelzins ist der Kommunismus ein Experiment gewesen, das zu einer Tragödie für das sowjetische Volk wurde.
    Wörtlich sagte er, man hätte dieses Experiment besser in einem kleineren Land gemacht.
    Jugoslawien Die Friedensbemühungen der europäischen Gemeinschaft in Kroatien sind bisher erfolglos.
    Die Kämpfe lassen nicht nach.
    Gestern Abend brachte der EG-Vermittler Vainenz zwar eine Vereinbarung zwischen der Bundesarmee und den Kroaten über eine Waffenruhe in Osijek zustande, die serbischen Freischerler schlossen sich der Abmachung aber nicht an.
    Schon eine Viertelstunde später wurde Osijek wieder von Artillerie und von Panzern aus beschossen.
    Auch in Okudzhani, Vinkovci und Vukovar wurde weiter gekämpft.
    In einem Dorf verübten die serbischen Chetniks nach einer Meldung der kroatischen Nachrichtenagentur ein Massaker.
    Mindestens 24 Kroaten sollen dabei ermordet worden sein.
    Europäische Gemeinschaft In Brüssel beraten heute die Außenminister der EG-Staaten darüber, ob die geplante Jugoslawien-Friedenskonferenz wie geplant morgen in Den Haag in den Niederlanden beginnen soll.
    Trotz der anhaltenden Kämpfe in Kroatien vertraten EG-Beamte die Ansicht, die Konferenz müsse in jedem Fall zustande kommen.
    Die EG-Außenminister treffen heute auch mit den Außenministern der drei baltischen Republiken Estland, Lettland und Litauen zusammen, um über die künftigen diplomatischen und wirtschaftlichen Kontakte zu beraten.
    Österreich Die Baukostenexplosion bei der Pyrenautobahn ist am kommenden Dienstag Thema einer Sondersitzung des steirischen Landtages.
    Das hat die Landesregierung gestern beschlossen.
    Landeshauptmann Krainer will bei dem Sonderlandtag auch die Frage nach der politischen Verantwortung für die Affäre stellen.
    Die steirische ÖVP wirft dem Vorsitzenden des Rechnungshof-Ausschusses Wabel vor, den Prüfbericht ein Jahr lang geheim gehalten zu haben, und hat Wabel angezeigt.
    Wabel seinerseits beschuldigte Kreiner, die Affäre als zuständiger Baureferent verheimlicht zu haben.
    In dem Prüfbericht geht es um Baukostenüberschreitungen von 900 Millionen Schilling beim Bau der Pyren Autobahn.
    Deutschland.
    In Kassel ist gestern Abend ein entflohener Häftling von Kriminalbeamten erschossen worden.
    Der Verbrecher hatte gestern mehrere Geiseln in seine Gewalt gebracht, nachdem er während eines Arztbesuches seinem Bewacher entkommen war.
    Offenbar hatte ein Komplize auf der Toilette der Arztpraxis eine Waffe für den Häftling versteckt.
    Der Mann nahm erst den Arzt und dann einen Taxifahrer vorübergehend als Geiseln.
    In einem Gasthaus in Kassel wurde er schließlich gestellt und, als er sich der Festnahme widersetzte, von den Beamten erschossen.
    Volksrepublik Kongo.
    Bei Zusammenstößen, bei einem Zusammenstoß zwischen einem Personen- und einem Güterzug sind heute früh im Süden des Landes mehr als 50 Menschen ums Leben gekommen.
    Zahlreiche Reisende wurden schwer verletzt.
    Das Unglück ereignete sich auf der Strecke zwischen der Hafenstadt Pointe Noire und der Hauptstadt Brazzaville.
    Ein Waggon des Personenzuges wurde durch die Wucht des Zusammenpralles in eine Schlucht geschleudert.
    Die Armee übernahm die Bergungsarbeiten an der Unfallstelle.
    Die Bevölkerung wurde zu Blutspenden aufgefordert.
    Josef Hensl Nartek war das mit den Nachrichten und vor der ausführlichen politischen Berichterstattung im Mittagsschanal.
    Wie jeden Freitagmittag ein ausführlicher Blick auf das Wetter zum Wochenende.
    Ich bin mit Franz Hauleitner von der Wiener Hohen Warte verbunden.
    Herr Doktor, wie wird es zum Wochenende werden?
    Guten Tag.
    Eine Kaltfront überquert heute die Ostalpen.
    Sie beendet, zumindest vorübergehend, das zuletzt herrschende spätsommerliche Schönwetter.
    Nach dem Durchzug dieser Störung fließen von Nordwesten her kühle, aber nur mäßig feuchte Luftmaßen gegen die Alpen.
    Was bedeutet das im Detail?
    Bei wechselnder zeitweise auch starker Bewölkung sind vor allem im Norden, Osten und entlang der Alpen-Nordseite lokale Regenschauer zu erwarten.
    Wetterbegünstigt werden der Westen und der Südwesten des Bundesgebietes sein, wo es wiederholt auch sonnige Abschnitte geben kann.
    Das unbeständige und kühle Wetter wird nach unseren Unterlagen über das Wochenende hinaus anhalten.
    Bei mäßigem, in freien Lagen lebhaften Wind aus West bis Nordwest werden sich die Frühtemperaturen zwischen 3 und 12 Grad bewegen.
    Tagsüber sind Temperaturen nur zwischen 14 und 19 Grad, im sonnigeren Westen und Südwesten bis 23 Grad zu erwarten.
    Nun noch die Wettermeldungen der Landeshauptstädte von heute 12 Uhr.
    Wien bedeckt, leichter Regenschauer, 16 Grad.
    Eisenstadt bedeckt, 18.
    St.
    Pölten bedeckt, leichter Regen, 16 Grad.
    Linz stark bewölkt, 20 Grad.
    Nordwestwind mit 25 km pro Stunde.
    Salzburg stark bewölkt, 19.
    Innsbruck-Heiter 21°C, Bregenz-Heiter 20°C, Graz-Heiter 21°C und Klagenfurt-Heiter 21°C.
    Danke, Franz Herr Leitner, 12.08 Uhr.
    Sie ist Vergangenheit, die Union der sozialistischen Sowjetrepubliken.
    Die alte EU-SSR hat sich aufgelöst per Beschluss des Volksdeputiertenkongresses, der sich damit selber aufgelöst hat.
    Ebenso wie zuvor die KPDSU.
    Nach 74 Jahren verlassen die 130 Sowjetvölker in ihren 15 Republiken und 20 autonomen Gebieten den kommunistischen Irrweg.
    und den Zwangsverband der Union und gehen neuen, ungewissen Ufern entgegen.
    Übergangsstrukturen sollen helfen, den Weg zu bereiten in eine lose Verbindung souveräner Staaten.
    Neue staatliche Organe amtieren seit heute.
    Christian Schüller dazu aus Moskau.
    Michael Gorbatschow ist kein Freund von kollektiver Führung.
    Fünf Jahre lang hat er darum gekämpft, das 13 bis 15-köpfige Politbüro loszuwerden und die Machtpyramide allein auf die Person des Präsidenten zuzuspitzen.
    Doch jetzt hat ihn die Vergangenheit eingeholt.
    Im neugeschaffenen Staatsrat muss er die Macht mit neuen Republikpräsidenten teilen.
    Während der Politbüromitglieder mithilfe von Intrigen in den Ruhestand versetzen konnte, können die Kollegen im neuen Staatsrat nur von den Parlamenten der Republiken abgerufen werden.
    Gorbatschow muss also arbeiten mit dem Kollektiv, das laut Verfassung die Innen- und Außenpolitik bestimmen soll, sowie alle Fragen, welche die Interessen der Republiken betreffen.
    Besser gesagt, im Augenblick muss Gorbatschow zusehen, dass die mächtig aufgewerteten Republikchefs ihn leben lassen.
    Denn nirgendwo ist präzisiert, welche besonderen Rechte der Präsident der Union innehat, außer dass er die Arbeit des Staatsrates leiten soll.
    Noch gibt es keinen Mechanismus der Entscheidungsfindung.
    Und das ist ein wichtiger Punkt, sind im Staatsrat doch sehr verschiedene, teilweise entgegengesetzte Interessen vertreten.
    Und Politiker, die dem aufschäumenden Nationalismus von Weißrussland bis Usbekistan Rechnung tragen müssen, wollen sie sich über Wasser halten.
    Die Erfahrung der vergangenen Monate, als es den sogenannten Föderationsrat als beratendes Gremium gab, lässt aber doch einige Rückschlüsse zu.
    Unter den neun verbleibenden Unionsrepubliken hat sich eine Fünfergruppe gebildet, bestehend aus Russland, der Ukraine, Weißrussland, Kasachstan und Usbekistan.
