Mittagsjournal 1997.11.29

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    Rechtliches

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    KI-generiertes Transkript

    Mittagsschornal.
    Grüß Gott und herzlich willkommen zu dieser Sendung an diesem November Samstag im Studio Volker Obermeier.
    Zunächst die wichtigsten Themen im Überblick.
    Regierungskrise in Prag, die Christdemokraten verlassen die Koalition.
    Ab Montag gilt das Schengener Abkommen auch für Österreich.
    Dazu ein Streitgespräch zwischen Innenminister Karl Schlögl und dem grünen EU-Abgeordneten Johannes Fockenhuber.
    Und Bundesbahnen und Gebühren, was verlangt die Bahn, wofür?
    Im Journal zu Gast ist Wolfgang Pucher, Pfarrer von St.
    Vinzenz in Graz.
    Mit seinen Mitarbeitern betreut er seit Jahren die Armen in der Stadt.
    Abschließend noch Kultur-Mittagsjournal und zwar ein Vorbericht auf die Josefstadt-Premier der Nestoi-Posse, Höllenangst.
    Soweit der Spielplan bis kurz vor eins, den Beginn machen wie gehabt.
    Die Nachrichten.
    Georg Schalkruber hat die Meldungsübersicht zusammengestellt.
    Es liest Nikolaus Riemerschmidt.
    Tschechien.
    Ministerpräsident Václav Klaus steht vor dem Ende seiner Regierung.
    Nach der christlich-demokratischen Volkspartei hat heute auch das liberale Demokratische Bürgerallianz der kleinste Koalitionspartner angekündigt, dass sie das Kabinett verlassen werde.
    Damit sind die Chancen des Regierungschefs für ein politisches Überleben auf null gesunken.
    In Prag wird erwartet, dass Klaus noch heute seinen Rücktritt bekannt gibt.
    Dann muss das gesamte Kabinett zurücktreten.
    Für 13 Uhr ist eine wichtige Sitzung der Spitzengremien der Demokratischen Bürgerpartei von Klaus zur Regierungskrise angesagt.
    Ausgelöst wurde die Krise durch eine Parteispendenaffäre in der Demokratischen Bürgerpartei.
    Ministerpräsident Klaus wollte sein Amt als Parteichef bereits zurücklegen, die Volkspartei forderte aber auch seinen Rücktritt als Regierungschef.
    Sollte Klaus zurücktreten, kann Präsident Havel neue Wahlen ausschreiben oder einen anderen Politiker mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragen.
    Möglicherweise hofft der Chef der Volkspartei, Josef Lux, auf diesen Auftrag.
    Österreich.
    Das Oberhaupt der Weltorthodoxie, Patriarch Bartholomäus I. von Konstantinopel, wird im kommenden Jahr Österreich besuchen.
    Dies steht nun endgültig nach einem Besuch des Wiener Erzbischofes Schönborn bei den Patriarchen fest.
    Schönborn koordiniert auch die Vorbereitungen für den dritten Pastoralbesuch des Papstes in Österreich und er hat Bartholomäus eingehend über den genauen Verlauf der Papstvisite informiert.
    Der Patriarch konkretisierte, er wolle 1998 nach Österreich kommen und damit seinen verschobenen offiziellen Besuch nachholen.
    Unter anderem würdigte er auch die bedeutsame Rolle von Kardinal König im ökumenischen Dialog.
    Unterrichtsministerin Gehrer will rund um Schulen sogenannte Drogenschutzzonen einführen.
    Dealer, die im Umkreis von 300 Metern Drogen verkaufen, sollen demnach härter bestraft werden.
    Die Zonen sollen mit eigenen Schildern gekennzeichnet werden.
    Gera sagte im Morgenjournal, es gelte im Sinne einer Bewusstseinsbildung, die Verantwortung der Gesellschaft für die Kinder herauszustreichen.
    Jährlich sterben in Österreich mehr als 200 Jugendliche durch Suchtgiftkonsum.
    Die Zahl der jungen Drogenopfer nimmt zu.
    Das sogenannte Einstiegsalter sinkt.
    Die Idee zu diesen Drogenschutzzonen hat die Unterrichtsministerin von einem New York-Besuch mitgebracht.
    Hier haben sich nach ihren Angaben diese Einrichtungen bestens bewährt.
    Bosnien-Herzegowina.
    Die Regierungschefs und Außenminister der Zentraleuropäischen Initiative befassen sich heute in Sarajevo mit der Verlängerung des Mandats der internationalen Bosnien-Schutztruppe ESFOR.
    Dieses Mandat läuft Mitte nächsten Jahres ab.
    Aus Wien sind Bundeskanzler Klima und Außenminister Schüssel nach Sarajevo gekommen.
    Klima hat gestern das österreichische Kontingent der SV-Schutztruppe besucht.
    Er wird von Sarajevo direkt nach Kairo, der ersten Station einer Nahostmission, weiterreisen.
    Außenminister Schüssel hat vor den Gesprächen in Sarajevo mit Spitzenpolitikern in Mazedonien konferiert.
    Er hat in Skopje auch die österreichische Botschaft feierlich eröffnet.
    Irak.
    Die Regierung in Bagdad will die Lebensmittelrationen für die Bevölkerung ab Dezember weiter kürzen.
    Für diese Maßnahme werden die Vereinigten Staaten verantwortlich gemacht, die aus der Sicht von Diktator Saddam Hussein die Lebensmittellieferungen behindern.
    UNO-Generalsekretär Kofi Annan will sich nicht festlegen, ob er Lockerungen der Sanktionen gegen den Irak empfehlen will.
    Annan muss vor dem Sicherheitsrat bis Montag zum weiteren Vorgehen Stellung nehmen.
    Hilfsorganisationen haben erklärt, die bisherigen Ausfuhrgenehmigungen genügen nicht, um die irakische Bevölkerung vor Hunger zu bewahren.
    Nahe Osten.
    In der von Israel besetzten Sicherheitszone im Südlebanon sind heute früh fünf israelische Soldaten bei einer Explosion verletzt worden.
    Seit Jahresanfang wurden 39 israelische Soldaten in dieser Region getötet, so viele wie seit 1985 nicht mehr.
    Die israelische Armee beschoss nach dem heutigen Vorfall Stellungen der Hisbollah östlich der Hafenstadt Sidon.
    Irland.
    Der oberste Gerichtshof hat einem 13-jährigen Mädchen das Recht zugestanden, außerhalb des Landes eine Abtreibung vornehmen zu lassen.
    Der Richter bestätigte diese Entscheidung einer niedrigeren Instanz, wonach das Kind von dem Freund seiner Familie brutal vergewaltigt worden sei.
    Die Eltern der 13-Jährigen wollten die Abtreibung verhindern.
    Medien berichteten von Selbstmorddrohungen des Mädchens, sollte es das Baby austragen müssen.
    Im streng katholischen Irland sind Abtreibungen illegal, außer das Leben der Mutter ist in Gefahr.
    Wir kommen zum Wetter.
    Grau in Grau präsentiert sich der Himmel über Österreich.
    Sonnenschein ist nicht in Sicht.
    Kurz typisches Novemberwetter.
    Alles Weitere jetzt aber von Herbert Carthas.
    Ja und trüb bleibt es.
    In den nächsten Tagen wird es zumindest im Berg dann sogar winterlich.
    Momentan ist gerade ein Italientief im Entstehen.
    Das Tief selbst bleibt dann über der Adria, aber sein Frontensystem legt sich über die Alpen und bleibt dort eine Weile liegen.
    Dabei mischen sich feucht milde und feucht kalte Luftmassen.
    Und das kann ziemlich große Regen- und Schneemengen bringen.
    Hier nun die aktuellen Meldungen.
    Wien und Eisenstadt bedeckt 5 Grad, St.
    Pölten und Linz leichter Regen 4, Salzburg stark bewölkt 7, Innsbruck stark bewölkt 6, Bregenz stark bewölkt 9, Graz bedeckt 4 und Klagenfurt leichter Regen 3 Grad.
    Sonne gibt es heute also nur wenig, denn es gibt viel Nebel und Hochnebel, aber auch ohne Nebel verdecken ausgedehnte Wolkenfelder die Sonne.
    Und die Wolken werden immer dichter.
    Zeitweise regnet oder schneit es ein wenig.
    In der Nacht intensiviert sich der Regen dann von Süden her.
    Die Schneefallgrenze liegt vorerst meist um 1200 Meter.
    Die höchsten Temperaturen 2 bis 8 Grad, in Vorarlberg auch etwas höher.
    Morgen Sonntag im ganzen Land trüb und regnerisch, wobei es am Alpenhauptkamm und südlich der Font zeitweise stark regnen kann.
    Die Schneefallgrenze sinkt auf 1000 bis 700 Meter.
    Vorsicht, auf vielen Bergstraßen kann sich eine Schneedecke bilden.
    Auf den Bergen frischt das
    Die Temperaturen erreichen meist nur 1 bis 5 Grad.
