Eine Zeit der Krisen

Seit 1900 intensiviert sich die Konkurrenz der europäischen Mächte. Aufrüstung, Kollisionen von Großmachtinteressen in und außerhalb von Europa und lokale Konflikte – etwa am Balkan – drängen Europa wiederholt an den Rand eines großen Krieges.

Balkankriege 1912/13 - Die Schlacht von Adrianopel ©
Balkankriege 1912/13 - Die Schlacht von Adrianopel

Konfliktstoffe

Das Deutsche Reich hat wirtschaftlich und militärisch gegenüber den älteren Industriemächten Großbritannien und Frankreich sehr an Stärke gewonnen. Werden politischen Verschiebungen – in den Kolonien, in Europa – daraus resultieren – und kann das ohne Krieg geschehen?

Das Russische Reich hat sich 1914 von der Niederlage gegen Japan und von den inneren Unruhen von 1905 wieder erholt und konkurriert mit Österreich-Ungarn um den notorisch unruhigen Balkan. Nach Vertreibung der Türkei ist hier ein unsicheres Gefüge neuer Nationalstaaten entstanden.

Für die österreichisch-ungarische Monarchie ist die Situation am Balkan und die eigene Machtstellung auf diesem vor allem wegen der eigenen inneren Nationalitätenkonflikte wichtig. Liegt die Zukunft der Südslawen innerhalb oder außerhalb der Monarchie?

Das Königreich Italien ringt um eine Neupositionierung. Nach einem Interessensausgleich mit Frankreich ist eigentlich sein alter Verbündeter Österreich-Ungarn, das immer noch italienischsprachige Territorien besitzt, Hauptkonkurrent. Welche Rolle soll Italien am Balkan spielen, welche Zukunft haben das Trentino und Triest?

Die Gefahr eines großen Krieges ... Graphik eines gerade abgeschossenen Riesen-Mörsers ©
Die Gefahr eines großen Krieges ...

Kriege außerhalb Europas und am Balkan

1899-1902 Burenkrieg Großbritanniens

1904-05 Russisch-Japanischer Krieg

1911 Italien besetzt das türkische Libyen

1912 Erster Balkankrieg

Von Russland gefördert, verbünden sich Serbien, Bulgarien, Montenegro und Griechenland gegen die Türkei und besiegen diese. Die Türkei verliert den Großteil ihres europäischen Besitzes.

1913 Zweiter Balkankrieg

Im Streit um die von der Türkei abgetretenen Balkanprovinzen greift Bulgarien im Juni 1913 Serbien an, das in der Folge von Griechenland, Rumänien und der Türkei unterstützt wird. 
Nach der bulgarischen Niederlage werden die Provinzen neu verteilt. Der Staat Albanien wird – auf Druck Österreich-Ungarns – geschaffen.

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      Szenen aus dem Balkankrieg 1912/13 - Clip 2
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          Szenen aus dem Balkankrieg 1812/13 - Clip 1
          Szenen aus dem Balkankrieg ©
          Szenen aus dem Balkankrieg
          1912/13 König Carol von Rumänien (Zweiter Balkankrieg). ©
          1912/13
          Balkanhalbinsel vor den Balkankriegen - Landkarte ©
          Balkanhalbinsel vor den Balkankriegen
          Balkanhalbinsel nach den Balkankriegen 1913 - Landkarte ©
          Balkanhalbinsel nach den Balkankriegen 1913
          Ein neuer Staat: Albanien Prinz Wilhelm von Wied trifft in Durazzo ein: der neue – kurzzeitige – Herrscher eines neuen Staates. ©
          Ein neuer Staat: Albanien
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          70 Jahre Unabhängigkeit Albaniens - Zitat des österreichisch-ungarischen Graf Berchtold
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              Russisch-Japanischer Krieg - Japanische Infanterie ©
              Russisch-Japanischer Krieg
              Italien besetzt Libyen ©
              Italien besetzt Libyen

              Diplomatische Krisen


              1905-06 Erste Marokkokrise

              Vergeblicher Versuch des Deutschen Reiches, eigene Interessen gegenüber Frankreich in Marokko zu behaupten. In der Konferenz von Algeciras stellen sich England, Russland und Italien auf die Seite Frankreichs und anerkennen dieses als Vormacht in Marokko.

