Vom Attentat in Sarajewo zu Ultimatum und Krieg.
Wie konnte Europa in den bis dahin schrecklichsten Krieg der Geschichte taumeln? Taumelte der Kontinent wirklich in diese Urkatastrophe des Jahrhunderts oder wurden nicht vielmehr von den verschiedenen Beteiligten ganz bewusst Schritte gesetzt, die zum Krieg führten.
Die Kriegsursachen waren mannigfaltig und vielschichtig. Die schon jahrzehntelangen Spannungen am Balkan zwischen Österreich-Ungarn, Russland, der Türkei, Serbien und den anderen Balkanstaaten, gehörten ebenso dazu, wie die niemals beigelegte Feindschaft zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich. Der Dauerkonflikt zwischen der Türkei und Russland um den Zugang vom Schwarzen Meer ins Mittelmeer wird oft und gerne übersehen. Die Militärbündnisse in Europa, also der Dreibund von Deutschland, Österreich-Ungarn und Italien, die Entente cordiale Russlands mit Frankreich, die Triple-Entente zwischen Großbritannien, Frankreich und Russland erhöhten nicht die Sicherheit, sondern vergrößerten durch den Automatismus der Mobilmachung bei allen Armeen das Kriegsrisiko. Die jahrelangen Spannungen zwischen London und Berlin, u. a. über die Marinerüstung, aber auch die Frage, wer zukünftig die führende europäische Wirtschaftsmacht sein würde, trugen ebenso bei, wie die Konkurrenz der Großmächte in Kolonialfragen. Der Weltkrieg war nun eine Tatsache.
Österreich-Ungarn befand sich nach der Ermordung seines Thronfolgers in einem politischen Ausnahmezustand. Hatte Generalstabschef Conrad von Hötzendorf mit seinem Mantra vom Krieg gegen Serbien vielleicht doch recht gehabt?
Das Attentat zeigte, wozu einflussreichste Kreise Belgrads bereit waren. Die Mission des Grafen Hoyos in Berlin, Anfang Juli, hatte Deutschlands bedingungslose Unterstützung, einen außenpolitischen Blanko-Scheck, für Wien erbracht. Der ungarische Ministerpräsident Tisza war aber zu keinem Militärschlag gegen Serbien bereit. In Wien machte sich eine Mischung aus dem Wunsch nach Vergeltung und einem Befreiungsschlag, eine Art „Fatalismus der Tat“, breit. Keine Reaktion käme der Abdankung als Großmacht gleich, mit unwägbaren Folgen. Krieg mit Serbien bedeutete aber mit hoher Wahrscheinlichkeit Krieg mit Russland. Aber war ein Krieg mit Russland überhaupt vermeidbar, oder hatte Conrad auch hier recht?
Es war nicht unbemerkt geblieben, dass man in Petersburg von Österreich-Ungarn als dem „anderen kranken Mann“, neben der Türkei, sprach. Russland hatte für die Dardanellen und den Bosporus, inklusive Zargrad, so wurde Istanbul immer öfter in Petersburg genannt, begehrliche Blicke. Auch Galizien weckte solche Blicke, und das nicht nur in panslawistischen Kreisen Russlands.
Conrad versicherte ständig, im Kriegsfall reibungslos von einer Mobilmachung gegen Serbien, auf eine Mobilisierung gegen Russland und Serbien umstellten zu können – wie sich zeigen sollte eine eklatante Fehleinschätzung. Der einzig zuverlässige Verbündete Wiens war das Deutsche Reich und umgekehrt. Wenn Wien nicht außenpolitisch gestützt würde, dann könnte Deutschland bald alleine dastehen. Italien, Dritter im Bund des Dreibundes, wurde von den anderen zwei, Österreich-Ungarn und Deutschland, immer skeptischer betrachtet. Kein Verbündeter war aber keine Option für die deutsche Regierung, die einen Waffengang mit Frankreich und Russland für sehr wahrscheinlich hielt. Ein Szenario, dessen Ausgang in Anbetracht der scheinbar grenzenlosen russischen Machtentfaltung immer ungewisser wurde.
Berlin hätte nach dem Blanko-Scheck ein rasches Vorgehen von Wien gegen Belgrad bevorzugt. Das scheiterte aber am Widerstand Tiszas und seltsamerweise an Conrad von Hötzendorf. Die k.u.k. Truppen bekamen den üblichen Ernteurlaub, was ein rasches Fait accompli gegen Serbien unmöglich machte.