    Am Montag geht es dann, zumindest mit Pausen, mit Regen und Schneefall weiter.
    Und Schnee ist stellenweise bis auf 400 oder 500 Meter herab möglich.
    Und es wird noch eine Spur kälter.
    Auch für den Rest der Woche zeichnet sich kaltes und feuchtes Wetter ab.
    Man muss immer wieder mit Schneefall rechnen, womöglich auch im Flachland.
    12 Uhr und 8 Minuten wird das gleich die Themen jetzt im Einzelnen.
    Und wir beginnen in unserem Nachbarland Tschechien.
    Aus Protest gegen die Vertuschung einer Parteispendenaffäre haben die Minister der Christdemokraten ihren Rücktritt aus der Koalition erklärt.
    Vor kurzem hat auch die Demokratische Bürgerallianz die Regierung verlassen.
    Dieser Spendenskandal erschüttert vor allem die Bürgerpartei von Ministerpräsident Watzlaff-Klaus.
    Die Dreier-Koalition ist damit zerbrochen, die Regierungskrise perfekt.
    Die Christdemokraten erwarten die Demission der gesamten Regierung, sonst werde man einen Misstrauensantrag einbringen.
    Vaclav Klaus verfolgt diese Entwicklung vom Ausland aus.
    Er nimmt zur Zeit am Treffen der Zentraleuropäischen Initiative in Sarajevo teil.
    Klaus steht mit dem Rücken zur Wand.
    Schon sehen manche die Zeit, den politischen Nachruf auf ihn zu schreiben.
    Aus Prag, Rainer Koch.
    Die Tage der Regierung Klaus sind gezählt.
    So oder ähnlich titelt heute die tschechische Presse.
    Es gilt als sicher, dass der Premier den Auszug der Christdemokraten aus dem Kabinett nicht überstehen wird.
    Die Zeitung Lidovi Novini fand heute sogar schon die Zeit gekommen für einen politischen Nekrolog auf den bis vor kurzem noch unangefochtenen Vaclav Klaus.
    Er stürzte in eine Grube, die er selbst ausgehoben hat.
    Es war ja gerade Klaus, der den Spruch tat, bei der Privatisierung der tschechischen Wirtschaft sei das Tempo wichtiger als die Korrektheit.
    So gerieten viele Unternehmen in eher unsaubere Hände, was ein wesentlicher Grund für die derzeitigen gravierenden ökonomischen Probleme des Landes ist.
    Eine gewisse Skrupellosigkeit machte sich breit und wie sich nun zeigt, hat sie auch die parteipolitische Szene infiziert.
    Das sind jene umgerechnet 2,7 Millionen Schilling an Spenden für die Demokratische Bürgerpartei ODS des Premiers aus dem Jahre 1995.
    Seit einer Woche weiß man, dass der geheim gehaltene Sponsor Ex-Tennis-Star Milan Schreiber ist, dessen Investmentgruppe nach der Zahlung den Zuschlag im Privatisierungspoker um das große Stahlwerk Chinets in Nordmeeren erhielt.
    Das riecht nun sehr nach Schmiergeld.
    Da ist weiter ein geheimes ODS-Konto in der Schweiz, von dem die Prager Presse gestern zum ersten Mal berichtete.
    Am Mittag leugnete Vaclav Klaus dessen Existenz energisch, am Abend nannte sein eigener Innenminister Zinčić-Vodička schon die Summe, die er auf diesem Konto lagert.
    170 Millionen Kronen, knapp 61 Millionen Schilling für tschechische Parteiverhältnisse, ein enormer Betrag.
    Der Premier flog gestern trotz allem relativ gelassen nach Sarajevo.
    Er hat es schon immer perfekt verstanden, unangenehme Realitäten zu ignorieren.
    Doch nun haben sie ihn eingeholt.
    mit dem Ausstieg der Christdemokraten aus dem Kabinett und einem innerparteilichen Aufstand.
    Denn kaum war Klaus abgereist, forderte ihn Finanzminister Ivan Pilip auf, von seinem Amt als ODS-Vorsitzender zurückzutreten.
    Ganz gleich, ob der Premier um die finanziellen Manipulationen wusste oder nicht, er wird seinen Hut nehmen müssen.
    Tschechiens Wähler trauen ihm ohnehin nicht mehr zu, die wirtschaftliche und politische Krise zu bewältigen.
    Heute Mittag tagt der Exekutivrat der ODS, für den Klaus vorzeitig aus Sarajevo zurückkommt.
    Man darf davon ausgehen, dass die Partei ihren Chef schon deshalb fallen lässt, um den Schaden für sich selbst halbwegs zu begrenzen.
    Tritt der Premier zurück, gibt es im Grunde nur zwei Varianten.
    Die Mitte-Rechts-Koalition bildet erneut das Kabinett, dann aber ohne Vaclav Klaus.
    Dafür haben sich auch die Christdemokraten ausgesprochen.
    Oder es werden vorgezogene Neuwahlen ausgeschrieben.
    Gehen die entsprechend den derzeitigen Umfragen aus, dürften die Sozialdemokraten mit der christdemokratischen Partei eine neue Koalition bilden.
    Aus Prag hat Rainer Koch berichtet.
    Angeblich waren es Black-Schilder an Laternenmasten rund um den Big Apple, die Unterrichtsministerin Elisabeth Gera zur jüngsten Initiative inspiriert haben.
    Während eines Aufenthalts in New York hat sie diese Schilder gesehen, der Text darauf Drug-Free Zone, also Drogenfreie Zone.
    Diese Schilder weisen in New York auf eine besondere Schutzzone rund um Schulgebäude hin.
    Wer innerhalb dieses Bereichs mit Drogen erwischt wird, muss mit härteren Strafen als sonst üblich rechnen.
    Das will Elisabeth Gehrer nun auch in Österreich.
    Um jede Schule eine 300 Meter drogenfreie Zone, in der Polizei und Jean-Marie auch öfter kontrollieren sollen.
    Wir haben im Morgenjournal berichtet.
    Nathalie Knaus hat sich in einer Wiener Schule umgehört, was Lehrer, Eltern und Schüler von der Idee halten.
    Die Meinungen gehen bei den Eltern stark auseinander.
    Von nicht machbar bis hin zur Forderung, dass auch das Rauchen von Zigaretten in dieser Zone verboten sein sollte.
    Die 300 Meter Zone ist ein völliger Blödsinn.
    Warum?
    Warum?
    Weil Drogenverkaufen sowieso verboten ist und jetzt macht man noch eine Zone, wo es erst recht verboten ist.
    Die 300-Meter-Zone finde ich sogar, das ist ein bisschen zu wenig.
    Das sollte man ein bisschen breiter machen.
    Also ich bin absolut dafür.
    Man sollte das irgendwie durchziehen.
    Ich hätte diese Drogenfreie-Zone auch ganz gerne, also diese Beschilderung.
    Eine Drogenfreie-Zone rund um Schulen hat nur dann Sinn, wenn diese Szene kontrolliert wird.
    Wenn die Szene nicht kontrolliert wird, ist es völlig unerheblich, ob es Drogenfreizonen rund um die Schulen oder bei Schulen gibt.
    In der Pause versammeln sich viele Schüler im Raucherkeller der Schule.
    Hier oder vor dem Gebäude wurden ihnen noch nie Drogen angeboten, sagen sie alle.
    Außerdem sind die ja jetzt auch schon verboten.
    Harte Drogen sind ja in der Schule so und so nicht erlaubt, auch in ganz Österreich nicht.
    Also würde ich sagen, ist die Drogenfreizone weitaus größer als 300 Meter um die Schule.
    Ich kann mir nicht vorstellen, dass die höheren Strafen, ich glaube, dass da nur die Kriminalität wächst einfach.
    Ich kann mir nicht vorstellen, dass das irgendwie wirklich hilft und dass sich die Leute an irgendwelchen Zonen, die sie gesteckt bekommen, sich daran halten einfach.
    Also wenn es da ein Problem gibt mit den Drogen, dann verschiebt sich das entweder weiter weg als 300 Meter von der Schule oder es verschiebt sich zeitlich hinter die Schule.
    Werner Fröhlich ist Direktor des Realgymnasiums in der Anton-Krieger-Gasse.
    Zum Vorschlag von Ministerin Gehrer meint er... Die Botschaft höre ich wohl.
    Allein mir fehlt der Glaube.
    Also ich denke mal, professionelle Dealer werden sich davon nicht abhalten lassen, denn die werden halt dann ihre Geschäfte außerhalb dieser Zone genauso weitermachen.
    Und worum es in der Umgebung der Schulen hauptsächlich geht, meiner Einschätzung nach,
    um das Mitbringen eines Joints oder um das Ausprobieren irgendwelcher Tabletten und ob man dem Herr wird, mit diesen Methoden, das wage ich zu bezweifeln.
    Nächstes Thema die österreichischen Bundesbahnern.
    Man fährt wieder Bahn.
    Mit diesem Spruch werben derzeit die ÖBB um Kunden.
