"Der patriotische Lärm ..."

Erinnerungen – Kriegsrummel und Abmarsch ins Feld

28. 7. 1914

Absprung ins Irrationale – so könnte man das erschreckende Phänomen des Sommers 1914 bezeichnen: Unzählige Menschen – Besonnene und Unbesonnene, Künstler, Denker – geben sich einer überdrehten Kriegsbeisterung hin, einem blutdürstigen Wir-Gefühl untermischt mit Angst, panikanfällig. Die Aufzeichnungen der Zeitgenossen spiegeln es wider.

"An meine Völker!"

Joseph Wechsberg

"In Wien waren beide Bahnhöfe mit ängstlichen, verzweifelten Menschen überfüllt, die einen Zug zu bekommen versuchten. Am Zeitungsstand sah ich große Schlagzeilen. Alle Blätter brachten das Manifest des Kaisers »An meine Völker!«"

 

Beim Regiment melden!

Joseph Wechsberg

"Am Nachmittag des 28. Juli waren wir auf dem Sonnwendstein, als ein Tourist, ein entfernter Bekannter meiner Eltern, ihnen berichtete, daß Österreich-Ungarn Serbien den Krieg erklärt habe. ... Mein Vater ... sagte, daß wir am nächsten Morgen wieder in Ostrau sein müßten. Er war Reserveoffizier und mußte sich sofort bei seinem Regiment melden."

 

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Abreise ins Feld 

29. 7.

Der Abschied des Vaters

Joseph Wechsberg

"Ich sehe immer noch meinen Vater dort neben der Kutsche stehen, wie er nach oben schaute, einen Au­gen­­blick lang, der für mich der längste Augen­blick meines Lebens geblieben ist. Er wandte sich um, stieg in den Fiaker ein und setzte sich neben meine Mutter. Er schaute nicht noch einmal zu­rück. Und dann waren sie verschwunden."

 

31. 7.

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Radetzkymarsch

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31. 7.

"Für uns ist jeder Krieg ein Unglück!"

Manès Sperber

"Wir hatten das Sabbathmahl noch nicht beendet, da hörten wir lautes Trompetenblasen. ... es [war] ... die allgemeine Mobilisierung, wie Max erklärte, der plötzlich, die Trompete unter dem Arm, vor dem Tische stand. ... "Es ist ein furchtbares Unglück", sagte mein Vater und wandte sich von Max ab, der, vom Empfang enttäuscht, zur Türe schreitend, antwortete: "Warum ein Unglück?" ... "Für uns ist jeder Krieg ein Unglück" sagte der Vater. Niemand weiß, wer von denen, die jetzt in diesem Zimmer sind, den Frieden erleben wird.""

 

Ein kalter Wind von Angst

Stefan Zweig

"... dann kamen die allerletzten kri­tischen Julitage und jede Stunde eine andere widersprechende Nachricht ... die Kriegs­erklärung Österreichs an Serbien, die Ermordung von Jaurès. Man spürte, es wurde ernst. Mit einem­mal wehte ein kalter Wind von Angst über den Strand ..."

 

Allgemeine Mobilmachung!

Erwein Lobkowicz

"Die meisten Truppenteile der Theresien­städter Garnison waren schon vor acht Tagen gegen Serbien mobilisiert worden und bereits nach Süden abge­fahren. Es war 5 Uhr, die Nach­mittags­be­schäfti­gung eben zu Ende, als Leutnant Zapp von seinem Spaziergang zurückkehrte; schon von weitem hörte ich ihn rufen: "Allgemeine Mobilisierung!"

Also auch wir – Gott sei Dank!"

Begeisterung in Triest

Alfred von Koudelka

"Die Mobilmachung löste in Triest eine ungeheure Welle der Begeisterung aus. Nicht nur bei der Marine, sondern bei der gesamten Bevölkerung. ... Die Auf­märsche hielten vor der Statthalterei und der Villa Necker, wo die Volkshymne gespielt wurde und die Manifestanten stürmisch "Evviva l'Austria", "Evviva la Germania" und – bezeichnend! – "Evviva la Triplice" riefen."

 

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O du mein Österreich - Marsch

Volkshymne italienisch

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Der Bürgermeister verkündet ...