    Innerhalb dieser Gruppe gibt es wiederum einen harten Kern jener Republiken, in denen derzeit Atomwaffen stationiert sind.
    Russland, Ukraine und Kasachstan.
    Sie werden viele Vorentscheidungen treffen und Gorbatschow weitgehend vor vollendete Tatsachen stellen.
    Allerdings ist gerade das Verhältnis zwischen der russischen Führung und der ukrainischen nicht konfliktfrei.
    Beide Seiten müssen also Koalitionspartner unter den kleineren Republiken suchen.
    Und Gorbatschow wird seinerseits versuchen, sich als Krisenmanager unentbehrlich zu machen.
    In die außenpolitische Kompetenz des Staatsrates fällt auch das Verhältnis zu jenen Republiken zu klären, die außerhalb der Union bleiben.
    Angefangen bei den baltischen Staaten, für die Yeltsin heute schon eine gemeinsame Anerkennungserklärung durchsetzen will.
    Falls dies gelingt, kommt auf den Präsidenten und Oberbefehlshaber der Streitkräfte Gorbatschow und auf den Staatsrat eine heikle Aufgabe zu.
    Verhandlungen über den Abzug der sowjetischen Truppen aus den ehemaligen Gebieten zu führen.
    Und wir bleiben nach diesem Bericht aus Moskau beim Thema.
    Der sowjetische Präsident Gorbatschow und der russische Präsident Yeltsin stellten sich heute früh unserer Zeit an im Interview der US-Fernsehgesellschaft ABC.
    Das Besondere daran, ausgewählte amerikanische Bürger saßen in ABC-Studios in neun amerikanischen Städten und stellten unter der Leitung von Star-Moderator Peter Jennings die Fragen an das Moskauer Führungsduo.
    Armin Wolf fasst diese interessante Sendung zusammen.
    Unsere Beziehungen waren manchmal dramatisch, jedenfalls nicht einfach und mitunter dachte ich mir, dass Michael Sergejewitsch nicht mehr Präsident sein dürfte.
    So beschreibt Boris Jelzin im amerikanischen Fernsehen sein bisheriges Verhältnis mit Michael Gorbatschow.
    Aber manchmal seien sie auch politische Freunde gewesen und in den letzten Wochen nun habe sich Gorbatschow ernsthaft verändert, sei ein Befürworter radikaler Reformen geworden und die beiden würden nun gemeinsam und in Freundschaft arbeiten, sagt Jelzin.
    Einträchtig nebeneinander sitzend geben Gorbatschow und Jelzin das Interview.
    Mehrmals lässt Gorbatschow seinem Nachbarn das erste Wort, drückt ihm dabei den Unterarm.
    Der bullige Jelzin ruht fest in seinem Sessel, mehrfach verzieht er die Mundwinkel zu einem Schmunzeln während der Antwort.
    Gorbatschow wirkt deutlich ernster und nervöser, klammert sich an die Armlehnen seines Stuhls und rutscht unruhig herum.
    Bei vielen Fragen sind sich die beiden offenbar einig, fügen nur mehr Ergänzungen an die Antworten des anderen.
    Aber immer wieder zeigen sich auch Differenzen oder zumindest Unklarheiten.
    Etwa in der Frage, wer denn nun das Atompotential der UdSSR kontrolliere.
    Die Atomwaffen aus der Ukraine und aus Kasachstan würden nach Russland gebracht, antwortet Yeltsin.
    Und wir haben ein Kontrollkomitee für Nuklearwaffen im obersten Sowjet dafür gegründet.
    Diese Kontrolle wird territorial und zentral ausgeübt.
    Sie ist eine sehr rigide Kontrolle und wir müssen natürlich eine Kontrolle gewährleisten, damit es nie zu Unannehmlichkeiten kommt.
    Was heißt das jetzt, wird Michael Gorbatschow gefragt.
    Wer kontrolliert die Atomwaffen?
    Der neue Staatsrat, der russische Oberste Sowjet oder Sie persönlich?
    Die Antwort bleibt unklar.
    Nun geht es ja auch darum, dass ja der Präsident die oberste Militärgewalt hat.
    Und wir machen ja kein Hail aus unseren Mechanismen.
    Wir haben ja schon gesagt, es ist ein sehr rigider Mechanismus.
    der jeden Zufall ausschließt, damit eine richtige Entscheidung bezüglich der Nuklearwaffen gefällt wird.
    Diese Unklarheit, wer denn nun zuständig ist, hat in den ersten Schnellanalysen amerikanischer Experten nach dem Interview bereits Besorgnis hervorgerufen.
    Kompetenzschwierigkeiten gibt es offenbar auch in der Frage der Wirtschaftshilfe.
    Wer ist nun für die Verteilung etwa von Lebensmittellieferungen zuständig?
    Michael Gorbatschow liefert in seiner Antwort auch ein interessantes Bekenntnis.
    Es gibt Voraussetzungen, dass diese Lebensmittel richtig verteilt werden.
    Es sind Kontrollkommissionen dafür geschaffen worden.
    Es gibt natürlich gewisse Faktoren und auch gewisse Fakten, die bezeugen, dass diese Lebensmittel für Mafiaorganisationen verwendet wurden.
    Man sabotierte die Lebensmittelverteilung.
    Nun haben wir allerdings bedeutend mehr Garantien, dass die Kontrolle über diese Lebensmittelverteilung nun eine sichere ist.
    Jelzin wiederum meint, es herrsche zur Zeit noch großes Misstrauen in die Handelseinrichtungen der Union.
    Noch seien die Strukturen nicht umorganisiert.
    Jede Republik müsse deshalb für sich selber sorgen.
    Heißt das, das große Russland wird im kommenden Winter die anderen Republiken sich selbst überlassen, fragt der Moderator Jelzin?
    Sie haben es richtig verstanden.
    Aber ich muss sagen, ich glaube, es ist nicht ausgeschlossen, dass es eine Koordination und eine Zusammenarbeit geben wird.
    Beide Präsidenten betonen mehrfach den Weg Russlands und der Union Richtung Marktwirtschaft.
    Kein ausländischer Investor müsse Sorgen um sein Kapital haben, entsprechende Gesetze seien schon in Kraft.
    Kommen Sie und handeln Sie, sagt Gorbatschow zu einem amerikanischen Geschäftsmann in Chicago.
    Und Jelzin ruft alle ausgewanderten Russen auf, wieder in ihre Heimat zurückzukehren.
    Sie hätten keinerlei Probleme zu erwarten.
    Gibt es denn noch politische Gefangene in der Sowjetunion, fragte ein Zuschauer die beiden Präsidenten.
    Michael Gorbatschows überraschende Antwort?
    Ich glaubte und ich glaube auch Präsident Yeltsin glaubte, dass es sie nicht mehr gibt.
    So diese Information bekamen wir.
    In den letzten Tagen hat man uns allerdings gesagt, dass es Menschen gibt, die sich in einem Gefängnis befinden und eines Verbrechens angeklagt sind, das zwar ein Verbrechen ist, aber auch politische Momente beinhaltet.
    Und Boris Yeltsin ergänzt?
    Es gibt bereits Listen und wir werden diese Listen konkret weiterverfolgen und jene Menschen befreien, die illegal festgehalten werden, die illegal
    wegen ihrer Überzeugung verurteilt wurden.
    Auf dieser Liste befinden sich momentan 21 Menschen.
    Einem besagten Exilkubaner in den USA verspricht Gorbatschow, die Zusammenarbeit mit Kuba werde sich zu rein wirtschaftlichen Beziehungen verändern und Yeltsin kündigt ein Ende der Militärhilfe für Fidel Castro an.
    Würden sie überhaupt noch irgendeinem Land zum Kommunismus raten, lautet eine Frage an die beiden.
    Boris Yeltsin, das ehemalige Politbüro-Mitglied, antwortet so.
    Dieses Experiment, das in unserem Land durchgeführt wurde, war eine Tragödie für unser Volk.
    Und wir hatten natürlich kein Glück, dass dieses Experiment genau in unserem Land durchgeführt wurde.
    Es wäre besser gewesen, wenn dieses Experiment vielleicht in einem kleinen Land stattgefunden hätte,
    und man sich dort überzeugen hätte können, dass dies eine Utopie ist, wenn auch eine schöne.
    Und Michael Gorbatschow, noch vor zwei Wochen Generalsekretär der KPDSU?
    Die historische Erfahrung, die wir haben, ermöglicht es uns eindeutig zu sagen, dass das Modell in unserem Land nicht richtig realisiert wurde.
    Und ich glaube, dies ist eine Lehre nicht nur für unser Volk, sondern für alle Völker.