    Wie ihr Werbespot soll den tatsächlichen und möglichen Fahrgästen Glauben gemacht werden, dass sie dann das gleiche tun wie Arnold Schwarzenegger oder Kommissar Rex.
    Auch der treueste Stammkunde wird bisher weder den Actionman noch den Schäferhund in einem Zugabteil zu Gesicht bekommen haben.
    Dafür haben die ÖBB andere Überraschungen parat, denn was früher unter Kundendienst lief, ist nun mit Kosten verbunden.
    Auch wenn die Broschüre die Bahn im Griff auf diese Kosten hinweist, so sind die Stammkunden verwundert.
    Ein Bericht von Stefanie Waltert.
    Vielleicht ist es manchen Bahnkunden noch gar nicht aufgefallen.
    Das ehemals kostenlose telefonische Fahrkartenbestell-Service der österreichischen Bundesbahnen ist nicht mehr kostenfrei.
    Plötzlich jetzt beginnen die da, wie ich die Fahrkarte abgeholt habe, sagen die plötzlich, ja, so 50 Schilling mehr.
    Eine Schweizer Bahnkundin, die am Bahnhof in Feldkirch ihre telefonisch bestellten Tickets für den Autozug nach Linz abholen wollte.
    Die österreichischen Bundesbahnen, ständig bemüht, den Kundenwünschen zu entsprechen und ihr Service zu verbessern, verlangen seit einiger Zeit 50 Schilling Bearbeitungsgebühr für das ursprünglich kostenlose Fahrkartenbestellservice.
    Dr. Erich Forster, der Leiter Marketing-Personenverkehr der ÖBB.
    Wenn der Kunde ganz knapp vor einer Reise eine Buchung noch durchführen möchte, gibt es auch die Vorbestellung telefonisch mit der Hinterlegung bei einem Schalter.
    Das war über lange Zeit ohne Gebühren und hat in vielen Fällen dazu geführt, dass wir eine ganze Reihe von Bestellungen gehabt haben, die keinen Adressaten gefunden haben bzw.
    die bei uns unabgeholt zurückgeblieben sind.
    Weitere Bearbeitungsgebühren für die zahlreichen anderen Serviceleistungen der Bahn sind dem Marketingleiter nicht bekannt.
    Und auch der Ausreißer im Bereich des Reiseservice wird bald beseitigt sein.
    Denn die Bahn erarbeitet gerade ein neues System, bei dem Tickets nur mehr reserviert und nicht gebucht werden müssen.
    Die österreichischen Bundesbahnen sind am Überlegen, in Analogie zu anderen Großbahnen wie der Deutschen Bahn AG, eine völlig neue Automatengeneration
    zu entwickeln.
    Dort wird dann die Möglichkeit geschaffen werden, über eine bestimmte Codeziffer Tickets ausgegeben zu bekommen.
    Ähnliches erwägt die Bahn nun für ihr neues Computerreservierungssystem.
    Über eine Codenummer kann der Kunde dann seine Karte abrufen.
    Das würde zu einem Wegfall der Bearbeitungsgebühr führen, meint die Werbeabteilung der Bahn.
    Und dieses Computerservice soll in ungefähr sechs Monaten funktionieren.
    Ob es dann kostenlos ist oder nicht, das ist noch nicht bekannt.
    In zwei Tagen, am kommenden Montag, wird das Schengener Abkommen für Österreich in Kraft gesetzt.
    Ein wesentlicher Schritt zu mehr Reisefreiheit innerhalb Europas.
    Bei Flügen innerhalb der neuen Schengen-Länder wird es damit keine Personenkontrollen mehr geben.
    Passagiere werden behandelt, wie bei Inlandsflügen.
    Der Abbau der Grenzkontrollen für Bahn, Auto oder Schiffreisende kommt stufenweise und wird mit Anfang April wirksam.
    Gleichzeitig mit dem Abbau der Binnen-Grenzkontrollen muss die Überwachung der Außengrenzen des sogenannten Schengen-Landes deutlich verstärkt werden.
    Kritiker wie der grüne Europaabgeordnete Johannes Fockenhuber sprechen daher von einer Festung Europa und von einem neuen eisernen Vorhang.
    Das Innenministerium hingegen preist die Vorzüge der Reiserleichterung für die Bürger.
    Wir haben Innenminister Karl Schlögl und den Grünabgeordneten Johannes Fockenhuber zu einer Studiokonfrontation in Sachen Schengen eingeladen.
    Diskussionsleiter ist Robert Stoppacher.
    Guten Tag, ich danke den beiden Herren, dass sie zu uns ins Studio gekommen sind.
    Am Montag wird Schengen für Österreich Wirklichkeit, die große Reisefreiheit beginnt, Reiserleichterungen, eigentlich eine wunderbare Sache.
    Herr Abgeordneter Fockenhuber, was gefällt Ihnen denn nicht?
    Schengen steht natürlich nicht für die Reisefreiheit, sondern für die Blockade der Reisefreiheit.
    Schengen schafft keine gemeinsame Asylpolitik in Europa, sondern es schafft die Festung Europa.
    Es schafft keine Asylpolitik, sondern eine Asylabwehr- und Abschiebepolitik mit einem nicht eisernen, sondern elektronischen Vorhang.
    Bleiben wir gleich bei diesem Punkt, Herr Minister Schlögl.
    Neuer Vorhang, ein elektronischer Vorhang, wie Fogenhuber sagt, ist das nicht ein sehr hoher Preis für die Reiseerleichterungen?
    Nein, das ist kein hoher Preis, weil Schengen drei wichtige Botschaften hat.
    Erste Botschaft, dass Schengen seine Grenzen innerhalb der Europäischen Union öffnet und damit das gemeinsame Europa weiter zusammenwächst.
    Zweite Botschaft, Schengen soll ermöglichen, dass es innerhalb Europas noch sicherer wird, als es derzeit der Fall ist.
    Und drittens eine sehr genaue Kontrolle der EU-Außengrenzen gegen grenzüberschreitende Kriminalität, gegen illegale Einreise und Durchreise durch unser Land.
    Aber keine Festung, kein eiserner Vorhang, sondern eine genaue Kontrolle, damit das Leben der Menschen in unserem Land, aber auch in den anderen EU-Staaten sicherer wird.
    Die heutigen, die uns gewohnten Grenzkontrollen schränken die Bürgerfreiheiten mit Sicherheit wesentlich weniger ein als die Restriktionen des Schengener Vertrages.
    Mit Schleierfahndungen, mit Plan-Quadrat-Aktionen, mit Datenerfassung aller Bürger, wo man manchmal, wenn man in die Tiefe geht, eigentlich die Orwellsche Horrorvision für eine naive Vorstellung hält gegenüber dem, was heute passiert ist.
    Herr Minister, Schengen als unkontrollierter Urlaub?
    Also ich glaube, der Herr Abgeordnete Fockenhuber wird seinem Ruf als politischer Fundamentalist mit seinen Äußerungen, die er hier tätigt, wieder gerecht.
    All das, was er sagt, bestreite ich.
    Ich glaube, dass es nicht richtig ist.
    Ich halte es für notwendig und gut, dass die Mittelstaaten der Europäischen Union eine gemeinsame Asylpolitik machen, dass es hier nach klaren rechtsstaatlichen Grundsätzen vorgeht, dass hier eine Asylpolitik koordiniert wird
    Und Österreich hat eine lange Tradition aus Asylland und das soll auch in Zukunft so behalten bleiben und beibehalten bleiben.
    Zweitens glaube ich nicht, dass das eintritt, was ja angedroht hat und angedeutet hat, dass hier eine zentrale polizeiliche Gewalt installiert wird.
    Gerade das Gegenteil ist der Fall.
    Wir wollen erreichen, dass es starke nationale polizeiliche Arbeit gibt, dass aber eine internationale, eine europaweite Informations- und Zusammenarbeit gibt mit dem Ziel, dass durch eine gemeinsame Zusammenarbeit der Polizeikräfte der Kampf gegen das internationale Verbrechen, gegen organisierte Kriminalität besser geführt wird.
    Die Wahrheit ist eine ganz, ganz andere.
    Stellen Sie sich bitte vor, wenn Sie heute eine Grenze innerhalb von Europa überschreiten wollen, dann müssen Sie im Allgemeinen Ihren Pass herzeigen.
    Das heißt, in der großen Zahl der Fälle nicht einmal das.
    Sie werden heute durchgewunken, das seit vielen, vielen Jahren.
    In Zukunft werden Sie das zwar nicht mehr machen müssen,
    Sie müssen aber damit rechnen, dass innerhalb weniger Kilometer Sie in Schleierfahndungen geraten, Plank-Quadrat-Fahndungen geraten, dass fremde Polizisten in einem Graubereich des Bürgerrechts und des Grundrechtsschutzes Sie über die Grenze verfolgen, Sie über der Grenze observieren.
    Sie müssen damit rechnen, dass Ihre Daten in einen europäischen Datenverbund eingespeichert werden, dass diese Daten an Europol weitergegeben werden, dass es hier keine gerichtlichen und parlamentarischen Kontrollen gibt.