              1908-09 Annexionskrise

              Umwandlung der Besetzung Bosnien-Herzegowinas in die Aufnahme des Landes in den Reichsverband Österreich-Ungarns. Ursprünglich mit Russland akkordiert, wird die Annexion von Russland beeinsprucht, als dieses seine Interessen in den türkischen Meerengen nicht durchsetzen kann (englischer Widerstand). Nach deutscher diplomatischer Intervention zugunsten Österreich-Ungarns auch Verstimmung zwischen Russland und dem Deutschen Reich. Auf dem Balkan ist vor allem Serbien durch das Vorgehen Österreich-Ungarns brüskiert.

              1911 Zweite Marokkokrise

              Neuerliche vergebliche deutsche Intervention gegen die französische Stellung in Marokko.

              Chronologie der Ereignisse

              1900

              Sigmund Freud veröffentlicht "Die Traumdeutung" und damit zentrale Thesen der Psychoanalyse.

              An der medizinischen Fakultät der Universität Wien werden Frauen als ordentliche Hörerinnen zugelassen.

              Reichsratswahlen. Von den 425 Abgeordneten erhalten die Massen­parteien modernen Zuschnitts aufgrund des ungleichen Wahl­rechts wenig Abgeordnete: Christlichsoziale (25), Sozialdemokraten (10). Wesentlich mehr Abgeordnete hatten verschiedene liberale und deutschnationale Parteien und die Jungtschechen (75) oder der Polenclub (63).

              1. Jänner

              Die Krone wird neue Währung. 1 Krone = 100 Heller (1 Gulden der alten Währung entspricht 2 Kronen).

              19. Jänner

              Ernest von Koerber wird Ministerpräsident (bis Dezember 1904), er förderte eine wirtschafts­orientierte Innenpolitik in Cisleithanien (westlicher Teil der Monarchie), die die Nationalitätenkonflikte beruhigen soll.

              18. Mai

              Eskalation des Boxeraufstandes in China. Aufstand gegen imperialistische Einflüsse.

              28. Juni

              Erzherzog Franz Ferdinand verzichtet für seine Kinder auf die Thronfolge, Grund ist seine Ehe mit der "nicht standesgemäßen" Sophie Gräfin Chotek. (Hochzeit am 1. Juli 1900 in Reichstadt).

              14. – 22. Juli

              Zweite Olympische Spiele in Paris.

              29. Juli

              Ermordung des italienischen Königs Umberto I. (* 1844), Nachfolger wird Viktor Emanuel III.

              17. August

              Besetzung Pekings durch eine gemeinsame westliche Streitmacht.

              30. Oktober

              Eröffnungskonzert der Wiener Symphoniker.

              1901

              Wegen angeblicher Angriffe auf den Ehrenkodex des österreichischen Militärs in seiner Novelle "Leutnant Gustl" wird dem Arzt und Schriftsteller Arthur Schnitzler der Rang eines Reserveoffiziers aberkannt.

              Sigmund Freud publiziert seine Arbeit "Zur Psychopathologie des Alltagslebens".

              Abschluss eines Bündnisses zwischen Rumänien und Österreich-Ungarn, das gegen die Balkanpolitik Russlands gerichtet ist.

              Der Arzt Karl Landsteiner (1868–1943) entdeckt das System der Blutgruppen, wofür er 1930 den Nobelpreis erhält.

              22. Jänner

              Tod der seit 1837 regierenden britischen Königin Viktoria (* 1819).

              17. Juni

              Auf einer Konferenz in Berlin beschließen Vertreter des Deutschen Reichs und Österreich-Ungarns eine einheitliche deutsche Recht­schrei­bung (in Kraft getreten mit 1. Jänner 1903). Grundlage ist der "Duden".

              14. September

              Nach einem Attentat auf den US-Präsidenten William McKinley, an dessen Folgen er stirbt, wird der bisherige Vizepräsident Theodor Roosevelt neuer Präsident.