    Zu Gast im Studio ist jetzt Raimund Löw, mein Kollege, der die historischen drei Wochen seit dem Janayev Putsch vom 18.
    August in Moskau miterlebt hat.
    Raimund Löw, in vielen Berichten über diese sowjetische Zeitenwende ist die Vokabel atemberaubendes Tempo verwendet worden.
    Ist es Ihnen auch so gegangen, dieses Gefühl der Geschichte im Zeitraffer?
    Das Fantastische und das Unglaubliche in diesen Tagen, das war nicht nur, Zeuge eines welthistorischen Umbruchs zu sein, sondern auch zu erleben, wie in einer Zeit, in der das eigene Hirn im Schnellgang läuft, die Wirklichkeit am Ende des Tages immer noch viel, viel schneller war.
    Und das in einer Gesellschaft wie der sowjetischen, in der immer alles sehr, sehr langsam gegangen ist, in der ja Zeit nicht Geld ist, sondern in der
    vorkapitalistische Traditionen herrschen, in der Entscheidungen wahnsinnig lange brauchen, in der Entscheidungen noch lange nicht heißen, dass auch wirklich etwas passiert, womit von einem Mal auf das andere es eine abrupte Wendung gibt und so viel an einem Tag passiert, dass man es in seinem Hirn kaum fassen kann.
    Was ist denn nun passiert in der Sowjetunion?
    War es der Nachvollzug dessen, was 1989 im ehemaligen Ostflug passiert ist?
    Oder war es, nachdem Gorbatschow ja 1985 von der zweiten russischen Revolution sprach, die zweite Phase dieser Revolution, nämlich die Revolution von unten, die echte Wende weg vom Kommunismus, auch weg vom Kompromiss?
    Ich glaube, dass die Gorbatschowsche Perestroika keine Revolution war.
    Das war der Versuch einer Reformierung des Systems von oben.
    Schon einer sehr, sehr grundlegenden Reformierung, eines Wegs vom Stalinismus und von den autoritären Strukturen.
    Aber es war keine Revolution im Sinn von Elitenwechsel.
    Und das ist dieser Tage passiert.
    In diesen Tagen sind die alten Machtstrukturen, die auch unter Gorbatschow noch bestanden haben, nämlich der Parteiapparat, der KGB-Apparat,
    und der Einfluss dieser Apparate auf die Gesellschaft.
    Diese Machtstrukturen sind zerschlagen worden und anstelle dieser Machtstrukturen sind andere getreten.
    Das sind die Parlamente, die gewählten Organe vor allem der Republiken.
    Nun ist die Perestroika, die ihre historische Funktion hatte,
    vorbei, auch die Exekutoren der Perestroika sind sozusagen heute die Männer von gestern.
    Trifft das nicht auch auf Gorbatschow selber zu, in vielen seiner Schriften, Bücher usw.?
    Hat er immer wieder auch gesagt, was wir brauchen ist der wahre Leninismus.
    Eine Position, die heute, wo es in Richtung Marktwirtschaft geht, ja nicht mehr haltbar ist.
    Gorbatschow hat Zeit gewonnen und vor allem in den letzten Tagen auf diesem Volkskongress wieder politischen Raum gewonnen, aber diese Zeit und diesen Raum hat er nicht gewonnen, weil er eine eigene Machtbasis in der Gesellschaft hat oder weil er zeigen kann, wie die Probleme dieser Gesellschaft in Zukunft gelöst werden können, sondern weil sich die neuen
    die Republiksführungen nicht zutrauen, ohne Gorbatschow zurzeit noch die Probleme anzugehen.
    Das heißt, er hat zurzeit noch eine Übergangsfunktion.
    Die Übergangsfunktion, die darin besteht, mitzuhelfen, die alten zentralen Machtstrukturen, die noch sehr, sehr, sehr groß sind, sehr, sehr viel Einfluss
    haben aufzulösen.
    Aber in die Zukunft weisen, glaube ich, das kann er nicht mehr.
    Fördert die Aufteilung der Sowjetunion in die einzelnen Republiken die Lösung dieser Probleme?
    Von der Auflösung der Altenstrukturen angefangen bis zu den großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten?
    Die Altenstrukturen sind tot und sie haben in den letzten Jahren bewiesen, dass sie nicht die kleinsten Probleme der Gesellschaft lösen können.
    Von daher, glaube ich, ist alles, was ein Weg von diesen unfähigen Strukturen bedeutet, ein Schritt in Richtung Größe.
    Lösung, ein Schritt dazu, dass überhaupt die Probleme sich so gestellt werden, dass sie gelöst werden können.
    Es ist ja auch oft die Frage gestellt worden, warum war dieser Putsch so lächerlich?
    Warum ist es den Putschisten nicht gelungen, die Grenzen zu sperren?
    Warum haben sie die Telefone nicht abgedreht?
    Warum ist kaum jemand verhaftet worden?
    Warum ist eigentlich dieser Putsch nur an der Spitze passiert und nicht in der Gesellschaft selbst?
    Und die sowjetischen Gesprächspartner, die man fragt, die sagen, naja, wundert euch nicht, die Leute haben so geputscht, wie sie vorher jahrelang das Land geführt haben.
    Sie waren unfähig, irgendetwas zu tun.
    Und dass diese Strukturen verschwinden, ist auf jeden Fall die Voraussetzung dafür, dass es einen Neubeginn geben kann.
    Aber die Strukturen, um den Neubeginn wirklich einzuleiten, die müssen auch erst aufgebaut werden.
    Und das ist die nächste Etappe.
    Nun geht es auch um den Grad des Zusammenhalts der neuen, souveränen Republiken.
    Die Rede ist von einer Art Commonwealth der UdSSR, der früheren, oder auch ein EG-Modell.
    In welchem Umfang werden die Republiken Ihrer Meinung nach, Sie können es sich ja eigentlich jetzt raussuchen, den Zusammenhalt noch behalten oder souverän werden?
    Ich glaube, das kann man noch nicht sagen und das ist eine Frage, die natürlich sich alle stellen und die einem auch, wenn man aus Moskau kommt oder wenn man in Moskau ist, immer wieder gestellt wird.
    Wir können sie nicht beantworten.
    Wir können sie deswegen nicht beantworten, weil es eine Umbruchssituation ist und in Umbrüchen Tendenzen, die heute
    dominierend erscheinen, vorherrschend erscheinen, morgen sich verlieren können.
    Und Tendenzen, die heute unbedeutend erscheinen, morgen schon vorherrschend und entscheidend sein können.
    Was wir heute machen können, ist, diese Tendenzen, wie wir sie heute feststellen, zu analysieren.
    Und da gibt es die Tendenz, sicherlich zu sagen, also zerfallen wir nicht zu schnell.
    Das ist, was in den letzten Tagen passiert ist, was Yeltsin gesagt hat und weswegen Gorbatschow wieder einen Spielraum hat.
    Aber es gibt die andere langfristig wirkende Tendenz natürlich der Republiken, sich möglichst voneinander abzuschotten, die meiner Meinung nach sicherlich objektiv gefährlich ist, aber die auch in sich die Gefahr birgt, dass es zu Konflikten kommt zwischen den Republiken.
    Zurzeit ist es nicht die vorherrschende Tendenz, aber die Möglichkeit, die Gefahr besteht sicherlich.
    Was wird politisch-pragmatisch passieren?
    Ist denkbarer ein Nachvollzug der Entwicklungen in den ehemaligen Ostburg-Ländern in dem Sinn, dass die kommunistischen Parteien sich von der politischen Bühne verabschieden, dass Christdemokraten, liberale Gruppierungen dominieren in diesen neuen pluralistischen Demokratien?
    Die alten Mächte, die konservativen Kräfte sind ja zur Zeit zwar geschlagen, aber sie sind nicht verschwunden aus der sowjetischen Gesellschaft und sie haben ihre Wurzeln
    Nicht allein in der Zentrale des Zentralkomitees oder im Moskauer Stadtparteikomitee, sondern die haben ihre Wurzeln natürlich in der sowjetischen Gesellschaft.
    Das gilt auch für die Armee.
    Die wirklichen Hardliner in der Armee haben ja bei diesem Putsch nicht mitgemacht, weil das ein Putsch war der Leute um Gorbatschow eigentlich, des Zentrums.
    Die sind nach wie vor da, die sind zur Zeit in der Defensive.
    Man kann aber nicht ausschließen, dass wenn es eine lange Krise gibt und es den demokratischen und liberalen Kräften nicht gelingt, rasch vor allem in wirtschaftlichen Bereichen in die Zukunft zu weisen und die Leute merken, es geht was vorwärts, dass es dann wieder zu einer neuen Offensive dieser konservativen Kräfte kommt.
    Das kann man meiner Meinung nach nicht ausschließen.