Carl v. Bardolff

"... der Bürgermeister ließ das Spiel unterbrechen und verlautbarte die kaiser­liche Anordnung der Mobilisierung der gesamten Wehrmacht ... und gab in schlichten, würdigen Worten seinen Empfindungen als treuer Öster­reicher und opferbereiter Soldat Ausdruck. Die Musik spielte die alte kaiserliche Hymne von Haydn, und die Menge sang begeistert mit."

 

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Prinz-Eugen-Marsch

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Zwei Söhne rücken ein ...

Alfons Petzold

“Zwei Söhne unserer Hausfrau rücken ein, der eine läßt eine hochschwangere Frau zu Hause, eine andere Frau bleibt mit acht kleinen Kindern zu Hause, und so an allen Orten..”

Nur ein Gesprächsthema ...

Alice Herdan-Zuckmayer

"Alles ist wie gelähmt durch die Ereig­nisse, kaum eine Familie, die von dem Kummer verschont ist, einen nächsten Angehörigen unter den Waffen zu wissen. Es gibt nur ein Gesprächs­thema: der Krieg."

 

1. 8.

Tschechische Skepsis

Richard A. Bermann (Arnold Höllriegel)

“... als der Zug durch die von Tschechen bewohnten Gegenden Mährens fuhr, wurde der patriotische Lärm erheblich geringer.”

Intervention für Hofmannsthal

Josef Redlich

“Am Samstagfrüh kam Hugo von Hofmanns­thal ganz aufgeregt zu mir und bat um Hilfe. Er ist als Landsturmoffizier nach Pisino in Istrien berufen! Ich schrieb an Konrad Hohenlohe, gab ihm den Brief mit: Heute höre ich, dass er bis 28. August beurlaubt ist und nach Graz transferiert wurde!”

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Gott erhalte

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... brüllten die Volkshymne

Edmund Glaise-Horstenau

“Große Haufen von Menschen zogen die ganzen Tage über ohne Unterlaß daher, brüllten die Volkshymne, das besonders beliebte Lied von Prinz Eugen, dem edlen Ritter ...”

Der Kaiser im Gebet

Walter Slezak

“Bunt kolorierte Postkarten mit den Bildern der beiden Monarchen wurden verkauft ... An ein Bild erinnere ich mich noch besonders gut. Es hieß: DER KAISER IM GEBET. Franz Joseph I., in Galauniform mit weißen Handschuhen, vor einem Betstuhl kniend ...”

"Heil dir im Siegerkranz"

Elias Canetti

“... alle ... erhoben sich und sangen mit »Gott erhalte, Gott beschütze unsern Kaiser, unser Land.« ... [es] folgte die deutsche Hymne: »Heil dir im Sieger­kranz.« Es war, was mir von England als »God save the King« vertraut war.”

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Heil Dir im Siegerkranz

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Ich hatt' einen Kameraden

Salka Viertel

“Die Italiener, Tiroler, Tschechen, Österreicher, Polen, Ukrainer, Slowenen, Kroaten und Ungarn, die sich unter dem Regime der Habsburger so gehasst hatten, sangen jetzt gemeinsam »Ich hatt' einen Kameraden«.”

Krieg als Wirklichkeit

Katharina Károlyi

“Betrunkene Rekruten grölten und sangen, auf den Bahnhöfen spielten Militärkapellen ... weinende Frauen ...”

Vereidigung

Erwein Lobkowicz

“Dann kam der große Moment, der mir unvergeßlich bleiben wird. ... Nach einer kurzen Ansprache des Eskadrons­kommandanten verlas dieser die Eidesformel, die von allen mit großer Begeisterung nachgebrüllt wurde.”

2. 8.

"Woan net, Mutterl"

Johann Blöchl

"Heute wie damals sehe ich noch den ältesten Sohn, Hans, unseres Bürger­meisters Wittinghofer ... wie er, als der Sonderzug einfuhr, mit einem Jauchzer auf das Trittbrett sprang und seiner Mutter zurief: "Woan net Mutterl, in sieben Wochen sind wir wieder als Sieger da!" Er ahnte wohl nicht, daß er in vier Wochen das erste Kriegsopfer unserer Gemeinde sein werde."