              2. – 6. November

              2. Parteitag der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei in Wien. "Wiener Programm": Forderung nach arbeitsrechtlichen Reformen (u. a. 8-stündiger Maximalarbeitstag).

              10. Dezember

              Erste Nobelpreisverleihungen (benannt nach dem Stifter des Preises, Alfred Nobel), in Stockholm und Oslo.

              1902

              Bündnis zwischen Großbritannien und Japan (1905 vertieft).

              28. Jänner

              Elektrifizierung der letzten Pferdestraßenbahnlinie in Wien.

              Mai

              Beendigung des Burenkrieges, die Burenrepubliken werden britische Kronkolonien.

              28. Juni

              Erneuerung des Dreibundes zwischen Österreich-Ungarn, Deutschland und Italien.

              9. August

              Krönungsfeierlichkeiten für Eduard VII.Bündnissysteme in London.

              November

              Die Annäherung Italiens an Frankreich unterläuft den im Juni verlängerten Dreibundvertrag zwischen Österreich-Ungarn, Deutschland und Italien.

              31. Dezember

              Abkommen zwischen der cisleithanischen Reichshälfte und Ungarn über den Fortbestand des gemeinsamen Wirtschaftsgebietes. Bestrebungen Ungarns zur Loslösung aus der Doppelmonarchie können eingedämmt werden.

              1903

              Umsetzung der Rechtschreibreform in den Behörden Österreich-Ungarns. U. a. Änderung der "th"-Schreibung.

              22. Februar

              Der Komponist Hugo Wolf (* 13. März 1860) stirbt in Wien.

              12. Mai

              Gründung der "Wiener Werkstätte" durch Josef Hoffmann und Kolo Moser.

              15. Juni

              Nach einem Staatsstreich und der Ermordung von König Aleksandar Obrenović wird Peter I. Karadjordjevic zum König von Serbien gewählt. Ende des österreichfreundlichen Kurses. Zu den führenden Mitgliedern des Staatsstreiches gehört Dargutin Dimitrijevic, ab 1913 Chef des serbischen Militärgeheimdienstes. Unter seinem Sptiznamen "Apis" Führer der anti-österreichischen, pro-großserbischen Terror-Organisation "Vereinigung oder Tod", auch als "Schwarze Hand" bekannt, die die Ermordung des Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand plant, organisiert, die Attentäter anwirbt, ausbildet und nach Sarajewo schleust.

              2. August - 4. August

              Veto von Kardinal Puzyna gegen die Wahl von Mariano Rampolla zum Papst. Hinter diesem Veto steht Kaiser Franz Joseph, Grund ist die österreichfeindliche Haltung des Kardinal-Staatssekretärs. Abschaffung des Vetorechts am 11. Dezember 1904.

              Wahl Giuseppe Sartos zum Papst (Pius X.).

              16. September

              Armeebefehl von Chlopy. Veranlasst durch Angriffe auf die gemeinsame Armee in Ungarn unterstreicht Kaiser Franz Joseph die Notwendigkeit einer einheitlichen Sprache in der k. u. k. Armee. "Gemeinsam und einheitlich, wie es ist, soll Mein Heer bleiben ...". Proteste in Ungarn waren die Folge.

              30. September – 3. Oktober

              Treffen Kaiser Franz Josephs mit Zar Nikolaus II. von Russland in Mürzsteg. Abstimmung der gemeinsamen Politik gegenüber dem Osmanischen Reich.

              4. Oktober

              Selbstmord des Philosophen Otto Weininger (* 3. April 1880) in Wien.

              17. Dezember

              Erster Motorflug eines Flugzeugs (Brüder Wright).

              1904

              Russisch-Japanischer Krieg: Kriegserklärung Japans und japanischer Sieg in der Seeschlacht von Port Arthur.

              April

              Weltausstellung in St. Louis (U.S.A.).

              8. April

              Großbritannien gibt seine bisherige "splendid isolation" auf und schließt die Entente cordiale mit Frankreich; dadurch bildet sich in der Folge eine Bündnissystem, das dem Zwei- bzw. Dreibund (Österreich-Ungarn, Deutsches Reich, Italien) gegenübertritt.