    Was sich aber zur Zeit abspielt,
    Das gilt vor allem für die Hauptstädte, also für Moskau und Leningrad.
    Das ist, wie gesagt, ein Elitenwechsel.
    Das heißt, es kommen überall in allen führenden Positionen die alten kommunistischen Kader unter Beschuss und es kommen neue Leute.
    Ich möchte das Beispiel des Fernsehens geben, des sowjetischen Fernsehens, das ganz, ganz beeindruckend ist, wo die Hauptnachrichtensendung des Fernsehens die Vremia abgeschafft wurde als Vremia und es jetzt einen Wettbewerb gibt.
    Der neue Fernsehdirektor ist der
    frühere Chefredakteur von der Moskauer Nachrichten, eines bekannten Vorhutblattes der
    Restroika und der Reform.
    Und der hat gesagt, machen wir doch einen Wettbewerb.
    Eine Woche sollen die Leute des russischen Fernsehens die Nachrichtensendung machen, die nächste Woche die zentrale Fernsehredaktion.
    Und dann sollen die Hörer entscheiden, die Seher entscheiden, was besser ist über Anruf.
    Und das hat eine unglaubliche Dynamik, weil natürlich jeden Tag versuchen die Crews so möglichst gut zu sein und möglichst, wir merken das selbst auch im ORF-Büro in Moskau, wo wir jeden Tag Anrufe bekommen von den Kollegen des
    der jeweils am Tag dienenden Mannschaft, die sagen, was macht es denn ihr heute und bitte könnt ihr uns nicht helfen und Ätzes geben, weil wir müssen besser sein als unsere Konkurrenten.
    Also eine Situation, die sicherlich nichts mit der doch sehr, sehr behäbigen und konservativen Stimmung auch noch vor vier Wochen zu tun hat.
    Aber das sind die Keime, die die Glasnost gelegt hat und die nun auch ein bisschen treiben.
    Die Keime der Perestroika, also des wirtschaftlichen Umbaus, die treiben weniger.
    Es war eigentlich die Wirtschaftsreform das Hauptthema der Diskussion der letzten Jahre in der Sowjetunion.
    Vom Schatalinplan bis jetzt zu Grigori Javlinski.
    In welchem Ausmaß, glauben Sie, wird nun tatsächlich, wie Sie immer sagen, mit radikalisiertem Tempo der Weg in die Marktwirtschaft angegangen oder bleibt man bei diesem halb planwirtschaftlichen Kompromiss?
    Ich glaube, es ist sehr, sehr schwer in der Sowjetunion wirklich die Marktwirtschaft einzuführen, weil die industriellen Strukturen so absolut für ein marktwirtschaftliches Funktionieren nicht geeignet sind.
    Weder die Manager dort noch überhaupt.
    Es gibt keine Konkurrenz, weil ja in allen Bereichen Monopole sind.
    Es gibt einen einzigen Betrieb in der ganzen Sowjetunion, der Filter für Zigaretten herstellt.
    Wie soll der marktwirtschaftlich funktionieren?
    Es gibt zwei Betriebe, die Videorekorder herstellen oder drei.
    für die ganze riesige Sowjetunion, und das kann man in vielen, vielen Bereichen sagen.
    Also das auf Marktwirtschaft umzustellen, glaube ich, wird noch viel, viel schwieriger als heute in der Tschechoslowakei oder in Polen, wo man ja auch dort sieht, was es für Schwierigkeiten gibt.
    Aber es gibt natürlich die vielen Poren in der Gesellschaft, in denen Kleinunternehmer expandieren können, in denen bis jetzt diese Initiative durchaus auch von Geschäftemachern im negativen Sinn, die man also in den Straßen Moskaus sieht, die behindert wurde,
    und die halt für eine Gründerzeit des Kapitalismus notwendig sind.
    Aber ist die Segmentierung der Sowjetunion in kleinere Einheiten hilfreich für diesen wirtschaftlichen Reformprozess?
    Es ist ein Teufelskreis.
    Ohne Segmentierung in kleinere Einheiten ist es nicht möglich, die tödliche Last der Zentralbürokratie abzuschütteln.
    Mit Segmentierung in kleineren Einheiten beginnt die Gefahr, dass dann an jeder Republiksgrenze, die übrigens erst gezogen werden muss, weil die meisten Grenzen sind noch gar nicht gezogen, die waren ja fiktiv, dass dann irgendeiner steht und Zoll einhebt und also einen Zoll kriegt zwischen den verschiedenen Republiken, wobei jede das Monopol in irgendeinem Branchenbereich hat, wäre natürlich katastrophal.
    Und das ist, glaube ich, jetzt genau der Grund, warum sich die Republiksführer doch zusammengesetzt haben, zumindest die meisten, und gesagt haben, also versuchen wir doch einmal,
    uns zu überlegen, wie können wir das auf geordnete Weise auflösen.
    Vielen Dank, Raimund Löw, und viel Freude bei der zukünftigen Arbeit in Washington, vielleicht ein paar ruhigere Tage werden ganz angenehm.
    Werden wir sehen, aber als Journalist kann man sich auf sowas nie verlassen.
    In der zerfallenden Sowjetunion deuten sich also die Konturen einer neuen Ordnung an, im zerfallenden Jugoslawien nicht.
    Nach wie vor beherrschen die Soldaten die Szene und nicht die Diplomaten, die Waffen sprechen, die Politiker reden bloß.
    Gebrochene Waffen, Stillstände und Ultimaten wechseln einander ab.
    Der serbische Eroberungskrieg in Kroatien hat weit über 1000 Tote gefordert und 130.000 Menschen zu Flüchtlingen gemacht.
    Der Druck der EG auf die heimliche Koalition aus serbischen Hegemonisten, machthungrigen Generalen und fanatischen Chetniks war bisher fruchtlos.
    Die Vereinbarung von Brioni vom 7.
    August hielt ebenso wenig wie jene von Belgrad vom 2.
    September.
    Nun wollen die Europäer aber die Dosis steigern.
    Sie stellen die Route der Anerkennung Kroatiens den Serben ins Fenster.
    Aber in Kroatien wundert man sich, dass die EG erneut und auch in dieser Frage uneins scheint.
    Walter Erdelitsch dazu aussagte.
    In Kroatien herrscht einigermaßen Verwunderung über die plötzlichen Zweifel der europäischen Gemeinschaft an der Friedenskonferenz über Jugoslawien, die schon morgen hätte beginnen sollen.
    Ein Sonderbotschafter der europäischen Gemeinschaft, der Niederländer, Henri Wijnans, besuchte gestern neuerlich die Kriegsgebiete.
    Er betonte mehrfach, dass die Friedensverhandlungen nur nach einem Waffenstillstand in Kroatien beginnen könnten.
    Auf einen Waffenstillstand wird die EG allerdings lange und vergeblich warten.
    Zu fest gefahren sind die Positionen, zu tief ist der Hass zwischen Serben und Kroaten.
    Botschafter Weinans hätte dies gestern in Osjek, der heftig umkämpften Hauptstadt Slavonien, selbst bemerken müssen.
    Er vermittelte einen Waffenstillstand zwischen der Armee in der berüchtigten Kaserne Polygon C, aus der immer wieder auf die Stadt geschossen wird einerseits, und dem Bürgermeister und der Nationalgarde andererseits.
    Nach Unterzeichnung des Vertrages verließ Weinerns das Rathaus.
    Nur fünf Minuten später schlug schon die nächste Granate in das Dach des Rathauses ein.
    Weinerns kam noch einmal zurück, um die Trümmer zu besichtigen.
    Es waren auch die Trümmer seines Waffenstillstandsabkommens, unter dem die Unterschriften noch kaum trocken waren.
    Dennoch verkündete Weinerns weiterhin, dass vor den Friedensverhandlungen erst Waffenruhe herrschen müsse.
    Unterdessen verbringen die 100.000 Einwohner von Osijek weiterhin den größten Teil ihrer Zeit in den Luftschutzkellern.
    Auch die Arbeit der Journalisten wird immer schwieriger.
    Seit fast einer Woche werden ein sowjetischer Fernsehkorrespondent und sein Kameramann vermisst.
    Sie sind am vergangenen Sonntag in einem blauen Opel von Belgrad aufgebrochen und wurden seither nicht mehr gesehen.
    Das Fahrzeug eines französischen Journalisten wurde aufgefunden.
    Von den Insassen fehlt ebenfalls jede Spur.
    Ja, die Brennpunkte des Weltgeschehens, Sowjetunion, Jugoslawien, beherrschen die erste Journalhälfte eins nach halb eins.
    Und bevor wir zur Innenpolitik und zu Inlandsthemen kommen, ein Programmhinweis.