"Serbisches Reisfleisch"

Richard Wolfram

"Die Türen der Lastwagen waren offen, die Soldaten jubelten und sangen. Ich erinnere mich an einen, der ein Messer schwang und rief "serbisches Reis­fleisch!""

3. 8.

Der Kriegsrummel in Wien

Richard A. Bermann (Arnold Höllriegel)

“Es begann am Morgen, wenn man die Zeitung aufmachte, in der begeisterte Kriegsgedichte von so gut wie allen bekannten Schriftstellern des deutschen Sprachgebietes standen, und dauerte bis zum Abend, den die Wiener dazu benützten, auf der Ringstraße vor dem Kriegsministerium patriotisch zu demonstrieren.”

Musterung – Sklavenmarkt des Todes

Richard A. Bermann (Arnold Höllriegel)

“... der Vorgang der Musterung selbst machte einen niederschmetternden Eindruck auf mich. Zu deutlich erkannte ich sie als das, was sie war: der Sklaven­markt des Todes.”

Ein "Spion"

Georg Günther

“Da er slawisch sprach, wurde der Mann sofort zum serbischen Spion gestempelt, die Reisegenossen machten ernstlich Miene, ihn zum Fenster des fahrenden Zuges hinauszustürzen ...”

4. 8.

Abgabe von Ochsen

Alfons Petzold

“Heute früh sah ich einen Ochsenknecht mit Tränen in den Augen seine zwei Ochsen küssen, die der Heeres­ver­waltung übergeben werden mußten.”

Ein kurzer Krieg?

Georg Günther

“So kam auch das furchtbare Ver­hängnis des plötzlich ausge­brochenen Welt­krieges den Menschen nicht gleich zum vollen Bewußtsein. Allgemein glaubte man nicht an seine lange Dauer, sprach von drei bis vier Monaten.”

5. 8.

Aufbruch der Massen

Stefan Zweig

“... in diesem ersten Aufbruch der Massen [lag] etwas Großartiges, Hinreißendes und sogar Verführerisches ..., dem man sich schwer entziehen konnte.”

Fahrt zur Ostfront

Edmund Glaise-Horstenau

“Lemberg glich einem großen Feldlager. Die Straßen waren voll von Soldaten und unzähligen Bauernwagen ...”

Ein gerechter Krieg

Kurt Schuschnigg

“... der Krieg wurde als gerecht und not­wendig empfunden; jedermann wußte, daß das Prestige der Monarchie in der Welt auf dem Spiele stand;”

Kriegshysterie

Richard A. Bermann (Arnold Höllriegel)

“...ich sei gewiß ein serbischer Spion, der defaitistische Gerüchte verbreite.”

Kriegsbesoffenheit in Wien

Stefan Grossmann

“... der Kriegsrausch dieser Tage war notwendig, um den Todgeweihten den Abmarsch erträglich zu machen.”

Die "Arbeiterzeitung" fleht um den Sieg

Julius Braunthal

""Und mit der heißesten Inbrunst unseres Herzens hoffen wir", flehte die "Arbeiter-Zeitung", daß die eisernen Würfel "siegreich fallen werden für die heilige Sache des deutschen Volkes.""

Weltkrieg – Weltruin

Arthur Schnitzler

“Der Weltkrieg. Der Weltruin. Ungeheure und ungeheuerliche Nachrichten.”

6. 8.

Widerliche Umzüge

Franz Kafka

“Diese Umzüge sind eine der wider­lichsten Begleiterscheinungen des Krieges.”

Ruhe vor dem Sturm

Alfons Petzold

“... die letzten Einberufenen verlassen die Stadt.”

7. 8.

Fahrt zur Front

Frank Varny

“Das Stampfen der Hufe auf dem Boden der Waggons und das Wiehern der Pferde klang unheimlich durch die Nacht.”

Fahrt zur serbischen Front

Albert Lorenz

“Endlose Aufenthalte in gottverlassenen winzigen Stationen oder auch auf offener Strecke. ... Die ungarische Bevölkerung war rührend hilfreich, in jeder Station standen Frauen und Mädchen im National­kostüm und boten uns Butterbrote, Wurst und Wein an.”