    Da möchte ich nur eines sagen, Herr Minister.
    Bevor ich eine Schengen-Grenze unter diesen Bedingungen als freier Bürger überschreiten will, zeige ich gerne zehnmal meinen Pass her, wie gehabt.
    Herr Minister.
    Ich glaube, jedem muss klar sein, dass mit einer Öffnung der Grenzen auch gewisse zusätzliche Sicherheitsrisiken sind, weil jede Grenze bisher die Funktion auch gehabt hat, die Einreise von Kriminellen, die mögliche grenzüberschreitende Kriminalität ein wenig zu behindern.
    Wenn es eine frei offene Grenze gibt, darf das nicht zu weniger Sicherheit führen.
    Darum ist es notwendig und wichtig,
    dass in einer Art Schleierfahndung entlang der traditionellen bisherigen Grenzen die nationalen Polizeikräfte eventuelle Kriminalität, die über die Grenzen hinaus wandert, versucht einzuschreiten und dagegen vorzugehen.
    Und darum halte ich die grenzüberschreitende gemeinsame Fahndung für sehr, sehr wichtig und notwendig mit dem Ziel, Kriminalität wirklich
    und wirksam bekämpfen zu wollen.
    Und ich habe den Verdacht, dass offensichtlich dem Abgeordneten Fockenhuber dieses Recht und diese Notwendigkeit nicht so wichtig ist.
    Es geht in ganz Europa um ein großes Spannungsfeld von
    Lauschangriff bis Europol, von Schengen bis zur Rasterfahndung.
    Ob eine Polizei, die sich immer mehr rechtsstaatlichen, parlamentarischen und gerichtlichen Kontrollen entzieht, ob eine solche Polizei in Europa die Grundrechte, die sie beschützen und bewahren soll, nicht mehr beschädigt,
    als bisher.
    Das ist genau der Punkt.
    Und Sie haben sich hier ohne Parlamente, ohne Gerichte ein Maß an Handlungsfähigkeit arrogiert, das mit dem Status eines demokratischen Rechtsstaates, der Pflicht zum Schutz der Grund- und Bürgerrechte, nicht vereinbar ist.
    Herr Stögl, der Herr Abgeordnete hat begonnen, Sie haben das Schlusswort.
    Wichtigste Botschaft ist, dass Schengen für Österreich mehr Sicherheit bedeuten soll, dass Schengen für Österreich bedeuten soll mehr Reisefreiheit, Bewahrung der Grundrechte, Bewahrung der demokratischen Rechte.
    Es gibt in keiner Weise irgendeinen Anlass daran zu zweifeln, dass durch Schengen die Grundrechte eingeschränkt werden.
    Gerade im Gegenteil.
    Und ich bin gerne mit Ihnen bereit, in einem Jahr wieder darüber zu diskutieren und Sie werden sehen, dass ich recht behalten habe, weil wo sind die Grundrechte in den anderen Schengen-Staaten, die seit einigen Jahren schon Mitglied sind, eingeschränkt worden?
    In keiner Weise.
    Ganz massiv.
    Ganz massiv.
    Man sieht, Schengen birgt auch einigen Diskussionsstoff in sich.
    Ich bedanke mich bei beiden Herren fürs Kommen.
    Robert Stoppach war das, der mit Innenminister Karl Schlögl und dem grünen Abgeordneten Johannes Fockenhuber über Pro und Contra Schengener Abkommen diskutiert hat.
    Am 1.
    Jänner 1995 sind Österreich, Schweden und Finnland nach zehnten Teilverhandlungen und Volksabstimmungen in allen drei Ländern der Europäischen Union beigetreten.
    Drei Staaten, die sich von ihrer Bevölkerung, ihren Sozialstandards oder durch ihren neutralen Status durchaus ähnlich sind.
    Marschierte man anfangs ziemlich im Gleichschritt, so ist es in letzter Zeit relativ still geworden, was eine gemeinsame Strategie innerhalb der EU anbelangt.
    Und man weiß auch nicht mehr allzu viel vom jeweils anderen.
    Auch um dieses Informationsdefizit zwischen den drei neutralen Beitrittsländern ein wenig zu beheben, hat das Österreichische Institut für Internationale Politik gemeinsam mit der Verwaltungsakademie in Wien gestern und heute eine Tagung über Erfahrung seit dem EU-Beitritt abgehalten.
    Wirtschaftsexperten und Meinungsforscher aus Schweden, Finnland und Österreich haben daran teilgenommen.
    Helmut Opletal hat einige um ihre Bilanz gefragt.
    Gleich vorweg, die Wirtschaftsfachleute konnten ziemlich wenig konkrete Auswirkungen benennen, die in den drei Ländern jetzt schon auf den EU-Beitritt zurückzuführen sind.
    Und die Tendenzen sind auch unterschiedlich.
    Deutlich gesunkene Lebensmittelpreise in Finnland und Österreich etwa, nicht aber in Schweden, Einbußen für die Landwirtschaft, gleichzeitig aber positive Struktureffekte.
    Doch viele der Veränderungen bei Exporten oder auf dem Arbeitsmarkt
    kann man in allen drei Ländern auch der Öffnung Osteuropas, globalen Wirtschaftstrends oder etwa der Abwertung der Währungen in Finnland und Schweden zuschreiben.
    Die Ökonomen brauchen jedenfalls eine längere Perspektive, resümiert Professor Fritz Preuß von der Wiener Wirtschaftsuniversität.
    Also die Ökonomen reden eher über mittel- bis langfristige Effekte und das ist immer das Problem, dass diese lang- und mittelfristigen Effekte, die man errechnet hat, sozusagen hier in der Kampagne vor der
    Volksabstimmung als kurzfristig eintretende Effekte postuliert hat.
    Und die sind natürlich nicht eingetreten.
    Das heißt, mehr Wirtschaftswachstum, mehr Beschäftigung usw.
    ist nicht eingetreten.
    Auch die Vertreter von Schweden und Finnland haben gezeigt, dass kurzfristig kaum positive Wachstumseffekte oder Beschäftigungseffekte durch den EU-Beitritt eingetreten sind.
    Unter der Bevölkerung ist die EU-Stimmung in Schweden besonders negativ.
    Nur 40 Prozent befürworten heute die EU-Mitgliedschaft.
    50 Prozent der Schweden wehren für einen sofortigen Austritt.
    Das hat mit der sozialen Krise des einstigen Wohlfahrtsstaates genauso zu tun wie mit einem tiefen Misstrauen gegen Politiker im Allgemeinen und auch konkreten, unerfüllten Erwartungen, berichtet der Stockholmer Meinungsforscher Toivo Sjoeren.
    Seit mehr als drei Jahren, seit der knappen Volksabstimmung für einen EU-Beitritt, wächst die negative Einstellung der Schweden.
    Man hatte große Erwartungen, was die EU-Mitgliedschaft alles verändern würde.
    Die Politiker haben viele Vorteile versprochen, die die Mitgliedschaft dem schwedischen Volk bringen würde.
    Doch vieles ist nicht eingetreten, etwa, dass die Arbeitslosigkeit sinken würde.
    Aber das ist natürlich nicht der Fall.
    Generell gilt in allen drei Ländern, was die EU betrifft, bleiben die Gesellschaften in zwei Lager gespalten.
    In die mobilen, erfolgreichen, die Jugendlichen in den Städten, die gute Zukunftsperspektiven sehen.
    Sie sind überwiegend für die EU.
    Während sozial benachteiligte Ältere, vorwiegend im ländlichen Bereich Lebende, weiterhin große Skepsis zeigen.
    In Finnland, so der Sozialforscher Peter Ekholm aus Helsinki, ist das genauso zu spüren.
    Ich denke, die Finner sind sehr zufrieden mit der Mitgliedschaft.
    Ich glaube, die Finnern sind im Grunde für die Mitgliedschaft.
    Sie ziehen eine positive Bilanz.
    Aber sie haben Zukunftsbedenken über die Europäische Währungsunion und die Osterweiterung, die besonders große Sorgen verursacht.
    Die Finnern haben Angst, ihre Wettbewerbsvorteile etwa aus der Landwirtschaft zu verlieren.
    Sie haben Angst, mehr Mitgliedsbeitrag an die EU zahlen zu müssen und dass auch die Entscheidungsprozesse in Brüssel noch komplizierter werden.
    Und sie fürchten sich natürlich auch vor neuen mobilen Arbeitskräften aus Osteuropa.
    Ein überraschendes Ergebnis daher, während man in Schweden und zum Teil auch in Österreich der Osterweiterung durchaus positiv gegenübersteht, lehnt eine Mehrheit der Finnern sogar einen Beitritt der baltischen Nachbarstaaten ab.
    Helmut Opplethal hat informiert, 12.30 Minuten ist es jetzt genau halb eins.
    Seit etwa fünf Jahren gibt es in Graz-Eckenberg eine Unterkunft für illegale Ausländer, in der diese Menschen von der Polizei weitgehend in Ruhe gelassen übernachten können.