    Journal Panorama.
    In Steyr in Oberösterreich hat die Arbeitslosenrate Höchstwerte erreicht und sie steigt weiter.
    Mit Ende des Jahres schließt wieder ein Industriebetrieb seine Tore.
    Damit stehen weitere 280 Menschen auf der Straße.
    Ein überwiegender Teil der Arbeitslosen von Steyr sind Frauen.
    Und sie tun sich besonders schwer am Arbeitsmarkt wieder unterzukommen.
    Ich würde eigentlich, wenn irgendeine passende Stelle ist, morgen sofort arbeiten gehen.
    Wissensrückset nehmen könnten wir ihnen schon, weil sie eine billige Arbeitskraft haben, Praxis haben sie auch keine.
    Aber bei einem gewissen Alter haben meine Frauen schon Leiden gebrochen.
    Ich habe ihnen gleich gesagt, da kann man nicht leben.
    Und dann hat die Dame gesagt, es gibt noch genug andere, die gerne arbeiten gehen.
    Ich möchte ja noch etwas lernen.
    Ich fühle mich ja noch nicht so abgestellt, dass ich nicht mehr aufnahmefähig bin.
    Ich meine, das macht mir auch Spaß, dass ich da was lerne.
    Durch die Gründung einer Frauenstiftung in dieser Art, ein Novum in Österreich, soll den Frauen in Steyr nun geholfen werden.
    Engagierte Frauen aus Gewerkschaft, Arbeitsmarktsverwaltung und Politik treiben in Steyr ein Projekt mit anspruchsvollen Zielen voran.
    Wir versuchen, Frauen zu qualifizieren, nicht wieder auf einem minderwertigen Beruf, vielleicht wieder Reinigungen oder E-Zepter oder Verkäuferin oder stundenweise.
    sondern wirklich Frauen zu qualifizieren, Frauen wieder unterzubringen und Frauen auch das Einkommen zu ermöglichen, was ihnen wirklich zusteht.
    Mehr über das Projekt Frauenarbeit Steyr, über seinen Fortgang und seine Ziele erfahren Sie heute Abend um 18.20 Uhr im Programm Österreich 1 in einem Journal Panorama.
    Ab Herbst wird es mit der Bank Austria AG eine neue Nummer 1 unter den heimischen Geldinstituten geben, bisher war es ja die CA, die Kreditanstalt.
    Diese neue Bank entsteht aus der Verschmelzung der Zentralsparkasse und der Länderbank.
    Für heftige Kritik sorgt, dass der Wiener Bürgermeister Helmut Zilk von der SPÖ Aufsichtsratschef des neuen Institutes wird.
    Wien ist ja sogenannte Haftungsträgerin der Z. Finanzstaatssekretär Stumppfoll von der ÖVP bezeichnet es als falsches Signal für die in- und ausländischen Anleger, wenn ein Spitzenpolitiker Präsident des Aufsichtsrates wird.
    Der Wirtschaftssprecher der grünen Alternative Christoph Korherr spricht von einer klassischen Unvereinbarkeit und bezeichnet Österreich als letztes Ostblockland, wenn Zilk ohne demokratischen Aufschrei
    Aufsichtsratspräsident wird.
    Waltraud Langer befragt den kritisierten Bürgermeister Helmut Zilk.
    Herr Bürgermeister, was sagen Sie zur Kritik, die massiv an dem Umstand geleistet wird, dass Sie als Bürgermeister der größten Stadt Österreichs, Aufsichtsratschef der größten Bank Österreichs werden?
    Ja, ich nehme Sie selbstverständlich nicht ernst, denn die Herren, die diese Kritik üben, das ist der Herr Schüssel,
    und der Herr Stumm voll, bemühen sich ununterbrochen, etwa beim Vizebürgermeister, bei mir sind sie vorsichtig, um die Nominierung von Aufsichtsräten, die ihnen politisch genehm sind.
    Das heißt, wer politisch andauernd versucht zu intervenieren, der sollte vorsichtiger mit der Kritik sein.
    Die Tatsache, dass der Bürgermeister für die ersten Jahre das übernimmt, hat einen tiefen inneren Grund.
    Von 13.000
    europäischen Banken.
    werden wir etwa die Fünfzigste sein.
    Die Stadt Wien als Haftungsgemeinde legt also Wert, zunächst in dieser Umbruchphase auch sichtbar dabei zu sein.
    Aber, und das ist das Entscheidende, und das wissen natürlich der Herr Schüssel und der Herr Stumppel genau, wenn sie es wissen wollen und viele andere, dass die Tatsache, dass der Wiener Bürgermeister in dieser ersten Phase sich auch so sichtbar bekennt und die Stadt Wien sich annonciert sichtbar als Haftungsgemeinde, ja eine bedeutende Aufwertung international der Bank ist und daran ist ja nicht zu rütteln.
    Herr Bürgermeister, Sie sind doch bekannt dafür, dass Sie ein feines politisches Gespür haben.
    Nun hat es schon nicht besonders gut ausgeschaut, dass man für die Strukturreform der Banken eine Lösung gefunden hat, dass zwei politisch rote Institute, also Z-Länderbank, zusammengehen und vielleicht und wahrscheinlich auch Schirozentrale und Erstia als zwei politisch schwarze Institute.
    Und jetzt wird auch noch der Wiener Bürgermeister Aufsichtsratschef dieses neuen roten Bankkrisen.
    Ja, ich verstehe Sie überhaupt nicht.
    Das sind doch Fragestellungen, die es woanders gar nicht gibt.
    Ich glaube, dass diese Strukturreform, die hier ein Institut geschaffen hat, einen ersten großen Schritt nach Europa tut.
    Und ich kann Ihnen nur eins sagen, da ich ja seit vielen, vielen Jahren Aufsichtsratsvorsitzender der Zentralsparkasse und Kommerzialbank bin, und das ist Ihnen ja nicht neu, und das hat ja bisher niemanden gestört,
    möchte ich darauf hinweisen, dass ich eine große Zahl internationaler Banker selbstverständlich kenne und Fachleute kenne, die das überhaupt nicht verstehen, ihre Fragestellungen und auch die Sorgen des Herzens.
    Herr Bürgermeister, jetzt wird sehr viel von Entpolitisierung geredet und gestern hat der Finanzminister Larziner angekündigt, dass sich der Bund aus der Länderbank, wo er jetzt noch 51 Prozent der Anteile hält, wahrscheinlich zur Gänze zurückziehen wird.
    Und wäre es nicht auch ein Symbol dafür, wenn Sie jetzt sagen, diese neue große Bank wird die 50 größte in Europa sein, wenn man eben als Aufsichtsratschef nicht den Wiener Bürgermeister, sondern einen Wirtschaftsfachmann installiert?
    Sie stellen ein und dieselbe Frage, ununterbrochen in einem anderen Kleid, aber das wissen Sie sowieso, weil Sie eine intelligente Dame sind.
    Ich habe ja diese Frage schon beantwortet und habe nicht Lust, mich dreimal zu wiederholen.
    Die Tatsache, dass die Stadt Wien Haftungsgemeinde ist, und das unterscheidet uns von allem anderen, der Bund ist nicht Hafter, er zieht sich also daher zurück, die Stadt Wien Haftungsgemeinde ist, veranlasst uns auch zu sagen, dass wir auch nach außen hin signalisieren, dass wir das so sind.
    Und das ist in Wahrheit eine Aufwertung dieser Bank.
    Und ich habe auch deutlich gesagt, dass es sich hier um eine Übergangsphase
    handeln und wir werden nach einer Übergangsphase zu entscheiden haben.
    Herr Bürgermeister, wie ist denn das eigentlich?
    Einerseits müssten Sie natürlich dafür sein, dass diese Bank sehr hohe Zinsen verlangt, aus dem Interesse der Bank heraus einfach.
    Andererseits, als Wiener Bürgermeister, der großer Kreditnehmer ist, ist natürlich für Sie jeder Prozentpunkt Zinsunterschied, das bedeutet für Sie Millionenbeträge.
    Daher müssten Sie also für niedrige Zinsen sein.
    Sie verwechseln die Funktion des Aufsichtsratsvorsitzenden offenbar
    mit der des Generaldirektors.
    Das ist eine Frage, die der Generaldirektor frei entscheidet als Generaldirektor.
    Ich habe mich nie in die Geschäftspolitik der Zentralsparkasse und Kommerzialbank eingemischt und habe in keinem einzigen Fall in Frage von Zinsen in dieser oder jener Seite interveniert.
    Hier hat das Interesse des Institutes zweifellos jeden Vorrang.