8. 8.

Nordöstlich von Przemysl ...

Carl v. Bardolff

“Am 8. August begann die Einwaggon­ierung zur Fahrt in den uns unbe­kannten Aufmarschraum.”

Den Verstand verloren ...

Ernst Krenek

“Während jener frühen Augusttage ver­loren die Menschen in Wien genauso den Verstand wie überall sonst.”

9. 8.

Ankunft in Jaroslau

Frank Varny

"Endlich, am 9. August, kamen wir spät nachmittags in Jaroslau an. ... Die polnische Bevölkerung betrachtete uns stumm, oft mit finsteren Blicken; die Juden aber, in langen Kaftanen und Peies-Locken, wünschten uns: "Viel Glick" Jehave schitze Aich und Ins vor die Kosaken!""

Wilde Kriegsgedichte

Alfons Petzold

“Ich selbst bin manchmal ganz wirr, der Haß gegen den russischen Henker ... hat mich zu ein paar wilden Kriegsgedichten verleitet.”

Unter unseren Fenstern die wilde Zigeunerkapelle

Burghard Breitner

“Pistyan, ¾ 3 Uhr nachmittags. Diese Minuten eines frenetischen Jubels will ich erlebt haben! ... Hier schlug uns Blut entgegen und Hoffnung und ein lohendes Bereitsein.”

10. 8.

Panikstimmung

Edmund Glaise-Horstenau

“... von allen Seiten kamen Nachrichten über einen von den Russen einge­richteten unerhörten Spionage- und Sabotagedienst, vor dem niemand sicher sei. Etwas Wahres war gewiß daran, aber ebenso sicher nur ein geringer Bruchteil der Gerüchte, die durch die Lager schwirrten.”

Sieggläubig war niemand

Stefan Grossmann

"Die Niedergeschlagenheit in Wien war durch Galgenhumor gemildert. Sieggläubig war niemand. Viktor Adler hatte Haltung und meinte: "Es wird eine Partie remise." Ernest von Koerber ... sagte gallig: "Mich fragen S' gar nicht.""

11 8.

Im Aufmarschraum

Burghard Breitner

“Endlich sind wir im Aufmarschraum! Aber hier ist nichts mehr von dem Jubel Ungarns.”

12. 8.

Die bewegten Bilder des Abmarsches

Burghard Breitner

“Neun Stunden ununterbrochen im Sattel in dieser sengenden Hitze. ... Die ersten Pferdeleichen.”

14. 8.

Vorstoß in Feindesland!

Erwein Lobkowicz

“Gegen Mittag marschierten wir ab und überschritten bei Ulanóv auf einer Notbrücke den San.”

Das Armeeoberkommando nach Przemysl verlegt

Edmund Glaise-Horstenau

“In Przemysl bezog das AOK. das Barackenlager Zurawica. Nur der Ober­kommandant und Conrad erhielten in eigenen Zimmern Mannschafts­betten. Alles andere wurde in Massenquartieren auf Stroh unter­ge­bracht. Beleuchtung: Öllampe.”

Chronologie der Ereignisse

Jänner – Juni 1914

1. Jänner

Die 30-jährige Urheberrechtsfrist für Wagners Oper Parsifal läuft aus: Bayreuth hat nicht mehr das Monopol auf Aufführungen dieser Oper.
1. Wiener Parsifal am 14. Jänner 1914. (mit Erik Schmedes als Parsifal, Anna von Mildeburg als Kundry und Friedrich Weidemann als Klingsor).

5. Jänner

Ankündigung des 8-Stundentages in den Ford-Werken (USA). In Österreich-Ungarn gilt zu dieser Zeit in der Industrie weitgehend der 10-Stundentag.

13. März

Albanien wird selbständig; Wilhelm zu Wied albanischer König

16. März

Die Frau des französischen Finanzministers, Joseph Caillaux, erschießt den Chefredakteur des "Figaro", Gaston Calmette; dieser hatte die Veröffentlichung kompromittierender Briefe angekündigt

17. März

Das Abgeordnetenhaus des Reichsrates in Wien wird wegen Arbeitsunfähigkeit vertagt

17. März

Russland beschließt eine bedeutende Erhöhung der Friedensstärke seiner Armee

22. März

Kaiser Wilhelm II. zu Staatsbesuch in Wien

17. Mai

Der Wiener Associationfootball-Club sichert sich durch ein 1:1 gegen SK Rapid Wien den Fußball-Meisterschaftstitel in der Wiener 1. Klasse.