    Und morgen feiert das sogenannte Winzidorf, eine Containersiedlung für obdachlose Inländer, seinen vierten Gründungstag.
    Hinter diesen und österreichweit etwa 40 weiteren Projekten steht der Lazaristenpater Wolfgang Pucher.
    Allein in Graz versorgen er und freiwillige Helfer jeden Tag annähernd 200 dieser Armen am Rande der Gesellschaft mit dem Nötigsten.
    Vieles wird aus Spendengeldern finanziert.
    Mit fast übermenschlicher Energie setzt sich der 58 Jahre alte Pfarrer für diese Menschen ein und übersieht dabei schon einmal die eine oder andere Vorschrift.
    Wolfgang Pucher ist ein gefragter Mann, pausenlos läutet sein Mobiltelefon.
    Trotzdem hat er sich für uns ein wenig Zeit genommen.
    Wolfgang Klein hat den Pfarrer von St.
    Vinzenz in Graz besucht, und zwar für unsere Samstagsserie.
    Im Journal zu Gast.
    Herr Parapucha, Sie feiern jetzt in diesen Tagen einige Jubiläen.
    Fünf Jahre Vinci Nest, vier Jahre Vinci Dorf sind Initiativen für Obdachlose, Ausländer und Bettler.
    Wie hat das alles begonnen?
    Der Anfang war im Jahr 1990.
    Da hat sich in Eggenberg, das ist ein Stadtbezirk von Graz, eine Gemeinschaft von jungen Leuten gebildet, die sogenannte Jugend-Vinzenz-Gemeinschaft Eggenberg.
    Und diese junge Gruppe hat als ihr Ziel gesetzt gehabt, in Graz den Obdachlosen am Abend belegte Brote und Tee zu bringen.
    Und dadurch entstand das sogenannte Vinzipus.
    Und bei diesem Ausfahren jede Nacht ist im Winter 1991-92 am Grazer Bahnhof eine Situation entstanden, die die Mitreisenden und Mitfahrenden beim Minzipus nicht mehr ertragen konnten.
    Da gab es etwa 40 bis 50 Ausländer, die am Bahnhof schliefen in Waggons, in Bauhütten.
    und die nach dem Stand des Rechts illegal in Österreich waren.
    Erst im Frühjahr, besser gesagt im Mai 1992, hatten wir dann die Gedanken, Zelte aufzustellen.
    Und da sind dann 101 Personen untergekommen und dieses sogenannte Winzi-Zelt war der Anfang einer größeren Bewegung.
    Die Zelte, die wir damals aufgestellt haben und die eigentlich ohne Genehmigung dort standen, haben bei der Bevölkerung Angst ausgelöst.
    In der ersten Phase ist eine große Aggression gegen uns losgebrochen und wir hatten das Gefühl, dass wir das nicht durchstehen würden.
    Und wir haben im selben Herbst eine Industriehalle gefunden.
    Sie wurde uns kostenlos zur Verfügung gestellt und dort haben wir ein Quartier für illegale Ausländer eingerichtet, ein Nachtquartier, das sogenannte Wienzynest.
    Dort sind bis zu 60 Menschen in der Nacht untergebracht.
    Und wir haben dort erreicht, dass die Polizei bereit ist, dieses Quartier zu tolerieren.
    Ist der Umgang mit der Polizei, immerhin beherbergen Sie dort ja illegale Ausländer, ist der Umgang mit der Polizei da nicht manchmal auch schwierig?
    Ich kann momentan sagen, dass wir ein gutes Verhältnis zur Polizei haben und die Polizei auch versteht, was wir vorhaben.
    Wir wollen keine Gesetze brechen, sondern wir wollen die Sicherheit der Grazer Bevölkerung mithelfen zu gewährleisten.
    Auf der anderen Seite ist es natürlich so, man hat den Eindruck, dass es eine organisierte Suche
    nach diesen Menschen gibt.
    Aber es ist vom Psychologischen her in unserem Land eine Art Jagdatmosphäre da.
    Holt sie euch die Leute, nehmt es euch, bringt es weg.
    Sie fühlen sich wirklich wie das Letzte in unserer Gesellschaft.
    Und ich finde, das kann doch nicht wirklich das Einzige sein, was uns einfällt.
    Herr Pfarrer, jetzt gibt es viele Menschen in Österreich, die sagen, wir können eben nur eine begrenzte Zahl von Ausländern in Österreich aufnehmen.
    Das kann ich verstehen, aber erstens bin ich der Meinung, dass diese Grenze noch lange nicht erreicht ist.
    Da bin ich felsenfest davon überzeugt.
    Zweitens, es geht mir darum, dass jene Menschen, und das habe ich vorhin schon betont, die ohnehin schon hier sind, die als Schwarzarbeiter, sagen wir es einmal, so ist es ja, bereits integriert sind in unserer Gesellschaft, dass man nur das, was sie schon tun, auf einen gesetzlich erträglichen Stand bringt, also legalisiert.
    Die Menschheit ist bitte eine Einheit.
    Es hat niemand ein Recht darauf zu bestehen, zu sagen, dieses Stück Land oder dieser Berg oder diese Ressourcen gehören uns, meiner Familie oder meiner Gesellschaft ganz allein.
    Nach dem Krieg, bitte, sind aus Österreich 300.000 Menschen ausgewandert und haben das Gleiche getan.
    Wir betrachten diese ja auch nicht als Verbrecher oder als Vaterlandsverräter.
    Sie werden heute hoch geachtet bei uns zu Hause empfangen, wenn sie auf Besuch kommen.
    Warum darf das nicht ein Mensch tun, der aus einem ganz armen Land kommt?
    Herr Pfarrer, Vinci Nest, dieses Nest, wo illegale Ausländer einfliegen sozusagen für die Nacht und das Nest in der Früh wieder verlassen, wie kann man sich das vorstellen?
    Es ist eine ehemalige Strickerei, die zehn Jahre lang leer gestanden hat und dort haben wir einfach Betten aufgestellt, eins neben dem anderen.
    Zwischen den zwei Betten ist jeweils ein Sessel und das ist alles.
    Ein weiteres Projekt von Ihnen, Herr Pfarrer, ist das Vinci Dorf.
    Wie ist das entstanden und wie schaut das aus?
    Zuerst möchte ich noch einmal betonen, es ist nicht mein Projekt, sondern ein Projekt der Wienseinsgemeinschaft Eggenberg.
    Die Idee Wienseedorf ist nicht die Containersiedlung, die jetzt aus 26 Containern besteht, wo Platz ist für 40 Leute, sondern die Idee ist die,
    dass man hier Menschen so lässt, wie sie sind, dass sie ihren Alkohol mitnehmen dürfen und dass sie ihn hier auch konsumieren dürfen, damit sie nicht wieder gezwungen sind, im Freien zu schlafen und möglicherweise dort zu erfrieren.
    Das heißt, das Vinci-Dorf ist eine spezielle Einrichtung für obdachlose Inländer?
    Ausnahmslos für Inländer.
    und ausnahmslos für Menschen, die von keiner anderen Institution in ihre Herberge aufgenommen werden.
    Es gibt noch eine dritte Einrichtung bei Ihnen hier in Graz und zwar der sogenannte Winzitreff, eine Auffangstätte für Bettler in Graz.
    Nicht nur Bettler, bitte, sondern eine Begegnungsstätte für jeden Hilfesuchenden, der woanders nichts findet, mit Leuten, die bereit sind, Hilfe zu gewähren.
    Die Bettler haben sich nur besonders angesiedelt, weil die in Graz in besonderer Weise in den Hintertreff geraten sind und weil sie niemand haben wollten und sie in den WC-Anlagen der Stadtgemeinde geschlafen haben.
    Und damit sie dort nicht schlafen müssen, haben wir sie in den Winzetreff aufgenommen.
    Das Leben hier in Graz für Bettler ist offensichtlich nicht leicht.
    möglicherweise auch wie in anderen Städten.
    Es gibt immer wieder Zusammenstöße mit der Polizei.
    Es beginnt damit, dass Reisepässe von Polizisten, es soll einer gewesen sein, eine Einzelperson, beschädigt wurden, so sehr beschädigt, dass sie ungültig sind, oder dass ein anderer an den Haaren von seinem Sitzplatz hochgezogen wurde,
    das Kärtchen heruntergerissen wurde, aber ich muss sagen, das waren Einzelfälle.
    Das Schlimmere sind ja jene gehässigen, breiten Strömungen, die unübersehbar sind, wo diese Menschen zu Untermenschen gestempelt werden.
    Und auch in Gesprächen mit Gegnern dieser Bettler erfährt man, dass es ihnen eigentlich ganz egal ist, wie es diesen Menschen dort geht.
    Er will ihn einfach nicht sehen.
    Ich halte es für absolut notwendig, dass eine Gesellschaft, wie die unsrige es ist, wo es uns noch gut geht, Menschen, denen es ganz, ganz schlecht geht, nicht nur in der Ferne unterstützt werden, das ist auch gut,
    sondern dass man sie auch vor seinen eigenen Augen sieht.