              August

              Der Aufstand der Herero in Deutsch-Südwestafrika wird von der deutschen Kolonialmacht brutal niedergeschlagen.

              Dritte Olympische Spiele in St. Louis (U.S.A.); der österreichische Turner Julius Lenhart – oft als US-Amerikaner geführt – erringt im Mehrkampf Einzel eine Goldmedaille, eine weitere im Mannschafts-Mehrkampf und eine Silbermedaille im Neunkampf.

              3. September

              Der Begründer des Zionismus, Theodor Herzl (* 2. Mai 1860), stirbt in einem Sanatorium in Edlach.

              1905

              Albert Einstein stellt die spezielle Relativitätstheorie auf.

              Krise in Ungarn: nach dem Wahlsieg der Unabhängigkeitspartei setzt Kaiser Franz Joseph einen General als Ministerpräsidenten ein; der Versuch, die Unabhängigkeitspartei durch Einführung des allgemeinen Wahlrechts in die Schranken zu weisen, wird schließlich aufgegeben, verstärkt aber die Diskussion um ein allgemeines Wahlrecht im österreichischen Reichsteil.

              Jänner

              Nach Rücktritt des Ministerpräsidenten Koerber (Dezember 1904) bildet Paul v. Gautsch ein neues Kabinett.

              Der Krieg mit Japan löst in Russland eine Revolution aus; nach ersten Erfolgen – Parlament (Duma) und Verfassung – wird sie jedoch gewaltsam unterdrückt; eine Ära des Scheinkonstitutionalismus folgt.

              September

              Nach weiteren japanischen Siegen (Mukden, Tsushima) gibt Russland seine Expansion in Fernost auf (Friede von Portsmouth); in der Folge Rückwendung Russlands zu einer aktiven Balkanpolitik.

              27. November

              Mährischer Ausgleich: Landtagswahlen nach nationalen Kurien, auch Einigung zwischen Tschechen und Deutschen in Sprach- und Schulfragen.

              28. November

              Große Demonstration für das allgemeine Wahlrecht in Wien.

              Dezember

              Bertha von Suttner erhält den Friedensnobelpreis.

              1906

              "Schweinekrieg" Österreich-Ungarns gegen Serbien (1906–1911): vergeblicher Versuch, durch Unterbindung von serbischen Agrarimporten in die Monarchie politischen Druck auszuüben.

              Mit der Rehabilitierung des fälschlich als Spion verurteilten jüdischen Offiziers Alfred Dreyfus findet die sogenannte Dreyfus-Affäre, die seit 1894 Frankreich in zwei einander bitter bekämpfende Lager gespalten hat, ein vorläufiges Ende.

              Frühjahr

              Konferenz von Algeciras zur Beendigung der ersten Marokkokrise; sie wurde ausgelöst durch den vergeblicher Versuch des Deutschen Reiches, den dominierenden französischen Einfluss in Marokko zu bekämpfen; es zeigt sich eine Lagerbildung der Großmächte: Isolierung des Deutschen Reiches gegenüber Großbritannien, Frankreich und Italien.

              1. Jänner

              Helmuth Johannes Ludwig von Moltke wird Nachfolger von Alfred Graf von Schlieffen als deutscher Generalstabschef.

              18. April

              USA - Ein Erdbeben der Stärke 8,4 (Richterskala) und ein dadurch verursachtes Feuer zerstört weite Teile von San Francisco.

              30. April

              Rücktritt des Kabinetts Gautsch, gefolgt vom Kabinett Max Wladimir Beck (2. Juni).

              Oktober – November

              Alois Lexa von Aehrenthal wird neuer Außenminister der Monarchie, Franz Conrad von Hötzendorf neuer Generalstabchef der k. u. k. Armee; aktivistischere Außen- und Militärpolitik.

              16. Oktober

              Der "Hauptmann von Köpenick" – ein Schuster, der als Hauptmann verkleidet, ein Rathaus besetzt – führt preußischen Gehorsamskult und Militarismus ad absurdum.

              Dezember

              Großbritannien stellt das ausschließlich mit großen Kanonen bewaffnete, bisherigen Kriegsschiffen weit überlegene Schlachtschiff "HMS Dreadnought" in Dienst; dies löst eine neue Welle maritimen Wettrüstens aus.