22. Mai

Der erste Propaganda-Dokumentarfilm Österreich-Ungarns wird in den Kinos aufgeführt, er trägt den Titel "Unsere Kriegsflotte".

25. Mai

Im britischen Unterhaus wird der "Government of Ireland Act 1914" beschlossen. Trotz heftigen Wider­standes im Oberhaus und auch von Seiten der britischen Armee wirde Irland mehr Souveränität gewährt. Das Gesetz wird aber vor Kriegsausbruch nicht mehr umgesetzt.

Juni

Trotz Interventionsversuchen von russischer Seite stehen zwei, in Großbritannien gebaute, "Dreadnought"-Schachtschiffe kurz vor Fertig­stellung und Übergabe an die türkische Marine. Die Regierung Asquith beharrt auf ihrem liberalen Standpunkt, sich nicht in die Geschäfte britischer Firmen einzumischen. Hintergrund ist die Furcht Russlands nicht nur die Passage durch die Meerengen (Dardanellen und Bosporus) verwehrt zu bekommen, sondern auch im Schwarzen Meer gegenüber der türkischen Marine ins Hintertreffen zu geraten.

6. Juni

Der Chemiker Adolf von Lieben (* 3. Dezember 1836) stirbt in Wien.

21. Juni

Die Schriftstellerin und Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner (* 9. Juni 1843) stirbt in Wien.

28. Juni

Ermordung des österreichisch-ungarischen Thronfolgers Erzherzog Franz Ferdinand (* 18. Juli 1863) und seiner Gattin Sophie Herzogin von Hohenberg (* 1. März 1868) durch Gavrilo Princip in Sarajewo.

Juli – Dezember 1914

5. bis 6. Juli

Die "Mission Hoyos" bringt den erhofften außenpolitischen "Blanko­scheck" von Berlin für Wien. Kaiser Wilhelm II. und die deutsche Regierung versichern Österreich-Ungarn der unbedingten und unein­ge­schränkten Bündnistreue, die vielzitierte "Nibelungentreue". Berlin drängt auf rasches Vorgehen gegen Serbien. Dazu fehlt aber die Einigkeit in Wien, der ungarische Ministerpräsident Tisza ist gegen ein sofortiges militräisches Vorgehen.

14. Juli

Einigung in Wien auf ein so gut wie unannehmbares Ultimatum an Belgrad. Der Diplomatie soll so genüge getan werden, die Kriegsschuld aber bei Serbien liegen. Die Übergab ist erst nach dem Staatsbesuch der französischen Regierungspitze in Russland geplant. Das Treffen soll nicht zur Abstimmung der Vorgehensweise Frankreichs und Russlands genützt werden.

20. bis 23. Juli

Französisch-russisches Regierungstreffen in Peters­burg. Seit dem 17. Juli sind Russland, Frankreich, Serbien, Italien und Rumänien, teils durch Ent­ziffe­rung des österreichisch-ungarischen Telegraphen­codes und teils durch Indiskretionen des österreich-ungarischen Außenministers Berchtold selbst, über das geplante Ultimatum informiert.

23. Juli

Überreichung des Ultimatums an Serbien.

25. Juli

Russische Teilmobilmachung gegen Österreich-Ungarn, wofür es keinen Plan gibt. Der russische Generalstab macht auf die Unmöglichkeit der Abwandlung des Mobilmachungsplanes aufmerksam. Also eigentlich Beginn der russischen Mobilmachung. Aber auch eine Teilmobilmachung hätte die deutsche Mobilmachung ausgelöst. Serbien lehnt das Ultimatum ab und leitet Generalmobilmachung ein. Österreichisch-ungarische Teilmobilmachung für Fall "B" – Balkan.

28. Juli

Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Serbien.