    Naja, offenbar hat die Gemeinde Wien doch sehr viel mitzureden, denn wenn man der Presse glauben darf, dann sorgt es jetzt schon für hämische Kommentare in Bankkreisen, dass die Spitzenvertreter der Zentralsparkasse bei den Verschmelzungsverhandlungen immer erst Rückfrage mit dem Rathaus halten mussten, um Entscheidungen zu gelten.
    Liebe Frau Langer, es ist ja interessant, Ihre Fragestellung zeigt ja, dass Sie nicht unparteiisch sind in der Fragestellung, sondern Sie selbst ja sich identifizieren mit denen, die Sie hier zitieren.
    Sie könnten das auch gleich selber fragen und müssten nicht von hämischen Kommentaren
    der Presse sprechen.
    Wissen Sie, an denen der Tisch vorbeigezogen ist, die haben immer irgendetwas zu kritisieren, zu hämern.
    Das ist doch völlig uninteressant.
    Die Karawane zieht weiter.
    Das Institut ist neu geschaffen, gebildet worden und wird seine große und bedeutende Rolle spielen.
    Und Sie werden sehr bald und sehr deutlich sehen, wie sich das auswirkt.
    Das ist doch uninteressant, das Gewinsel, das von Menschen, die auf der Strecke geblieben sind oder die selbst nicht erreicht haben, was sie vielleicht auch wollten.
    Denn von dem haben ja so viele geredet, was sie alles machen, was sie tun und welche Wege sie angehen.
    Das gehört dazu.
    Mein Gott, es gibt halt Leute, die keine Freude haben und die haben auch das demokratische Recht, das zum Ausdruck zu bringen.
    Ich nehme das nicht ernst.
    Darf ich Ihnen noch eine Frage stellen?
    Gerne.
    Verdienen Sie eigentlich etwas als Aufsichtsratschef?
    Nein, ich verdiene nichts.
    Alle Diäten, die ich bekomme, werden der Stadtkasse zugeführt.
    Bekanntlich beziehe ich eine Pension vom Österreichischen Rundfunk, die auch zur Gänze der Stadtkasse einverleibt wird.
    Ich bin also der billigste Bürgermeister, den es bisher gab.
    Dankeschön, Herr Bürgermeister.
    Auf Wiedersehen.
    Auf Wiederhören.
    Helmut Silk macht also gratis den Aufsichtsratspräsidenten der Bank Austria AG.
    Waltraud Langer hat mit ihm darüber telefoniert.
    Für die Schulden der Republik Österreich muss der Finanzminister allein an Zinszahlungen jede Stunde 8 Millionen Schilling beraten.
    Der Schuldenberg hat sich in einem halben Jahrzehnt verdoppelt und überschritt jüngst die eindrucksvolle Grenze von 1.000 Milliarden Schilling.
    Damit der Staatshaushalt nicht gänzlich ins Schleudern gerät, will man nun nach jahrelangen Ankündigungen wirklich auf die Bremse steigen.
    Doch während Finanzminister Latschena die Neuverschuldung auf ca.
    60 Milliarden drücken will im Jahr, steigen die Ressorts aufs Gas.
    Nach ihren ursprünglichen Wünschen
    hätte das Defizit 92 das Doppelte, 120 Milliarden, betragen.
    In der laufenden Verhandlungsrunde konnte die Begehrlichkeit der Minister bei weitem nicht in dem Ausmaß gezügelt werden, die sich Latziner wünscht.
    Eine Zwischenbilanz im folgenden Gespräch mit dem Finanzminister von Ingrid Thurnherr-Latziner macht zunächst generell unwillen hörbar.
    Zum Teil ist es so, dass sicherlich die Vorstellungen noch immer überhöht sind bzw.
    Voraussetzungen erfordern, wie etwa die Einführung der Pflegesicherung, die derzeit noch nicht gegeben sind, ohne dass es hier zu neuen Formen der Finanzierung kommt.
    Etwa von den Ländern her ist da so eine solche
    Erhöhung des Sozialbudgets sicherlich nicht denkbar.
    Das weiß der Sozialminister auch.
    Das ist auch mit ihm soweit abgeklärt, sodass also nicht alle diese Beträge als wirklich offen gelten können.
    Ein guter Teil ist natürlich auch darauf zurückzuführen,
    dass die Regierungskollegen natürlich ihre Vorschläge gut begründet haben und nicht sofort von diesen abgehen können.
    Ich glaube aber, dass ein vernünftiger Kompromiss möglich sein wird, der das Ziel des Budgets erreichen lässt.
    Ich muss darauf aufmerksam machen und habe das bei den Kollegen auch gemacht, dass natürlich jede Mehrausgabe
    die nicht durch Einnahmen bedeckt ist, zu entsprechenden Belastungen der Steuerzahler führen würde.
    Und das ist etwas, was wir sicherlich nicht wollen.
    Das heißt, Sie könnten, wenn es mit der Ausgabenseite zu keiner Einigung kommt, ausschließen, dass es auf der Einnahmenseite, sprich durch Steuererhöhungen, hereinkommt, dieses Geld?
    Ich sehe nicht, dass die Möglichkeit zu Steuererhöhungen gegeben ist, sondern was ich immer gesagt habe, ist, dass es zu Umschichtungen kommen wird, insbesondere in der Zielsetzung, das Steuersystem ökologisch auszurichten.
    Das heißt, es wird etwa im Bereich der Kraftfahrer, wenn man meinen Vorschlägen folgt, zu einer Umschichtung der Einnahmen kommen.
    Aber ich schließe eine Steuererhöhung aus.
    Was nicht auszuschließen ist, ist, dass die Krankenanstaltenfinanzierung und das gesamte Gesundheitssystem Mehreinnahmen insgesamt erfordern, aber das ist nicht für den Bund gedacht und nicht für das Bundesbudget, sondern zur Entlastung der Länder- und Gemeindebudgets.
    Und zweitens, eine erhöhte Arbeitslosenzahl kostet natürlich auch, und das wird folgen,
    Erhöhung des Arbeitslosenversicherungsbeitrags haben.
    Darüber hinaus wird da oder dort noch eine Anpassung der Gebühren im Ausmaß der Inflationsrate erfolgen.
    Hier gibt es die konkreten Absprachen mit einigen Ministerien, aber das ist eher im Bereich der kleineren Maßnahmen anzusehen.
    Also das ist nicht eine Frage des Budgets, sondern das ist eher eine Frage einer schrittweisen Anpassung von Gebühren.
    wie sie jeder, der eine Leistung erbringt, vorzunehmen hat.
    Sie hatten heute Vormittag Verhandlungen mit dem Finanzminister.
    Sind die zufriedenstellend verlaufen?
    Naja, ein guter Teil der Ausgaben, die das Finanzressort hat,
    ist ja schwer beeinflussbar.
    Da geht es zum Beispiel über die Zinsen der Staatsverschuldung.
    Hier ist nichts verhandelbar.
    Aber was das Ressort selbst betrifft, so müssen wir dieselben Maßstäbe anlegen wie an alle anderen Ressorts.
    Die Lücke ist auch da etwas kleiner geworden.
    Aber das heißt nicht, dass die anderen Ressorts sich nicht anstrengen müssen.
    Wir werden nicht das erbringen können, was die anderen Ressorts
    nichts einzusparen bereit sind.
    Also das wird mein Appell sein müssen an die Kollegen in der Bundesregierung und ich bin überzeugt davon, dass der auch gehört wird.
    Aber mit sich selbst konnten Sie sich einigen?
    Ja, das ist noch am relativ einfachsten, weil die Grundbedingungen hier so sind, dass das Ressort eigentlich gewohnt ist wirtschaftlich zu denken.
    Sagt Finanzminister Ratzinger in Gespräch mit Ingrid Thurnherr.
    Seit vor drei Wochen der 32-jährige oberösterreichische Kaplan Peter Nenning seine Predigt mit der Mitteilung schloss, er gebe den Priesterberuf auf, weil er eine Freundin hat, und seit jüngst ebenfalls in Oberösterreich ein Pfarrer enthüllte, dass er vier Kinder hat, ist der Zölibat wieder in Diskussion.
    Seit dem 12.
    Jahrhundert müssen die Priester der katholischen Kirche das Gelübde der Keuschheit ablegen.
    Weder in Dogma noch aus der Bibel ableitbar, ist die Ehelosigkeit der Kirchenmänner für Rom seither dennoch ein unverrückbares Gesetz.
    Weltweit gibt es derzeit etwa 100.000 Priester, die wegen der Beziehung zu einer Frau ihr Amt aufgaben, in Österreich sind es etwa 500.
    Die Dunkelziffer jener, die heimlich tun, was der Papst verbietet, ist nach Schätzungen hoch.
