Adelheid Popp: Wahlrede für die Nationalratswahl am 9. November 1930

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Katalogzettel

Titel Adelheid Popp: Wahlrede für die Nationalratswahl am 9. November 1930
Titelzusatz SDAP-Abgeordnete zum Nationalrat Adelheid Popp mir vorhergehender Ansage
Spieldauer 00:03:35
Urheber/innen Popp, Adelheid [Redner/in] [GND]
Datum 1930.10 [Aufnahmedatum]
Ort Wien, Parlament [Ortsbezug]
Schlagworte Politik Österreich ; Gesellschaft ; Wirtschaft ; Parteien - historisch / SDAP ; Wahlen ; Frauen ; Parlament ; Sozialismus und Sozialdemokratie ; Reden und Ansprachen ; Publizierte und vervielfältigte Aufnahme
Örtliche Einordnung Bundesland / Wien
20. Jahrhundert - 30er Jahre
Typ audio
Format TKA [Tonband auf Kern (AEG)]
Sprache Deutsch
Signatur Österreichische Mediathek, 99-30002_b15_k02
Medienart Mp3-Audiodatei
Parlament (Teil der Fassade und Pallas-Athene-Statue) Bild: CC BY-SA 3.0 AT. Österreichische Mediathek 2015.

Parlament (Teil der Fassade und Pallas-Athene-Statue) Bild: CC BY-SA 3.0 AT. Österreichische Mediathek 2015.

Information

Inhalt

Die Sozialdemokratin, Frauenrechtlerin und eine der ersten weiblichen Abgeordneten des Nationalrats, Adelheid Popp, vergleicht in ihrer Wahlrede von 1930 die Frauenpolitik der Christlichsozialen Partei und der Sozialdemokratie. Während die Christlichsoziale Partei Frauenrechte mit Füßen trete und darauf bedacht sei, die alte Ordnung wieder herzustellen, sei es die Sozialdemokratie, die das Frauenwahlrecht erkämpft habe und für die Interessen der Frauen eintrete. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit und ein Ende der schrankenlosen Ausbeutung der Frauen ist die Parole Adelheid Popps für die Wahl am 9. November 1930.

Seit das Frauenwahlrecht 1919 eingeführt wurde, konnten sich Frauen auch wählen lassen. Adelheid Popp, in subproletarischen Verhältnissen aufgewachsen, engagierte sich schon sehr früh in der Arbeiterinnenbewegung: 1893 übernahm sie die Schriftleitung der Arbeiterinnen-Zeitung, in der sie ihre politischen Ansichten formulierte, gegen das patriarchale Ehe- und Familienrecht und für eine Einstellung des Abtreibungsparagrafen ankämpfte. Während des Austrofaschismus wurde ihr ein Berufsverbot auferlegt. Adelheid Popp starb 1939 in Wien.

Die Wahlrede Adelheid Popps und die Rede Alma Motzkos (Christlichsoziale Partei) sind die einzigen Tonaufnahmen österreichischer Politikerinnen während der Ersten Republik.
Transkript –Adelheid Popp: Wahlrede für die Nationalratswahl vom 9. 11. 1930

Ansager:

Achtung, Achtung es spricht Frau Nationalrat Adelheid Popp.

Adelheid Popp:

Am 9. November haben die Frauen eine große Aufgabe zu erfüllen. Ein neuer Nationalrat wird gewählt. Die Stimmen der Frauen sind zahlreicher als die der Männer, darum hängt es von den Frauen ab, wer in Zukunft in Österreich regieren wird. Die Christlichsozialen mit ihren Heimwehren, oder die Sozialdemokraten. Die Christlichsozialen haben nie für Frauensogen und Frauenforderungen Verständnis gehabt. Die weiblichen Abgeordneten im aufgelösten Nationalrat, haben verschiedene Gesetzte beantragt, zum Schutze der Frauen und der Mütter. Die Christlichsozialen, die die Mehrheit im Nationalrat hatten, haben darüber nicht einmal sprechen lassen. Die große Christlichsoziale Partei hatte nicht eine einzige Frau unter ihren Abgeordneten. Die Christlichsozialen haben 1914 mit Begeisterung die Männer und Jünglinge in den Krieg gehetzt. Für die Kriegsinvaliden und für die Hinterbliebenen musste Ihnen jeder Groschen abgerungen werden. Euch, die Witwen und Waisen de Arbeiter hat sie ebenso schutzlos gelassen wie die Arbeitsinvaliden. Euch, den Frauen hat sie ein Notopfer auferlegt. Sie hat allen, den Verwitweten und Verwaisten, den Kranken und Alten und den Säuglingen den Zucker verteuert, ohne Rücksicht auf das Elend, das das große Unglück der Arbeitslosigkeit über Hunderttausende verhängt hat. Verschleudert und verschwendet wurden Staatsgelder, an gewissenlose Spekulanten. Für das Volk wollen sie mithilfe der Heimwehren die alte Ordnung wiederherstellen. Ordnung nennen sie das, was die schamloseste Ausbeutung gewesen ist. Arme und Reiche, Herren und Knechte muss es geben, sagen sie und berufen sich dabei auf Gottes Gebote. Euch Frauen wollten sie immer besonders demütig und genügsam haben, um Euch für ihre Zwecke auszunützen. In den Beichtstühlen haben sie Euch gestützt, auf politische Unwissenheit gegen Eure Männer gehetzt. Überlegt, darf das am 9. November auch so sein? Denkt nach und erkennt, dass die Sozialdemokraten Euch das Wahlrecht gegeben haben damit Ihr selbst für Eure Interessen eintreten könnt. Sechs Frauen waren im Nationalrat als sozialdemokratische Abgeordnete. Im neuen Nationalrat werden es noch mehr sein, wenn Ihr Eure Pflicht tut. Die Sozialdemokratie ist die einzige Partei, die für die höhere Einschätzung der Frau als Mutter eintritt. Die Sozialdemokratie kämpft gegen die schrankenlose Ausbeutung der Frauen als Arbeiterinnen und Angestellte aller Berufe. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit ist ihre Parole. Frauen und Mädchen, könnt Ihr noch überlegen, wem Ihr Eure Stimme geben sollt? Hört den Ruf der an Euch ergeht, wählt am 9. November Sozialdemokratisch.

Sammlungsgeschichte

Sammlung Frühe historische Tonaufnahmen

Das Medium in Onlineausstellungen

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Johanna Rachinger