30. Juli

Russland geht von der verdeckten Mobilmachung ab und verkündet nun offiziell die Generalmobilmachung.

31. Juli

Österreich-ungarische Generalmobilmachung. Entgegen den Ver­sprech­ungen von Generalstabschef Conrad geht die Überleitung von Mobil­machung Fall "B" wie Balkan, auf Mobilmachung "R" wie Russland alles andere als reibungslos vor sich. Deutsches Ultimatum an Russland, seine Mobilmachung einzustellen, und Ultimatum an Frankreich, sich neutral zu erklären.

1. August

Frankreich erklärt Generalmobilmachung.

Deutschlands Generalmobilmachung und Kriegserklärung an Russland.

2. August

Deutsches Ultimatum an Belgien für Durch­marsch­rechte. Neutralitätserklärung Italiens, das mit Österreich-Ungarn und Deutschland im Drei­bund ist. Zwei moderne Schlachtschiffe für die Türkei, die in britischen Werften gebaut wurden, werden am Tag der Übergabe an die türkischen Besatzungen von der britischen Admiralität beschlag­nahmt, obwohl sie bereits bezahlt waren. Die von Istanbul erhoffte maritime Überlegenheit über Russland kommt dadurch nicht zustande.

3. August

Kriegserklärung Deutschlands an Frankreich. Einmarsch deutscher Truppen in Belgien.

4. August

Kriegserklärung Großbritanniens an das Deutsche Reich. Beginn des deutschen Angriffes auf die belgische Festung Lüttich.

6. August

Kriegserklärung Österreich-Ungarns an Russland.

7. August

Französische Offensive im Elsass.

8. August 1914

Kriegserklärung Großbritanniens an Österreich-Ungarn.

9. August

Beginn der Verschiffung der britischen Truppen über den Ärmelkanal.

10. August

Der deutsche moderne Schlachtkreuzer SMS Goeben und der Kreuzer SMS Breslau laufen in türkische Ge­wässer, die Dardanellen, ein. Die Schiffe werden am 16. August, mit Besatzungen, von der Türkei über­nommen. Dadurch wird die Beschlagnahme zweier Schlachtschiffe für die Türkei, durch die britische Admiralität und in britischen Werften, teil­weise kom­pensiert. Istanbul verfügt nun über das mit Abstand stärkste Kriegsschiff im Schwarzen Meer. Der unmittelbare Auslöser, warum die Türkei auf die Seite der Mittelmächte trat.

14. August

Weitere französische Offensiven im Elsass und in Lothringen.

15. August

Russische Truppen dringen in Ostpreußen ein. Der Befehlshaber der deutschen 8. Armee von Prittwitz plant den Rückzug hinter die Weichsel.

16. August

Die belgische Festung Lüttich kapituliert. Beginn der österreich-ungarischen Offenisve gegen Serbien.

17. bis 19. August

Kämpfe in Ostpreußen, Beginn der Grenzschlachten zwischen Frankreich und Deutschland. Die Offensive der k.u.k. Truppen gegen Serbien kommt nur schleppend voran.

20. August

Besetzung Brüssels und Belagerung von Antwerpen.
Papst Pius X. stirbt.

 

22. August

Paul von Hindenburg übernimmt den Oberbefehl über die 8. Armee in Ostpreußen, sein Stabschef wird Erich Ludendorff. Vorstoß russischer Truppen auf österreich-ungarisches Gebiet, Beginn der Schlacht um Galizien. Bei den Grenzschlachten im Westen werden alleine an diesem Tag, nur auf französischer Seite, 27.000 Mann getötet.

 

23. bis 25. August

Kämpfe in Ostpreußen, Fortdauer der Grenzschlachten, erste Schlacht der britischen Truppen bei Mons, Kämpfe in Galizien und an der Balkan­front. Vorgehen der Entente gegen deutsche Kolonien.

26. August bis 2. September

Beginn der Schlacht von Tannenberg in Ostpreußen. Österreichischer Sieg bei Komarow wird durch die Niederlage bei Gnila Lipa wertlos. In der Schlacht um Lemberg müssen sich die k.u.k Truppen nach schweren Verlusten zurückziehen, Lemberg fällt am 2. September an die angreifenden Russen.