    Progressive Kardinäle wie der Amerikaner Bernardin oder der Brasilianer Lorscheider, die den Zölibat für unzeitgemäß halten, nicht zuletzt wegen des enormen Priestermangels, treffen im Vatikan seit Johannes Pauls Pontifikat auf besonders taube Ohren.
    Und auch die konservative österreichische Kirchenhierarchie will vom verheirateten Gottesmann nichts wissen.
    Zum Thema Dornenvögel Hubert Arnim Ellison.
    Ein Diskussionsverbot ist nicht gut.
    Aber ständig eine Diskussion herbeizuzwingen, ist auch nicht gut.
    Mit diesen Worten kommentiert Bischof Johann Weber aus Graz in der österreichischen Bischofskonferenz für Fragen der Priesterbildung zuständig, die Meldungen der vergangenen Wochen über österreichische Priester, die heiraten wollen oder sich wegen ihrer Kinder beurlauben lassen oder sich einfach nur so zu ihren Kindern bekennen.
    Die Diskussion lässt sich auch nicht mehr verhindern.
    In der Tageszeitung die Presse warnen die Bischöfe Weber und Eichern davor, die österreichischen Priester pauschal zu verurteilen.
    Eichern betont aber als oberösterreichischer Diözesanbischof, dass die Berichte der letzten Wochen keine oberösterreichische Sensation darstellen.
    Ähnliches gäbe es bedauerlicherweise in sehr vielen Diözesen.
    Gespräche mit den Verantwortlichen aus den verschiedenen Diözesen bestätigen dies auch.
    Zu einem Interview ist allerdings niemand bereit.
    Fragen nach konkreten Zahlen werden nicht beantwortet.
    So mancher Gesprächspartner vermutet aber, dass die Berichte der letzten Zeit aus Linz für Gegner des Bischof Eichern weitere Munition hergeben, um ihn in Rom anzuschwärzen.
    Während Priester aus der Erzdiözese Wien, die in den letzten Jahren ihren Dienst quittiert hatten, um frei für ein Leben zu zweit zu sein, für keine Schlagzeilen gesorgt haben, nicht einmal
    Randnotizen wert waren, obwohl es junge, dynamische Priester waren, füllen die Fälle aus Oberösterreich die Schlagzeilen.
    In einem Interview mit der katholischen Presseagentur Cut Press betont Eichern, dass es beim Zolibat nicht um einen Verzicht, sondern um ein Zeichen des Glaubens gehe.
    Zwar hätten in den letzten Monaten tatsächlich drei Priester in seiner Diözese das Amt zurückgelegt, aber es sei nicht seine Aufgabe, die Priester bespitzeln zu lassen.
    Während in anderen Diözesen die Rücktritte von Priestern kaum vernehmbar über die Bühne gehen, sind die oberösterreichischen Fälle in eine, wie es Bischof Eichern ausdrückt, übertriebene Berichterstattung hineingezogen worden.
    Besonders die Geschichte des fast 80-jährigen Paters, der sich in einem Interview zu vier Kindern bekannt hatte und in der heutigen Kronenzeitung diese Kinder auf vier Frauen aufteilt, hält Bischof Eichern in diesem Interview für geschmacklos.
    Zurück ins Ausland doch einmal.
    In Suvarnburi, einer Provinzstadt rund 100 Kilometer nordwestlich der thailändischen Hauptstadt Bangkok, wird morgen ein vorläufiger Schlussstrich unter den tragischen Absturz der Lauda Air vom 26.
    Mai des Jahres gezogen.
    In einem Staatsbegräbnis, bei dem auch zahlreiche ausländische Botschafter anwesend sein werden,
    werden die sterblichen Überreste von 27 nicht identifizierten Opfern der Katastrophe in einem Massengrab beigesetzt.
    Von den insgesamt 223 Opfern konnten trotz größter Bemühungen 27 Leichen nicht identifiziert werden.
    Darunter werden auch zahlreiche Österreicher vermutet.
    Mit dem österreichischen Botschafter in Bangkok, Erich Binder, führte Karl Jekowski in Bangkok darüber das folgende Gespräch.
    Herr Botschafter, dieses Begräbnis ist ungewöhnlich.
    Es sind nicht identifizierte Opfer eines Flugzeugabsturzes, es sind Opfer aus verschiedenen Ländern, darunter 13 Österreicher, und es sind verschiedene Religionen, die die Opfer hatten.
    Wie wird dieses Problem gelöst?
    Das wurde so gelöst, dass ein hier ansässiger katholischer Priester deutscher Staatsangehörigkeit
    für die Katholiken die Einsegnung vornehmen wird.
    Sieben buddhistische Mönche werden für die Buddhistischen die Leichenzeremonien vollziehen und ein Imam vom hiesigen islamischen Zentrum wird für die Mohammedaner und den Opfern die Begräbnisfeiern abhalten.
    werden die Opfer in einem Massengrab beigesetzt oder wird es so gemacht, dass vielleicht doch noch die Möglichkeit besteht, einige Opfer zu finden, sollten sie doch identifiziert werden.
    Die Opfer werden alle gemeinsam bestattet, jedoch so, dass sie einzeln in dieses Gemeinschaftsgrab gelegt werden, sodass, sollte irgendetwas noch hervorkommen, bekannt werden, dass man sie auch später noch identifizieren kann.
    Sie haben gestern Abend mit den österreichischen Angehörigen der Opfer gesprochen, haben sie eingeladen.
    Welchen Eindruck hatten Sie?
    Ich habe die Hinterbliebenen zu mir nach Hause eingeladen, in die Residenz, und zwar deshalb, um diesen Menschen zu helfen, emotional zu helfen, über diese schwere Zeit hinwegzukommen.
    Ich habe den Eindruck gehabt,
    dass ein Teil wohl schon vielleicht auch durch die zeitliche Entfernung zu dem Unglück etwas hinweggekommen ist.
    Bei anderen wieder sind Emotionen doch eher vorhanden.
    Das hängt natürlich davon ab, in welchem Verhältnis die Hinterbliebenen zu dem Opfer stehen.
    Herr Botschafter, es gibt noch sehr viele Gegenstände, die hier in Thailand liegen.
    Vor allem haben die Thais ja nach den ersten Meldungen, sie hätten die Opfer ausgeraubt, diese Gegenstände wieder zurückgebracht.
    Werden diese Gegenstände den Hinterbliebenen ausgehändigt?
    Selbstverständlich, soweit sie zuordenbar sind.
    Das heißt also, wenn man identifizieren kann, wem die Sachen gehören, dann werden sie selbstverständlich
    in die Heimat der Opfer zurückgebracht.
    Karl Jokowskis Gespräch mit Erich Binder, dem mössischen Botschafter in Bangkok.
    Neun vor eins.
    Wir sind schon ein bisschen im Zeitdruck.
    Der Kulturbericht am Sonntag beginnt in Linz wieder das Fugnerfest.
    Ein Vorbericht von Elisabeth Skobek.
    Eine Zeitreise ins 13.
    Jahrhundert.
    Der Donaupark wird in diesem Jahr zur Kulisse für die Klangwolke mit Karl Orfs Carmina Burana.
    Das war's für heute.
    Ausstatter Hans Hofer setzt die Carmina Burana basierend auf den mittelalterlichen Liedern der fahrenden Mönche und Spielleute in Szene.
    Mit Feuer, Laser, Bauten und erstmals einem Eiduvor.
    Zur Bildübertragung aus dem Saal ins Freie.
    Der Ausgangspunkt für die Inszenierung ist die Musik.
    Und ich übernehme die Struktur der Musik, ich übernehme aber nicht
    Jetzt ganz genau die Bilder, die die Texte beschreiben.
    Das heißt, ich mache keine Illustration.
    Ich habe meine eigenen Gedanken dazu und ich denke, es ist ein Werk, das sich sehr nahe um den Menschen gruppiert.
    Es hat mit dem Menschen zu tun und mit allem, was den Menschen betrifft.
    Geburt, Liebe, Tod.
    Franz Welser-Möst mit seinem Norrköping-Sinfonieorchester wird die Aufführung musikalisch betreuen.
    Möst bestreitet auch eines der Konzerte, die dem Namenspatron des Festivals, Anton Bruckner, gewidmet sind und befindet sich damit in prominentester Gesellschaft.
    Auch Giuseppe Sinopoli und das Philharmonia Orchestra London und Sergio Celibidache mit seinen Münchner Philharmonikern widmen sich mit je zwei Konzerten unter anderem auch einer Bruckner-Symphonie.
    Neben Bruckner liegt der Schwerpunkt des internationalen Bruckner-Festes 91 auf Richard Wagner und, wem sonst wohl, Mozart.
    Jeanne d'Orvée kommt mit einem reinen Mozart-Programm, Werner Hollweg und Nikolaus Kathy verbinden Mozart'sche Liedkunst und Brieftradition.
