Don Carlos

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Ein Vater ist übermächtig und läßt den Sohn diese Allmacht spüren: Im öffentlichen wie im privaten Leben ist jeder Wunsch von ihm Befehl. Denn dieser Vater ist spanischer König und Herrscher eines „Reichs, in dem die Sonne nie untergeht“ – Philipp II. war machtvollkommener Regent eines Weltreichs.
In Friedrich Schillers Drama „Don Carlos“ unterdrückt er seinen Sohn wie seine Untertanen. Keinen eigenen Willen läßt er ihm, kein politisches Amt überträgt er ihm, jeder Freiheitswunsch wird im Keim erstickt. Überall wittert dieser Herrscher Verrat, sogar der eigene Sohn könnte in Mordabsicht die Waffe gegen ihn erheben. Zumal der Vater die junge Frau, die der Sohn liebt, selbst zur Gemahlin nahm: Elisabeth von Valois wurde Philipps II. Ehefrau. So dürstet Don Carlos sowohl nach der verweigerten Freiheit wie nach der verweigerten Liebe. In seinem Jugendfreund Marquis Posa glaubt er den Mittler zu beidem gefunden zu haben. Doch dieser schmiedet seine eigenen politischen Pläne, wozu ihm der Königssohn als willkommenes Bindeglied zum spanischen Hof dient.
Dieser spanische Hof war für Schiller der geschichtliche Inbegriff von totalitärer Macht – wie er sich für Europa in unserem Jahrhundert am deutlichsten in den diktatorischen Staatsstrukturen der dreißiger Jahre zeigte. Wo Unterdrückung und tyrannische Willkür herrschen, wird Schillers Schrei der Jugend nach Freiheit, Gerechtigkeit und Wahrheit aus diesem uns zeitlich noch nahen Blickwinkel umso drängender. Am Vorabend der Französischen Revolution, deren Ehrenbürger Schiller wurde, kleidete der Dichter die Forderung nach den Menschenrechten, die dann erst die französische Nationalversammlung formulierte, in die Form eines - Geschichte als Beispiel vorführenden - Dramas, in dem der Konflikt zwischen Jugend und Alter, Befreiung und Beherrschung, Liebe und Staatsräson wie ein Schwelbrand glüht.