27. August

Die Belagerung von Tsingtau beginnt. Die deutsche Kolonie Togo wird an Briten und Franzosen übergeben.

28. August

Das erste große Seegefecht des Krieges vor Helgoland endet mit einem britschen Sieg. Beginn der Belagerung der französischen Festung Maubeuge.

30. August

Die deutsche 8. Armee schlägt die russische 2. Armee in der Schlacht von Tannenberg, in Ostpreußen, vernichtend. Deutsch-Samoa wird von neuseeländischen Truppen besetzt.

31. August

Auf Anordnung des Zaren wird Sankt Petersburg in Petrograd umbenannt.

2. bis 10. September

Zweite Schlacht bei Lemberg. Die Rückeroberung scheitert; die Truppen der k. u. k. Armee müssen sich bis an den Dunajec zurückziehen.

5. September bis 12. September

Schlacht an der Marne. Der deutsche Vormarsch stoppt, gefolgt von einem Rückzug auf eine besser verteidigbaren Frontverlauf.

6. bis 14. September

Serbische Offensive an der unteren Save.

8. September

Offensive der k. u. k. Armee gegen Nordwestserbien.

11. September

Serbisch-montenegrinischer Vorstoß auf Sarajewo.

12. September bis 20. September

Schlacht an der Aisne. Ende des deutschen Rückzuges nach der Marne-Schlacht, erfolglose Angriffe der französischen und britischen Truppen, die Westfront beginnt zu erstarren.

14. September bis 19. Oktober

Westfront – Wettlauf zum Meer. Gegenseitige Versuche zur Überflügelung durch Angriffe immmer weiter nördlich, bis die Kämpfe die Nordseeküste vor Ypern erreichen.

30. September

Wahl von Papst Benedikt XV. in Rom.

20. Oktober bis 18. November

Erste Flandernschlacht.

22. bis 26. Oktober

Schlacht bei Iwangorod (bei Warschau). Rückzug der k. u. k. Armee unter General Dankl.
Rückzug der Verbündeten auf die Linie Warthe - Krakau - Karpaten.

3. November

Selbstmord des Lyrikers Georg Trakl in Krakau. Trakl, der im September als Sanitätsoffizier an der Schlacht von Grodek teilnahm, erlitt aufgrund der schrecklichen Leiden der Verwundeten und der Grausamkeit der Schlacht einen Nervenzusammenbruch. Er wurde in ein Militärhospital in Krakau eingewiesen.

6. November

Beginn der östereichisch-ungarischen Großoffensive gegen Serbien (bis 15. Dezember)

7. November

Nach Besetzung der Deutschen Kolonie Tsingtao in China durch japanische Truppen versenkt sich der dort eingesetzte k. u. k. Kreuzer "Kaiserin Elisabeth" selbst

9. November

Neuerliche Belagerung Przemysls durch russische Truppen

17. November

Räumung des Uzsók-Passes in den Karpaten durch österreichisch-ungarische Truppen

19. bis 25. November

Erfolgreiche Kämpfe der k. u. k. 2. Armee bei Krakau und Tschenstochau

27. November

Neuerliche Räumung von Czernowitz durch die österreich-ungarische Armee

Anfang bis Mitte Dezember

Einnahme Belgrads durch österreichisch-ungarische Truppen; unmittelbar danach serbische Gegen­offensive, die bis Mitte Dezember die österreichisch-ungarische Armee zum Rückzug hinter die Save zwingt; Feldzeugmeister Oskar Potiorek legt sein Kommando zurück

1. bis 12. Dezember

Schlacht von Limanova-Lapanow, erfolgreiches Zurück­drängen der russischen Armee, die über die Karpaten nach Nordungarn einzudringen versucht hatte.

10. Dezember

Der Laryngologe Robert Bárány erhält den Nobelpreis für Medizin

21. Dezember

Torpedoangriff des österreichisch-ungarischen Unterseebootes U12 (Linienschiffleutnant Egon Lerch) auf das französische Linienschif Jean Bart, das schwer beschädigt wird

Ende Dezember

Schwere Kämpfe mit russischen Truppen in den Karpaten. Beginn der französischen Offensiven in der Champagne und im Artois.