    Wir haben als Christen, glaube ich, die schlimmste Sünde, die Sünde der Distanz.
    Dass wir den Menschen, den wir vielleicht auch unterstützen möchten, uns vom Leibe halten wollen.
    Er soll uns nicht zu nahe kommen.
    Denn kaum kommt er uns näher, sehen wir ihn,
    reden wir mit ihm, dann werden wir hineingezogen in sein Leben.
    Und da scheuen sich sehr viele.
    Und gerade in dieser Vorweihnachtszeit, wo Menschen oft in unserer Gesellschaft tatsächlich noch im Überfluss leben und Geschenke suchen, die sie überhaupt nicht brauchen und die keiner braucht,
    und wo sie ihre großen Pakete hin und her schleppen, dass da am Boden vor ihnen jemand sitzt und zeigt, du, ich wäre schon froh, wenn ich ein paar neue Schuhe hätte für meine Kinder zu Hause oder wenn ich etwas mehr zum Essen hätte.
    Und da tut es uns gut, solche Menschen vor Augen zu haben, die Gesunden bedürfen des Kranken, um selber gesund zu bleiben.
    Das ist ein Ausspruch von Vinzenz von Paul.
    Und das gehört in eine Gesellschaft hinein.
    Motiviert sind Sie ja einerseits als Lazarist von diesem Vinzenz von Paul, den Sie gerade erwähnt haben, andererseits geht diese winzige Bewegung aus von Friedrich Osanam, der kürzlich selig gesprochen wurde.
    Friedrich Osanam hat im vorigen Jahrhundert gelebt und war als hochintelligenter junger Student
    in Paris entsetzt und erschüttert, wie die Christen und die Kirche als Ganzes zuschaut und nichts tut und unfähig ist, wie Menschen in Not und Elend geraten in dieser neu aufkommenden Industriegesellschaft.
    Und ihm war bewusst, dort gehören wir hin.
    Die Kirche gehört zu den Armen.
    Er hat zwölf Jahre vor Karl Marx Forderungen aufgestellt, die den Forderungen von Karl Marx sehr ähnlich sind.
    Gleichberechtigung der Arbeiter am Arbeitsplatz mit dem Arbeitgeber im Blick auf die Produktionsmittel.
    Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit als Forderungen des Evangeliums.
    Dann Ausbildung für Arbeiter und Arbeiterkinder.
    Er war der Erfinder der Volkshochschulen, hat mit seinen Kollegen an der Universität Schulen eingerichtet, Abendschulen für Arbeiter und so weiter.
    Und diesen Mann hat dann Papst Johannes Paul II.
    am 22.
    August dieses Jahres selig gesprochen.
    Und es war für mich eine große Freude.
    Und es war für mich mehr als die Seligsprechung, als ich in der Zeitung der französischen Kommunisten, L'Humanité, einen dreiviertelseitigen Artikel über Frédéric Osanam las.
    wo sie ihm ein Kompliment gemacht haben und mitgeteilt haben, den Kommunisten in Frankreich, das ist ein Mensch, so wie er sein soll.
    Das ist eigentlich mehr, als wenn ein Papst sich hinstellt und sagt, das ist ein Seliger, ein Heiliger.
    Herr Pfarrer Bucher, Sie setzen sich sehr vehement ein für Außenseiter dieser Gesellschaft.
    Wir haben es erwähnt, für Bettler, für Ausländer, für Obdachlose.
    Sie kämpfen für Ihre Rechte, machen Sie sich nicht manchmal auch unbeliebt?
    Wer das Evangelium ernst nimmt und sich bemüht, nach diesem Evangelium etwas weiterzubringen, der wird sich immer unbeliebt machen müssen.
    Diese Auseinandersetzung bleibt ihm nicht erspart.
    Denn das Evangelium ist nicht eine kuschelweiche Kiste, in die man sich hineinlegen kann und sich persönlich wohlfühlen kann in seiner Frömmigkeit, sondern das Evangelium hat Sprengstoff.
    Herr Pfarrer, Weihnachten steht vor der Tür.
    Haben Sie auch einen Wunsch an die Politik, an die Politiker?
    Es sollte jedem Einzelnen ganz klar im Bewusstsein sein, dass er nicht für sich oder für seine Gruppe da ist, sondern für die Menschen da ist und vor allem für den Einzelnen und für den Kleinen.
    Und der Blick auf den Kleinen und auf den Schwachen, der scheint mir in der Politik nicht gegeben zu sein.
    Ich darf das ganz offen sagen, ich habe mich riesig gefreut, als unser jetziger Bundespräsident nach seiner Wahl damals erklärt hat, ich werde mich in unserer Gesellschaft der Schwächsten und der Unterprivilegiertesten annehmen.
    Auf die Erfüllung dieses Wortes warte ich in der ganzen Politik.
    Herzlichen Dank für das Gespräch.
    Danke.
    Bei Wolfgang Klein im Journal zu Gast war Wolfgang Pucher, Pfarrer von Graz samt Vinzenz.
    In den Nahen Osten jetzt.
    Der 29.
    November ist ein wichtiges Datum in der Geschichte Palästinas.
    Heute, vor genau 50 Jahren, haben die Vereinten Nationen beschlossen, das Land in einen jüdischen und in einen arabischen Staat zu teilen.
    Jerusalem sollte ein internationales Gebiet unter UNO-Verwaltung werden.
    Mit dieser Lösung wollte die Vollversammlung die jahrelangen gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Juden und Arabern beenden, denen Großbritannien nach 26 Mandatsjahren und am Ende des Zweiten Weltkrieges nichts mehr entgegenbringen konnte.
    Auch das Faktum des Holocaust hat die UNO-Entscheidung beeinflusst, die Juden sollten einen sicheren Platz bekommen.
    Die arabischen Staaten, damals waren es sechs, stimmten gegen die Resolution.
    Palästina sollte ihrer Meinung nach arabisch bleiben.
    Im Folgenden lässt Ben Segenreich die vergangenen 50 Jahre im Zeitraffer Revue passieren.
    Der 29.
    November vor genau 50 Jahren war wie heute ein Samstag.
    Die Publikumsgalerie war zum Bersten voll in der umgebauten Eissportale in Flushing Meadow, New York, wo die gerade zwei Jahre alte UNO ihren provisorischen Sitz hatte.
    Ihr war die heiße Kartoffel Palästina zugeworfen worden, sie sollte nun im Nahen Osten Schicksal spielen.
    Tausende Juden und Araber hörten jenseits des Atlantiks atemlos im Radio mit, wie der brasilianische Versammlungsvorsitzende Oswaldo Aranha nach zwei Verschiebungen endlich das Zeichen zur Abstimmung gab.
    In alphabetischer Reihenfolge wurden die Nationen aufgerufen.
    Afghanistan.
    Nein.
    Argentinien.
    Argentinien.
    Australien.
    Ja.
    Belgien.
    Die Araber waren gegen die Teilung Palästinas, die Juden dafür, weil sich dadurch ihr Traum von einem eigenen Staat erfüllen würde.
    Die letzten Tage vor dem 29.
    November hatten eine der forschesten Pressionskampagnen gebracht, die die UNO je gesehen hat.
    Jede Seite zählte hektisch die sicheren und nicht so sicheren Stimmen.
    Sein oder Nichtsein schien von einigen entlegenen Ländern wie Haiti oder den Philippinen abzuhängen.
    Man ließ die ausgefallensten Beziehungen spielen.
    Liberia etwa wurde durch Firestone überzeugt, für die Teilung zu votieren.
    Die amerikanische Reifenfirma hatte gedroht, ihre Investitionen abzuziehen.
    Gideon Raphael, 84 Jahre alt, ist einer der letzten lebenden Akteure des Dramas.
    Der gebürtige Berliner hat danach eine glänzende Diplomatenkarriere gemacht und wurde israelischer UNO-Botschafter.
    In Flushing Meadow war er als einer der jüdischen Delegierten dabei.
    Wo hat man vor der Abstimmung noch den Hebel angesetzt?
    Überall, in Frankreich, in Belgien.
    das heißt in Westeuropa, in Brasilien.
    Man hat versucht Argentinien umzustimmen, die haben sich dann enthalten.
    von Feuer und Blut sein.
    Die Juden hingegen fühlten sich, als wäre der Messias gekommen, in Palästina tanzten sie auf den Straßen.
    Doch am Tag nach der Ausrufung des Staates griffen fünf arabische Armeen Israel an.
    Der Krieg, den die Israelis ihren Unabhängigkeitskrieg nennen, sollte acht Monate dauern.
    Am Ende war der jüdische Staat um 50 Prozent größer, als die UNO ihn vorgesehen hatte.
    Rund 600.000 Araber flohen oder wurden vertrieben, je nach Auslegung, die Wurzel eines immer noch ungelösten Flüchtlingsproblems.
    Für die palästinensischen Araber war der UNO-Beschluss einfach unannehmbar.