              1. Dezember

              Das Abgeordnetenhaus des Reichsrates beschließt das allgemeine gleiche (Männer-)Wahlrecht.

              1907

              Jänner

              Wahlen in Cisleithanien (österreichischer Reichsteil) nach dem neuen Wahlrecht; Christlichsoziale und Sozialdemokraten stellen die größten Parlamentsfraktionen.

              Mai – Juli

              2. Haager Konferenz zur friedlichen Regelung internationaler Konflikte; Verfeinerung der Landkriegsordnung und Regeln für den Seekrieg; in der Rüstungsbeschränkung wird, vor allem wegen des von Österreich-Ungarn gestützten Widerstandes des Deutschen Reiches, kein Fortschritt erreicht.

              8. Juni

              40-jähriges Krönungsjubiläum in Budapest: 1867 – nach dem "Ausgleich" zwischen Österreich und Ungarn – wurde Kaiser Franz Joseph zum König von Ungarn gekrönt.

              5. August

              Der britische Polarforscher Ernest Shackleton bricht zu seiner ersten Antarktis-Expedition auf.

              31. August

              Abkommen zwischen Großbritannien und Russland, Interessensausgleich in Asien; damit ist ein englisch-russisch-französisches Bündnissystem – die Triple-Entente – entstanden.

              8. Oktober

              Erneuerung des Ausgleiches mit Ungarn: 63,6 Prozent der Ausgaben sind von Cisleithanien, 36,4 Prozent von Ungarn zu tragen.

              1908

              60-jähriges Regierungsjubiläum von Kaiser Franz Joseph.

              Festigung der britisch-russischen Beziehungen: Treffen Edward VII. mit Nikolaus II. in Reval.

              Der Zeichner Alfred Kubin (1877–1959) veröffentlicht seinen fantastischen Roman "Die andere Seite".

              Der Architekt Adolf Loos (1870–1933) veröffentlicht seine Schrift "Ornament und Verbrechen".

              13. Jänner

              Henri Farman gelingt mit seinem Doppeldecker der erste Motorflug über eine Distanz von einem Kilometer.

              26. – 28. April

              Erster Internationaler Psychoanalytischer Kongress in Salzburg. Sigmund Freud hält den Eröffnungsvortrag.

              12. Juni

              Kaiserhuldigungsfestzug in Wien, anlässlich des 60-jährigen Jubiläums der Thronbesteigung von Franz Joseph I.

              15. September

              Treffen in Buchlau zwischen dem österreichisch-ungarischen Außenminister Aloys Graf Lexa von Aehrenthal und dem russischen Außenminister Alexander Petrowitsch Iswolski. Ankündigung der österreichisch-ungarischen Annexion von Bosnien-Herzegowina.

              5. Oktober

              Annexionskrise – Österreich-Ungarn annektiert Bosnien-Herzegowina, zwei seit dem Berliner Kongress (1878) von der Monarchie besetzte und verwaltete türkische Provinzen; dieses Vorgehen wurde ursprünglich vage mit Russland akkordiert (Außenministertreffen von Buchlau, 15. September), aber nach Scheitern russischer Pläne bezüglich der türkischen Meerengen von diesem und vor allem von Serbien bekämpft; schon vor der offiziellen Bekanntgabe der Annexion bekannt geworden, erregt die Annexion europäische Ablehnung; die Unterstützung der Monarchie durch das Deutsche Reich festigte zugleich die Entente der anderen Großmächte; im Februar und März 1909 wird die Annexion – bei Rückgabe des Geländestreifens des Sandschak Novi Pazar – durch die Türkei und die anderen Mächte anerkannt.

              7. November

              Rücktritt der Regierung Beck: Erfolg beim neuen Ausgleich mit Ungarn, aber klerikaler Widerstand (Affäre Wahrmund), Ungnade des Hofes und Scheitern der Ausgleichsverhandlungen mit den Tschechen und Deutschen in Böhmen.

