Thaïs

Mediathek

Dieses Medium ist nur vor Ort im Publikumsbetrieb der Österreichischen Mediathek verfügbar.

Information

Inhalt

[Senderinformation] Barbara Rett präsentiert die Neuinszenierung der Oper von Jules Massenet mit Nicole Chevalier und Josef Wagner in den Hauptrollen.

Mit der „Méditation“ schrieb Jules Massenet wohl eine der bekanntesten Melodien unserer Zeit. Sie entstammt seiner Comédie-lyrique „Thaïs“, die - anders als Massenets Opern „Werther“ oder „Manon“ - nie den Sprung ins internationale Opernrepertoire schaffte. Vermutlich, weil die beiden Hauptpartien der Thaïs und des Athanaël den Sängerinnen und Sängern geradezu Übermenschliches abverlangen.

Jules Massenet schrieb seine Oper um die reuige Kurtisane für seine Geliebte, die kalifornische Sopranistin Sybil Sanderson. Das Libretto basiert auf dem gleichnamigen, 1890 erschienenen Skandalroman von Anatole France. In Massenets Oper treten dessen antiklerikale, satirische Elemente zurück, er zeigt die beiden Hauptfiguren in tragischer Selbsttäuschung befangen. Trotz eines skandalösen Busenblitzers von Sanderson war die Uraufführung 1894 nicht besonders erfolgreich. Erst nach einer gründlichen Überarbeitung wurde die zweite, 1898 aufgeführte Fassung zu einem Welterfolg, es entstand sogar ein Stummfilm nach der Oper – mit Sängerinnen und Sängern. Auf der Bühne hängt der Erfolg jeweils an der Interpretin der Titelfigur. Thaïs ist in sängerischer und darstellerischer Hinsicht eine schwierige Rolle. Massenets Musik ist vom Stil des Fin de siècle geprägt, verführerisch, poetisch und melancholisch. Aber sie ist mehr als nur schillernde, gleißend-elegante Oberfläche – dies Vorurteil stand einem weiteren Erfolg nach 1930 lange im Weg. Massenet gibt mit seiner subtilen psychologischen Zeichnung von Anfang an Hinweise, dass weder Athanaëls Keuschheit noch Thaïs’ Verderbtheit wirklich unumstößlich sind. In der berühmten Méditation werden die inneren Vorgänge während ThaÏs’ Bekehrung geschildert. Die Ausgefeiltheit zeigt sich zudem in einem Netz von musikalischen Motiven, die in der Méditation und im tragischen Ende kulminieren. In der Spiegelarie, Thaïs’ Reflexion über ihr Leben, die ihre Bekehrung vorbereitet, erreicht Massenet eine für die französische Oper beispielhafte Verschmelzung von Wort und Ton, die spätere Komponisten wie Debussy beeinflusste. Strukturell knüpft Massenet bei Thaïs mit den großen Szenen, den Balletten an die Grand-Opéra an, aber eigentlich erlebt man das persönliche Drama zweier Menschen und ihrer fehlgeleiteten, missverstandenen Gefühle zueinander. Ihre Schicksale sind nicht wie bei Rossinis „Guillaume Tell“ oder Verdis „Don Carlos“ mit der großen Politik verknüpft, man sieht vielmehr, wie die sozialen Festlegungen der Rollen von Mann und Frau in dieser patriarchalischen Gesellschaft menschliche Beziehungen unmöglich machen.

Mit der amerikanischen Sopranistin Nicole Chevalier steht in der Neuinszenierung von Peter Konwitschny am Theater an der Wien eine der derzeit spannendsten Sängerinnen in der Titelpartie auf der Bühne. An ihrer Seite feiert der junge niederösterreichische Bassbariton Josef Wagner sein Hausdebüt. Als Mönch Athanaël bekehrt er Thaïs, die bekannteste Kurtisane Ägyptens, zum Glauben und zu Gott. Auf der beschwerlichen Flucht aus ihrem vergangenen, lasterhaften Leben verlassen Thaïs die Kräfte. Athanaël hingegen erkennt in ihr die Liebe seines Lebens - zu spät, denn sie stirbt, ohne seine Worte vernommen zu haben.

Dirigent: Leo Hussain
Regie Peter Konwitschny

Besetzung:
Nicole Chevalier (Thaïs)
Josef Wagner (Athanael)
Roberto Saccà (Nicias)
Carolina Lippo (Crobyle)
Sofia Vinnik (Myrtale / Albine)
Günes Gürle (Palémon)

ORF Radio-Symphonieorchester Wien
Arnold Schoenberg Chor unter der Leitung von Erwin Ortner