    Im Rückblick haben sie aber eine große Chance verschenkt, denn sie hätten auf friedlichem Weg einen Staat bekommen können und das auch viel mehr Territorium, als sie heute nach 50 Jahren Kampf auch nur zu fördern waren.
    War der Beschluss vom 29.
    November 1947 im Rückblick wirklich so wichtig, wodurch der Ausgang letztlich durch Waffengewalt entschieden wurde?
    Wäre der jüdische Staat nicht in jedem Fall entstanden?
    Fahrzeuge, dass die Vereinten Nationen uns sozusagen den Geburtsschein ausgestellt haben, hat natürlich unsere internationale Position
    die für uns natürlich sehr notwendig war, verstärkt.
    Die Juden hatten die Gunst des historischen Augenblicks ausgenutzt.
    Die Teilung Palästinas war wohl die letzte geopolitische Entscheidung nach dem Weltkrieg, die von den USA und der Sowjetunion gemeinsam getragen wurde.
    Wenig später wäre das nicht mehr möglich gewesen, da herrschte Kalter Krieg.
    Doch 50 Jahre nach dem Teilungsbeschluss ist die Teilung Palästinas noch nicht vollendet.
    Eben in diesen Tagen wird wieder darum gefeilscht, ob Israel in der nächsten Rückzugsphase den Palästinensern 6, 12 oder 30 Prozent des Westjordanlands übergeben soll.
    Wo im Endstadium die Grenzen verlaufen werden, will Gideon Raphael nicht prophezeien, aber er ist überzeugt, dass der Friede unterwegs ist.
    Wenn es nicht zu einer Einigung kommt, dann kommt es nochmal zu einem militärischen Zusammenstoß in der Form oder in einer anderen Form.
    Und enormen Schwierigkeiten für beide Seiten, hauptsächlich natürlich auch für Israel.
    Und was wird es sein nach einer neuen militärischen Auseinandersetzung?
    Nichts anderes als vorher war.
    12.49 Minuten ist es gleich, Kulturzeit jetzt im Mittagschanal.
    Ungewohnt und innovativ, das sind zwei Bezeichnungen für die jüngsten Produktionen im Theater an der Josefstadt.
    Die nächste Premiere am kommenden Donnerstag soll vor allem dem angestammten Publikum wieder Gewohntes bringen.
    Auf dem Programm steht Nestroys Posse – Höllenangst.
    Theaterdirektor Helmut Lohner selbst führt Regie.
    Für die Hauptrollen hat er zwei sichere Bühnenlieblinge zur Verfügung, Otto Schenk und Karl-Heinz Hackl.
    Maria Rennhofer war bei einer Höllenangstprobe dabei.
    Enttäuschung über die gescheiterte Revolution von 1848 und eine Persiflage auf den Aberglauben seiner Zeit hat Nestroy in seine Posse Höllenangst verpackt und mit dem Flickschuss der Pfriem eine Paraderolle für Otto Schenk, der nun nach Ende seiner Ära als Direktor wieder als Schauspieler an der Josefstadt zu sehen ist.
    Ich bin jetzt so viel auf der Bühne gestanden als Direktor und stehe jetzt total ausgenützt immer wieder auf der Bühne, dass da gar kein Übergang ist.
    Für mich ist das ganz egal.
    Gemeinsam mit Bühnensohn Wendelin alias Karl-Heinz Hackl sieht Pfriem in einem Labyrinth aus geheimen Verbrechen der Vergangenheit, politischen Intrigen hochgestellter Personen und der eigenen Armut nur mehr im Pakt mit dem Teufel den Ausweg.
    Bei mir rentiert sich eine Teufelsverschreibung nicht mehr.
    Wieso?
    Aber wenn ich so jung wäre, wie du, meiner Seele, ich wüsste nicht, was ich täte mit meiner Seele.
    Sei so gut!
    Rede ihm doch zu!
    Da braucht es ja kein Zureden, Mutter.
    Wenn ich nur wüsste, ob es einen gibt und wie man ihn ruft, dass es einen gibt, einen Teufelsverschreibung.
    Hausherr und Regisseur Helmut Lohner hat Nestroy aber keineswegs nur als Versöhnung für jene Abonnenten auf den Spielplan gesetzt, die sich durch die jüngsten Produktionen von Hausherzenstod und Friederike Roths das Ganze ein Stück irritiert fühlen.
    Der Nestroy steht am Spielplan, weil wir
    mit dem Jahr 98 an 1848 an die Entstehungszeit dieses Stückes erinnern wollten.
    Also die einzige wirklich furchtbar ernsthafte Revolution, die komischerweise auch noch dazu eine Biedermeier-Revolution, die da in Österreich entstanden ist.
    Hinter der Posse steht die scharfe politische Satire, die wohl bei der Uraufführung trotz auslassens allzu radikaler Stellen zum Misserfolg geführt hatte.
    Denn neben den irrwitzigen Situationen, die sich aus der Verwechslung eines durchaus honneten nächtlichen Liebhabers mit dem leibhaftigen Teufel ergeben, enthält das Stück eine Brisanz, die Karl-Heinz Hackl für durchaus aktuell hält.
    Es ist zum ersten Mal, dass das Wort Kommunist fällt in diesem Stück.
    Wir haben es zwar ausgegraben, es ist in irgendeiner Fassung enthalten,
    Und damals konnte Nestor es nicht zur Aufführung bringen, also diesen Monolog.
    Und ich persönlich bin der Meinung, dass wenn wir nicht wirklich alles tun, um dieses Armreich auszugleichen in der heutigen Zeit, dass wir da wieder dorthin kommen, wo viele meinen, das ist ein für alle Mal weg aus der politischen Szene.
    Angesichts dessen scheint sogar das Theater zu resignieren und sich auf ironische Couplet-Strophen zurückzuziehen.
    Ach, ich hab meiner Söhne in meinem Leben wohl schon so tausend Couplet-Strophen gegeben.
    Und die Welt ist mit knallroten Ohren.
    Neben Karl-Heinz Hackl und Otto Schenk spielen in Nestreu's Höllenangst unter anderem noch Elfriede Ramhab, Harkon Hirzenberger und Maria Köstlinger.
    Premiere ist nächsten Donnerstag.
    Soweit Maria Rennhofer zur Nestle-Posse Höllenangst im Theater in der Josefstadt.
    Premiere, wie gesagt, am kommenden Donnerstag, 4.
    Dezember.
    Bei uns jetzt noch einmal die wichtigsten Meldungen im Überblick.
    Tschechien.
    Ministerpräsident Václav Klaus steht vor dem Ende seiner Regierung.
    Nach der christlich-demokratischen Volkspartei hat heute auch die liberale Demokratische Bürgerallianz der kleinste Koalitionspartner angekündigt, dass sie das Kabinett verlassen werde.
    Damit sind die Chancen des Regierungschefs für ein politisches Überleben auf Null gesunken.
    In Prag wird erwartet, dass Klaus noch heute seinen Rücktritt bekannt gibt.
    Dann muss das gesamte Kabinett zurücktreten.
    Ausgelöst wurde die Krise durch eine Parteispendenaffäre in der Demokratischen Bürgerpartei von Klaus.
    Der tschechische Regierungschef hält sich derzeit anlässlich des Treffens der Zentraleuropäischen Initiative in Sarajevo auf.
    Er wird noch für heute Nachmittag in Prag zurückerwartet.
    Klaus hat bisher jede Stellungnahme zu der Krise verweigert.
    Bosnien-Herzegowina.
    Die weitere Präsenz der SV-Truppe in Bosnien scheint gesichert.
    Die derzeit in Sarajevo versammelten Regierungschefs der Zentraleuropäischen Initiative sind nahezu einhellig der Meinung, dass das Mandat der internationalen Schutztruppe für Bosnien-Herzegowina verlängert werden muss.
    Bundeskanzler Klima erklärte, bei der Fortführung des Einsatzes der SV oder deren Nachfolgetruppe werde Österreich auf alle Fälle dabei sein.
    Außenminister Schüssel bedauerte in der informellen Ministerrunde gravierende Mängel bei der Umsetzung des Dayton-Abkommens im zivilen Bereich.
    Schüssel ist am Vormittag aus Sarajevo abgereist, Klima wird am Nachmittag in den Nahen Osten aufbrechen.
    Zunächst kommt Klima nach Kairo.
    Irak.
    Baghdad hat heute einen weiteren Aufklärungsflug der USA über seinem Gebiet gemeldet.
    In der Nachrichtenagentur INA heißt es, ein Spionageflugzeug sei von der irakischen Luftabwehr vom Einflug bis zum Ausflug aus dem irakischen Luftraum überwacht worden.
    Der Irak hat mehrmals mit dem Abschuss der amerikanischen Flugzeuge gedroht, die im Auftrag der UNO die Rüstungskontrolle im Irak unterstützen.
    Die Regierung in Bagdad will die Lebensmittelrationen für die Bevölkerung ab Dezember weiter kürzen.
    Für diese Maßnahme werden die Vereinigten Staaten verantwortlich gemacht, die aus der Sicht von Diktator Saddam Hussein die Lebensmittellieferungen behindern.