              15. November

              Leopold II., König der Belgier, verkauft nach internationalem Druck, seinen Privatbesitz Kongo-Freistaat dem belgischen Staat, der ihn in die Kolonie Belgisch-Kongo umwandelt. Grund für den Druck sind die Kongo-Gräuel, die bis zu 10 Millionen Menschen im Kongobecken seit 1888 das Leben gekostet haben.

              28. Dezember

              Durch ein Erdbeben und die folgende Flutwelle werden Messina, Reggio Calabria und Palmi vollständig zerstört. Zwischen 70.000 und 120.000 Menschen fallen dieser größten Naturkatastrophe in Europa im 20. Jahrhundert zum Opfer.

              1909

              Der deutsche Arzt und Forscher Paul Ehrlich wendet erstmals die Chemotherapie beim Menschen an.

              The "Naval Scare" – Der "Marine Schrecken" in Großbritannien führt zu dem kuriosen Ergebnis, dass die Admiralität sechs neue Großkampfschiffe verlangte, die Regierung vier anbot und man sich schließlich auf acht neue Großkampfschiffe einigte.

              25. Jänner

              Uraufführung der Oper "Elektra" von Richard Strauss nach einem Libretto von Hugo von Hofmannsthal in Dresden.

              26. Februar

              In einem Abkommen zwischen Österreich-Ungarn und der Türkei, anerkennt die Türkei die Annexion Bosniens und der Herzegowina durch die Doppelmonarchie, welche dafür auf den Sandschak von Novi Pazar verzichtet.

              4. März

              William Howard Taft wird als 27. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika angelobt.

              25. März

              Russland anerkennt die Annexion von Bosnien-Herzegowina durch Österreich-Ungarn. Die Annexions-Krise endet mit einem außenpolitischen Erfolg des Habsburgerreiches. Doch weder Russland noch Serbien vergessen, geschweige den vergeben, die tatsächliche oder vermeintliche Demütigung.

              6. April

              Robert E. Peary als erster am Nordpol

              25. Juli

              Der Franzose Louis Blériot überquert, als erster Mensch in einem Flugzeug, den Ärmelkanal. Die Pionierleistung ist eine doppelte, denn er benutzt den von ihm selbst entwickelten und gebauten Eindecker Blériot XI.

              24. Oktober

              Abkommen von Racconigi zwischen Italien und Russland, der staus quo am Balkan soll gewahrt und ein Vordringen Österreich-Ungarns verhindert werden.

              12. November

              Uraufführung der Operette "Der Graf von Luxemburg" von Franz Lehár in Wien.

              1910

              Die letzte Volkszählung der Monarchie ergibt eine Einwohnerzahl von fast 51 Millionen. Rund 25 Prozent bekennen sich zur deutschen Umgangssprache.

              Robert von Lieben (1878–1913) erhält ein Patent auf seine "Verstärker­röhre".

              Ausgleich der Nationalitäten in der Bukowina nach dem Muster des Mährischen Ausgleichs (1905).

              13. Jänner

              An diesem Tag fand die erste Opernübertragung in der Geschichte der Hörfunks statt. Aus der New Yorker Metropolitan Opera war unter anderem auch die Stimme von Enrico Caruso zu hören.

              10. März

              Der Wiener Bürgermeister Karl Lueger (* 24. Oktober 1844) stirbt in Wien. Der christlichsoziale Politiker war maßgeblich für die Stadt­er­neuerung verantwortlich (u. a. II. Wiener Hochquellwasserleitung, Kommunalisierung der Strom- und Gasversorgung, sowie der Straßen­bahn, Errichtung zahlreicher Sozial-, Kranken- und Schulbauten), politisch und ideologisch vertrat er eine Stärkung des gewerblichen Kleinbürgertums, verbunden mit scharfem Antisemitismus.

              April

              Besuch des US-Präsidenten Theodor Roosevelt in Wien.

              6. Mai

              Edward VII. König des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Irland und Kaiser von Indien stirbt. Sein 44-jähriger Sohn George V. folgt ihm nach. Das Begräbnis von Edward am 20. Mai gilt als das letzte große Treffen europäischer Monarchen vor dem Ersten Weltkrieg.

              4. Juli

              Jack Johnson, der erste schwarze Box-Weltmeister im Schwergewicht, verteidigt seinen Titel gegen James J. Jeffries erfolgreich.

