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[Sendungsinformation]
Der Ländler oder Landler existiert in Tausenden von handschriftlichen Spielheften von Musikanten und zeugt von dessen Beliebtheit. Am Sonntag ab 21.03 Uhr widmet sich die Sendung „Lust aufs Leben“ dieser Musikgattung.
Grundsätzlich stellt man sich bei einem Heimatabend eine abendliche Veranstaltung mit heimatlichen Liedern, Tänzen und Gedichten vor. Dem ist nicht so in einer neuen Reihe, die diesen Titel trägt. In sieben Teilen finden Gespräche und Musik aus und über Oberösterreich in der Studiobühne des Linzer Landestheaters statt.
Gibt es Heimat?
Die Veranstaltungsreihe versucht, auf lustvolle Art die Frage zu beantworten, ob es „Heimat“ eigentlich gibt. Zentrales Element der sieben Heimatabende ist der Dialog, um das Aus- und Abgrenzen in der Gesellschaft zu lindern, weil viele Menschen diesen Begriff meiden. Das ist aus heutiger Sicht - nach dem Missbrauch durch den Nationalsozialismus, durch den verkitschten Heimatroman und durch anrüchige Blut- und Boden-Dichtung - verständlich. Begriffe wie Heimatland und Heimatstadt, Heimatrecht, Heimatpflege, Heimwehr, Heimatfront, Heimatdienst haben für manche etwas Beigeschmack.
Gerade in den letzten Jahren, in denen lange Flüchtlingstrecks durch die Landschaft zogen, in einer Zeit, in der sehr viel von Ausländern und Inländern, von Einwanderung, Asyl und Heimatlosigkeit die Rede ist, in der also auf der ganzen Welt die kollektive Identität infrage gestellt wird, macht es wahrscheinlich ganz besonders Sinn, sich wieder auf die eigene Heimat zu berufen. Das taten übrigens auch die beiden Kandidaten bei der Bundespräsidentenwahl im vergangenen Jahr. Viele Monate tingelten sie landauf, landab, häufig in zünftige Tracht gewandet und suchten Volksfeste und Kirtage auf, oft im Gepäck die geistige Lederhose und schwärmten in höchsten Tönen von der Pracht der heimatlichen Landschaft und deren Bevölkerung.
„Deine Heimat braucht Dich jetzt“, rief Norbert Hofer auf, während Alexander van der Bellen vor einem Heustadl auf einer Alm propagiert: „Heimat braucht Zusammenhalt“. „So wahr mir Gott helfe“ hieß es zuguterletzt auf den Wahlplakaten Hofers, der damit das Bekenntnis ablegte, ein christlicher Mensch zu sein, dass ihn vom anderen Kandidaten unterscheide.
"Innviertler Landler" vom Maler Engelbert Daringer an einem Gasthaus in Aspach
Erforschung, Rekonstruktion und Bewahrung
Der leitende Dramaturg für Schauspiel, Andreas Erdmann, hat den ersten Abend moderiert, der sich der „Musik der Heimat“ widmete. Er hat sich dazu zwei Experten eingeladen, die ihr Leben der Erforschung, Rekonstruktion und Bewahrung des Landlers in Oberösterreich widmen: die Volksmusikforscher Klaus Petermayr und Volker Derschmidt.
Originäre Volksmusik stammt aus Zeiten, in denen es weder Radio noch Fernsehen gegeben hat. Aus diesem Grund lernten viele Bauern ein Musikinstrument, um in dunklen Wintermonaten zu musizieren. Auf den Feldern war mehr oder minder nichts zu tun, sie zogen sich in ihre Bauernhäuser in die Stubn zurück. Waren vor 400 Jahren Drehleier und Dudelsack die vorherrschenden Instrumente, so kam Anfang des 18. Jahrhunderts die Geige dazu. Mit dem Aufkommen von Militärkapellen wurden die Geigen dann von Blasinstrumenten abgelöst. Die Ziehharmonika und das Hackbrett konnten sich erst im 20. Jahrhundert durchsetzen.
Ab Mitte der 80er-Jahre gingen von der Volksmusik nachhaltige Impulse auf die populäre Musik aus. Lokale Volksmusiktraditionen in Österreich vermischten sich dabei mit der Jugendmusikkultur. Hubert von Goisern und seine Alpinkatzen, die Knödel, Aniada a Noar, Broadlahn, die Ausseer Hardbradler, Gerhard Egger & Die Mostrocker, Attwenger, um nur oberösterreichische Ensembles zu nennen. Sie alle waren Vorreiter eines neuen und erfrischenden Zugangs zur traditionellen Volksmusik.
Landler Aberseer Schleuniger
Seither hat diese sogenannte „neue Volksmusik“, manchmal wurde das „s“ in diesem Wort durch ein „x“ ersetzt, ein Publikum gefunden - anfänglich sehr zögerlich bei den traditionellen Volksmusikliebhabern, euphorisch bei einem jungen zeitgenössisch orientierten Publikum. Wichtig war damals die strikte Abgrenzung gegenüber der volkstümlichen Musik, dem volkstümlichen Schlager. Wegbereiter der Neuen Volksmusik im südlichen deutschen Sprachraum waren der Tiroler Komponist Werner Pirchner und bayrische Gruppen wie die Biermösl Blosn mit den Brüdern Hans, Christoph und Michael Well und Haindling mit ihrem Leiter Hans-Jürgen Buchner.
Vier-, acht- oder sechzehntaktige Strukturen
Der Ländler oder Landler existiert in Tausenden von handschriftlichen Spielheften von Musikanten und zeugt von dessen Beliebtheit. Ein Ländler besteht aus vier-, acht- oder sechzehntaktigen Strukturen, die im ¾-Takt notiert sind. Stilistische Ausprägungen in Wickler, Steirer, Landler und Schuhplattler machen ihn zum musikalischen Sinnbild der Volksmusik aus den Alpen. Melodisch gehören auch „Weana Tanz“, also die Wiener Tänze und der Schleunige dazu. Es ist gar nicht so einfach, einen Überblick darüber zu gewinnen, wenn man noch hinzufügt, dass der Steirer lange Zeit einer der wichtigsten Tanzformen in der Steiermark und im Salzkammergut war. Zu der Gattung der Steirer zählt auch der Schleunige, beide sind der großen Familie der Ländlertänze zuzurechnen.
Ziehharmonika
Musikgattung schwer zu kategorisieren
Beim Ländler gibt es außerdem ein Spezifikum. Weil sich diese Musikgattung so schwer kategorisieren lässt, bezeichnet man sie oft nach der jeweiligen Region. In Oberösterreich selbst hat jedes der fünf Viertel seinen charakteristischen Landler: Hausruckviertler, Traunviertler, Mühlviertler, Innviertler und Salzkammergut-Landler.
Das Singen mit Klangsilben im Wechsel von Brust- und Kopfstimme nennt man in Österreich Jodeln, Dudeln, Almern oder Hullaza, auch hier gibt es je nach Region unterschiedliche Begriffe. Der Jodler kennt nur Silben, die aus Vokalen und Konsonanten gebildet werden, er zeichnet sich durch große Intervallsprünge und weiten Melodieumfang aus. Er wird meist mehrstimmig gesungen, kann aber auch solistisch genützt werden.
Musikensembles aus Oberösterreich werden die Sendung lustvoll untermalen, zu hören sind die Landlerpartie Derschmidt, das Ensemble Alma, das Raschhofer Terzett trifft auf Attwenger, die Waldneukirchner Rud, das Vocalensemble Lalá und Die Goas.