Während in den In Autobiografien und Erinnerungen an das Jahr 1918 von Streiks, vom Hunger und der katastrophalen Versorgungslage, von der sich abzeichnenden Niederlage, vom Auseinanderdriften der Nationalitäten und der Auflösung der Monarchie sowie von den Tumulten rund um die Ausrufung der Republik am 12. November 1918 die Rede ist, gibt es Orte, an denen die politischen und sozialen Ereignisse scheinbar spurlos vorübergehen.
Das Repertoire unterscheidet sich 1918 wenig von dem in Friedenszeiten oder den Kriegsjahren davor. Eine Ausrichtung des Spielplans nach nationalen Gesichtspunkten steht nicht im Vordergrund und die schon vor dem Krieg populären Werke italienischer und französischer Komponisten werden auch weiterhin aufgeführt.
Angesichts der politischen und sozialen Ereignisse machen Publikumslieblinge wie Selma Kurz, Leo Slezak, Richard Mayr, Alfred Piccaver, Erik Schmedes, Maria Jeritza oder Lotte Lehmann die Oper zu einem Ort der Alltagsflucht, an dem sich die Kultur des 19. Jahrhunderts noch ungebrochen behaupten kann.
Auch am Abend des 12. November 1918 geht in der Wiener Oper der Vorhang hoch. Gespielt wird Salome von Richard Strauss unter der musikalischen Leitung von Hugo Reichenberger mit Marie Gutheil-Schoder als Salome, Friedrich Weidemann als Jochanaan, Erik Schmedes als Herodes, Olga Bauer von Pilecka als Herodias und Georg Maikl als Narraboth.
Tags darauf stehen "Die Hugenotten" von Giacomo Meyerbeer am Spielplan, ebenfalls unter der musikalischen Leitung von Hugo Reichenberger mit Berta Kiurina-Leuer als Marguerite von Valois, Maria Jeritza als Valentine sowie Leo Slezak als Raoul de Nangis.
Die Einspielungen auf dieser Seite sind Schellackaufnahmen aus dem Archiv der Österreichischen Mediathek (keine Live-Mitschnitte) und spiegeln den Spielplan der Hofoper und die damaligen Besetzungen des Jahres 1918 wider.
Bedřich Smetana: Dalibor; Arie des Dalibor; Erik Schmedes
Richard Wagner: Lohengrin; Höchstes Vertrauen; Erik Schmedes
Richard Wagner: Lohengrin; Nun sei bedankt; Erik Schmedes
Albert Lortzing: Zar und Zimmermann; Zum Werk, das wir beginnen; Richard Mayr
Richard Wagner: Lohengrin; Das süße Lied verhallt; Maria Jeritza
Jules Massenet: Werther; Nicht kann ich's mehr verhehlen; Lotte Lehmann
Jules Massenet: Werther; Oh wie süß, hier zu weilen; Alfred Piccaver
Giuseppe Verdi: Rigoletto; Questa o quella; Alfred Piccaver
Giuseppe Verdi: Maskenball; Forse la soglia attinse; Alfred Piccaver
Giacomo Meyerbeer: Die Hugenotten; Geheiligt sei die Rache; Alexander Haydter
Giacomo Meyerbeer: Die Hugenotten; Ihr Wangenpaar; Leo Slezak
Jacques Fromental Halévy: Die Jüdin; Große Arie des Eleazar; Leo Slezak
Charles Louis Ambroise Thomas: Mignon; Styrienne; Selma Kurz
Lèo Delibes: Lakmé; Seht ihr des Paris Tochter; Selma Kurz
Tschechische Parlamentarier und Landtagsabgeordnete der Böhmischen Krone verlangen ein Recht auf nationale Selbstbestimmung.
US-Präsident Woodrow Wilson proklamiert ein 14-Punkte-Programm, das einem künftigen Friedensschluss zugrunde liegen soll. Darunter befindet sich bezüglich Österreich-Ungarn folgender Punkt: "Den Völkern von Österreich-Ungarn, deren Platz wir unter den anderen Nationen sichergestellt zu sehen wünschen, soll die erste Gelegenheit zu einer autonomen Entwicklung gegeben werden".
"Jännerstreik" der Arbeiterschaft gegen die herrschende Lebensmittelknappheit und für eine Beendigung des Krieges.
Im Hafen Cattaro in Süddalmatien meutern Matrosen der k. u. k. Kriegsmarine.