              September

              Der ehemalige russische Außenminister Iswolski wird Botschafter in Paris und verfolgt einen stark anti-österreichischen Kurs. Iswolski war als russischer Außenminister der Verlierer der Annexions-Krise von 1908/09.

              5. Oktober

              Portugal – Ausrufung der ersten Portugiesischen Republik in Porto.

              20. November

              Die Mexikanische Revolution gegen Langzeitpräsident Porfirio Díaz beginnt unter der Führung von Francisco Madero sowie Emiliano Zapata und Pancho Villa.

              1911

              Im Italienisch-Türkischen Krieg von 1911 bis 1912 erobert Italien, in einem blutigen und brutalen Kolonialkonflikt, das heutige Libyen von der Türkei. Die Bindung türkischer Kräfte und die Niederlage der Türkei können als die direkten Auslöser für den Ersten Balkankrieg 1912 angesehen werden.

              Suffragetten in Großbritannien. Die Frauenrechtsbewegung schreckt auch vor gewaltsamen Aktionismus nicht zurück.

              26. Jänner

              Uraufführung der Oper "Der Rosenkavalier" von Richard Strauss nach dem Libretto von Hugo von Hofmannsthal in Dresden.

              19. März

              Von Clara Zetkin initiiert, wird erstmals ein Internationaler Frauentag begangen. Mit dem Datum sollte der revolutionäre Charakter des Frauentags betont werden. Der 18. März war der Gedenktag für die Gefallenen der Märzrevolution 1848. Auch die Pariser Kommune 1871 hatte im März begonnen.

              18. Mai

              Der Komponist, Dirigent und Direktor der Wiener Hofoper von 1897–1907, Gustav Mahler (* 7. Juli 1860), stirbt in Wien.

              Juni

              Reichsratswahlen, Erfolge deutschnationaler Parteien, Verluste für Sozialdemokraten und Christlichsoziale.

              1. Juli

              Ankunft des deutschen Kanonbootes SMS Panther in Agadir. Damit beginnt die zweite Marokkokrise. Zuvor hatten im Mai 1911 französische Truppen Fès und Rabat besetzt. Deutschland protestierte mit dem "Panthersprung", der Entsendung des Kanonen­bootes, dagegen. Im November wird schließlich ein deutsch-französisches Abkommen über Afrika geschlossen, das einer diplomatischen Niederlage Deutschlands gleichkommt (Kamerun wird deutsch).

              September

              Unruhen in Wien wegen Teuerungen.

              November

              Bildung einer neuen Regierung unter Karl Graf Stürgkh.

              10. Dezember

              Alfred Hermann Fried (1864–1921), der Gründer der Zeitschrift "Die Waffen nieder!", erhält den Friedens­nobelpreis.

              14. Dezember

              Roald Amundsen und seine vier Begleiter Helmer Hanssen, Olav Bjaaland, Oscar Wisting und Sverre Hassel erreichen als erste Menschen den geo­grafischen Südpol und gründen das Camp Polheim. 

              1912

              Verhandlungen über eine Flottenvereinbarung zwischen Großbritannien und dem Deutschen Reich scheitern.

              Rudolf Steiner gründet die "Anthroposophische Gesellschaft".

              Erscheinen des Werks "Kolloidchemie" von Richard Zsigmondy (1865–1929). 1925 erhielt er den  Nobelpreis für Chemie.

              Erste Gedichtveröffentlichung von Georg Trakl.

              1. Jänner

              Am 1. Jänner 1912 wird die Republik China gegründet, damit endet die über 2000-jährige Zeit der Kaiser von China.

              17. Februar

              Außenminister Aloys Graf Lexa von Aehrenthal (* 27. September 1854) stirbt in Wien. Nachfolger wird Leopold Graf von Berchtold.

              März

              Bildung des Balkanbundes (Serbien, Bulgarien, Griechenland und Montenegro).

              15. April

              Untergang des Passagierdampfers Titanic auf der Jungfern-Fahrt von Southampton nach New York im Nordatlantik.

              Mai

              Aufstand in Albanien gegen die türkische Herrschaft.