    Pinkers Steinberg und das ORF-Symphonieorchester bringen in konzertantem Rahmen die selten zuhörende Pariser Fassung von Wagners Tannhäuser zu Gehör.
    Neben dieser besten Liste der Musiker soll das Bruckner-Fest aber noch anderes bieten.
    Dazu der Musikdirektor der Liefer und Programmgestalter Dr. Thomas Daniel Schlee.
    Es wird zwangsläufig ein bestimmter Anteil des Programmes und zwar in jedem Jahr.
    mit den sogenannten internationalen Stars besetzt sein, wo sie immer gewisse Parallelen finden werden zum Angebot.
    Wir sagen, wie in Wien, in Salzburg, in München oder wo auch immer zu finden ist.
    Aber wirklich spezifisch sind ja die Dinge, die wir
    uns wünschen, wo wir in Kontakt treten mit den Künstlern und ganz bestimmte Sachen dann hier realisieren, die es tatsächlich woanders in dieser Form nicht gibt.
    Dazu zählt das Konzert des Prager Männerchores mit Werken von Bohuslav Martinu, relativ Unbekanntem von Smetana und Janacek und einer Messe von Peter Eben, dem großen tschechischen Komponisten und neuen Präsidenten des Prager Frühlings.
    Dazu zählt weiter sein Konzert mit dem Mainzer Bläser-Ensemble und dem französischen Komponisten und Pianisten Jean Francais.
    Erstmals hat das Brucknerhaus im Rahmen des internationalen Bruckner-Festes auch zur Kooperation mit dem Linzer Landestheater gefunden.
    In der Uslinenkirche kommt die Schuldigkeit des ersten Gebots, des elfjährigen Mozart, zur Aufführung.
    Eine Rarität.
    Federic Miediter versiert im Inszenieren von geistlichen Singspielen, erarbeitet das Werk trotz Mozart Jahr mit großer Überzeugung.
    Die Qualität dieses Werkes, die musikalische Qualität und die Bühnenwirksamkeit sind der einzige Grund für mich dieses Werk aufzuführen, das Mozart Jahr
    war da überhaupt keine Überlegung, dass Mozart, der stört mich eher.
    Die Schuldigkeit des ersten Geburts ist keine Ausgrabung, das Werk ist ja bekannt.
    Es ist höchstens eine Wiederentdeckung, eine wirklich notwendige und verdiente Wiederentdeckung.
    Ich glaube, dass hier ein sehr bühnenlebendiges Werk dem Repertoire wiedergegeben werden kann.
    Friederik Mirdita inszeniert Mozart beim Linzer Bruckner-Fest, das am Sonntag eröffnet wird.
    Wir schließen mit Neuem aus dem Nachrichtenstudio.
    europäische Gemeinschaft.
    Die für morgen in Den Haag geplante EG-Friedenskonferenz zu Jugoslawien wird wie vorgesehen stattfinden.
    Dies wurde heute seitens des niederländischen Außenministeriums bekannt gegeben.
    Ein Sprecher teilte mit, alle jugoslawischen Konfliktparteien hätten ihre Teilnahme an der Konferenz zugesagt.
    Jugoslawien.
    Die Städte Vukovar und Osijek sind weiter Zentren der Kämpfe in Kroatien.
    In der vergangenen Nacht sind mindestens zehn Menschen dabei getötet worden.
    Unter anderem werden sowjetische Journalisten vermisst.
    Noch während der IG-Sonderbotschafter Vajnac versuchte, in Osijek einen Waffenstillstand zu vermitteln, schlugen dort wieder Granaten ein.
    Sowjetunion.
    Auch die Führung in Moskau hat nun die Unabhängigkeit der drei baltischen Staaten offiziell anerkannt.
    Einen entsprechenden Beschluss fasste heute der neu geschaffene Staatsrat in Moskau.
    Dieses Gremium, das von Staatspräsident Gorbatschow geleitet wird, gehört die höchsten Vertreter von zehn Republiken der Union an.
    Der Staatsrat soll für eine Übergangszeit bis zur Schaffung einer Union souveräner Staaten die Richtlinien der Innen- und Außenpolitik festlegen.
    Deutschland.
    Der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Lothar de Maizière legt seine Parteifunktionen zurück.
    De Maizière, letzter Ministerpräsident der ehemaligen DDR, wird damit auch nicht mehr Landesvorsitzender der CDU Brandenburg sein.
    Sein Abgeordnetenmandat will er allerdings behalten.
    Gegen de Maizière gab es immer wieder Vorwürfe, er habe mit dem früheren DDR-Staatssicherheitsdienst zusammengearbeitet.
    Nun das Wetter im Süden und Westen noch heiter, sonst meist stark bewölkt mit einzelnen Regenschauern, lebhafter Nordwestwind, Tageshöchsttemperaturen zwischen 18 und 25 Grad.
    Das war ein Mittagsschanal.
    Louis Kück hat sich durch die Sendung geführt.
    Einen angenehmen Freitag, ein schönes Wochenende noch.
    Auf Wiederhören.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Datum: 1991.09.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetter
    Datum: 1991.09.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Erste Sitzung des Staatsrates
    Sowjetunion hat sich aufgelöst, Gorbatschow muss nun mit neun designierten Republikschefs im Staatsrat arbeiten.
    Mitwirkende: Schüller, Christian [Gestaltung]
    Datum: 1991.09.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Wissenschaft und Forschung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Jelzin-Gorbatschow im US-Fernsehen
    Einblendung: Jelzin, Gorbatschow. Der russische Präsident Jelzin und der sowjetische Präsident Gorbatschow beantworten die Fragen ausgewählter US-Bürger.
    Mitwirkende: Wolf, Armin [Gestaltung] , Jelzin, Boris [Interviewte/r] , Gorbatschow, Michail [Interviewte/r]
    Datum: 1991.09.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Politik ; Medien und Kommunikation ; Wissenschaft und Forschung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Analyse der Entwicklung in der UdSSR
    Interview: Raimund Löw
    Mitwirkende: Löw, Raimund [Interviewte/r] , Glück, Luis [Interviewer/in]
    Datum: 1991.09.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Wissenschaft und Forschung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Trailer Panorama: Frauenstiftung in Steyr
    Einblendung: Arbeitslose Frauen, Mitarbeiterin der Frauenstiftung
    Mitwirkende: Ladinser, Barbara [Gestaltung] , Anonym, Arbeitslose, Abreitsloser [Interviewte/r] , Anonym, Mitarbeiterin der Frauenstiftung [Interviewte/r]
    Datum: 1991.09.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Gespräch mit Bürgermeister Zilk zu seiner Aufsichtsrat-Position
    Interview: Zilk
    Mitwirkende: Langer, Waltraud [Gestaltung] , Zilk, Helmut [Interviewte/r]
    Datum: 1991.09.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Gespräch mit Finanzminister Lacina zu Planungsstand des Budgets
    Einblendung: Lacina
    Mitwirkende: Thurnher, Ingrid [Gestaltung] , Lacina, Ferdinand [Interviewte/r]
    Datum: 1991.09.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Wirtschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Bischof Weber zu Diskussion über Zölibat
    Die katholische konservative Hierarchie Österreichs verwehrt sich nach wie vor gegen die Aufhebung des Zölibates.
    Mitwirkende: Arnim-Ellissen, Hubert [Gestaltung]
    Datum: 1991.09.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Österreichischer Botschafter in Bangkok über Begräbnis für Lauda-Air-Opfer
    Interview: Erich Binder
    Mitwirkende: Jirkovsky, Karl [Gestaltung] , Binder, Erich [Interviewte/r]
    Datum: 1991.09.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Kultur: Vorschau auf das Brucknerfest
    Einblendung: "Carmina Burana", Hans Hoffer, Thomas Daniel Schlee. Frederic Mirdita
    Mitwirkende: Hoffer, Hans [Interviewte/r] , Skopek, Elisabeth [Gestaltung] , Schlee, Thomas Daniel [Interviewte/r] , Mirdita, Federik [Interviewte/r]
    Datum: 1991.09.06 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Gesellschaft ; Medien und Kommunikation ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1991.09.06
    Spieldauer 00:57:52
    Mitwirkende Glück, Luis [Gestaltung]
    ORF [Produzent]
    Datum 1991.09.06 [Sendedatum]
    Schlagworte Gesellschaft ; Radiosendung-Mitschnitt
    20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ audio
    Format DAT [DAT-Kassette]
    Sprache Deutsch
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-910906_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

    Information

    Inhalt

    Nachrichten

    Verortung in der digitalen Sammlung

    Schlagworte

    Gesellschaft , Radiosendung-Mitschnitt