Am 14. Juli konnte Außenminister Berchtold Tiszas Zustimmung für ein Ultimatum an Serbien erlangen, das so scharf verfasst war, dass ein Krieg sehr wahrscheinlich wäre. Der Diplomatie wäre so genüge getan, die Schuld für den Krieg würde bei Belgrad zu liegen kommen. Die Übergabe des Ultimatums sollte aber erst nach dem französischen Staatsbesuch in Russland, vom 20. bis 23. Juli, stattfinden. Während des Treffens von Zar Nikolaus II. und Präsident Poincaré sollte Belgrad nicht vor ein inakzeptables Ultimatum gestellt werden. Doch der Plan des Ultimatums war kein Geheimnis mehr, Russland, Frankreich, Italien und auch Serbien wussten spätestens seit dem 17. Juli Bescheid.
Auch wenn die Akten-Lage zum Treffen in Petersburg sehr dünn ist, so deutet doch vieles daraufhin, dass Frankreich Russland ebenso den Rücken stärkte wie Deutschland Österreich-Ungarn. Serbiens Regierung wurde am 23. Juli das Ultimatum überreicht, nach 48-stündiger Bedenkzeit erfolgte die erwartete Ablehnung, woraufhin Österreich-Ungarn am 28. Juli Serbien den Krieg erklärte. Bereits am 24. Juli hatte in Russland die Mobilmachung begonnen, oft ist hier von der Teilmobilmachung gegen Österreich-Ungarn die Rede, doch so einen Plan gab es nicht, was es gab war der Mobilmachungsplan für den großen Bündnisfall. Russland gab am 30. Juli offen die bisher verdeckte Mobilmachung bekannt. Deutschland verlangte am 31. Juli von Petersburg die Einstellung der Mobilisierung und von Frankreich eine Neutralitätserklärung. Als Paris am 1. August seinerseits die Mobilmachung verkündete, erklärte das Deutsche Reich am 1. August Russland den Krieg und am 3. August Frankreich. Der deutsche Vormarsch verletzte, wie allgemein erwartet, die belgische Neutralität, woraufhin Großbritannien am 4. August dem Deutschen Reich den Krieg erklärte.
Die 30-jährige Urheberrechtsfrist für Wagners Oper Parsifal läuft aus: Bayreuth hat nicht mehr das Monopol auf Aufführungen dieser Oper.
1. Wiener Parsifal am 14. Jänner 1914. (mit Erik Schmedes als Parsifal, Anna von Mildeburg als Kundry und Friedrich Weidemann als Klingsor).
Ankündigung des 8-Stundentages in den Ford-Werken (USA). In Österreich-Ungarn gilt zu dieser Zeit in der Industrie weitgehend der 10-Stundentag.
Albanien wird selbständig; Wilhelm zu Wied albanischer König
Die Frau des französischen Finanzministers, Joseph Caillaux, erschießt den Chefredakteur des "Figaro", Gaston Calmette; dieser hatte die Veröffentlichung kompromittierender Briefe angekündigt
Das Abgeordnetenhaus des Reichsrates in Wien wird wegen Arbeitsunfähigkeit vertagt
Russland beschließt eine bedeutende Erhöhung der Friedensstärke seiner Armee
Kaiser Wilhelm II. zu Staatsbesuch in Wien
Der Wiener Associationfootball-Club sichert sich durch ein 1:1 gegen SK Rapid Wien den Fußball-Meisterschaftstitel in der Wiener 1. Klasse.
Der erste Propaganda-Dokumentarfilm Österreich-Ungarns wird in den Kinos aufgeführt, er trägt den Titel "Unsere Kriegsflotte".
Im britischen Unterhaus wird der "Government of Ireland Act 1914" beschlossen. Trotz heftigen Widerstandes im Oberhaus und auch von Seiten der britischen Armee wirde Irland mehr Souveränität gewährt. Das Gesetz wird aber vor Kriegsausbruch nicht mehr umgesetzt.
Trotz Interventionsversuchen von russischer Seite stehen zwei, in Großbritannien gebaute, "Dreadnought"-Schachtschiffe kurz vor Fertigstellung und Übergabe an die türkische Marine. Die Regierung Asquith beharrt auf ihrem liberalen Standpunkt, sich nicht in die Geschäfte britischer Firmen einzumischen. Hintergrund ist die Furcht Russlands nicht nur die Passage durch die Meerengen (Dardanellen und Bosporus) verwehrt zu bekommen, sondern auch im Schwarzen Meer gegenüber der türkischen Marine ins Hintertreffen zu geraten.
Der Chemiker Adolf von Lieben (* 3. Dezember 1836) stirbt in Wien.
Die Schriftstellerin und Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner (* 9. Juni 1843) stirbt in Wien.
Ermordung des österreichisch-ungarischen Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand (* 18. Juli 1863) und seiner Gattin Sophie Herzogin von Hohenberg (* 1. März 1868) durch Gavrilo Princip in Sarajewo.