              20. Juni – 22. Juli

              Fünfte Olympische Spiele der Neuzeit in Stockholm.

              Juli – August

              Französisch-russische Flottenkonvention. Besuch des französischen Ministerpräsidenten Poincaré in Petersburg.

              Herbst

              1. Balkankrieg, nach Mobilisierung des Balkanbundes gegen die Türkei vergebliche Vermittlung durch Österreich-Ungarn und Russland, nach der türkischen Niederlage soll deren europäischer Besitz aufgeteilt werden; Spannungen zwischen Österreich-Ungarn und Russland, Österreich-Ungarn verhindert Ausweitung Serbiens in Richtung auf die Adria und setzt mit italienischer Unterstützung einen selbständigen Staat Albanien durch.

              Oktober

              Italienisch-französisches Abkommen: italienische Neutralität bei Krieg Frankreichs gegen Österreich-Ungarn und das Deutsche Reich.

              28. November

              Ausrufung der Unabhängigkeit Albaniens.

              5. Dezember

              Verlängerung des "Dreibund"-Vertrags zwischen Österreich-Ungarn, Deutschland und Italien.

              14. Dezember

              Der Beginn der deutschen Militärmission in der Türkei, auf Bitte der türkischen Regierung, führt zur internationalen außenpolitischen Liman-Sanders Krise, benannt nach Generalleutnant Otto Liman von Sanders, dem Kommandanten der Mission. Besonders Russland sah seine Interessen an den Meerengen durch die deutsche Präsenz massiv bedroht. Frankreich und Großbritannien protestierten zwar, aber eher um den Schein zu bewahren.

              1913

              Einführung der dreijährigen Dienstzeit in der französischen Armee, Verstärkungen des Heeres im Deutschen Reich und Russland.

              17. Jänner

              Der bisherige Ministerpräsident und Außenminister Raymond Poincaré wird zum französischen Präsidenten gewählt.

              11. Februar

              Ermordung des Wiener Arbeiterführers Franz Schuhmeier in Stockerau. Attentäter ist Paul Kunschak, der geistig verwirrte Bruder der christlich­sozialen Politikers Leopold Kunschak.

              4. März

              Thomas Woodrow Wilson wird als 28. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika vereidigt.

              31. März

              "Skandalkonzert": Aufführung der "Fünf Orchesterlieder nach Ansichtskarten-Texten von Peter Altenberg" von Alban Berg unter der Leitung Arnold Schönbergs im Großen Musikvereinssaal in Wien.

              25. Mai

              Der von der Armee-Führung erzwungene Selbstmord des der Spionage für Russland überführten General­stab­chefs des 8. Korps in Prag, Oberst Alfred Redl (* 14. März 1864), in Wien.

              Sommer

              2. Balkankrieg, im Zuge der Auseinendersetzungen um die Verteilung der eroberten türkischen Provinzen zerfällt der Balkanbund: Angriff Bulgariens auf Serbien (Juni), Bulgarien wird von einer Koalition aus Serbien, Rumänien, Griechenland und der Türkei besiegt, Neu­aufteilung der ehemals türkischen Provinzen durch den Frieden von Bukarest (10. August); Österreich-Ungarn, das Bulgarien zu unterstützen suchte, entfremdet sich von Rumänien.

              4. Juni

              Beim Galopprennen in Epsom läuft die englische Suffragette Emily Davison auf die Rennbahn, vermutlich um für das Frauenwahlrecht zu demon­strieren. Sie stößt mit dem Pferd König George V. (geritten vom Jockey Herbert Jones) zusammen und erleidet dabei so schwere Kopfverletzungen, dass sie vier Tage später daran stirbt.

              10. Juni

              Graf Stephan Tisza wird abermals ungarischer Ministerpräsident (Führer der liberalen Partei, die seit gelenkten Wahlen 1910 über eine starke Mehrheit verfügte).

              Herbst

              Fortschritte im Ausgleich zwischen Tschechen und Deutschen in Böhmen (nur mehr "papierdünne Wand").

              7. Oktober

              Henry Ford führt zur Herstellung des Ford Modell T zunächst im Probebetrieb die Fließbandfertigung ein.