"Böhmen liegt am Meer"

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    Titel "Böhmen liegt am Meer"
    Spieldauer 00:02:26
    Urheber/innen Bachmann, Ingeborg [Text] [GND]
    Mitwirkende Bachmann, Ingeborg [Verfasser/in und Vortragende/r] [GND]
    Österreichische Gesellschaft für Literatur [Veranstalter]
    Österreichische Mediathek [Produzent]
    Datum 1965.05.10 [Aufnahmedatum]
    Ort Wien [Ortsbezug]
    Schlagworte Literatur ; Lyrik ; Lesung ; Unveröffentlichte Eigenaufnahme der Österreichischen Mediathek
    Örtliche Einordnung Bundesland / Wien
    20. Jahrhundert - 60er Jahre
    Typ audio
    Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
    Sprache Deutsch
    Signatur Österreichische Mediathek, 99-65028_b05
    Medienart Mp3-Audiodatei
    Bild: CC BY-SA 3.0 AT. Österreichische Mediathek 2015.

    Bild: CC BY-SA 3.0 AT. Österreichische Mediathek 2015.

    Information

    Inhalt

    Die bekannteste historische Institution Wiens, die den Namen "Böhmen" in ihrem Namen trägt, ist die Böhmische Hofkanzlei am Judenplatz. Sie sollte seit 1527 für die Rechte der böhmischen Stände innerhalb der Habsburger-Monarchie eintreten, doch als sie nach der "Schlacht am Weißen Berg" (1620) von Prag nach Wien und in dieses Gebäude verlegt wurde, geriet sie zu einem Instrument des habsburgischen Zentralismus. Sie bestand bis 1848, zuletzt als "österreichisch-böhmische Hofkanzlei".

    Der seit 1848 zunehmende Nationalalitätenstreit, den die Nationalsozialisten schließlich zur rassistischen Terrorherrschaft radikalisierten, und die Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung aus der Tschechoslowakei (1945–1947) beendete die Existenz der "Böhmen": der deutschsprachigen Bewohner dieses Landes, die sich ihre kulturelle Identität nicht von der nationalen und sprachlichen Zugehörigkeit vorschreiben lassen wollten. Damit entrückte auch das Land "Böhmen" in eine historische Unerreichbarkeit – von der kommunistisch regierten Tschechoslowakei hinter dem Eisernen Vorhang ihres historisch-kulturellen Sinns enteignet – und begann mythisch zu verschwimmen.

    Dessen bediente sich Ingeborg Bachmann in dem Gedicht "Böhmen liegt am Meer", das nach zwei Pragreisen im Jahr 1964 entstand. Die Aufnahme stammt aus dem Jahr 1965, publiziert wurde es 1968 nach der Niederschlagung des Prager Frühlings. Es beruht auf einem Shakespeare-Zitat aus "Das Wintermärchen", einem Einakter, der in einem bucholischen Sizilien angesiedelt ist, das in dem Stück "Böhmen" ("Bohemia. A desert country near the sea") genannt wird. Die Möglichkeit des europäischen Binnenlandes als ans Meer grenzend beruht auf feudalen Territorialverhältnissen, nach denen der Böhmische König zeitweise meeresnahe Gebiete besaß. Für die Literatur nach 1945 (neben Bachmann auch bei Hans Magnus Enzensberger, Franz Führmann) wurde "Böhmen liegt am Meer" zu einem Motiv der Utopie. Bei Bachmann ist er nicht einmal melancholisch besetzt, vielmehr schreitet die Dichterin kraftvoll und optimistisch in dieses Land des inneren Widerspruchs hinaus – und hinein in ihre Seelentopografie, durchdrungen auch von einer Vielzahl literarischer und politischer Anklänge.

    Das Palais der Böhmischen Hofkanzlei wurde 1709–1714 nach Plänen Johann Bernhard Fischers von Erlach an der Wipplingerstraße errichtet. Nach dem Ausbau durch Matthias Gerl wurde die Fassade zum Judenplatz als Hauptfassade gestaltet. Heute dient es als Sitz des Österreichischen Verfassungsgerichtshofes.

    Sammlungsgeschichte

    Sammlung Audio-Eigenaufnahmen der Österreichischen Mediathek