Die "Mission Hoyos" bringt den erhofften außenpolitischen "Blankoscheck" von Berlin für Wien. Kaiser Wilhelm II. und die deutsche Regierung versichern Österreich-Ungarn der unbedingten und uneingeschränkten Bündnistreue, die vielzitierte "Nibelungentreue". Berlin drängt auf rasches Vorgehen gegen Serbien. Dazu fehlt aber die Einigkeit in Wien, der ungarische Ministerpräsident Tisza ist gegen ein sofortiges militräisches Vorgehen.
Einigung in Wien auf ein so gut wie unannehmbares Ultimatum an Belgrad. Der Diplomatie soll so genüge getan werden, die Kriegsschuld aber bei Serbien liegen. Die Übergab ist erst nach dem Staatsbesuch der französischen Regierungspitze in Russland geplant. Das Treffen soll nicht zur Abstimmung der Vorgehensweise Frankreichs und Russlands genützt werden.
Französisch-russisches Regierungstreffen in Petersburg. Seit dem 17. Juli sind Russland, Frankreich, Serbien, Italien und Rumänien, teils durch Entzifferung des österreichisch-ungarischen Telegraphencodes und teils durch Indiskretionen des österreich-ungarischen Außenministers Berchtold selbst, über das geplante Ultimatum informiert.
Überreichung des Ultimatums an Serbien.
Russische Teilmobilmachung gegen Österreich-Ungarn, wofür es keinen Plan gibt. Der russische Generalstab macht auf die Unmöglichkeit der Abwandlung des Mobilmachungsplanes aufmerksam. Also eigentlich Beginn der russischen Mobilmachung. Aber auch eine Teilmobilmachung hätte die deutsche Mobilmachung ausgelöst. Serbien lehnt das Ultimatum ab und leitet Generalmobilmachung ein. Österreichisch-ungarische Teilmobilmachung für Fall "B" – Balkan.
Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien.
Russland geht von der verdeckten Mobilmachung ab und verkündet nun offiziell die Generalmobilmachung.
Österreich-ungarische Generalmobilmachung. Entgegen den Versprechungen von Generalstabschef Conrad geht die Überleitung von Mobilmachung Fall "B" wie Balkan, auf Mobilmachung "R" wie Russland alles andere als reibungslos vor sich. Deutsches Ultimatum an Russland, seine Mobilmachung einzustellen, und Ultimatum an Frankreich, sich neutral zu erklären.
Frankreich erklärt Generalmobilmachung.
Deutschlands Generalmobilmachung und Kriegserklärung an Russland.
Deutsches Ultimatum an Belgien für Durchmarschrechte. Neutralitätserklärung Italiens, das mit Österreich-Ungarn und Deutschland im Dreibund ist. Zwei moderne Schlachtschiffe für die Türkei, die in britischen Werften gebaut wurden, werden am Tag der Übergabe an die türkischen Besatzungen von der britischen Admiralität beschlagnahmt, obwohl sie bereits bezahlt waren. Die von Istanbul erhoffte maritime Überlegenheit über Russland kommt dadurch nicht zustande.
Kriegserklärung Deutschlands an Frankreich. Einmarsch deutscher Truppen in Belgien.
Kriegserklärung Großbritanniens an das Deutsche Reich. Beginn des deutschen Angriffes auf die belgische Festung Lüttich.
Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Russland.
Französische Offensive im Elsass.
Kriegserklärung Großbritanniens an Österreich-Ungarn.
Beginn der Verschiffung der britischen Truppen über den Ärmelkanal.
Der deutsche moderne Schlachtkreuzer SMS Goeben und der Kreuzer SMS Breslau laufen in türkische Gewässer, die Dardanellen, ein. Die Schiffe werden am 16. August, mit Besatzungen, von der Türkei übernommen. Dadurch wird die Beschlagnahme zweier Schlachtschiffe für die Türkei, durch die britische Admiralität und in britischen Werften, teilweise kompensiert. Istanbul verfügt nun über das mit Abstand stärkste Kriegsschiff im Schwarzen Meer. Der unmittelbare Auslöser, warum die Türkei auf die Seite der Mittelmächte trat.
Weitere französische Offensiven im Elsass und in Lothringen.
Russische Truppen dringen in Ostpreußen ein. Der Befehlshaber der deutschen 8. Armee von Prittwitz plant den Rückzug hinter die Weichsel.
Die belgische Festung Lüttich kapituliert. Beginn der österreich-ungarischen Offenisve gegen Serbien.
Kämpfe in Ostpreußen, Beginn der Grenzschlachten zwischen Frankreich und Deutschland. Die Offensive der k.u.k. Truppen gegen Serbien kommt nur schleppend voran.
Besetzung Brüssels und Belagerung von Antwerpen.