    UNO-Generalsekretär Kofi Annan will sich nicht festlegen, ob er die Lockerung der Sanktionen gegen den Irak empfehlen will.
    Nach Meinung von Hilfsorganisationen sind die bisherigen Ausfuhrgenehmigungen nicht ausreichend, um die irakische Bevölkerung vor Hunger zu bewahren.
    Österreich.
    Das Oberhaupt der Weltorthodoxie, Patriarch Bartholomäus I. von Konstantinopel wird im kommenden Jahr Österreich besuchen.
    Die steht nun endgültig nach einem Besuch des Wiener Erzbischofs Schönborn bei den Patriarchen fest.
    Schönborn koordiniert auch die Vorbereitungen für den dritten Pastoralbesuch des Papstes in Österreich und er hat Bartholomäus eingehend über den Verlauf der Papstvisite informiert.
    Das Wetter heute bewölkt, nebelig, wenig Sonne, Höchsttemperaturen 2 bis 6 Grad.
    Morgen Sonntag trüb, regnerisch.
    Die Schneefallgrenze sinkt auf 700 Meter.
    Und das war's, das Mittagschanal mit Ilse Oberhofer Regie, Tontechnik Richard Drechsler und ein Mikrofon Volker Obermeier.
    Auf Wiederhören.

    Beiträge dieses Journals

    Nachrichten
    Mitwirkende: Riemerschmied, Nikolaus [Sprecher] , Schallgruber, Georg [Gestaltung]
    Datum: 1997.11.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Nachrichten ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Österreich
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Wetter
    Mitwirkende: Kartas, Herbert [Gestaltung]
    Datum: 1997.11.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Natur ; Klima und Wetter ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Österreich
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Regierungskrise Prag
    Die Minister der christdemokratischen Partei haben aufgrund des Spendenskandals in der Demokratischen Bürgerpartei (ODS) unter Ministerpräsident Václav Klaus ihren Rücktritt aus der Koalition erklärt, ebenso die Mitglieder der Demokratischen Bürgerallianz (ODA). Die tschechischen Zeitungen schreiben schon vom politischen Ende Václav Klaus' und auch innerhalb der Partei ist er umstritten.
    Mitwirkende: Koch, Rainer [Gestaltung]
    Datum: 1997.11.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Regierung ; Krisen und Konflikte ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Tschechien
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Reportage: drogenfreie Zone vor Schulen
    Unterrichtsministerin Elisabeth Gehrer schlägt nach US-Vorbild vor, rund um Schulen in einem Umkreis von 300 Metern eine drogenfrei Zone einzurichten in der Drogenbesitz strenger bestraft wird. Einblendung: Umfrage vor einer Wiener Schule unter Schülern, Lehrern und Eltern; Einblendung Direktor des BRG Anton-Krieger-Gasse
    Mitwirkende: Knaus, Natalie [Gestaltung] , Fröhlich, ... [Interviewte/r]
    Datum: 1997.11.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Bildung ; Sucht ; Bildung und Schulwesen ; Marktforschung und Meinungsforschung ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Österreich
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    ÖBB-Gebühren für Serviceleistungen
    Die ÖBB heben neuerdings Gebühren für telefonische Fahrkartenbestellung ein. Einblendung: eine Schweizer ÖBB-Kundin; Leiter der Marketing Personenverkehr der ÖBB Erich Forster
    Mitwirkende: Waldert, Stefanie [Gestaltung] , Anonym, ÖBB-Kundin [Interviewte/r] , Forster, Erich [Interviewte/r]
    Datum: 1997.11.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Wirtschaft ; Eisenbahn ; Preis ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Österreich
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Österreich – Schengenland: Studiodiskussion Schlögl – Voggenhuber
    Einblendungen: Innenminister Karl Schlögl; Nationalratsabgeordneter der Grünen Johannes Voggenhuber; Schlagwörter: Festung Europa, Reisefreiheit, gemeinsame Asylpolitik, Kampf gegen internationale Kriminalität; eurpäischer Datenverbund
    Mitwirkende: Stoppacher, Robert [Diskussionsleiter/in] , Schlögl, Karl [Diskutant/in] , Voggenhuber, Johannes [Diskutant/in]
    Datum: 1997.11.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Parteien / SPÖ ; Parteien / Grüne ; EU ; Diskussion ; Migration ; Tourismus ; Asyl ; Exekutive ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Österreich
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Gemeinsame EU-Erfahrungen von Österreich, Finnland und Schweden
    1995 sind diese drei Länder der EU beigetreten. Einblendung: Wirtschaftswissenschaftler von der WU Wien Prof. Fritz Breuss sagt, dass in keinem der Länder durch den EU-Beitritt kaum kurzfristige positive Wirtschaftseffekte eingetreten sind. In Schweden befürworten heute nur mehr 40% die EU-Mitgliedschaft, 50% sind für einen sofortigen Austritt. Die Finnen sind gegen eine Osterweiterung. Einblendungen: schwedischer Meinungsforscher Toivo Sjörén; Sozialforscher aus Helsinki Peter Ekholm
    Mitwirkende: Opletal, Helmut [Gestaltung] , Breuss, Fritz [Interviewte/r] , Ekholm, Karolina [Interviewte/r] , Sjören, ... [Interviewte/r]
    Datum: 1997.11.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik Österreich ; Politik ; EU ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Österreich
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Im Journal zu Gast: Wolfgang Pucher, Pfarrer aus Graz
    Einblendung: Lazarist Wolfgang Pucher erzählt von den Projekten Vinzi-Dorfe, vom Vinzi-Zelt, dem Vinzi-Nest und dem Vinzi-Treff, seinem Einsatz für illegale Ausländer, Obdachlose und Bettler und von Frédéric Ozanam.
    Mitwirkende: Klein, Wolfgang [Gestaltung] , Pucher, Wolfgang [Interviewte/r]
    Datum: 1997.11.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Gesellschaft ; Porträt ; römisch - katholische Kirche ; Asyl ; Arbeitslosigkeit ; Zivilgesellschaft ; Soziales ; Exekutive ; Straftaten ; Rassismus ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Österreich
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    50. Jahrestag Teilungsbeschluss Palästinas
    Die Araber waren gegen die Teilung Palästinas, die Juden dafür. Einblendung: Oswaldo Aranha, der Vorsitzende der 1. Sondersitzung der UN-Generalversammlung, wie er am 29. November 1947 in alphabetischer Reihenfolge die Nationen zur Abstimmung über die UN-Resolution 181, dem Teilungsplan, aufruft. Im Vorfeld wurden noch alle diplomatischen Register gezogen. Einblendung: der in Berlin geborene israelische UN-Botschafter Gideon Rafael. Am Tag nach der Ausrufung des Staates Israel griffen fünf arabische Staaten an und entfachten den Palästinakrieg (in Israel "Unabhängigkeitskrieg"), danach war der jüdische Staat um 50% größer, als die UNO ihn vorgesehen hatte und es folgte die Vertreibung von ca. 600.000 Palästinensern.
    Mitwirkende: Segenreich, Ben [Gestaltung] , Aranha, Oswaldo [Interviewte/r] , Rafael, Gideon [Interviewte/r]
    Datum: 1997.11.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Jubiläum ; Krisen und Konflikte ; United Nations Organization ; Diplomatie ; Krieg ; Judentum ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Israel
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Josefstadt-Premiere von Nestroys "Höllenangst"
    Einblendungen: Hauptdarsteller Otto Schenk; Probenauschnitte; Regisseur Helmuth Lohner; Hauptdarsteller Karlheinz Hackl
    Mitwirkende: Rennhofer, Maria [Gestaltung] , Schenk, Otto [Interviewte/r] , Lohner, Helmuth [Interviewte/r] , Hackl, Karlheinz
    Datum: 1997.11.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Theater ; Drama ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Bundesland / Wien
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten
    Kurzmeldungen
    Mitwirkende: Riemerschmied, Nikolaus [Sprecher] , Schallgruber, Georg [Gestaltung]
    Datum: 1997.11.29 [Sendedatum]
    Schlagworte: Politik ; Nachrichten ; Radiosendung-Mitschnitt ; 20. Jahrhundert - 90er Jahre ; Österreich
    Typ: audio
    Inhalt: Nachrichten

    Katalogzettel

    Titel Mittagsjournal 1997.11.29
    Spieldauer 00:56:00
    Mitwirkende Obermaier, Volker [Moderation]
    ORF [Produzent]
    Datum 1997.11.29 [Sendedatum]
    Schlagworte Radiosendung-Mitschnitt
    Örtliche Einordnung Österreich
    20. Jahrhundert - 90er Jahre
    Typ audio
    Format DAT [DAT-Kassette]
    Sprache Deutsch
    Signatur Österreichische Mediathek, jm-971129_k02
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Gesamtwerk/Reihe Mittagsjournal

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    Inhalt

    Nachrichten

    Verortung in der digitalen Sammlung

    Schlagworte

    Radiosendung-Mitschnitt