In Wien stirbt der Maler Gustav Klimt (geb. 14. Juli 1862).
Die Mittelmächte schließen mit der Ukraine, die sich von der Sowjetunion getrennt hat, den Sonderfrieden von Brest-Litowsk. Ostgalizien wird ein eigenes Kronland der Monarchie. Die vereinbarten Getreidelieferungen der Ukraine an die Mittelmächte ("Brotfrieden") kommen in dieser Form nicht zu Stande.
Die tschechischen Parteien fordern in Prag die Gründung einer tschechischen Republik unter Einschluss der deutschsprachigen Gebiete.
Unterzeichnung des Friedensvertrags von Brest-Litowsk zwischen den Mittelmächten und der "Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken".
Die wöchentliche Fettquote wird in Wien auf 40g reduziert.
Beginn der großen deutschen Frühjahrsoffensive. Das deutsche Heer unternimmt eigentlich eine ganze Reihe von Offensiven, die allesamt, trotz großer anfänglicher Erfolge, den erhofften Sieg nicht bringen.
Der Minister des Äußeren Ottokar Graf Czernin erklärt im Wiener Gemeinderat, dass mit Frankreich Friedensverhandlungen geführt wurden, diese jedoch an der Forderung Frankreichs nach Elsaß-Lothringen gescheitert sind.
Der Architekt Otto Wagner (geb. 1841) stirbt in Wien.
Der französische Ministerpräsident Georges Clémenceau veröffentlicht als Antwort auf die Rede des Ministers des Äußeren Ottokar Graf Czernin den Inhalt des Sixtus-Briefes (siehe März 1917). Dadurch sinkt auch das Vertrauen der Verbündeten in Kaiser Karl. Der Minister des Äußeren Ottokar Graf Czernin tritt zurück, sein Nachfolger wird Stephan Graf Burián von Rajecz.
Deutsche und finnische Truppen besetzten Helsinki, die bolschewistischen Roten Garden werden zurückgedrängt. Der finnische Bürgerkrieg endet, durch deutsche Truppenhilfe, für die bürgerlichen finnischen Kräfte am 5. Mai 1918 siegreich.
Der Schauspieler Alexander Girardi (geb. 1850) stirbt in Wien.
General Ottokar Landwehr, der Chef des Ernährungsausschusses, beschlagnahmt auf der Donau deutsche Getreideschlepper, um die Versorgung Wiens aufrechterhalten zu können.
Feldmarschall Hermann Albin Josef Baron Kövess von Kövessháza wird von Kaiser Karl I. zum „letzten“ Oberkommandierenden der k. u. k. Armee ernannt.
Der Friede von Bukarest zwischen Rumänien und den Mittelmächten wird unterzeichnet.
Deutsche Truppen bilden einen Brückenkopf an der Marne. Viele Einwohner von Paris verlassen die Stadt.
In den USA schließen tschechische und slowakische Exilgruppen das Pittsburgher Abkommen, nach dem der gemeinsame neue Staat aus den alten Böhmischen Ländern und der Slowakei bestehen sollte. Die Slowakei soll eine autonome Verwaltung, einen eigenen Landtag und einen eigenständigen Justizapparat haben.
Der deutsche Angriff an der Aisne, die Operation "Blücher-Yorck" endet. Die deutschen Angriffspitzen sind bis auf 92 Kilometer an Paris herangerückt, dann läuft sich der Angriff fest.
Die zweite Schlacht am Piave vom 15. bis zum 22. Juni 1918 war der letzte Großangriff der k. u. k. Armee und zugleich der letzte Versuch der Donaumonarchie, den Krieg gegen Italien siegreich zu beenden. Die großangelegte Offensive, die anfangs offiziell Junischlacht in Venetien benannt werden sollte, wurde jedoch ein völliger Fehlschlag. Nach der Schlacht befanden sich die italienischen ebenso wie die österreichisch-ungarischen Truppen wieder in ihren Ausgangsstellungen.
In den USA veröffnet Präsident Woodrow Wilson die Erklärung zur "Befreiung der slawischen Völker" von der Herrschaft Österreichs und des Deutschen Reiches.
Am gleichen Tag beginnen die Kämpfe der Roten Armee mit amerikanischen und britischen Truppen nahe Murmansk.
Edvard Beneš, der Generalsekretär des tschechoslowakischen Nationalrates in Paris, wird von der französischen Regierung als der Vertreter der tschechoslowakischen Nation anerkannt.