Papst Pius X. stirbt.
Paul von Hindenburg übernimmt den Oberbefehl über die 8. Armee in Ostpreußen, sein Stabschef wird Erich Ludendorff. Vorstoß russischer Truppen auf österreich-ungarisches Gebiet, Beginn der Schlacht um Galizien. Bei den Grenzschlachten im Westen werden alleine an diesem Tag, nur auf französischer Seite, 27.000 Mann getötet.
Kämpfe in Ostpreußen, Fortdauer der Grenzschlachten, erste Schlacht der britischen Truppen bei Mons, Kämpfe in Galizien und an der Balkanfront. Vorgehen der Entente gegen deutsche Kolonien.
Beginn der Schlacht von Tannenberg in Ostpreußen. Österreichischer Sieg bei Komarow wird durch die Niederlage bei Gnila Lipa wertlos. In der Schlacht um Lemberg müssen sich die k.u.k Truppen nach schweren Verlusten zurückziehen, Lemberg fällt am 2. September an die angreifenden Russen.
Die Belagerung von Tsingtau beginnt. Die deutsche Kolonie Togo wird an Briten und Franzosen übergeben.
Das erste große Seegefecht des Krieges vor Helgoland endet mit einem britschen Sieg. Beginn der Belagerung der französischen Festung Maubeuge.
Die deutsche 8. Armee schlägt die russische 2. Armee in der Schlacht von Tannenberg, in Ostpreußen, vernichtend. Deutsch-Samoa wird von neuseeländischen Truppen besetzt.
Auf Anordnung des Zaren wird Sankt Petersburg in Petrograd umbenannt.
Zweite Schlacht bei Lemberg. Die Rückeroberung scheitert; die Truppen der k. u. k. Armee müssen sich bis an den Dunajec zurückziehen.
Schlacht an der Marne. Der deutsche Vormarsch stoppt, gefolgt von einem Rückzug auf eine besser verteidigbaren Frontverlauf.
Serbische Offensive an der unteren Save.
Offensive der k. u. k. Armee gegen Nordwestserbien.
Serbisch-montenegrinischer Vorstoß auf Sarajewo.
Schlacht an der Aisne. Ende des deutschen Rückzuges nach der Marne-Schlacht, erfolglose Angriffe der französischen und britischen Truppen, die Westfront beginnt zu erstarren.
Westfront – Wettlauf zum Meer. Gegenseitige Versuche zur Überflügelung durch Angriffe immmer weiter nördlich, bis die Kämpfe die Nordseeküste vor Ypern erreichen.
Wahl von Papst Benedikt XV. in Rom.
Erste Flandernschlacht.
Schlacht bei Iwangorod (bei Warschau). Rückzug der k. u. k. Armee unter General Dankl.
Rückzug der Verbündeten auf die Linie Warthe - Krakau - Karpaten.
Selbstmord des Lyrikers Georg Trakl in Krakau. Trakl, der im September als Sanitätsoffizier an der Schlacht von Grodek teilnahm, erlitt aufgrund der schrecklichen Leiden der Verwundeten und der Grausamkeit der Schlacht einen Nervenzusammenbruch. Er wurde in ein Militärhospital in Krakau eingewiesen.
Beginn der östereichisch-ungarischen Großoffensive gegen Serbien (bis 15. Dezember)
Nach Besetzung der Deutschen Kolonie Tsingtao in China durch japanische Truppen versenkt sich der dort eingesetzte k. u. k. Kreuzer "Kaiserin Elisabeth" selbst
Neuerliche Belagerung Przemysls durch russische Truppen
Räumung des Uzsók-Passes in den Karpaten durch österreichisch-ungarische Truppen
Erfolgreiche Kämpfe der k. u. k. 2. Armee bei Krakau und Tschenstochau
Neuerliche Räumung von Czernowitz durch die österreich-ungarische Armee
Einnahme Belgrads durch österreichisch-ungarische Truppen; unmittelbar danach serbische Gegenoffensive, die bis Mitte Dezember die österreichisch-ungarische Armee zum Rückzug hinter die Save zwingt; Feldzeugmeister Oskar Potiorek legt sein Kommando zurück
Schlacht von Limanova-Lapanow, erfolgreiches Zurückdrängen der russischen Armee, die über die Karpaten nach Nordungarn einzudringen versucht hatte.
Der Laryngologe Robert Bárány erhält den Nobelpreis für Medizin
Torpedoangriff des österreichisch-ungarischen Unterseebootes U12 (Linienschiffleutnant Egon Lerch) auf das französische Linienschif Jean Bart, das schwer beschädigt wird
Schwere Kämpfe mit russischen Truppen in den Karpaten. Beginn der französischen Offensiven in der Champagne und im Artois.