Die Physiker

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In Friedrich Dürrenmatts Komödie „Die Physiker“ schafft die moderne Naturwissenschaft das Irrenhaus: eine aus dem Lot geratene Welt. Einig sind sich Autor und Zuschauer über die verletzte Norm: das Ethos sozial verantwortbarer Forschung, die ihre Erkenntnisse nicht dem Zerstörungstrieb des Menschen ausliefern darf. Die Komödie indes entsteht, indem die Fabel die Logik umdreht - der Physiker Möbius flieht aus der irren Welt seiner Wissenschaft in das von der Norm vorgesehene Refugium des Irrsinns, ins Narrenasyl. Um sein Vernichtung bergendes Wissen vor dem Zugriff der Macht zu schützen, spielt er verrückt, läßt er sich den König Salomo erscheinen; so wiegt er sich in Sicherheit.
Diese Sicherheit teilt der Zuschauer mittlerweile längst nicht mehr mit Möbius: daß Verstellung, Maskerade, Komödie noch einen Schutz bieten könnten. Denn gegen das irrsinnig gewordene Vernichtungsspiel der Macht hilft kein simulierter Wahn, das Irrenhaus ist die Welt. So schicken weltliche Machthaber ihre Emissäre, in Gestalt ebenfalls verrücktspielender Physiker, in Möbius' Refugium; am Ende ist die Irrenärztin, Gebieterin des Narrenasyls, als einzig Verrückte enttarnt, aber den zu spät zur Räson gekommenen Wissenschaftern nützt solche Einsicht nichts: sie haben sich freiwillig ins Zentrum der Macht begeben.
Dürrenmatts Komödie macht Ernst mit der erschreckenden Erkenntnis, daß das preisgegebene Wissen nicht mehr zurückgenommen werden kann, daß die Welt damit aus dem Lot, ins Groteske geraten ist. Sein in der Komödie versteckter Appell an die globale Solidarität freilich ist dringlicher denn je geworden.