Mehmed VI. wird der letzte Sultan des Osmanischen Reiches.
Die zweite Schlacht an der Marne, gleichzeitig die letzte deutsche Offensive an der Westfront, beginnt. Nach drei Tagen härtester Kämpfe wird die Offensive abgewiesen und die Entente-Truppen beginnen mit Gegenangriffen.
In Jekaterinburg wird die gesamte Zarenfamilie von den Bolschewiki ermordet.
Die Vereinigten Staaten brechen die diplomatischen Beziehungen zu Russland unter Lenin ab.
Der "Schwarze Tag des deutschen Heeres" – der Beginn der Schlacht von Amiens. Die große Offensive der Entente-Truppen, die Hunderttageoffensive, erzielte an ihrem ersten Tag einen für die deutsche Oberste Heeresleitung beunruhigenden Erfolg. Erstmals im Verlauf des Krieges ergaben sich die deutschen Verteidiger in größere Zahl als es dem Geländegewinn durch die Angreifer entsprach.
Die britische Regierung erkennt den tschechischen Nationalrat in Paris als "verbündete Regierung" an. Der Fortbestand der Doppelmonarchie nach der Niederlage wird immer unwahrscheinlicher.
Die deutsche Oberste Heeresleitung, Generalfeldmarschall Hindenburg und Generalquartiermeister Ludendorff, bezeichnet in einer Besprechung mit Wilhelm II. und Karl I. die Fortführung des Krieges als "aussichtslos".
In einem Zusatzabkommen zum Friedensvertrag von Brest-Litowsk verzichtet Russland unter Lenin auf die Staatshoheit über Estland, Georgien, Livland und Kurland.
Lenin wird bei einem Attentat durch die Sozialrevolutionärin Fanny Kaplan schwer verwundet. Die Bolschewiki verschärfen den "Roten Terror". Bis heute sind Zweifel an der tatsächlichen Täterschaft von Fanny Kaplan, die nach einem Schnellverfahren am 3. September 1918 erschossen wurde, nicht vollkommen ausgeräumt.
Die Rumänische Nationalpartei und die Slowenische Volkspartei fordern Anerkennung des Selbstbestimmungsrechtes der Nationen.
Die USA anerkennen den tschechischen Nationalrat in Paris als de-facto-Regierung.
"An Alle" – Wirkungsloser Friedensappell Kaiser Karls, der ohne Absprache mit dem Deutschen Reich erfolgt war.
Der tschechoslowakische Nationalrat in Paris proklamiert einen selbständigen tschechoslowakischen Staat mit Tomáš G. Masaryk als Staatspräsident und Edvard Beneš als Außenminister.
Der tschechische Nationalausschuss in Prag fordert einen selbständigen Staat.
Ausscheiden des Mittelmächte-Partners Bulgarien aus dem Krieg.
Die Sozialdemokratische Partei und die Christlichsoziale Partei erklären, das Selbstbestimmungsrecht der Nationen anzuerkennen.
Friedensnote Österreich-Ungarns, (bzw. der Mittelmächte), die die "14 Punkte" von US-Präsident Wilson anerkennt.
Der Nationalrat der Slowenen, Kroaten und Serben in Agram (Zagreb) konstituiert sich; die rumänische Nationalversammlung in Jassy fordert die Vereinigung mit dem Staat Rumänien.
In Warschau Forderung, alle polnischen Gebiete an einen selbstständigen polnischen Staat anzugliedern.
Das "Völkermanifest" Kaiser Karls, bzw. der Regierung Hussarek stellt eine Umwandlung des österreichischen Teils der Monarchie in einen Bund autonomer Völker in Aussicht, ohne bei den Nationalitäten oder bei den Alliierten auf Resonanz zu stoßen.
US-Präsident Wilson lehnt die österreichisch-ungarische Friedensnote vom 4. Oktober ab – bloße Autonomie der Nationen keine Friedensgrundlage.
Ukrainischer Nationalrat in Lemberg konstituiert; in Ungarn Kurs auf Selbstbestimmung der Rumänen Siebenbürgens und der Slowaken.
"Provisorische Nationalversammlung Deutschösterreichs": die deutschsprachigen Abgeordneten des Reichsrates proklamieren die Bildung eines Staates, der alle deutschsprachigen Gebiete des alten Staates umfassen soll; Franz Dinghofer (Deutschnationaler) 1. Präsident, Jodok Fink (Christlichsozialer; bald abgelöst von Prälat Johann N. Hauser) 2. Präsident, Karl Seitz (Sozialdemokrat) 3. Präsident.
Beginn einer großen italienischen Offensive; Julius Graf Andrássy der Jüngere wird letzter k. u. k. Außenminister.
Lösung des Bündnisses Österreich-Ungarns mit dem Deutschen Reich durch ein Telegramm Kaiser Karls.
Sonderfriedensangebot Österreich-Ungarns an die Alliierten Mächte; Berufung der letzten kaiserlichen Regierung unter Professor Heinrich Lammasch.
Ausrufung des tschechoslowakischen Staates in Prag.
Abberufung der ungarischen Soldaten; Beginn der Auflösung der k. u. k. Armee.
Der kroatische Landtag (Sabor) in Agram (Zagreb) erklärt die Vereinigung mit dem Staat der Slowenen, Kroaten und Serben und die Lösungen aller Bindungen an Ungarn und Österreich.
Errichtung des Staates "Deutschösterreich" durch die provisorische Nationalversammlung, die bis zu Neuwahlen die oberste Gewalt ausübt (Vollzugsgewalt durch den "Staatsrat", einen Ausschuss aus den drei Präsidenten und weiteren Abgeordneten), sich eine provisorische Verfassung gibt und in der Nacht von 30. zum 31. Oktober eine erste Regierung unter Staatskanzler Karl Renner einsetzt.
Der kaiserliche Ministerpräsident Lammasch übergibt die Regierungsgewalt an die Regierung Renner; Übergabe der k.u.k. Flotte an den südslawischen Nationalrat.
In Ungarn wird Graf Michael Karolyi Ministerpräsident; Bindung an die Dynastie der Habsburger und an Österreich gelöst; (Ausrufung der Republik: 16. November).
Machtübernahme in Krakau und Lemberg durch polnische bzw. ukrainische nationale Exponenten.
Bildung eines rumänischen Nationalrates, der folgenden Tags die Vereinigung mit Rumänien beschließt.
Serbische Truppen in Laibach und der Südsteiermark, slowenische Truppen in Südkärnten, italienische in Triest und Trient; Rücktritt von k. u.k. Außenminister Andrássy.
Staatsrat Deutschösterreichs beschließt Gründung einer "Volkswehr", Werbungen ab dem 3. November;
Gründung der radikalen "Roten Garde" in Wien
Besiegelung der Niederlage – Waffenstillstand zwischen Österreich-Ungarn und den Alliierten (in der Villa Giusti bei Padua); durch Missinterpretation der Bedingungen ordnet das k. u. k. AOK (Armeeoberkommando) die Einstellung der Feindseligkeiten 24 Stunden zu früh an; dadurch geraten rund 360 000 österreichisch-ungarische Soldaten in alliierte Kriegsgefangenschaft.
Gründung der Kommunistischen Partei Österreichs.
Abdankung Wilhelms II. als Kaiser; Ausrufung der Republik in Berlin.
Kaiser Karl verzichtet auf jeden Anteil an den Staatsgeschäften – de-facto-Abdankung; Rücktritt der Regierung Lammasch.
Ausrufung der Republik – die provisorische Nationalversammlung beschließt, dass Deutschösterreich eine demokratische Republik ist; dies wird von der Parlamentsrampe in Wien durch Präsident Dinghofer öffentlich bekanntgegeben (bei Fahnenhissung Herausreissen des weißen Streifens durch Rotgardisten; Tumult und Schießerei).
Italienische Truppen in Innsbruck (auf Basis der Waffenstillstandsbedingungen vom 3. November).
Frauenwahlrecht: Die provisorische Nationalversammlung beschließt eine neue Wahlordnung.
Die südslawischen Gebiete schließen sich mit Serbien und Montenegro zum Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen zusammen.
Unruhe und Auseinandersetzungen in den Randgebieten der neuen Republik, besonders in südslawisch besetzten Teilen Südkärntens und der Südsteiermark (Beginn des bewaffneten Widerstands) sowie in Deutschwestungarn (dem späteren Burgenland).
Katastrophale Versorgungslage besonders für Lebensmittel und Brennstoffe, besonders in den Großstädten und vor allem Wien; Rückkehr der Frontsoldaten; hohe Arbeitslosigkeit.